Die Ausbildungszielbestimmung des § 4 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c des Notfallsanitätergesetzes - Bundesrechtliche Vorgaben und Umsetzung durch die Bundesländer

  • Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zu den bundesrechtlichen Vorgaben der Ausbildungszielbeschreibung des §4 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c des Notfallsanitätergesetzes und der Umsetzung durch die Bundesländer.


    Zitat

    Ob diese Regelung eine Befähigung der Notfallsanitäterinnen und Notsanitäter für die eigenständige Durchführung von heilkundlichen Maßnahmen im Sinne einer Substitution ärztlicher Leistungen anstrebt oder ob derartige Tätigkeiten aus Sicht des Gesetzgebers als vom ÄLRD delegierte Aufgaben aufzufassen sind, ist bislang noch nicht abschließend geklärt. Unter Berücksichtigung der (gesetzlich nicht definierten) medizinrechtlichen Begriffe der Delegation und Substitution ärztlicher Leistungen, des Wortlauts und der Systematik der Ausbildungszielbestimmung des § 4 NotSanG und der Gesetzesbegründung hierzu dürften die besseren Gründe dafür sprechen, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung die ausbildungsmäßigen Voraussetzungen für eine zeitlich vorweggenommene Form der Delegation
    heilkundlicher Aufgaben auf Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter schaffen wollte, eine „Substitutionslösung“ also nicht angestrebt hat.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.


  • Hervorhebungen durch mich

  • Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zu den bundesrechtlichen Vorgaben der Ausbildungszielbeschreibung des §4 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c des Notfallsanitätergesetzes und der Umsetzung durch die Bundesländer.


    Ich habe nur das "executive summary" gelesen; das entspricht im Wesentlichen meiner Einschätzung.


    Danke für den Hinweis!


  • Hervorhebungen durch mich


    Aus meiner Sicht eine unglücklich formulierte Passage - denn um einen "Arztvorbehalt" geht es hier bestenfalls am Rande, da ja auch Heilpraktiker zur Ausübung der Heilkunde berechtigt sind (von wenigen Einschränkungen abgesehen, welche an dieser Stelle aber nicht relevant sind). Das HPG fordert entweder eine ärztliche Approbation ODER eine Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde & in DIESEM Zusammenhang hat der (Bundes-) Gesetzgeber bisher keine Ausnahmeregelung geschaffen. Damit verbleiben für eine rechtlich saubere Regelung der Handlungskompetenz 2-3 Optionen:


    a) NotSan erhalten eine (ggf. zeitlich befristete & inhaltlich beschränkte) Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, z.B. im Rahmen der jährlichen Fortbildung / Kenntnisüberprüfung. Ein Weg, der u.a. von Michael Neupert bereits vorgeschlagen wurde.
    b) Der Bundesgesetzgeber schafft eine Ausnahmeregelung im HPG (meines Erachtens der einzig sinnvolle Weg, um wirkliche Rechtssicherheit zu schaffen)
    c) Die "Vorabdelegation" setzt sich in juristischer Lehre und Schriftum als rechtlich zulässig durch (so wird's wahrscheinlich laufen - damit bleibt aber eine erhebliche Rechtsunsicherheit...denn irgendwo wird sich immer jemand finden, der eine andere Sichtweise vertritt...blöd, wenn's der Richter ist...)

    „Ein Staat ist immer nur so frei wie sein Waffengesetz.” (Gustav Heinemann)

  • c) Die "Vorabdelegation" setzt sich in juristischer Lehre und Schriftum als rechtlich zulässig durch (so wird's wahrscheinlich laufen


    Das halte ich für ziemlich unwahrscheinlich, weil mir bisher keiner so recht erklären konnte, wie eine solche Delegation, bei der ja die Verantwortung für Indikationsstellung und Auswahl der Maßnahme beim Arzt bleibt, funktionieren soll.


    Entweder müssen solche SOPs hochspezifisch sein und eine eigene Entscheidungsfreiheit praktisch ausschließen, oder der "delegierende" Arzt trägt die straf- und zivilrechtliche Haftung für die Indikationsstellung durch den Notfallsanitäter. Beides erscheint mir wenig praktikabel.


    SOPs in Form von Leitlinien sind aber keine Delegation, sondern Substitution.

  • Eine Einschätzung, die ich voll und ganz teile. Aus diesem Grunde kann ich mich nur wiederholen:


    b) Der Bundesgesetzgeber schafft eine Ausnahmeregelung im HPG (meines Erachtens der einzig sinnvolle Weg, um wirkliche Rechtssicherheit zu schaffen)


    Nachdem es ja gerade zu ersten zaghaften Vorstößen hinsichtlich eines "Ausbügelns" verschiedener Unzulänglichkeiten des NotSanG kommt, wird man sich hoffentlich früher oder später auch mit dem "Kernproblem" der weiterhin völlig unklaren Kompetenzen beschäftigen. Ich bin mal gespannt, wie lange es dauert, bis der erste Notfallsanitäter vor Gericht steht. Streng genommen wundert es mich fast, dass nicht schon die ersten Verfahren laufen...

    „Ein Staat ist immer nur so frei wie sein Waffengesetz.” (Gustav Heinemann)

  • Bedeutet letztendlich das RTW´s völliger Murks und total unsinnig sind. Venenzugänge sind Heilkunde, Verbände kann jeder Ktw.
    Bedeutet in letzter Konsequenz, daß nur noch KTW´s und NAW´s Sinn ergeben.


    Oder sehe ich das falsch...

  • Blutdruckmessen und aus dem Ergebnis Schlüsse ziehen ist übrigens auch Heilkunde wir uns der allerbeste Prof Dr Sefrin gelehrt hat.

  • Blutdruckmessen und aus dem Ergebnis Schlüsse ziehen ist übrigens auch Heilkunde wir uns der allerbeste Prof Dr Sefrin gelehrt hat.

    Eigentlich gehört zu jedem Patient ein Notarzt nachgefordert oder man macht´s wie ich und ignoriert die Juristen.


    Alles andere ist inkonsequent...

  • Natürlich nicht.
    Aber für mich stellt sich da natürlich schon die Frage, welche spezifischen Tätigkeiten Heilkunde sind und warum.
    Wo finde ich also eine Definition des Begriffes Heilkunde? Der Wikipedia-Artikel hat mich zum Beispiel mehr verwirrt als aufgeklärt, denn er stellt die Heilkunde der evidenzbasierenden Medizin gegenüber. Ergo kann Heilkunde eigentlich gar nicht unter einem Arztvorbehalt, sondern allenfalls unter einem Heilpraktikervorbehalt stehen. Außerdem zitiert er einen Gerichtsbeschluss, der die Ausübung der Heilkunde auch für Nichtheilpraktiker gestattet, wenn keine Patientenschädigung erfolgen kann.

  • Das ist nicht ganz korrekt.



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    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Aber für mich stellt sich da natürlich schon die Frage, welche spezifischen Tätigkeiten Heilkunde sind und warum.


    Als Faustregel: Heilkunde wird immer dann ausgeübt, wenn die ausgeübte berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit (a) ärztliche oder medizinische Fachkenntnisse erfordert und (b) die Behandlung bei einer generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise der Tätigkeit gesundheitliche Schäden verursachen kann.


    Wo finde ich also eine Definition des Begriffes Heilkunde?


    In § 1 Abs. 2 des Heilpraktikergesetzes.


    Diese weitgehende Definition ist allerdings verfassungskonform verengend auszulegen, wie vorstehend dargestellt.


    Ergo kann Heilkunde eigentlich gar nicht unter einem Arztvorbehalt, sondern allenfalls unter einem Heilpraktikervorbehalt stehen.


    § 1 Abs. 1 HeilprG lautet: "Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis."


    Es handelt sich also um einen Erlaubnisvorbehalt für Nichtärzte. :)


    Grüße,
    -thh

  • Das Volk vor herumreisenden Scharlatanen und Quacksalbern zu schützen, es sollte nur medizinisch tätig werden, wer auch Arzt ist. Damals eine sinnvolle Idee.


    Kurz als Ergänzung: Das HPG gibt es seit 1939; vorher galt seit 1869 die sogenannte "Kurierfreiheit" ab. Diese ermöglichte es jedem Menschen, ohne Zulassung oder Ausbildung oder andere Hürden, Kranke nach Belieben zu behandeln. Grundsätzlich wollte das HPG also erstmal die Ausübung der Heilkunde reglementieren.


    Jetzt ist natürlich die Frage, wie sich dann der Rest des HPG ergibt. Und da gibt es einige interessante Formulierungen drin, die im zeitlichen Kontext das HPG auch mal etwas anders darstellen. Interessanter Artikel hierzu, leider etwas einseitig: http://news.doccheck.com/de/94…ns-rechte-licht-gerueckt/

  • Zitat


    Kurz als Ergänzung: Das HPG gibt es seit 1939; vorher galt seit 1869 die sogenannte "Kurierfreiheit" ab. Diese ermöglichte es jedem Menschen, ohne Zulassung oder Ausbildung oder andere Hürden, Kranke nach Belieben zu behandeln. Grundsätzlich wollte das HPG also erstmal die Ausübung der Heilkunde reglementieren.


    Jetzt ist natürlich die Frage, wie sich dann der Rest des HPG ergibt. Und da gibt es einige interessante Formulierungen drin, die im zeitlichen Kontext das HPG auch mal etwas anders darstellen. Interessanter Artikel hierzu, leider etwas einseitig: http://news.doccheck.com/de/94…ns-rechte-licht-gerueckt/


    Ich fasse das dann mal zusammen:


    Nächster Schritt wäre die Änderung des Heilpraktikergesetzes und des Betäubungsmittelgesetzes. Das könnte man jetzt über eine Petition beim Bundestag versuchen.


    Wenn das nicht geändert oder angepasst wird, können wir die Stichtagsregelung zur Berufserfahrung gleich über Bord werfen. Weiter könnte man die Rettungsdienstgesetze wieder so anpassen, das NotSan oder RettAss ohne Stichtag Patienten betreuen können. Dann erhalten wir uns den guten Namen und die drei Jahre bezahlte Berufsausbildung...


    Ich verstehe jeden Tag weniger, warum einige Behörden so ein Theater wegen den Prüfungszulassungen mancher RettAss machen, wenn zur Kompetenz aber auch gar nix dazu kam....



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