[Region Hannover] Willkürlich gehandelt: Rettungsassistent verliert Job

  • Zitat

    Wer als Rettungsassistent Patienten ohne ärztliche Anweisung Schmerzmittel spritzt, ist für den Beruf ungeeignet und verliert die Zulassung.


    Quelle: Focus Meldung vom 24.02.2016 11:59 Uhr

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Naja, ein bisserl mehr gehört schon noch dazu:


    http://www.rechtsprechung.nied…ml=bsndprod.psml&max=true




    Grüsse, Notfallmedizinexperte T. Io

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.

  • Zitat

    Mit weiterem Bescheid vom 8. Juli 2015 ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung des Widerrufs der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung "Rettungsassistent" sowie der "Befugnis der Rettungssanitäterbefähigung, ausgestellt im Januar 1993" an. Zur Begründung machte der Antragsgegner geltend, die sofortige Vollziehung sei zur Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit erforderlich. Eine weitere Tätigkeit des Antragstellers als Rettungsassistent stelle eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung dar. Nach Erlass der Widerrufsverfügung am 6. November 2014 seien ihm - dem Antragsgegner - weitere erhebliche strafrechtliche Verfehlungen bekannt geworden. Der Antragsteller sei durch Urteil des Amtsgerichts E. vom 18. März 2004 - 2 Cs 30 Js 43830/02 - wegen Verschaffens kinderpornographischer Schriften zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt worden. Ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern sei durch das Amtsgericht F. mit Beschluss vom 30. Juni 2011 - 7129 Js 5070/10 7 Ls - gegen Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 3.500 EUR an die Geschädigte nach § 153a Abs. 2 StPO eingestellt werden. In einem weiteren Ermittlungsverfahren habe die Staatsanwaltschaft D. am 27. März 2015 - 1 Js 9355/14 SN-NF - bei dem Amtsgericht G. Anklage gegen den Antragsteller wegen vorsätzlicher Körperverletzung und wegen des Besitzes jugendpornographischer Schriften erhoben. Hiernach habe der Antragsteller wiederholt gegen Berufspflichten eines Rettungsassistenten verstoßen. Das in den strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zutage getretene Fehlverhalten des Antragstellers gefährde das Vertrauen in die Integrität des Rettungsdienstpersonals und begründe die konkrete Gefahr, dass der Antragsteller ihm anvertraute Patienten schädigen werde. Zum Schutz dieser im öffentlichen Interesse liegenden Rechtsgüter sei die mit der sofortigen Vollziehung verbundene, nicht unerhebliche Beeinträchtigung der privaten Interessen des Antragstellers hinzunehmen.

  • Man muss das verlinkte Dokument schon gaaannnz bis zum Ende lesen.


    Insgesamt eine schwer nachzuvollziehende Geschichte voller Widersprüche. Vielleicht auch eine inkonsequente und ungeschickte Verteidigung in den vorangegangenen Verfahren. Dies vermag ich jedoch nicht abschließend zu beurteilen. Viel Interessanter ist für mich der Ausgang des Strafverfahrens in Sachen Schmerzmittelgabe und die weiteren daraus folgenden Konsequenzen. Mich bestärkt es darin, mit Medikamenten sehr vorsichtig und zurückhaltend umzugehen. Daran wird sich auch als Notfallsanitäter erstmal nichts ändern.


    LG TT

    NEU: Jetzt auch mit elektrohydraulischer Trage sowie Beladesystem!

  • Es liest sich auch so, als habe er die Medikamente ohne Absprache mit der Patientin verabreicht? Dann wäre das auch strafbar, wenn es ein Arzt gemacht hat.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Es liest sich auch so, als habe er die Medikamente ohne Absprache mit der Patientin verabreicht? Dann wäre das auch strafbar, wenn es ein Arzt gemacht hat.

    Und ohne medizinische Indikation. Zumindestens hat er keine in dem Verfahren genannt.


    Zitat

    Seine Einlassung, im Blut der Patientin sei das Medikament Dormicum nur in einer Menge von 37 µg gesichert worden, bestätigt vielmehr den
    Vorwurf, dass er jedenfalls dieses Medikament tatsächlich verabreicht hat. Eine medizinische Indikation und eine ärztliche Weisung hierzu hat
    der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht aufgezeigt.

  • Es liest sich auch so, als habe er die Medikamente ohne Absprache mit der Patientin verabreicht? Dann wäre das auch strafbar, wenn es ein Arzt gemacht hat.


    Zitat

    Es trifft zwar zu, dass die Geschädigte M. von Beruf Gesundheits- und Krankenpflegerin ist (vgl. Blatt 17 der Beiakte 4). Nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Geschädigte den Antragsteller um die Verabreichung der Medikamente Ketanest und Dormicum gebeten hatte, ergeben sich indes weder aus seinem Beschwerdevorbringen noch aus der Strafakte des Amtsgerichts C. (Beiakte 4). Selbst der Antragsteller hatte in seiner Vernehmung als Beschuldigter am 24. März 2011 (Blatt 109 ff. der Beiakte 4) und in der Einlassung über seinen Rechtsbeistand im Schriftsatz vom 11. August 2011 (Blatt 126 ff. der Beiakte 4) nicht auf eine solche vermeintliche Bitte der Geschädigten hingewiesen. Im Übrigen ist eine solche Bitte für die berufsrechtliche Relevanz des Fehlverhaltes ohne Belang. Dieses Fehlverhalten, ohne medizinische Indikation und ohne vorherige ärztliche Weisung einen venösen Zugang in der Ellenbeuge gelegt und hierüber die Schmerzmittel Ketanest und Dormicum verabreicht zu haben, wird durch eine solche Bitte weder gerechtfertigt noch entschuldigt.


    Aus meiner allgemeinen Lebenserfahrung würde ich folgendes annehmen:
    Ein Patient der absolut schmerzgeplagt ist und war und sich somit für ihn in einer Notsituation befand, wird sich retrospektiv über einen "Bad Trip" seltenst beschweren.
    Je "elektiver" und unter Umständen weniger indiziert die Maßnahme erscheint, desto mehr wird er sich über diesen Diskomfort beschweren.
    Falls du mir das nicht glaubst, die meisten Intensivpatienten erleiden grauenhafte Trips. Rechtlich relevant gewürdigt, werden sie zurecht natürlich nicht, weil es keine Handlungsalternative gibt.


    Und da kommen wir zu dem Punkt der Handlungsalternative:
    Vermutlich erschien die Gabe retrospektiv als nicht indiziert und nebenbei von der Patientin nicht gewünscht, da sie keine Schmerzen hatte.


    BTW:
    Ich habe es selbst einmal in meinen Anfangsjahren (verjährt) erlebt, dass ein Kollege (RA) Ketanest in meinen Augen ohne Indikation und notärztliche Absprache gegeben hat.
    Als Ehrenamtlicher habe ich aber aus Gründen des Betriebsfriedens geschwiegen.


    Daher kann ich mir durchaus einen ähnlich gelagerten Fall auch vorstellen.


    //Spekulation Ende

  • Man muss das verlinkte Dokument schon gaaannnz bis zum Ende lesen.


    Insgesamt eine schwer nachzuvollziehende Geschichte voller Widersprüche. Vielleicht auch eine inkonsequente und ungeschickte Verteidigung in den vorangegangenen Verfahren. Dies vermag ich jedoch nicht abschließend zu beurteilen. Viel Interessanter ist für mich der Ausgang des Strafverfahrens in Sachen Schmerzmittelgabe und die weiteren daraus folgenden Konsequenzen. Mich bestärkt es darin, mit Medikamenten sehr vorsichtig und zurückhaltend umzugehen. Daran wird sich auch als Notfallsanitäter erstmal nichts ändern.


    LG TT


    Welchen Teil hättest du denn hier her kopiert? Mir ging es darum, dass eben nicht nur eine Sache sondern mehrer Verfehlungen zu der Entscheidung des Wiederrufes geführt haben. Wie hättest du das hier dargestellt, nachdem du es ebenfalls bis zum Ende gelesen hast?

  • Meine Antwort zu dem Thema bezog sich nicht auf Deinen vorangegangenen Beitrag.


    Kopieren brauche ich nichts. Das kann sich jeder selber durchlesen.


    Zudem ist der Sachverhalt sehr komplex und für einen Außenstehenden schwer nachvollziehbar wie ich finde. Denn es fehlt einfach das Umfangreiche Hintergrundwissen zu den vorangegangenen Verfahren bzw. Urteilen. Wichtig sind denke ich die Aussagen zur Schmerzmittelgabe und dem darauffolgenden Entzug der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Rettungsassistent.

    NEU: Jetzt auch mit elektrohydraulischer Trage sowie Beladesystem!

    Einmal editiert, zuletzt von Tragenträger ()

  • Fassen wir zusammen: Der Mann wurde verurteilt weil er im Dienst auf einem RW-Rechner ein kinderpornografisches Video herunter geladen hat, weil er eine 12/13jährige missbraucht hat und ihm wurde aufgrund genereller fehlender Eignung die Zulassung entzogen, im Rahmen der Hausdurchsuchung wurden zudem große Mengen Ketanest und Dormicum gefunden. Die genannte Medikamentengabe war hier nicht der Ausschlag sondern nur die "Kirsche". Diese war a) wohl nicht durch eine medizinische Indikation gedeckt b) ohne Einwilligung und Aufklärung erfolgt.
    Ehrlich gesagt? Mein Kommentar ist eher: "Jetzt erst?"

  • Nach kurzer Lektüre: Zunächst einmal der Hinweis, dass es sich um einen Beschluss im einstweiligen Rechtsschutz handelt, also nicht um eine abschließende Entscheidung. In dem Beschluss geht es also letztlich darum, ob der betreffende Notfallsanitäter seine berufliche Tätigkeit so lange weiter ausüben darf, bis ein abschließendes Urteil fällt. Dies haben sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht (letzteres als Beschwerdeinstanz) verneint.


    Der imho tragende Grund dafür findet sich in Randnummer 30. Dort legt das Oberverwaltungsgericht dar, dass es eine Gefährdung zukünftiger Patienten durch Medikamentengaben befürchtet. Der weiter oben zitierte Vorwurf sexuellen Missbrauchs ist für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht tragend gewesen (siehe Randnummer 21), also ist es auch nicht Grundlage der Beschwerdeentscheidung. Das Oberverwaltungsgericht führt zwar aus, die beklagte Behörde dürfe diesen Aspekt bei ihrer Entscheidung berücksichtigen (Randnummer 22 ff.). Allein daraus ließe sich aber nicht rechtfertigen, bis zum endgültigen Urteil die Berufsausübung zu untersagen, denn die betreffende Tat weist keinen rettungsdienstlichen Bezug auf, und es ist auch nicht ersichtlich, dass der Betroffene im Rettungsdienst Gelegenheit zum sexuellen Missbrauch von Kindern in einer vergleichbaren Form haben könnte (letzteres ist natürlich diskutabel, aber "glatter" und m. E. auch überzeugender ist, auf den anscheinend überbordenden und von fehlendem Problembewusstsein getragenen Medikamenteneinsatz abzustellen).

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Tragenträger:
    Ich stimme dir zu, dass zu diesem Fall mehr gehört als wir bisher gelesen haben. Und auch, dass der Sachverhalt kompliziert ist.


    Wie man daraus generell schließen kann, dass Medikamentengaben durch RettAss rechtlich gefährlich wären, erschließt sich mir nicht.



    Sent from my iPhone

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • ob der betreffende Notfallsanitäter seine berufliche Tätigkeit


    NFS oder RettAss?

    Ich habe einen ganz einfachen Geschmack - ich bin stets mit dem Besten zufrieden.
    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller, 1854 - 1900


    Ich prüfe jedes Angebot. Es könnte das Angebot meines Lebens sein.
    Henry Ford 1863 - 1947

  • NFS oder RettAss?



    In Randnummer 31 wird die Argumentation des Betroffenen erwähnt, er habe die Prüfung zum "Notfallassistenten" bestanden. Ich reime mir also zusammen, dass er schon geadelt ist. Das kann aber falsch sein. Also, meine Vermutung, die kann falsch sein.

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Irgendwie besorgt es mich schon, dass Berufsbezeichnungen nicht akkurat sind, wenn es darum geht, jemandem die Berufserlaubnis zu entziehen.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Es geht halt mal wieder nicht um eine indizierte Maßnahme die korrekt durchgeführt wurde, und offensichtlich (Urin-Probe) nicht Dokumentiert und vermutlich auch verheimlicht bzw. geleugnet wurde.


    Also wird auch diese Urteil dem "Globalen"- Problem der Akzeptanz invasiver Maßnahme nicht gerecht werden, schlimmer es wird in gekürzter (z.B. Focus Artikel) Form Wasser auf die Mühlen der Gegner sein.