12 Leads - The art of interpretation

  • Hier sind ja recht starke Emotionen vertreten, was den Kurs angeht. Das find ich beeindruckend, da ich gar nicht so viele Informationen zum Kurs finde, als das ich mich so aufregen könnte.




    Ich frage mich hierbei tatsächlich, ob im Bereich EKG ein "Buchstaben-Kurs" sinnvoll ist. Strukturierte Versorgung im Bereich kritisch Kranker ist ja prinzipiell gut, aber ich frage mich, ob ein "herkömmlicher" EKG-Kurs nicht auch reicht. Da ist ja auch irgendeine Struktur drin. Und das Argument der Seite "Erfahrungen und Musterabgleich sind nicht so gut wie Struktur" - mit 1000 befundeten EKGs schleift sich die Struktur entsprechend ein, sodass eine Mustererkennung ebenso valide sein kann.

    Ich bin mir auch nicht sicher, ob Mustererkennung nicht genau so gut sein kann. Da stimme ich dir zu. Schwierig finde ich im RD allerdings zwei Dinge dabei:
    1: wie kriege ich denn hin, dass ich Mustererkennung schaffe bei seltenen EKG Bildern? Es geht ja nicht nur darum den Bilderbuch-STEMI oder TAA bei VHF zu erkennen. Zumindest in meiner RD-Karriere würd ich nicht sagen, dass ich so viele 12-K EKG gesehen hätte, dass ich alle EKGs am Muster erkennen könnte. Zumal ja die Muster auch recht doll variieren.
    2: Woher weis ich, dass meine Interpretation stimmt? Ich kann zwar recht viele 12-K EKG schreiben, aber wer prüft denn, ob meine Interpretation korrekt ist? Ohne diesen Faktor, kann ich doch unmöglich sicher sein, dass ich das gut mache?



    Zumal ein EKG - anders als eine Reanimation oder ein Polytrauma - doch öfter geübt werden kann, da Synkopen und andere kardiale Geschichten doch recht häufig sind im Vergleich zu schweren Traumata und dementsprechend Routine erhalten werden kann, auch ohne das extern einzukaufen.

    Wer keine Übung in EKG benötigt, der sollte den Kurs wohl nicht besuchen. Ebenso wie jener, der Trauma perfekt beherrscht, vermutlich von einem Trauma-Kurs nicht viel mitnehmen wird, außer dem praktischen Üben.



    Mir bleiben bei den 720? schlicht die Spucke weg...mich würde mal interessieren wie man diesen Preis für einen EKG-Kurs! rechtfertigen möchte. Gerade im Vergleich zu anderen zwei Tägigen Kursen.


    Fand den Kurs auch sehr teuer angesetzt. Erklärt sich mit den praktischen Settings. Der Kurs möchte gerne die EKG Befundung an Patientenversorgung knüpfen. In den praktischen Settings wird mit einem erheblichen Materialaufwand versucht ein realistisches Szenario zu vermitteln, und eine realistische abarbeitung zu gewährleisten. Statt einer kleinen Tasche wie bei AMLS & PHTLS wird mit 2 Rucksäcken, und verbrauch von allen Verbrauchsmaterialien in jedem Setting gearbeitet. Auch wird mit echten C3 gearbeitet, mit doppeltem Kabelsatz (echte Kabel am Simulator versteckt, Kabel in den Taschen gehen an die Mime).
    Das macht die praktische Umsetzung vom Pacen, Kardioversion, und allgemein der Versorung aufwendig wie im realen leben. Wenn man ein 12er will, muss man eins schreiben. Wenn man Demand Pacen will, müssen die Kabel und elektroden kleben.
    Der Verbrauch an Ampullen, Zugängen, Infusionen, Druckluft (statt Sauerstoff), Masken, Elektroden, Patches, usw ist eben hoch, viel höher als bei einem AMLS oder PHTLS Kurs. Auch die praktischen Settings sind intensiver. Pro Tag durchläuft man 6 Fallbeispiele als 2-Personen-Team, das ist ein intensives Maß an training, was auch entsprechend viele Instruktoren bedarf (die alle Essen, Hotelzimmer, und Pauschale haben wollen). Darum kostet der Kurs auch ~100€ mehr.


    "Ein Handlungsorientierter EKG Kurs" bedeutet in diesem Fall also, EKG Befundung zu lernen und zu üben (etwa mit heißem Stuhl und ähnlichem), aber eben auch die Befundung in einem Fallbeispiel zu üben, und aus der Befundung praktische Konsequenzen zu ziehen.



    Wer kein Interesse daran hat, so viel Geld auszugeben - versteh ich. In meinem Team darf jeder dieses Jahr zu einem Fortbildungskurs seiner Wahl. Da werden bestimmt einige eben auch diesen Kurs wählen, und das kostet sie nix. :)
    Wem die Verknüpfung aus Praxis und Theorie nicht so wichtig ist, dass man sich so einen Kurs antut - versteh ich, es gibt diverse EKG Kurse die gut EKG vermitteln.
    Wer allgemein Kurse der DBRD doof findet: der wird auch diesen Kurs doof finden, er ist von der DBRD.


    Ich hoffe ich konnte etwas mehr Informationen bieten, und den Preis erklären. Gut finden muss man den Preis freilich nicht. Schon 2012 war meine Kritik an den PHTLS (damals 500 Eus), dass er zu teuer ist. Ich glaube, solche Fortbildungen müssen einfach vom AG bezahlt werden. Mein AG tut das zum Glück auch. :prost:



    P.S.: nach zahlreichen Anfeindungen durch Analyse_Drücken habe ich ihn nun blockiert. Falls es produktive Fragen zum Kurs gibt, muss diese jemand anderes stellen. :hi:

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

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  • Statt einer kleinen Tasche wie bei AMLS & PHTLS wird mit 2 Rucksäcken, und verbrauch von allen Verbrauchsmaterialien in jedem Setting gearbeitet.


    Ich glaube nicht, dass der Aufwand für PHTLS so viel kleiner ist. Den letzten Kurs den ich im Oktober besucht hatte bestand aus 5 Instruktoren und einem Kursleiter. Pro Station war eine komplette Ausstattung incl Board (plus Zubehör), Schaufeltrage und Vakuummatratze, sowie Verbrauchsmaterial vorhanden. Ausserdem wurde ein Übungsgelände in der Grösse eines Fussballplatzes extra angemietet und mehrere RTW vorgehalten.

  • Was ist denn Ziel des Kurses? Soll ich nur EKG richtig interpretieren lernen, oder auch entsprechende Maßnahmen umsetzen, sprich das richtige Antiarrhythmusicum anwenden?
    Es ist eine Sache eine Beckenschlinge anzubringen und die hierfür handwerklichen Prozesse zu üben, und eine ganz andere eben ein EKG zu befunden um dann eben schnell zu einem Kardiologen zu fahren. Bei dem einen ergreife ich eine Maßnahme, bei dem anderen bin ich schlau und gucke dann eine halbe Stunde die weiße RTW - Wand an.
    Nicht das das nicht sicherlich interessant ist ein EKG zu interpretieren, aber was soll dann aus dem Wissen generiert werden?

  • Hier sind ja recht starke Emotionen vertreten, was den Kurs angeht. Das find ich beeindruckend, da ich gar nicht so viele Informationen zum Kurs finde, als das ich mich so aufregen könnte.




    Ich bin mir auch nicht sicher, ob Mustererkennung nicht genau so gut sein kann. Da stimme ich dir zu. Schwierig finde ich im RD allerdings zwei Dinge dabei:
    1: wie kriege ich denn hin, dass ich Mustererkennung schaffe bei seltenen EKG Bildern? Es geht ja nicht nur darum den Bilderbuch-STEMI oder TAA bei VHF zu erkennen. Zumindest in meiner RD-Karriere würd ich nicht sagen, dass ich so viele 12-K EKG gesehen hätte, dass ich alle EKGs am Muster erkennen könnte. Zumal ja die Muster auch recht doll variieren.
    2: Woher weis ich, dass meine Interpretation stimmt? Ich kann zwar recht viele 12-K EKG schreiben, aber wer prüft denn, ob meine Interpretation korrekt ist? Ohne diesen Faktor, kann ich doch unmöglich sicher sein, dass ich das gut mache?


    1: Mustererkennung insofern, dass man sieht, wo was falsch ist und das dann erarbeiten kann. Ein Radiologe sieht auch nicht jeden Tag Tuberkulose im Rö-Thorax, aber trotzdem sieht er xyz und kann daraus folgern. Also "überall ST-Hebungen" sehe ich und erkenne ich und muss mir dann eben überlegen, mit welchen DD das vereinbar ist. Und natürlich machts die Masse. Viele viele EKGs sehen. Und ich glaube, dass könnte man im RD evtl nicht schaffen.
    2: Wie kannst du sicher sein, dass du gut Zugänge legen kannst? Üben, auch unter Supervision, und eben besprechen und schauen, ob es funktioniert (der Zugang nicht para liegt, die Therapie bei entsprechendem EKG-Bild).


    Wer keine Übung in EKG benötigt, der sollte den Kurs wohl nicht besuchen. Ebenso wie jener, der Trauma perfekt beherrscht, vermutlich von einem Trauma-Kurs nicht viel mitnehmen wird, außer dem praktischen Üben.


    Was heißt schon "perfekt beherrschen" und "keine Übung benötigen"? Man kann sich immer weiterentwickeln, auch der krasse Rhythmologe (auch wenn es da natürlich immer schwerer wird). Die Frage ist halt immer, wem bringt ein Kurs was? Die interdisziplinären Ansätze von *TLS, AMLS finde ich für alle eigentlich gut. Aber ich persönlich stelle mir einen EKG-Kurs zwischen ACLS und AMLS irgendwie schwer vor, da der Fokus ja auf den Linien liegen soll. Und rein das Lesen und Auswerten und Entscheidungen treffen geht auch allein, im kollegialen Gespräch oder sonst wo.

  • Was ist denn Ziel des Kurses? Soll ich nur EKG richtig interpretieren lernen, oder auch entsprechende Maßnahmen umsetzen, sprich das richtige Antiarrhythmusicum anwenden?

    Ziel ist es, ein EKG richtig zu interpretieren, in den Kontext des Patientenzustandes und der Patientenversorgung zu bringen, und dann die entsprechenden Maßnahmen umzusetzen.

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  • Allen die Interresse an einem sehr guten, Praxisorientierten Kurs haben sei wärmstens der schon erwähnte Herzkurven.de empfohlen!. Und das schöne den gibts für angemessene 450€ :positiv: :bye:

    Nerd-Alarm: ich find es schon cool, dass die Übungs-EKG anbieten. Wenn allerdings ein klassisches LAE EKG mit S1Q3 Typ dann als Linkstyp bezeichnet wird, amüsiert das schon. Ich werde aber sicher so einen Kurs besuchen, danke für den Link! :)

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  • Im RTW die Wand angucken meinst Du? ;)

    Mein Berufsalltag scheint sehr von dem des Kollegen abzuweichen.... :hi:

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  • Ziel ist es, ein EKG richtig zu interpretieren, in den Kontext des Patientenzustandes und der Patientenversorgung zu bringen, und dann die entsprechenden Maßnahmen umzusetzen.

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  • Na das freut mich doch, dass ich zu eurer Erheiterung beigetragen habe. Nur was jetzt Ziel des Kurses ist wisst ihr nicht zufällig auch, oder?


    Ziel des PHTLS-Kurses ist es doch auch nicht die Beckenschlinge anlegen zu können. Das kann nämlich auch der Pförtner.
    Ziel des Kurses ist die Indikation zu erkennen und die Maßnahme entsprechend anzuwenden und die weiteren angezeigten Maßnahmen durchzuführen.


    Im EKG-Kurs ist es ähnlich: ein 12-Kanal-EKG kleben kann auch der Pförtner. Aus dem erhobenen Befund Maßnahmen (und die übersteigen hoffentlich das Betrachten der Wand auf dem Weg in die Klinik) abzuleiten und durchzuführen, das ist es, warum Fachpersonal und qualitativ hochwertige Fortbildungen notwendig sind.

  • Eben. Ich soll ERST die Indikation für eine Beckenschlinge erkennen und sie DANN anwenden. Theorie und Praxis.
    EKG-Kurs: ich lerne EKG richtig zu lesen um dann was zu tun? Was genau bringt mir der Kurs dann bei? Bewegt man sich noch im Pyramidenprozess oder darüber hinaus? Legen wir transösophageale Schrittmacher oder ist es Ziel zu erkennen, dass ein normofrequenter Sinusrhythmus nicht defibrilliert wird? Was ist das Ziel welches ich nun in der Praxis draußen im RTW anwenden kann/darf/soll?

  • Kannst du die Frage irgendwie umformulieren? Ich kann ehrlich nicht verstehen was du meinst. Meinst du EKG Befundung ist nicht nötig? Ich kann nicht folgen.

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  • Ich glaube, dass er die Maßnahmen meint, die daraus ja folgen müssen. Also Medikamente, Pacer, usw., also invasive Maßnahmen.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • So wie bei einem Blutdruck von 180 der eine Patient sofort eine Intervention durch den NA braucht, und ein andere auch noch ein paar Kilometer in die Klinik gefahren werden kann, ist das ja auch bei EKG-Bildern. Eingebettet in den konkreten Patientenstatus, ergeben sich beim selben EKG-Bild, unterschiedliche Behandlungen/Maßnahmen durch den RD. Und das übt man in dem Kurs.

  • Und wie bei allen dieser Kurse geht es nicht nur um stupides Lernen medizinischer Sachverhalte, sondern auch um Teamdynamik, Kommunikation, Entscheidungsfindung, die so genannten non-technical-skills eben.

  • Ich frag mich nur wie man dieses Wunder in einem Zweitageskurs vollbringen will. Ist ja nicht so, dass man eine differenzierte 12K-Diagnostik in drei Vorträgen und 4x5 Minuten Vor/Nachbesprechung lernen könnte. Wird durch eine Vorlernphase sichergestellt, dass alle Teilnehmer ein gleich hohes Level haben? Dann darf man das ganze aber nicht mehr EKG-Kurs nennen, da es ein kardiologisch-internistischer Simulations/Trainingskurs mit Schwerpunkt Diagnostik und Behandlung im EKG zu diagnostizierender Krankheitsbilder ist. Wenn ich da hingehe um genau das zu üben, dann wäre ich wohl zufrieden, wenn ich aber mit dem Ziel endlich mal vernünftig und nachhaltig 12-Kanal-EKG zu lernen da hingehe wahrscheinlich sehr enttäuscht. So zumindest mein Eindruck der aus euren Berichten entsteht...

  • Es ist sicher so, dass es ein Mix ist. Aus meiner Sicht überwiegt die Befundung deutlich, und der hohe Instruktoren-Anteil ermöglicht intensives Lernen in zwei Tagen. Man wird in zwei Tagen kein Kardiologe, man wird in zwei Tagen PHTLS kein Traumatologe. Vorbereitung mit Kursbuch und Pretest ist natürlich dabei.


    Sicherlich ist der Mix ein Kompromiss. Ob einem der Mix gefällt, wird der Einzelne sehen. Wichtig finde ich, dass der Kurs diesen Mix online darstellt, damit Interessenten darüber bescheid wissen, bevor sie ihn buchen.


    Ich fand den Mix gut, und der Mix wird zu Gunsten der 12k Befundung weiter verschoben.

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