Notaufnahmen sollen Bagatellfälle abweisen

  • Ärzte in den Notaufnahmen der Berliner Kliniken müssen seit dem 1. Februar eine ausführliche schriftliche Begründung verfassen, wenn sie Patienten zu den normalen Praxiszeiten von Hausärzten untersuchen. Die Kassenärztliche Vereinigung möchte, dass in den Notaufnahmen weniger Bagatellfälle behandelt werden. Die Kliniken sehen sich zu Unrecht bestraft: http://www.sueddeutsche.de/ges…ufnahmen-in-not-1.2849391

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Geil finde Ich den deutschen Regelungsansatz: Wenn du es doch machst, musst du aber viel Papier schwarz machen.


    Die KVB (nicht die mit der 18 nach Istanbul) hat übringens eine Pressemeldung dazu rausgebracht: [LINK]

    Zitat

    Wichtig ist dem Vorstand der Berliner Vertragsärzte und -psychotherapeuten insbesondere die Qualität der ambulanten Versorgung: In einer Notaufnahme erfolge das Ansehen des Patienten häufig durch eine Krankenschwester, während es in einer Praxis ureigene Aufgabe des Arztes sei. Ferner seien Ärzte in einer Rettungsstelle oftmals noch keine Fachärzte, sondern Ärzte in Ausbildung – ein wesentlicher Unterschied zu einem niedergelassenen Vertragsarzt.

    Hervorhebungen durch mich

  • Laboruntersuchungen, z.B. Herzenzyme oder BGA,werden sicherlich in den meisten Vertragsarztpraxen 24h als Notfalluntersuchungen vorgehalten.
    Gleiches gilt für die radiologische Diagnostik mit Röntgen und CT-Untersuchungen.


    Für manche Pressemeldungen muss man sich wirklich schämen.

  • Das wird ja geil.
    Kleine Story von mir diese Woche.
    Hausärztin im Urlaub. Akuter Zustand der definitiv noch am selben Tag medikamentös behandelt gehört (sag ich mal so als Fachperson), aber eigentlich gut regelbar wäre.
    Vertretung hat von 7-8 Uhr eine Notfallsprechstunde und nimmt in den folgenden 3h Praxisöffnung danach Patienten nur nach Termin. Bei Anruf um 7 bereits Hinweis "Wir sind Vertreung für 5 Praxen, die stehen hier ums Eck, müssen sie gar nicht versuchen".
    Doof. Also auf die Öffnung der Notfallpraxis warten. Zwischenzeitlich Zustandverschlimmerung.
    Um 18 Uhr öffnet die Notfallpraxis, um 17:30 stehen die Menschen bereits ca. 75m weit. Hier wieder der Hinweis, dass nur die ersten "X"-Patienten (Zahl weiß ich nicht mehr) eine Chance haben in den relativ kurzen Zeiten der Öffnung dran genommen zu werden.


    Nachdem sich die Sache mittlerweile nochmal verschlimmert hat nun eben doch als letzter Ausweg in die Nothilfe. (Diese war übrigens wenigstens leer...)
    :motz: :motz: :motz:



    Solange wir es selbst in Großstädten nicht hinkriegen 24h eine Behandlungsmöglichkeit zu bieten die NICHT die Nothilfe ist... Können wir uns aus meiner Sicht beim Patienten nicht beschweren.

  • Da "sortiert" eine Pflegefachkaft (ggf. mit spezieller Ausbildung hierfür) ankommende Patienten nach Dringlichkeit (nicht jeder gehfähige Patient ist GRÜN und nicht jeder liegend angelieferte Mensch ist automatisch ROT).
    Sie sieht zudem tgl. Notfälle sehr unterschiedlicher Fachdisziplinen.


    Damit ist sie natürlich hoffungslos überfordert - im Gegensatz zu einer medizinischen Fachangestellten, die bevorzugt Terminierung und Abrechnung als Arbeitsfeld hat und ausser der Ausbildungspraxis noch nie-niemals-nicht etwas anderes in der Berufspraxis gesehen hat.
    Braucht sie auch nicht, denn natürlich begutachtet ihr Arbeitgeber jeden eintreffenden Patienten persönlich und sofort bei Betreten der Praxis.



    Wer Ironie findet...

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Laboruntersuchungen, z.B. Herzenzyme oder BGA,werden sicherlich in den meisten Vertragsarztpraxen 24h als Notfalluntersuchungen vorgehalten.
    Gleiches gilt für die radiologische Diagnostik mit Röntgen und CT-Untersuchungen.


    Für manche Pressemeldungen muss man sich wirklich schämen.

    Ich glaube die Aufregung ist unangebracht. Es geht um Bagatellfälle! Jemand der eine BGA, oder Herzenzyme braucht ist bis zum Ausschluss der gefährlichen Verdachtsdiagnose normalerweise kein ambulanter Bagatellfall. Ein Röntgen Thorax bekommt man übrigens ab Kleinstadtgöße auch ambulant innerhalb von Stunden und man ist damit manchmal mindestens genauso schnell wie die Klinik. POCT Labor mit Herzenzymen, D-dimer, pro BNP gibt es auch in vielen Praxen. Darum geht es aber eigentlich eben gar nicht da, zB das akute Koronarsyndrom, oder der V.a. Lungenembolie definitiv keine Bagatellfälle sind und damit natürlich stationär gehen, so man sie ambulant nicht sicher ausschliessen kann (beim ACS mit typischer Klinik nützt das ambulante POCT Labor eben nichts, da die Zeitfenster zum sicheren Herzinf.-ausschluß nicht eingehalten werden können)! In Kliniknotaufnahmen kommen jedoch immer häufiger Patienten mit Schnupfen/Husten/Heiserkeit, oder zB "Rücken", häufig aus dem Grunde: gibbet einen Parkplatz in der Nähe und da muss ich ja gerade zu Praxisöffnungszeiten (also eben nicht im Notdienst!) nicht so lange warten wie in einer Arztpraxis, ausserdem haben die ja die ganzen dollen Geräte und man kriegt gleich den Rücken oder die Lunge geröntgt (auch wenn es evtl.gar nicht notwendig wäre). Da gibt es de facto eine Fehlsteuerung! Ob man das Problem so bekloppt Pseudo-lösen muss wie die KV in Berlin, weiss ich allerdings auch nicht.


    @Rapahel:
    "Triage" ist auch das tägliche Geschäft einer MFA (Stichwort "Terminmanagement"), so schwer ist das ja auch gar nicht in einer Arztpraxis (ist ja keine Notaufnahme, sondern Niedrigprävalenzbereich). Natürlich gibt es da (wie in jedem anderen Beruf auch) fachlich fähige und motivierte Menschen und eben auch das Gegenteil. Natürlich müssen Mitarbeiter auch qualifiziert geschult und ausgebildet werden, da hakt es aber nicht nur in Arztpraxen manchmal gewaltig.

  • Ich sagte es ja schon mal, dass ich eine Notdienstpraxis, angeschlossen an jede Notaufnahme, bevorzuge würde. Bagatellen könnten so gleich durch geschleust werden.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • @ Harris NRÜ dem schließ ich mich an! Weil es wird sicher interessant, wenn die Ambulanz einen Patienten abweist mit dem Verweis doch bitte zum niedergelassenen Hausarzt zu gehen und dieser auf den Weg dorthin kollabiert und verstirbt an zum Beispiel einer Lungenembolie oder einem kardialen Geschehen, was ja nicht unbedingt gleich hier Schreit ins besondere bei asymptomatischen Geschehen.

  • Ich sagte es ja schon mal, dass ich eine Notdienstpraxis, angeschlossen an jede Notaufnahme, bevorzuge würde. Bagatellen könnten so gleich durch geschleust werden.


    Ich bin starker vertreter eines Modells das man gelegentlich in Australien und in .ch findet (und das dem einen oder anderen Ostdeutschen ein wenig vertrauter vorkommt): Ärzte der (kleinen) Stadt sind räumlich zusammen mit der Klinik und der Notdienstpraxis.
    Damit hat der Patient genau eine Anlaufstelle, der niedergelassene Arzt alle Möglichkeiten und die Notfallpraxis ist eng an die Nothilfe angeschlossen.


    Aber ich komme wieder in's träumen...

  • Ich sagte es ja schon mal, dass ich eine Notdienstpraxis, angeschlossen an jede Notaufnahme, bevorzuge würde. Bagatellen könnten so gleich durch geschleust werden.

    Das ist durchaus eine absolut sinnvolle Kombi und gibt es ja schon recht häufig, würde aber nur für Notdienstzeiten greifen. Hier geht es anscheinend um Bagatellfälle die während der normalen Praxisöffnungszeiten aufschlagen, da würde nur ein konsequentes Verweisen auf die Zuständigkeit des ambulanten Sektors helfen.

    Weil es wird sicher interessant, wenn die Ambulanz einen Patienten abweist mit dem Verweis doch bitte zum niedergelassenen Hausarzt zu gehen und dieser auf den Weg dorthin kollabiert und verstirbt an zum Beispiel einer Lungenembolie oder einem kardialen Geschehen, was ja nicht unbedingt gleich hier Schreit ins besondere bei asymptomatischen Geschehen.

    Das ist definitiv ein Problem wenn die vorgebrachten Symptome darauf hingewiesen hätten, das gleiche Problem hat der Arzt in der Praxis auch. Abweisen mit Luftnot, oder Herzschmerz ist halt riskant und somit nicht drin, da sind wir aber wieder nicht im Bagatellbereich unterwegs. Ein asymptomatisches Geschehen wird wohl nicht vorliegen wenn der Patient einen Arzt/ein Krankenhaus aufsucht, höchstens ein nicht eindeutiges Geschehen. Es gibt sicher (wie immer) Grenzfälle, da kann man seitenlang drüber dsikutieren, es gibt aber auch eindeutige Fälle. Man kann das Argument übrigens auch umdrehen und aus der Logik der Sicherheit jeden Patienten mit Luftnot intubieren und mit einem Angio CT und einem Herzkatheter betun, nur um 100%ig sicher zu gehen, wäre aber so Schaden/Nutzen-mässig eher unattraktiv :biggrin_1: . Wobei: wenn ein Patient im Rahmen einer unangebrachten med. Maßnahme zu Schaden kommt, wird es oft als schicksalshaft empfunden ... die Ärzte haben ja alles getan...
    Im umgekehrten Fall ist das Urteil recht schnell gefällt, obwohl möglicherweise manchmal der Verlauf so war, dass zB keine typischen Warnsymptome vorlagen.

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