Britische Notfallmedizin: Ein Fach in der Krise

  • Ein kurzer Kommentar zur Notfallmedizin/ zum Notfallmediziner in GB:


    Britische Notfallmedizin: Ein Fach in der Krise


    Zitat

    [...]
    Da die Notfallmedizin als Querschnittsfach nicht über longitudinale Prozessübersicht verfügt, hat sie es nicht geschafft, die Kompetenzlücken zu füllen und hat ein therapeutisches Vakuum hinterlassen.


    [...]


    Die notfallmedizinische Versorgung in Großbritannien ist durch eine Segmentierung des Behandlungspfades, schlechte Kommunikation an den Schnittstellen und mangelnde Prozessübersicht aller Beteiligten gekennzeichnet. Dies hat zu einer Abkoppelung der klassischen Fachdisziplinen von der Notfallversorgung und daraus resultierenden erheblichen Qualitätsmängeln in der Notfallmedizin geführt.

  • Unabhängig davon, dass es interessant ist auch mal die "dunkle" Seite zu hören würde mich in dem Fall deutlich der Conflict of Interests interessieren. Wer genau ist Karl Thies, wie ist der im englischen Gesundheitswesen berufspolitisch positioniert (abgesehen von seiner beruflichen Qualifikation) und welche Verbindungen hat er zu den aktuell in deutschland aktiven Seiten im Streit um die Zukunft der klinischen Notfallmedizin?
    Mit diesen Hintergrundinformationen könnte man den Artikel deutlich besser (bzw überhaupt) einschätzen.

  • Ich weiß. Man kann auch seine Pubilkationsleistung und sonstige fachliche Qualifikationen ergoogeln. Das ist aber nicht das um was es geht. Mir geht es um sein berufspolitisches Engegagement und dementsprechenden Conflicts, die sich daraus ergeben könnten.


    Das ist ist das entscheidende. Ist ja auch nicht unerheblich ob ein Gries, eine Seifert, eine Hogan oder ein Dodt einen vergleichbaren Artikel/Kommentar schreibt..

  • Die verwendete Literatur (darunter ein BBC Online Artikel) haut mich jetzt nicht aus den Socken, um solch steile Thesen zu rechtfertigen. Noch dazu mit Zahlen aus 2007 (!)


    Dass die Tories momentan Kahlschlag in allen Bereichen der NHS betreiben und dafür Menschen (aller Wahrscheinlichkeit nach) früher oder später mit ihrem Leben bezahlen ist allerdings kaum von der Hand zu weisen.
    Ob das oder das Konzept des Facharztes für Notfallmedizin, der sonst ja häufig hoch gelobt wird, für diese Entwicklung verantwortlich ist würde ich mir persönlich nicht anmaßen zu bewerten. Mir fehlt da aber zugegebenermaßen der Einblick rein. Aber da das Ganze eine berufspolitisch schon enorm aufgeheizte Diskussion ist, machen solche Artikel auf jeden Fall ein bisschen stutzig...


    Ich würde aus meinem Wissensstand nur vermuten, dass sich keiner seiner britischen Kollegen trauen würde (öffentlich), von einem im Aufbau befindlichen Notarztwesen zu sprechen (auch wenn Ärzte zunehmend an exponierter Stelle in der Notfallversorgung mitwirken - ein Notarztwesen wird dort nicht aufgebaut, vor allem nicht zur Triage), oder von einer " unzureichende[n] intensivmedizinische[n] Ausbildung der Notfallmediziner", wobei mir da jetzt nicht ganz klar war ob er sich auf die Paramedics oder die FAs für Notfallmedizin bezieht. Bei ersterem wäre eine Quelle für die Behauptung nicht verkehrt (die ist aus der verwendeten Literatur so nicht rauzulesen), zu zweitem fände ich den Gedankensprung doch etwas weit.


    Da ich letztens ein ähnliches Krankenhaus in GB besucht habe, in dem ebenfalls Todesfälle aufgetreten waren (der Artikel beruft sich ja auf diesen BBC Online Artikel darüber - war aber ein anderes Haus). Mal ein kleiner (subjektiver) Bericht von mir:
    Denen wurden knallhart jahrelang die Mittel gekürzt, Personal flüchtete, dann sollten noch mehr Mittel gekürzt werden, da das nicht mehr ging, wurden von den schon unterbesetzten Stationen Leute entlassen,...
    Und irgendwo dazwischen befand man dann von ausserhalb ständig dass die Qualitätszahlen nicht stimmten und reagierte abwechselnd mit dem Austauschen von Funktionsträgern und Kürzungen von Mitteln (bei Nichterreichen der Qualitätszahlen).
    Ich weiß nicht ob durch diesen Prozess die Wahrscheinlichkeit, in diesem Krankenhaus zu sterben drastisch reduziert werden konnte. Ich kanns mir nur irgendwie schwer vorstellen.


    Ciao,


    Madde


    EDIT: Ahh sehe gerade erst, dass er ziemlich aktives Mitglied von http://www.basics.org.uk/ ist. Das gibt der Geschichte natürlich einen anderen Spin. Muss ich mich mal schlau machen, was das zu bedeuten hat...
    Für die, die damit nichts anfangen können - Das sind Ärzte die sich ehrenamtlich an der präklinischen Notfallversorgung beteiligen - oft als First Responder. Mir waren bisher allerdings noch keine Ambitionen bekannt, dass die dort an der Etablierung eines Notarztwesens arbeiten - aber gut vll. wissen da die Leute die sich in GB besser auskennen als ich mehr...

    "You won't like me when I'm angry.


    Because I always back up my rage with facts and documented sources."



    The Credible Hulk.

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  • Unabhängig von der Validität der Aussagen finde ich die Aspekte ziemlich interessant und zumindestens vorstellbar.

  • 1. Der Beitrag stellt lediglich einen Kommentar dar und keine Argumentationskette.


    2. Die bisher von den Mitgliedern der DGINA und anderer Verfechter des Notfall-Facharztes propagierten "Argumenten" sind meines Erachtens nicht stichhaltiger, als die Dinge, die der Kommentator anspricht bzw. steht die DGINA et al. relativ alleine mit ihrem Anliegen in der Aufnahmelandschaft dar.

  • Zumindest den erwartbaren Kompetenzverlust der anderen akutmedizinischen Fächer und den Informationsverlust bei einer weiteren eingefügten Schnittstelle zwischen Präklinik und Station sehe ich auch als Problem an. Ansonsten mag der Kommentar wahrscheinlich vielen hier Lesenden/Schreibenden sicherlich nicht schmecken, ist halt eine Meinungsäusserung (aber eben als solche auch ganz klar erkennbar) und keine wissenschaftliche Studie.

  • Zumindest den erwartbaren Kompetenzverlust der anderen akutmedizinischen Fächer und den Informationsverlust bei einer weiteren eingefügten Schnittstelle zwischen Präklinik und Station sehe ich auch als Problem an. Ansonsten mag der Kommentar wahrscheinlich vielen hier Lesenden/Schreibenden sicherlich nicht schmecken, ist halt eine Meinungsäusserung (aber eben als solche auch ganz klar erkennbar) und keine wissenschaftliche Studie.


    Da magst du nicht unrecht haben, ich würde mich aber wundern, wenn auf der anderen Seite ein ähnlich dünn durch Fakten belegter Kommentar, der teilweise einen großen Block an Außenseitermeinung vertritt der Gegenseite(n) ebenfalls im Ärzteblatt veröffentlicht werden würde. Dann wiederum lese ich das aber zu selten als dass ich das mit Sicherheit ausschließen könnte ;)


    Ciao,


    Madde

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