Rettungskräfte protestierten in Siegburg gegen die europaweite Ausschreibung des Rettungsdienstes

  • Rettungskräfte der Hilfsorganisationen protestierten vor dem Kreishaus in Siegburg gegen die europaweite Ausschreibung des Rettungsdienstes im Rhein-Sieg-Kreis. Mit Plakaten warnten sie unter anderem davor, dass durch die Ausschreibung der Katastrophen- und Zivilschutz in Gefahr sei. An Landrat Frithjof Kühn, der als ehemaliger Vorsitzende des DRK Rhein-Sieg die Proteste versteht und unterstütz, überreichten sie 2.000 Protestunterschriften: http://www.rundschau-online.de…en,15185502,23962566.html


    Siehe auch http://www.rundschau-online.de…en,15185860,23963560.html

  • Die Mitarbeiter des Rettungsdienstes im Rhein-Sieg-Kreis des DRK, der Johanniter und der Malteser haben in einem offenen Brief erneut auf die aus ihrer Sicht durch eine Ausschreibung drohende Verschlechterung des Rettungsdienstes hingewiesen. Durch die Ausschreibung sehen sich die Mitarbeiter in ihrer Existenz sowie die hohen Qualitätsstandards des Rettungsdienstes im Rhein-Sieg-Kreis bedroht.


    Zudem weisen sie auf eine Demonstration gegen die Ausschreibung am 29.03.2014 durch die Siegburger Innenstadt hin.

  • Rhein-Sieg-Kreis (rl) – „Wir müssen uns an Recht und Gesetz halten und deshalb die Ausschreibung für die Rettungsdienste in die Wege leiten“, so Landrat Frithjof Kühn. „Die hohen Qualitätsstandards, die wir hier im Rhein-Sieg-Kreis in den letzten Jahrzehnten erreicht haben, dürfen dabei keinesfalls gefährdet werden.“


    Nach eingehender Prüfung und Vorbereitung hat der Landrat entschieden, die Vergabe im Rahmen eines „Verhandlungsverfahrens mit vorhergehendem Teilnahmewettbewerb“ durch zu führen. Die festgelegten und beschriebenen Eignungs- und Qualitätskriterien legen die Messlatte für die sich beteiligenden Bieter hoch! Die Bieter müssen Tätigkeiten und Erfahrungen im Rettungsdienst, die notwendige organisatorische und personelle Struktur des Unternehmens, das Leistungsspektrum sowie ein Konzept zum Bevölkerungsschutz nachweisen.


    „Damit ist klar, dass es nicht Ziel ist und sein darf, Rettungsleistungen zu Dumpingpreisen zu beauftragen, nur, um Geld zu sparen. Wir kommen vielmehr unserer rechtlichen Verpflichtung nach, im Wettbewerb die besten rettungsdienstlichen Leistungen zu erhalten“, erläutert Landrat Kühn.


    Um genau diese rechtlichen Verpflichtungen gab es intensive Diskussionen – Kritiker behaupten nämlich, dass eine Ausschreibungsverpflichtung nicht besteht. Hintergrund ist, dass das EU-Parlament am 15.01.2014 eine sogenannte „Bereichsausnahme“ für die Notfallrettung geschaffen hat. Dies bedeutet: Die Notfallrettung fällt – wenn diverse Bedingungen erfüllt sind - nicht mehr in den Anwendungsbereich des europäischen Vergaberechtes.


    Hieraus leitet sich aber nicht die Schlussfolgerung ab, man könne nun die Rettungsdienstleistungen freihändig vergeben – also ohne Ausschreibung. Zur Umsetzung der Bereichsausnahme müsste zunächst Bundesrecht angepasst werden. Doch auch diese Anpassung, die bis zu zwei Jahre dauern kann, entließe den Rhein-Sieg-Kreis nicht aus seiner Verpflichtung zur Ausschreibung. Denn letztlich muss auch das Europäische Primärrecht beachtet werden, das immer dann in Kraft bleibt, wenn „grenzüberschreitende Interessen“ tangiert werden und Grundfreiheiten, wie die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit zusichert.


    Hält der Rhein-Sieg-Kreis sich nicht an die bestehenden gesetzlichen Vorgaben, drohen dem Kreis Schadensersatzforderungen.


    Die Ausschreibung diene auch dazu, im Wettbewerb die sicherste und verlässlichste sowie fachlich beste Dienstleistung zu erhalten, so Landrat Kühn. „Ich gehe davon aus, dass unsere Hilfsorganisationen aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung die Anforderungen des Wettbewerbes nicht scheuen müssen. Weiterhin bin ich zuversichtlich, dass unsere bisher im Rettungsdienst tätigen Hilfsorganisationen – das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter Unfallhilfe und die Malteser Hilfsdienste – alles tun werden, um die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sichern.“



    Quelle: http://www.presse-service.de/data.cfm/static/877254.html



    Dazu ein Interview des General Anzeiger mit Alexander Kerkow, stellvertretender Leiter der Rettungswache Rheinbach des Malteser Hilfsdienstes: Billige Angebote sind nicht immer die Besten



    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Was dort besonders tragisch ist: Ein Bruchteil der Kollegen ist berufspolitisch oder gar gewerkschaftlich organisiert...


    Tragisch aus sicht des Interesses das in diesem so hoch qualitativen Kreis nicht vorhanden ist, oder tragisch für die Mitarbeiter?
    Ich könnte nur Verständnis für ersteres aufbringen.

  • Was hätte es denn geändert wenn die Kollegen berufspolitisch oder gewerkschaftlich organisiert gewesen wären?

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Was hätte es denn geändert wenn die Kollegen berufspolitisch oder gewerkschaftlich organisiert gewesen wären?


    dann würden sie 1% ihres Bruttogehaltes abdrücken, in schicken Plasteüberzügen (PVCüberzügen) rumlaufen, schicke Fahnen in tollen Farben schwingen, Schilder mit unterhaltsamen Bildern und Sprüchen hochhalten und der Propaganda eines Funktionärs lauschen der sich in Wirklichkeit kein bisschen für die Belange der 250Mitarbeiter interessiert und nur da ist weil er das kürzere Streichhölzchen gezogen hat und der danach mit seiner schicken Limo aus dem Schwabenland wieder verschwindet. Ändern würde sich an der Situation: NIX

  • Eine Interessenvertrtung ist immer stärker als ein einzelnes Individuum. Das sollte soweit klar sein. Auch findet man andere Wege und Angriffspunkte. Es wäre vielleicht nicht so weit gekommen. Ein Tarifvertrag wäre schon ne tolle Sache. Solidarisierungen mit anderen Berufszweigen sind möglich, und, und, und. Lasst uns hier nicht die Debatte "Gewerkschaft - Ja/Nein" ausdiskutieren bitte. Aber es wird hinter gar nicht mal so hoch vorgehaltner Hand gemunkelt, dass im Vorfeld eine Rekommunalisierung vom Kreis vorgeschlagen worden ist. Allein die drei HiOrgs fanden das irgendwie doof. Alleine hieraus ergibt sich schon ein Angriffspunkt wenn ich außerhalb der Vereinszugehörigkeit vernetzt bin.
    Und ansonsten: ich bin halt so naiv. Lasst mir meinen Glauben an das Gute. ;-)

  • Monschi, ich will hier auch bloß keine Pro-/Contra-Gewerkschaft losbrechen, aber seien wir mal ehrlich:
    In diesem konkreten Fall hätte doch keine Gewerkschaft irgendwas ausrichten können.
    Der Kreis hat entschieden auszuschreiben. Punkt.
    Da gibt es weder Mitsprache- geschweige denn Mitbestimmungsrecht.

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  • Was hat er nicht? Entschieden?
    Verstehe ich dann den Artikel von Daniel (28.03.) falsch?

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  • Derzeit sollen in NRW alle Ausschreibungen bis auf weiteres ausgesetzt werden bis die EU zu einer Entscheidung bezüglich des Vergaberechts im RD gekommen ist. Der Kreis tut es trotzdem, wozu er eben derzeit nicht gezwungen ist. Weiterhin ist ein Satz (übrigends vom scheidenden und nicht erneut zur Wahl antretenden) Landrats, wie er laut Kölner Stadt-Anzeiger gefallen sein soll: „Ich bin nicht für ihre Arbeitsplätze verantwortlich. Ich bin nicht ihr Arbeitgeber.“ schon sehr herbe.

  • Verstehe.
    Aber dennoch hat eine Gewerkschaft darauf auch nicht mehr Einfluss als die AN selber.


    Der Satz ist natürlich zumindest mal unglücklich.

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  • Nein, hat er nicht. So lange die EU nicht entschieden hat muss eben nicht ausgeschrieben werden.


    Das ist schon ein bisschen arg verkürzt. Wenn der Kreis sich entscheidet, rettungsdienstliche Leistungen einzukaufen - bei wem auch immer - kann er nicht frei Gusto irgendwen beauftragen, dessen Nase ihm am besten gefällt. Daran ändert auch eine Bereichsausnahme im Europäischen Vergaberecht nichts. Die Rechtslage wird im Zweifel dadurch nur noch schwieriger einzuschätzen, weil Vergaben dann nur noch an sehr wolkigen Vorgaben wie dem allgemeinen Gleichheitssatz gemessen werden müssen (was die juristische Prognostizierbarkeit von Ergebnissen erschwert und damit niemandem dient).


    Unabhängig von einer Bereichsausnahme wird in der öffentlichen Wahrnehmung dieses Themas im Übrigen viel zu wenig darüber nachgedacht, dass auch das Haushaltsrecht Anforderungen an eine mögliche Beauftragung stellen kann. Und dass auch die Kostenträger nicht verpflichtet sein dürften, alles Mögliche zu finanzieren.

  • @schmunzel:
    Ich weiß, dass es eine "Anweisung" des Landes NRW gibt welche besagt, dass mit Ausschreibungen im RD derzeit ausgesetzt werden soll bis Brüssel sich geeinigt hat. Derzeit liegt mir das Schreiben nicht vor, ich arbeite aber dran.

  • Ich habe starke Zweifel, dass das Land eine solche Weisung rechtmäßig erteilen könnte, und außer dem Rhein-Sieg-Kreis schreibt mindestens ein weiterer aktuell den Rettungsdienst aus. Von daher würde mich Näheres interessieren.

  • Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.