Grevesmühlen/Mallentin Krankenwagen geblitzt: Fahrer soll Führerschein abgeben

  • Zitat

    50 km/h sind erlaubt, mit Sonderrechten dürfen es 75 km/h sein. Da die Fahrt mit Sonderrechten ja unstrittig ist handelt es sich nur um eine Übertretung von 15 km/h.


    Nein, wenn die Fahrt nicht unter Beachtung von § 35 Abs. 8 StVO erfolgte, war der Fahrer nicht von den Vorschriften der StVO befreit. Also fuhr er 90, wo er 50 hätte fahren müssen.

  • Zitat

    Dass man natürlich im Einzelfall nach entsprechender Prüfung zu der Einschätzung kommen kann, Tempo 90 seien an der bewussten Stelle zu viel, ist klar.


    Sicher, man muss das im Einzelfall konkretisieren. Kommt aber am Ende aufs selbe raus ...


    Zitat

    Erst recht, wenn man den ersten Verstoß in einem Jahr im Grunde noch toleriert, was sich auch kaum konsistent begründen lässt.


    Doch, klar: § 47 Abs. 1 OWiG.


    Und es heißt ja auch nur, der Landkreis (als Rettungsdienstträger) werde sich bei der Bußgeldbehörde (des Landkreises) beim ersten Verstoß für eine Einstellung verwenden, danach müsse sich der Fahrer selbst kümmern. Nirgendwo steht, dass ersteres zwingend erfolgversprechender sei als letzteres. (Obschon ich mir das irgendwie vorstellen könnte, dass es so wäre.)

  • Eben gerade nicht, wenn die Behörde das weiß, bevor sie den Einzelfall überhaupt geprüft hat...


    Davon steht da ja nichts, wenn ich mich recht erinnere, sondern nur, dass der Landkreis (als Rettungsdienstträger) sich bei der Bußgeldbehörde (also vermeintlich ein paar Büros nebendran) für eine Einstellung verwende.

  • Davon steht da ja nichts, wenn ich mich recht erinnere, sondern nur, dass der Landkreis (als Rettungsdienstträger) sich bei der Bußgeldbehörde (also vermeintlich ein paar Büros nebendran) für eine Einstellung verwende.


    Na ja, da ist die Rede von einer "Regelung", die auf den Rettungswachen im Landkreis auch bekannt und gängige Praxis sei... Beim ersten Mal "beantragt" der Träger (bei wem eigentlich....?) die Einstellung, beim zweiten "lehnt er die Einstellung ab". Lebensnah betrachtet hat man sich da ein eigenes Landrecht gezimmert, denke ich.

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Na ja, da ist die Rede von einer "Regelung", die auf den Rettungswachen im Landkreis auch bekannt und gängige Praxis sei... Beim ersten Mal "beantragt" der Träger (bei wem eigentlich....?) die Einstellung, beim zweiten "lehnt er die Einstellung ab". Lebensnah betrachtet hat man sich da ein eigenes Landrecht gezimmert, denke ich.


    Das ist jetzt Auslegungsfrage. :) Ich habe den Text

    Zitat

    „Beim ersten Überschreiten der Grenze innerhalb eines Kalenderjahres beantragt der Träger des Rettungsdienstes die Einstellung des Bußgeldverfahrens und verlangt vom Arbeitgeber eine Unterweisung des Fahrzeugführenden. Bei einer zweiten Überschreitung der Grenze innerhalb des Kalenderjahres lehnt der Träger die Einstellung ab und der Fahrzeugführende hat sich um die Einstellung selber zu kümmern.“

    so verstanden, dass der Rettungsdienstträger beim ersten Verstoß bei der Bußgeldbehörde die Einstellung - nach § 47 Abs. 1 OWiG? - beantragt, bei weiteren Verstößen ein solches Vorgehen aber ablehnt und es dem Fahrer überlässt, eine Einstellung zu erreichen (oder eben auch nicht). Wenn der Träger des Rettungsdienstes ebenso der Landkreis ist wie die Bußgeldbehörde, macht das auch Sinn, finde ich.

  • dass der Rettungsdienstträger beim ersten Verstoß bei der Bußgeldbehörde die Einstellung - nach § 47 Abs. 1 OWiG? - beantragt


    Jaja, aber ich wusste gar nicht, dass ein Unbeteiligter in OWi-Verfahren irgendwelche :pleasantry: Anträge stellen kann...

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Als Judikative würde ich auch versuchen, die Umstände in Betracht zu ziehen. Ein RTW ist ein LKW, ein NEF meist ein PKW...
    http://www.internetratgeber-re…hner/rechner-bremsweg.htm



    Hier ist einer der Kommentare aus FB (mit freundlicher Genehmigung des Verfassers):


    Zitat

    Meines Erachtens sind hier Totschlagargumente wie "Da ist aber ein Menschenleben in Gefahr!" nicht angebracht, da es um simples Risk-Management geht. Minimal muss die Maßnahme indiziert sein und - ein angemessenes Mittel darstellen, welches ich auch zumindest annähernd beherrschen sollte. Die Menge der Rettungswagenfahrer ist heterogen, die Einen mit mehr, die anderen mit weniger Erfahrung. Wo also welche Geschwindigkeitsgrenze ziehen? Nehmen wir einfach mal einen 4,5 Tonnen Rettungswagen. Jeder stellt sich den LKW vor und fährt auf ein Hütchen zu. Mit angenommenen 80 km/h ( Ausweichtrainings mit dem PKW wurden bei meinem Sicherheitstraining mit 50 km/h gefahren) fährst Du nun auf einen Pylonen zu. Jetzt das Ausweichmanöver... Spannende Momente ergeben sich in Deinem Kopf und vielleicht die Eine oder andere Schweißperle gesellt sich dazu. Ok, das war einfach. Jetzt nehmen wir eine Standardsituation aus dem realen Leben: 12 Stunden Dienst gehabt, es war ein stressiger Tag, wir sind in der Überstunde. Wetter? kein Problem. Keine glatte Strasse, keine Sichtbehinderung durch tiefstehende Sonne, kein unterschiedlicher Grip. Wir sind wieder mit 80 km/h unterwegs. Doch diesmal wissen wir nicht, dass da vorne ein Pylon steht und das Ausweich- und Bremsmanöver kommt plötzlich... welch Glück, es war nur ein Pylon.

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.

  • Ein RTW ist ein LKW, ein NEF meist ein PKW...


    Ich sage mal.....der RTW ist kein LKW (bei deiner Bremswegberechnung natürlich ja) der RTW ist ein Sonder KFZ zur Personenbeförderung.


    Sollte bei der Bewertung ein nicht unerheblicher Faktor sein.


    Für LKW gibt es eindeutige Regeln, wo Geschwindigkeit usw. klar definiert sind.
    Bei Sonder KFZ ist das eben nicht so.
    Da ist das jeweils eine Einzelfallentscheidung

  • Es geht hier wohl eher um den Vergleich des Fahrverhaltens und ich schließe mich da persölich an, dass auch ein neuer RTW mit "Pkw-Fahrgefühl" (z.B. MB Sprinter) sich in Extremsituationen nicht wie ein Pkw verhält (auch nicht wie ein NEF auf VW T6 oder MB V-Klasse).

  • Ich kann mich mal an ein Polytrauma erinnern, das eine Blutspur vom Schockraum in den OP zog.
    Selbstverständlich ist es auch in solch einem Fall durchaus sinnvoll dogmatisch im Sinne einer prozentualen Regel bezüglich der Geschwindigkeitsübertretung zu handeln... (Ironie)


    Das Argument mit den Sonderrechten und der "gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" ist für den logisch denkenden Normalbürger auch ein Stück weit paradox
    49 % Geschwindigkeitsübertretung innerorts gelten folglich noch als sicher.
    Es stellt sich also die Frage: Warum erhält man nun als Normalbürger, wenn man mit 24 km/h bei erlaubten 50 km/h erwischt wird eine Strafe?
    Man hat doch schließlich mit selber oben angewendeter Logik die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gefährdet?
    Man könnte nun hergehen und behaupten, dass die entsprechende Regelung, welche uns Normalbürger in diesem Falle eine Strafe wegen Geschwindigkeitsüberschreitung zukommen lässt schlicht ein unerlaubter Eingriff in unsere Grundrechte darstellt, da auch das schnelle Fahren Bestandteil der Entfaltung der freien Persönlichkeit darstellt.
    Und natürlich würde man sofort, meiner Meinung nach zu Recht, eine verbale Ohrfeige kassieren mit der Begründung: So ein Schwachsinn! Sie gefährden mit Ihrer schnellen Fahrweise andere Verkehrsteilnehmer.


    Nun überspannen wir den Bogen etwas:
    Die Polizei darf mit Kraftfahrzeug flüchtige Personen zum Zwecke der Strafverfolgung unter anderem auf dem Boden der Straßenverkehrsordnung verfolgen, natürlich auch unter der "gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung".
    Es gibt zahlreiche Beispiele von schweren Unfällen im Rahmen solcher Strafverfolgungen. Es wäre absurd anzunehmen, dass eine Verfolgungsjagd ohne die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung funktioniert.


    Legitimiert ist sie genauso sehr oder genauso wenig durch die Straßenverkehrsordnung, wie das verblutende Polytrauma, welches mit mehr als 50% der erlaubten Geschwindigkeit transportiert wird.
    Es ist einerseits die Rechtspraxis, die die Legitimation liefert, aber andererseits auch die öffentliche Meinung und daraus resultierend der Rückhalt der Politik für ein derartiges Vorgehen.
    Man stelle sich den flüchtenden Straftäter vor und die Polizei sagt: Sorry, Zone 30. Der fuhr 70. Wir fahren leider nur 45. Die Volksseele würde kochen.


    Nun kann man über Facebook lamentieren und auch die Kommentatoren primitive Idioten nennen. Das ist bei Leibe nicht die richtige Vorgehensweise. Die öffentliche Meinung spielt in der Diskussion eine nicht unerhebliche und zu unterschätzende Rolle. Denn solche Fragen benötigen einen gesellschaftlichen Konsens, da sie sowohl Risiken als auch Nutzen bieten.
    Wir können die Fahrer von Einsatzfahrzeugen stärker reglementieren oder sie unterstützen. Beides hat mittelbare und unmittelbare Konsequenzen.


    Ich für meinen Teil bin nur als etwaiger Patient oder als Verkehrsteilnehmer von diesen Konsequenzen betroffen. Die Rolle des Fahrzeugführers habe ich in diesem Kontext abgelegt.


    Was man aber meiner Meinung nach nicht machen sollte, ist es sich in einer verwaltungsrechtlichen Argumentationslogik zu verirren. Hier besteht eindeutig die Gefahr, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht und den Blick für das Wesentliche, die Gesellschaft und unsere Patienten, verliert.

  • Nun kann man über Facebook lamentieren und auch die Kommentatoren primitive Idioten nennen. Das ist bei Leibe nicht die richtige Vorgehensweise. Die öffentliche Meinung spielt in der Diskussion eine nicht unerhebliche und zu unterschätzende Rolle. Denn solche Fragen benötigen einen gesellschaftlichen Konsens, da sie sowohl Risiken als auch Nutzen bieten.


    Da wäre ich zurückhaltend. Stell dir mal die "öffentliche Meinung" vor, wenn ein RTW mit 90km/h im Dorf drei spielende Kinder überrollt hat.
    Die öffentliche Meinung, wie sie sich im Internet darstellt, ist eine launische Diva und kann schneller wechseln, als man es logisch nachvollziehen kann.

  • Sicherlich stellt es nicht zwangsläufig eine repräsentative Stichprobe dar. Dennoch geht es um etwas anderes, fernab der extremen Meinungen:
    Einen gesellschaftlichen Konsens bezüglich bestimmter Sachverhalte.


    Zu dem Beispiel mit den 3 Kindern:
    http://www.focus.de/regional/l…berfahren_id_5333261.html


    Hier wurde niemand gesteinigt oder mit Mistgabeln aus dem Ort verjagt.
    Interessant sind die Kommentare unter dem Artikel. Sehr lesenswert!


    Dort stehen eigentlich nur Dinge in Richtung:
    Tragischer VorfallQ Den Eltern wird das Beileid ausgesprochen und den Rettern viel Kraft gewünscht mit diesem schrecklichen Erlebnis umzugehen.




    Es ist halt nur interessant, wie sehr wir uns untereinander uns ans Bein pinkeln und uns gegenseitig belehren und damit durch "glasklare Fakten" den bestehenden Rückhalt in der Gesellschaft zerstören.
    Aber ich wiederhole mich gerne nochmal.
    Ich muss nicht fahren.

  • Letztendlich kommt es auf die Güterabwägung an - inzwischen eins meiner Lieblingsworte, das ich im Übrigen bei einer Fortbildung eines Forumsmitgliedes hier hatte, aufgeschnappt habe.


    Das blutende Polytrauma gewinnt durch eine möglichst schnelle Fahrweise, aber das Risiko für die anderen Verkehsteilnehmer steigt entsprechend an. Bei einem Bagatelltrauma sieht diese Nutzen-Risiko-Abwägung anders aus.
    Auch bei einer Verfolgungsjagd besteht ein Interesse, den Flüchtigen zu schnappen. Dabei überwiegt das Risiko, wenn es lediglich um ein dezentes Bußgeld geht, verliert aber relativ dazu, wenn es sich bei den Flüchtigen um bewaffnete Geiselnehmer geht.


    Es kommt also immer auf den Einzelfall an. Und damit auch auf die äußeren Umstände. Und immer muss die Frage im Mittelpunkt stehen: Was gewinne, was verliere ich?