Drillinge spontan geboren

  • beim Thema Geburt wirds hier eben schnell emotional. Das hatten wir ja auch schon (ein paar?) mal...
    Da wird dann eben mal dünne Evidenz durch Vehemenz in der Argumentation ausgeglichen.


    Ich versuche mich mal an ner Versachlichung...
    Infant Mortality Statistics from the 2003 Period Linked Birth/Infant Death Data Set https://www.cdc.gov/nchs/data/nvsr/nvsr54/nvsr54_16.pdf

    Zitat

    for multiple births, the infant mortality rate was 30.99, more than five times the rate of 6.01 for single births ( Tables 1 and 2). Infant mortality rates for multiple births were higher than rates for single births for all race and Hispanic-origin groups, except for Cubans for whom rates could not be reliably computed due to small numbers of events. The risk of infant death increases with the increasing number of infants in the pregnancy . In 2003, the infant mortality rate for twins (28.66) was nearly five times the rate for single births (6.01). The rate for triplets (62.23) was 10 times, the rate for quadruplets (156.41) 26 times, and the rate for quintuplets and higher order births (242.86) was 40 times higher than the rate for single births (tabular data not shown). For twins, the infant mortality rate declined significantly from 2002 (30.20) to 2003 (28.66). No other plurality group had a significant change in infant mortality from the year before. Multiple pregnancy can lead to an accentuation of maternal risks and complications associated with pregnancy (3,8,9). For example, multiple births are much more likely to be born preterm and at low birthweight than single births (3,8,9). The higher risk profile of multiplbirths has a substantial impact on overall infant mortality (7,8,10). For example, in 2003 multiples accounted for 3 percent of all live births, but 15 percent of all infant deaths in the U.S. ( Table 1).


    Güngur. MATERNAL AND NEONATAL OUTCOME OF TRIPLET VERSUS TWIN AND SINGLETON PREGNANCIES (http://medicaljournal.gazi.edu…/article/viewFile/236/234)

    Zitat

    30 /35 (85.7%) of the triplets were delivered by cesarean section, whereas 25/35 (73.5%) of the twins and 13/35 (34.2%) of the singletons were delivered by cesarean (p<0.001). There was increased maternal morbidity in triplet pregnancies like uterine atony, anemia, and febrile morbidity, but they did not reach statistical significance. Although all deliveries were preterm, in the evaluation of neonatal outcomes by 1 and 5 minute Apgar scores, singletons’ 1 and 5 minute Apgar scores were significantly higher than those of twins and triplets (p<0.005). However, there was no statistically significant difference between twins and triplets according to their Apgar scores (p>0.05).


    Auch lesenswert: Pat Doyle: The outcome of multiple pregnancy;
    Elster. Less is more: the risks of multiple births. The Institute for Science, Law, and Technology Working Group on Reproductive Technology. Fertil Steril. 2000 Oct;74(4):617-23.


    Die letzten Zahlen die ich dazu finden konnte aus Deutschland (2016):
    Variations in Multiple Birth Rates and Impact on Perinatal Outcomes in Europe. (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4773186/)

    Zitat

    Fetal mortality >= 28 weeks Singleton 2.2 / 1000
    Fetal mortality >= 28 weeks Multiples 4.4 / 1000


    wenig speziell zu Drillingen aber vll. trotzdem interessant: https://www.aerzteblatt.de/arc…e-Probleme-von-Mehrlingen


    ciao,


    madde

    "You won't like me when I'm angry.


    Because I always back up my rage with facts and documented sources."



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  • Mit der Argumentation "könnte" dürfte es Kreißsäle nur noch mit angeschlossener ITS geben. Eine normale Gyn hat auch nur eingeschränkte Möglichkeiten und wartet dann auf den Inkubator zur Verlegung.
    Also erstens einmal lautet meine Meinung, nicht alles muss im Maximalversorger genannt werden. Das wäre nämlich die Konsequenz.
    Zweitens, sorgfältige Fakten- und nicht Bauchorientierte Entscheidungen treffen.
    Drittens, es ist nicht unser Leben. Umfassend aufklären, denn Rest macht jeder für sich.
    Jeder Mensch hat das Recht, dumme Entscheidungen zu treffen.
    Ich würde bei einer Drillingsgeburt auch lieber den Maximalversorger nehmen. Aber eine Sectio braucht mehr Begründung als das. Und ich habe das Gefühl, dass die Entscheidung zur Sectio manchmal sehr früh getroffen wird.


    Liebe Grüße
    Karsten

  • Also erstens einmal lautet meine Meinung, nicht alles muss im Maximalversorger genannt werden. Das wäre nämlich die Konsequenz.

    Es ging nicht um alles, sondern um eine Drillingsschwangerschaft, die bei einem (Neonatologie-) Maximalversorger sicher besser aufgehoben gewesen wäre.


    Drittens, es ist nicht unser Leben. Umfassend aufklären, denn Rest macht jeder für sich.
    Jeder Mensch hat das Recht, dumme Entscheidungen zu treffen.

    Wenn ich als Arzt mit involviert sein sollte, möchte ich keinen Unsinn mitmachen. Das Kind kann leider nicht für sich entscheiden, sondern muss wahrscheinlich sogar als einziges die Konsequenzen tragen. Lebenslang.


    Aber eine Sectio braucht mehr Begründung als das. Und ich habe das Gefühl, dass die Entscheidung zur Sectio manchmal sehr früh getroffen wird.

    Es ging nicht unbedingt nur um Sectio oder nicht, sondern auch um das Setting, unter dem das alles stattfindet.


  • Das ist der

    Mit der Argumentation "könnte" dürfte es Kreißsäle nur noch mit angeschlossener ITS geben. Eine normale Gyn hat auch nur eingeschränkte Möglichkeiten und wartet dann auf den Inkubator zur Verlegung.
    Also erstens einmal lautet meine Meinung, nicht alles muss im Maximalversorger genannt werden. Das wäre nämlich die Konsequenz.


    Genau das ist aber durchaus eine Forderung die sich aus der EBM ziehen lässt und von nicht wenigen Gyns auch gefordert wird bzw. im Ausland tlw. auch schon so umgesetzt ist.
    Wie (und eingeschränkt auch wo) man eine Geburt durchführt ist sicherlich viel Auslegungssache.Aber es muss im Zweifelsfall eben auch die Möglichkeit geben "all-in" zu gehen und Medizin auf dem Niveau des derzeitigen "State-of-the-art" zu betreiben.


    Wie diese Lösungen aussehen kann ja ganz unterschiedlich sein - ich kenne Häuser die entsprechende Abkommen mit Neonatologie-Zentren haben die immer einen Kinderarzt abordnen und alles an Ausrüstung da haben um eine "Erstversorgung" zu machen während für die Mutter Blutbank und reguläre ITS des Hauses bereit stehen.
    Ich kenne ein Geburtshaus das räumlich direkt an eine Frauenklinik inkl. ITS angeschlossen ist - Wenn es alles gut geht merkt niemand, dass man im Zweifelsfall die Patientin in 3 Minuten in den OP rollen kann.


    Das Problem ist doch nicht, dass das alles nicht machbar ist. Das Problem ist, dass es a) Geld kostet b) Arbeit macht c) bei manchen politisch nicht genehm ist.
    Wenn ich mir ansehe, dass ein relevanter Teil der Neugeborenen in Deutschland noch immer in Kliniken zur Welt kommt in denen kein Kinderarzt für die Erstversorgung verfügbar ist - Kriege ich einfach nur das Kotzen.
    Wenn ich mir ansehe, dass heute immer noch Mütter an Nachblutungen sterben weil viele Kliniken schlichtweg gar keine ernst zunehmende Blutreserve besitzen - Kriege ich einfach nur das Kotzen.


    (Rein subjektiv: Ich hatte übrigens zwei Fälle im Freundeskreis die -wenn die Ehemänner nicht auf entsprechende Häuser bestanden hätten- einmal für Mutter, einmal für das Kind schief gegangen wären.)


    Zitat

    Zweitens, sorgfältige Fakten- und nicht Bauchorientierte Entscheidungen treffen.
    Drittens, es ist nicht unser Leben. Umfassend aufklären, denn Rest macht jeder für sich.
    Jeder Mensch hat das Recht, dumme Entscheidungen zu treffen.
    Ich würde bei einer Drillingsgeburt auch lieber den Maximalversorger nehmen. Aber eine Sectio braucht mehr Begründung als das. Und ich habe das Gefühl, dass die Entscheidung zur Sectio manchmal sehr früh getroffen wird.


    Ich denke niemand hier hat die Tatsache, dass eine natürliche Geburt gemacht wurde in Frage gestellt - Das halte ich persönlich auch für hochgradig opportun. Entscheidend ist aber die Frage ob man die natürliche Geburt in einer Klinik mit entsprechender Versorgungsmöglichkeit machst..Oder eben nicht.
    Und ich bin tatsächlich der Meinung, dass es hier nicht nur eine "Bauchorientierte" Entscheidung ist, da die betroffenen (die Kinder), sich nicht frei entscheiden können und im Risikofall nachher dauerhaft geschädigt sind.

  • Ganz viele verschiedene Dinge, die hier gleichzeitig diskutiert werden.
    Ich versuche mal einzeln darauf einzugehen.
    Wer trifft die Entscheidungen für (ungeborene) Kinder. Die Eltern. Jedem Versuch, dies zu ändern, sind ganz enge juristische Grenzen gesetzt. Die einzige Wahl, die wir haben, ist, ob wir daran beteiligt sein wollen. Egal ob rettungshelfer, Intensivpflege oder Oberarzt.


    Nächste Frage, sollten alle oder nur Risikogeburten in Zentren erfolgen? Ich glaube, dass unter den richtigen Voraussetzungen auch kleinere Häuser eine gute Regelversorgung schaffen, ein anwesender Pädiater wäre aber Pflicht.


    Zu diesem Fall, bei Dillingen würde ich immer zum Haus der Maximalversorgung raten.


    Liebe Grüße
    Karsten

  • Genau an dem anwesenden Pädiater mit entsprechender Ausrüstung, Erfahrung und Routine scheitert es aber eben in vielen kleinen Häusern. Leider - ich kann dir als jemand der viel Baby-NAW/Baby-Holer gefahren ist leider ein Lied davon singen.

  • Genau an dem anwesenden Pädiater mit entsprechender Ausrüstung, Erfahrung und Routine scheitert es aber eben in vielen kleinen Häusern. Leider - ich kann dir als jemand der viel Baby-NAW/Baby-Holer gefahren ist leider ein Lied davon singen.


    dito. mal abgesehen, dass den Eltern in den kleineren Haeusern voellig abstruse Versprechungen gemacht werden, was den Einsatz des Paediaters und des Teams das im Kooperationshaus mit dem Baby-NAW anrueckt angeht..


    ciao,


    madde

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  • Bei uns gibt es ja keine Baby NAW, sondern die RTW holen Team und Inkubator in einer der beiden Kinderkliniken ab. Wie lange das dauert, weiß ich aus eigener Erfahrung.


    Liebe Grüße
    Karsten