„Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft im Rettungsdienst“ gegründet

  • Das kam in der Paneldiskussion meiner Erinnerung nach stets aus der Ecke des Zivilrechts.


    Sprich: Der Patient hat Anrecht auf Facharztstandard, sonst hätte er bei negativem Erfolg Ansprüche. Lt. Zivilrechtler kann es aber auch zweckmäßig sein den Patient eben möglichst schnell einem Facharzt zuzuführen (in der Klinik mit der richtigen Fachabteilung)

  • Darf ich kurz zwischenfragen, wer denn den „Facharztstandard“ tatsächlich für einen Notarzt gefordert hat. Ich kenne das bisher nur aus Publikationen (meist) aus der Ärzteschaft in denen es darum geht, zu begründen, warum ein „Nicht-Arzt“ eben keine „ärztlichen“ Tätigkeiten durchführen könne / solle / dürfe („NotSan erfüllt den Facharztstandard nicht“), ohne eben die Diskussion zu führen wie hier gerade, welcher Notarzt diesen Standard denn erfüllt.
    Wird denn tatsächlich offiziell irgendwo definiert, dass der Pat. im Notfall „ein Anrecht“ auf einen Fach-Notarzt hat?

    Noch einmal: Bitte genau aufpassen, dass "Facharztstandard" nicht mit "Behandlung durch einen Facharzt" verwechselt wird. Ich nehme Deinen Beitrag nur als Aufhänger.


    In der Paneldiskussion kam der Punkt bei der Frage auf, was der NotSan gewährleisten muss, wenn er nach 2a NotSanG eigenverantwortlich tätig wird. Da ging es also um einen nochmal anderen Punkt, für den aber als Vorfrage relevant ist, was der Patient im Rettungsdienst vom Notarzt erwarten kann.

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Noch einmal: Bitte genau aufpassen, dass "Facharztstandard" nicht mit "Behandlung durch einen Facharzt" verwechselt wird.

    Und auch noch einmal: einen solchen Facharztstandard gibt es nicht, weil es keinen Facharzt für Notfallmedizin gibt, der einen solchen Facharztstandard definieren würde.

  • Und auch noch einmal: einen solchen Facharztstandard gibt es nicht, weil es keinen Facharzt für Notfallmedizin gibt, der einen solchen Facharztstandard definieren würde.

    Das ist genau die Verwechslung, von der ich sprach. Es gibt - genau wie beim Weiterbildungsassistenten - einen Facharztstandard für die Behandlung spezifischer Krankheitsbilder. Die Frage ist, ob auch im Rettungsdienst dieser Standard gefordert ist. Ob also ein Notarzt einen Herzinfarkt so behandeln muss, wie es ein Facharzt für innere Medizin unter den Bedingungen des Rettungsdienstes täte, zum Beispiel. Einen Facharzt für Notfallmedizin muss es nicht geben, damit es für bestimmte Behandlungen einen Facharztstandard gibt. Jedenfalls daran scheitert es also nicht.

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Das ist genau die Verwechslung, von der ich sprach. Es gibt - genau wie beim Weiterbildungsassistenten - einen Facharztstandard für die Behandlung spezifischer Krankheitsbilder. Die Frage ist, ob auch im Rettungsdienst dieser Standard gefordert ist. Ob also ein Notarzt einen Herzinfarkt so behandeln muss, wie es ein Facharzt für innere Medizin unter den Bedingungen des Rettungsdienstes täte, zum Beispiel. Einen Facharzt für Notfallmedizin muss es nicht geben, damit es für bestimmte Behandlungen einen Facharztstandard gibt. Jedenfalls daran scheitert es also nicht.

    Und das genau war ja meine Frage: Welchen Facharztstandard fordert "ihr" bzw. muss ein solcher immer gewährleistet sein? Wenn du für jede spezifische Erkrankung den spezifischen Facharztstandard forderst, wird es für jeden Notfallmediziner irgendwann eng, weil dies eine Person schlicht nicht leisten kann, auch heruntergebrochen bzw. eingeschränkt auf die notfallmedizinischen Krankheitsbilder.

  • Und das genau war ja meine Frage: Welchen Facharztstandard fordert "ihr" bzw. muss ein solcher immer gewährleistet sein? Wenn du für jede spezifische Erkrankung den spezifischen Facharztstandard forderst, wird es für jeden Notfallmediziner irgendwann eng, weil dies eine Person schlicht nicht leisten kann, auch heruntergebrochen bzw. eingeschränkt auf die notfallmedizinischen Krankheitsbilder.

    Doch. Das habe ich versucht dir zu erklären. Der medizinische Gutachter orientiert sich an den Leitlinien und aktuellen Aus- und Weiterbildungsinhalten. Gleiches gilt für Weiterbildungsassisstenten und auch Fachärzte. Es wird immer der Facharztstandard angelegt (s.o.). Sei es Hauptfach oder eine Subdisziplin. Der Facharztstandard bezieht sich immer auf die konkrete Tätigkeit. D.h. wenn ich entscheide plötzlich Chemotherapie durchzuführen oder Leberteilresektionen durchzuführen, ich müsste immer den jeweiligen Facharztstandard erfüllen (bzw. würde gegen diesen gemessen) und nicht den für Anästhesie. Daher ist es faktisch relativ egal ob es einen eigenen Facharzt für die entsprechende Tätigkeit gibt oder ob für diese de fakto ein Facharzt notwendige Grundlage ist. Und ja, das kann für die Notfallmedizin recht herausfordernd sein...

  • Ich muss gestehen: bevor diese Diskussion hier im Forum bzgl. Facharztstandard losgebrochen ist hat die Sache für mich stimmig geklungen. Jetzt nicht mehr so richtig.


    Meine Auffassung (Paneldiskussion): Habe ich einen Patienten mit einer gewissen Symptomatik die einem gewissen Fachgebiet zuzuordnen ist - und ich entscheide mich als NFS diese ohne Notarzt ins KH zu bringen und unterwegs evtl. sogar zu behandeln - so habe ich mich nach §2a NotsanG am Facharztstandard zu messen. - Dies interpretiere ich für isolierte Krankheitsbilder stets als Stand der aktuellen Leitlinie.


    Bei Symptomkomplexen die interdisziplinär zu behandeln sind (imho gar nicht so selten, da reicht ja bereits der kardiologische Notfall der in ein Trauma resultiert) tut man sich da schwer und ist im Zweifelsfall -zivilrechtlich- Rede und Antwort vor Gericht bzgl. der Einzelentscheidungen schuldig.


    ist diese Auffassung nun falsch? - In meinem Gebiet fahren häufig Notärzte welche die Minimalanforderung an den Notarzt erfüllen (Bundeswehr) - und somit weit vom realen Facharzt entfernt sind. Auch diese (sehr motivierten) Notärzte können für die überwiegend vorkommenden Notfallbilder im Rettungsdienst den Facharztstandard erfüllen (so wie ich ihn verstehe) - für weitergehende Spezialnotfälle kann es notwendig sein den Pat. entsprechend zügig einem Facharzt zuzubringen, auch für den Notarzt.


    Ist das so richtig interpretiert?

  • Sei es Hauptfach oder eine Subdisziplin.

    Die Notfallmedizin ist aber kein Hauptfach und keine Subdisziplin wie z.B. die Rhythmologie oder Pneumologie.


    Der Facharztstandard bezieht sich immer auf die konkrete Tätigkeit. D.h. wenn ich entscheide plötzlich Chemotherapie durchzuführen oder Leberteilresektionen durchzuführen, ich müsste immer den jeweiligen Facharztstandard erfüllen (bzw. würde gegen diesen gemessen) und nicht den für Anästhesie.

    Das ist doch unstrittig. Es ist doch aber mehr als fraglich, ob eben der Notfallmediziner in all seinen Handlungen genau jeweils den Facharztstandard der jeweiligen Situation bieten kann: Kann er die Geburt, natürlich auch die komplizierte, genau so betreuen, wie es ein Facharzt für Geburtshilfe täte, gleichzeitig Herz-Rhythmusstörungen erkennen und behandeln wie ein Kardiologie und völlig nach Facharztstandard eine Narkose einleiten?


    Mit der Aussage zur spezifischen Tätigkeit widersprichst du deiner vorherigen Aussage, wonach der Notarzt eben nur danach beurteilt wird, wie es ein gut ausgebildeter Notarzt auch tun würde außer er wäre früher zufällig Gynäkologe gewesen. Die Betreuung einer komplizierten Geburt ist sicher nach Facharztstandard Geburtshilfe zu erbringen, denn wer sollte es sonst tun?


    Daher ist es faktisch relativ egal ob es einen eigenen Facharzt für die entsprechende Tätigkeit gibt oder ob für diese de fakto ein Facharzt notwendige Grundlage ist. Und ja, das kann für die Notfallmedizin recht herausfordernd sein...

    Für die Notfallmedizin ist eben kein Facharzt als Grundlage notwendig. Das ist keine Herausforderung sondern einfach Fakt.

  • Erwiederung im Zitat - habe es anders nicht hinbekommen....

  • Der Begriff "Facharztstandard" ist vermeintlich griffig, aber gerade im Rettungsdienst etwas unglücklich. Juristisch sauberer wäre "

    der im Zeitpunkt der Behandlung bestehende, allgemein anerkannte fachliche Standard" (§ 630a Abs. 2 BGB).


    Dieses Begriffsungetüm verwendet natürlich kaum jemand. Gemeint ist aber letztlich dasselbe sein.


    Wie konkret der Standard nun auszusehen hat, und ob gerade im Notfall Abstriche möglich sind, ist auch unter Juristen nicht unumstritten (wer nachlesen möchte: Weidenkaff in Palandt § 630a BGB Rn. 10, m. w. N.). Teilweise wird auch der Begriff "Notarztstandard" genutzt, das soll der durchschnittliche fachliche Standard eines als Notarzt tätigen Arztes, abzustellen auf das jeweilige Landesrecht, sein. Sofern der Notarzt eine Facharztbezeichnung führt, soll zudem der Standard des jeweiligen Facharztes eingehalten werden müssen (Killinger, Die Besonderheiten der Arzthaftung im medizinischen Notfall, 2009, Rn. 362 ff.).


    Praktisch unbedingt zu beachten ist die ernorme Bedeutung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens im Zivilprozess nach einem Schadensfall. Das Gericht wird dem Sachverständigen mit höchster Wahrscheinlichkeit folgen, und der SV wird nicht-ärztliches Handeln wahrscheinlich nochmals kritischer betrachten.

  • Praktisch unbedingt zu beachten ist die ernorme Bedeutung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens im Zivilprozess nach einem Schadensfall. Das Gericht wird dem Sachverständigen mit höchster Wahrscheinlichkeit folgen, und der SV wird nicht-ärztliches Handeln wahrscheinlich nochmals kritischer betrachten.

    Das ist im Strafrecht nicht anders, da ist nur die Beweislage günstiger, weil es im Hinblick auf den Nachweis der Kausalität eines Behandlungsfehlers für die eingetretene(n) Folge(n) - Schmerzen, bleibende körperliche Einschränkungen, Tod usw. - keine Beweislastumkehr gibt, sondern die Staatsanwaltschaft den Vollbeweis auch der Kausalität führen muss. Da (und deshalb) scheitern medizinstrafrechtliche Verfahren in der Regel.

  • "allgemein anerkannter fachlicher Standard" passt aber deutlich besser als Facharztstandard und ist auch etwas anderes.

    Es GIBT eben keinen Facharztstandard für das was wir präklinisch machen. Alleine schon weil die Verhältnisse ganz andere sind als in einer Klinik oder Praxis. Dazu noch die begrenzte Zeit die wir einen Patienten betreuen.

    Und einen "allgemein anerkannten fachlichen Standard" kann sowohl ein Notarzt als auch ein NFS realisieren.

    Knackpunkt bleibt juristisch das Heilpraktikergesetz, was DAS Problem für heilkundliche Maßnahmen durch NFS darstellt.
    Und rein praktisch- man darf eben nicht vergessen, dass beim Arzt 6 Jahre Studium mit jeder Menge Hintergrundwissen steht plus die 2 Jahre klinsche Erfahrung für den Notarztschein.
    DAS muss man im Verhältnis auseinandersortieren, ob das 1. für den Notarzt reicht und 2. wie weit man für definierte Krankheitsbilder und mit gezielter Ausbildung einen NFS im Verhältnis zum Notarzt dazu ausbilden kann.

    Die Frage, ob man besser ausgebildete Notärzte braucht ist auch spannend. Auch da ist die Frage- WILL man das und zu was für einem Preis? Oder muss man "nur" die Ausbildung umgestalten. Es wird für die breite Fläche nicht die eierlegende Wollmichsau zum Schnäppchenpreis geben. Und irgendwann braucht man so viele Skills, dass man nichts anderes macht als fortbilden und hospitieren. Oder man braucht halt in jeder Kleinstadtklinik 3x so viele Anästhesisten (aber dann auch bitte erfahrene Fachärzte die nebenher auch operieren oder wenigstens im Schockraum den Chirurgen ersetzen können)

  • "allgemein anerkannter fachlicher Standard" passt aber deutlich besser als Facharztstandard und ist auch etwas anderes.

    Nicht wirklich, weil dieser allgemein anerkannte fachliche Standard in der Medizin regelmäßig der eines Facharztes der jeweiligen Disziplin ist. Den "Facharztstandard" kann eben nicht nur ein Facharzt (der jeweiligen Disziplin) erbringen; aber dessen Niveau wird regelmäßig erwartet.


    Den grundsätzlichen Unterschied zwischen einem internistischen Notfall auf einer chirurgischen Station, einem Notfall im durch einen Assistenzarzt geleisteten Bereitschaftsdienst, einem Notfall in einer vertragsärztlichen Praxis (gerne beim Facharzt für Dermatologie, Augenheilkunde o.ä.) und einem Notfall im Rettungsdienst, sei es bei Anwesenheit eines Notarztes oder nicht, sehe ich nicht. In jedem Fall ist eine Behandlung auf dem Standard eines Facharztes (nicht: durch einen Facharzt) geschuldet. Wenn diese durch den anwesenden Arzt (oder die andere - unter bestimmten Umständen - zur Ausübung der Heilkunde befugte Person) nicht geleistet werden kann, muss Abhilfe geschaffen werden. In der Klinik geschieht das im Zweifel durch das Hinzurufen eines (Fach-)Arztes (der "richtigen") Fachrichtung, im Rettungsdienst vermutlich häufiger durch das Verbringen des Patienten in eine Klinik. Das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Vergleichbarkeit der Situationen.

    Es GIBT eben keinen Facharztstandard für das was wir präklinisch machen. Alleine schon weil die Verhältnisse ganz andere sind als in einer Klinik oder Praxis. Dazu noch die begrenzte Zeit die wir einen Patienten betreuen.

    Die Frage, welcher Standard - nämlich im Zweifel der eines Facharztes der jeweiligen Disziplin - prä- oder außerklinisch zu erreichen ist, hat doch nichts mit den Verhältnissen und der begrenzten Betreuungszeit zu tun. Möglicherweise muss bei "fachfremder" Behandlung die Frage nach den Anforderungen zweigleisig gestellt werden. Wenn der Patient auf der chirurgischen Station ein akutes Koronarsyndrom entwickelt, dann ist die eine Frage die nach der fachlich richtigen Behandlung desselben (also welchen allgemein anerkannten fachlichen Standard auf dem Niveau eines Facharztes für Innere Medizin diese Behandlung erreichen muss) und ggf. die andere Frage, wie der Facharzt für Chirurgie, der den Patienten betreut, damit umzugehen hat. Manches wird er selbst leisten müssen, ansonsten ist die Anforderung an ihn vor allem, den fachfremden Notfall zu erkennen, in der Dringlichkeit richtig einzuordnen und die richtige Weiterversorgung zu veranlassen. Auch dann, wenn er den Patienten nur eine sehr begrenzte Zeit betreut (nämlich zwischen seiner Verständigung durch das Pflegepersonal und seiner Entscheidung, das internistische Notfallteam zu verständigen).

    Und einen "allgemein anerkannten fachlichen Standard" kann sowohl ein Notarzt als auch ein NFS realisieren.

    Ja, den Facharztstandard kann auch ein Nicht-Facharzt erbringen. :-) Für einen NFS kann das ggf. sportlich sein, aber ausgeschlossen ist das nicht.

    Knackpunkt bleibt juristisch das Heilpraktikergesetz, was DAS Problem für heilkundliche Maßnahmen durch NFS darstellt.
    Und rein praktisch- man darf eben nicht vergessen, dass beim Arzt 6 Jahre Studium mit jeder Menge Hintergrundwissen steht plus die 2 Jahre klinsche Erfahrung für den Notarztschein.
    DAS muss man im Verhältnis auseinandersortieren, ob das 1. für den Notarzt reicht und 2. wie weit man für definierte Krankheitsbilder und mit gezielter Ausbildung einen NFS im Verhältnis zum Notarzt dazu ausbilden kann.

    Im Bereich des § 2a NotSanG spielt das Heilpraktikergesetz ja nun gerade keine Rolle; das ist doch gerade der Punkt. :-)


    Und dass es für einen Assistenarzt leichter ist, den Facharztstandard zu erreichen als für einen NotSan, war m.E. auch gerade der Punkt.


    Wohlgemerkt: Solange NotSan und Notärzte ohne Facharzt im Rettungsdienst tätig sein dürfen, wird von ihnen nicht unbedingt erwartet, eine Versorgung auf dem Niveau eines Facharztes (zudem aller denkbaren Disziplinen) zu leisten. Dieser Versorgungsstandard ist aber anzustreben, und das bedeutet auch, dass - wenn man ihn selbst nicht sicher erreichen kann - ggf. höher qualifiziertes Personal zum Patienten oder der Patient zu höher qualifiziertem Personal verbracht werden muss. (Und in diesem Zusammenhang gehört dann eben die Frage, ob und wann der NotSan - nachdem er selbst die Heilkudne ausgeübt hat - einen Notarzt hinzuziehen oder den Patienten zu einem Arzt verbringen muss.)


    YMMV, natürlich.

  • Da das zitieren so noch schwieriger ist, mach ich das jetzt mal so:

    - auch wenn du nun Wortklauberei betreibst, ändert dies nichts an meinen Aussagen


    Das ist keine Wortklauberei, sondern sehr relevant, ob ich einen Standard ansetze, der eine fachärztliche Weiterbildung von mindestens 5 oder 6 Jahre voraussetzt plus einer zusätzlichen Ausbildung, oder eben nur einen "Aufbaukurs", der schon nach 2,5 Jahren erworben werden kann. Der erste Standard wird deutlich mehr beinhalten als der zweite.


    Einschränkend kann nur die Situation (d.h. modifizierende Faktoren) sein. D.h. in der Präklinik wird u.a. eine andere Messlatte angesetzt werden, als in der Klinik. Um bei deinem Beispiel zu bleiben, es macht ein Unterschied ob die Geburt ungeplant zu Hause (durch den Notarzt) oder geplant (jede Geburt die bekannt ist gilt weitestgehend als geplant [Geburtsmodus und Komplikationen sind noch mal was anderes] in der Klinikstattfindet.


    Die Situation, wo dies stattfindet, habe ich doch gar nicht angesprochen. Natürlich sind bei eingeschränkten Bedingungen auch nur eingeschränkte Erwartungen zu setzen.


    Alles was ich medizinisch tue wird immer am Facharztstandard gemessen werden. [...] Selbstverständlich wird auch berücksichtigt, dass der Notarzt höchstwahrscheinlich kein erfahrener Geburtsmediziner ist, dennoch wird von ihm erwartet, dass er die unkomplizierte Geburt adäquat begleiten und Komplikationen erkennen, sowie diesen im Rahmen seiner präklinischen Möglichkeiten begegnen wird. Hierbei ist weiterhin der Facharztstandard ausschlaggebend, vor allem weil die Geburt, inkl. ihrer Komplikationen zwingender Bestandteil des "Notarztkurses" ist ((vgl. (Muster-)Kursbuch Notfallmedizin BÄK (Stand 2006, überarbeitet 2014), 45. Geburt im Rettungsdienst und 46. Notfälle Pädiatrie inkl. Versorgung des Neugeborenen).


    Das ist ein Widerspruch. Wenn ich die Einschränkung der notärztlichen Ausbildung und Erfahrung berücksichtige, habe ich ein anderes Niveau, als wenn ich den Geburtshelfer-Standard mit 5 Jahren Weiterbildung und der Betreuung von mehr als 200 betreuten Geburten sowohl kompliziert als unkompliziert ansetze. Wenn du dann noch die komplizierte Geburt komplett in der Erwartung herausnimmst, dann ist der Erwartungshorizont, was ärztlich erwartbar wäre, noch einmal deutlich gemindert.

    Der Notarztkurs kann sicher auch nicht nur ansatzweise eine fünfjährige Ausbildung vermitteln. Und damit kann der Notarzt eben auch nicht den Geburtshelfer-Standard garantieren.


    Anders ausgedrückt, wenn ich es nicht auf Facharztstandard kann, dann darf ich es eben nicht (alleine) tun. Was für unsere WB-Assistenten in der Klinik gilt, gilt genauso für einen Notarzt in der Präklinik. darauf dürfen und müssen sich unsere Patienten verlassen können! Und nur, weil da mutmaßlich tagtäglich in von abgewichen wird, macht es das weder besser, noch richtiger, noch kann es als medizinische/juristische/moralische Rechtfertigungsgrundlage dienen


    Natürlich sollte man nur das tun, was man beherrscht. Aber, ob alles, was ich tue, und ich behaupte jeder Notarzt in Deutschland täglich tut, dem jeweiligen Facharztstandard genügt, halte ich für sehr zweifelhaft und wäre praktisch auch nicht umsetzbar.

    Das begründe ich u.a. damit, dass, um das Facharztniveau zu garantieren, nicht nur das Wissen und oder praktische Skills hierfür Voraussetzungen sind, sondern auch eine längerfristige klinische Tätigkeit auf diesem Gebiet. Wäre das nicht der Fall, könnte ich mir in einem halben Jahr diverse Bücher und aktuelle Leitlinien eines Faches aneignen und mich dann zur Facharztprüfung anmelden. Das ist aber überraschenderweise nicht möglich, sondern es muss eine mehrjährige Weiterbildungszeit absolviert werden.


    Anders ausgedrückt: Ich bilde mir ein, dass ich die meisten rettungsdienstrelevanten Herzrhythmusstörungen erkennen und nach aktuellen Empfehlungen auch behandeln kann. Ob ich das aber auf Facharztstandard mache, weiß ich nicht, weil ich keine Weiterbildung Kardiologie absolviert habe. Und das weiß ich nicht für fast alles, was ich außerhalb meiner Fachdiziplin mache. Ob das eine praktische Relevanz hat, kann ich nicht sagen.


    Daher bleibe ich dabei, dass der Patient selbstverständlich zu jeder Zeit die Versorgung auf Notarzt-Niveau zu erwarten hat, ob diese aber gleichzeitig immer auch dem jeweiligen Facharzt-Standard entspricht, würde ich zumindest bezweifeln und ist vermutlich auch nicht notwendig. Sie aber immer als Monstranz hochzuhalten, ist genauso wenig notwendig.

  • Teilweise wird auch der Begriff "Notarztstandard" genutzt, das soll der durchschnittliche fachliche Standard eines als Notarzt tätigen Arztes, abzustellen auf das jeweilige Landesrecht, sein.

    Das würde ich als einzig sinnvollen Ansatz sehen.


    Sofern der Notarzt eine Facharztbezeichnung führt, soll zudem der Standard des jeweiligen Facharztes eingehalten werden müssen (Killinger, Die Besonderheiten der Arzthaftung im medizinischen Notfall, 2009, Rn. 362 ff.).

    Das wiederum würde ich als widersinnig ansehen. Zum einen kann es ja nicht sein, dass der Patient einmal mehr (Facharzt) und einmal weniger (Weiterbildungsassistent) erwarten kann, je nach dem, wer gerade die Tür hereinkommt. Ein einigermaßen einheitliches Mindestmaß muss auf jeden Fall gegeben sein.

    Zum anderen kann Facharzt auch heißen, Dermatologe oder Gynäkologe, was bei der Versorgung eines schweren Polytraumas nur wenig weiter hilft. Da wäre von einem Weiterbildungsassistenten Unfallchirurgie im 4. Jahr sicher mehr zu erwarten.

  • Das würde ich als einzig sinnvollen Ansatz sehen.


    Das wiederum würde ich als widersinnig ansehen. Zum einen kann es ja nicht sein, dass der Patient einmal mehr (Facharzt) und einmal weniger (Weiterbildungsassistent) erwarten kann, je nach dem, wer gerade die Tür hereinkommt. Ein einigermaßen einheitliches Mindestmaß muss auf jeden Fall gegeben sein.

    Zum anderen kann Facharzt auch heißen, Dermatologe oder Gynäkologe, was bei der Versorgung eines schweren Polytraumas nur wenig weiter hilft. Da wäre von einem Weiterbildungsassistenten Unfallchirurgie im 4. Jahr sicher mehr zu erwarten.

    Gubis schrieb auch des jeweiligen Facharztes. Also quasi Notarzt + der Qualifikation, die derjenige an anderer Stelle innehat. Das erscheint mir sinnvoll. Ein Facharzt für Anästhesie sollte eine bessere Narkose machen (müssen) als ein Facharzt der Kardiologie, aber eine weniger differenzierte Herzrhythmustherapie. Beide sollten dabei aber mindestens einen notärztlichen Standard einhalten und den Patienten fachärztlicher Behandlung zuführen, sofern die eigene Expertise nicht vollständig ausreicht.


    Irgendwo in diesem Forum hatte meiner Erinnerung nach auch mal ein Jurist erklärt, dass es einen großen Unterschied macht, ob man so eine Fragestellung straf- oder zivilrechtlich betrachtet. Im Zivilrecht sei die Fragestellung eher, welchen Anspruch der Patient an einen X-beliebigen Behandler stellen kann und strafrechtlich würde betrachtet, was der konkrete Behandler hätte leisten können müssen. Ist das so korrekt? Falls ja, könnte dieser Betrachtungsunterschied hier ja auch eine Rolle spielen.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Aber folgt daraus nicht einfach als Konsequenz, dass du den jeweiligen Patienten nach deiner notärztlichen Behandlung, die eben (nur) eine Notfallversorgung darstellt, dem entsprechenden Facharzt zur Weiterbehandlung zuführtst, also z.B. dem Kardiologen, dem Unfallchirurgen oder dem Neurologen, gerade weil du als Notarzt den jeweiligen Facharztstandard nicht bieten kannst, den jeder Patient verdient? Und liegt gerade darin nicht die geforderte Analogie zum Notfallsanitäter, der nach §2a „selbständig“ handelt? Also dass er entweder mit seiner Behandlung den „Facharztstandard“ selbt erfüllen muss oder eben alternativ, falls er das nicht kann, für die Maßnahme Unterstützung anfordern muss (Notarzt) oder den Patienten dem entsprechenden Facharzt (Krankenhaus) zuführen muss? Die Behandlung ist also, so oder so, erst definitiv abgeschlossen, wenn der Patient nach Facharztstandard versorgt ist. Oder?

  • Gubis schrieb auch des jeweiligen Facharztes. Also quasi Notarzt + der Qualifikation, die derjenige an anderer Stelle innehat. Das erscheint mir sinnvoll. Ein Facharzt für Anästhesie sollte eine bessere Narkose machen (müssen) als ein Facharzt der Kardiologie, aber eine weniger differenzierte Herzrhythmustherapie. Beide sollten dabei aber mindestens einen notärztlichen Standard einhalten und den Patienten fachärztlicher Behandlung zuführen, sofern die eigene Expertise nicht vollständig ausreicht.

    Wenn das so zu verstehen ist, würde ich mich dem anschließen.