Schikane und Stress: Retter gehen auf dem Zahnfleisch

  • CISM ist ei uns absolut freiwillig und wird nicht aufgezwungen. Jedoch wird es natürlich deutlich empfohlen, gerade wenn man - so wie ich nach dem Vorfall - eine krasse körperliche Reaktion hatte. Ich habe es auch erst tatsächlich abgelehnt, weil ich meine eigenen Methodiken habe. Bin dann aber doch noch ins Gespräch gekommen, weil ich mein Stresslevel nicht reduzieren konnte. Durch das Gespräch hat das dann funktioniert, weil die CISM Berater darauf auch gezielt geschult sind.


    Es ist aber schon so, dass z.B. nach einer Staffelungsunterschreitung die Mitarbeiter definitiv an dem Tag nicht mehr eingesetzt werden. Das liegt daran, weil es in der Vergangenheit zu oft vorkam, dass man dann doch zu viel darüber nachgedacht hat und sich entweder tatsächlich oder fast ein zweites "Ding" gebastelt hat. Aber das wird hier absolut akzeptiert und sogar sehr geschätzt. Da gibt es einfach keine Diskussion und wir sehen das alle als etwas Gutes!


    Ein solches System kann nicht aufgezwungen werden. Es lebt davon, dass es in den Köpfer aller angenommen und mitgetragen wird.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Eben, das proaktive Angebot, gerade durch Leitstellendisponenten, die ja nach solchen Einsätzen oft die ersten Kommunikationspartner nach dem Ende sind, ist ein guter Weg. Ob das dann die Kolleg*innen annehmen ist eine andere Frage, aber die die sich unsicher sind und es nicht von sich aus tun würden erreicht man damit.

  • Eben, das proaktive Angebot, gerade durch Leitstellendisponenten, die ja nach solchen Einsätzen oft die ersten Kommunikationspartner nach dem Ende sind, ist ein guter Weg. Ob das dann die Kolleg*innen annehmen ist eine andere Frage, aber die die sich unsicher sind und es nicht von sich aus tun würden erreicht man damit.

    Genau das ist in unseren Gefilden der Gedanke dahinter, dass die Disponenten bei solchen Einsätzen das Angebot unterbreiten.


    Momentan wird sogar abgeklärt, ob z.B. ab NACA 5 oder 6 automatisch durch die Disponenten das Thema Peer angesprochen werden soll. Dies soll keinesfalls zu einem Zwang für solche Gespräche führen, sonder das vorhandene Peer-System noch tiefer in den Köpfen verankern und den Mitarbeitern somit immer wieder bewusst gemacht werden, dass das System existiert.


    Ich persönlich begrüsse das grundsätzlich, da somit eine gewisse Sensibilität bezüglich dem Thema Psychohygiene geschaffen und das Thema "salonfähig" wird.


    Bisher habe ich auch erst selten erlebt, dass Peers "verteufelt" wurden, vielmehr wird das Angebot immer mehr genutzt und wer einen Peer braucht, gilt keineswegs mehr als "weich" oder für den Job ungeeignet.


    Aus meiner Sicht definitiv der richtige Weg...

  • Einmal, ein einziges mal, wurde ich von der ILS damals zu meinen Fahrdienstzeiten gefragt ob ich Hilfe brauche in so einem Fall. Niemals von meinen Vorgesetzten.


    Heute ist es in der ILS nicht anders. Würden einem die Kollegen nicht den Rückhalt geben würde es keiner tun.
    Es wäre sogar beinahe handfest geworden.
    Kollege kam nicht zum Dienst, sehr sehr untypisch.
    Telefonisch nicht erreichbar, keine Reaktion auf den Hintergrund-FME.
    Anderen Kollegen angerufen der in der nähe wohnte und auch privat ein guter Freund des abgängigen war.
    Auto vor der Türe, alle Telefone und Piepser zu hören aber alles dunkel und keine Reaktion.


    Was macht dein Disponent wenn jemand anruft und sowas schildert? Kräfte hinschicken und nachgucken. Haben wir getan, leider mit einem traurigen Ergebnis. Aber PSNV für die Kollegen? Fehlanzeige! Nichtmal für diejenigen die direkt beteiligt waren.
    Stattdessen Vorwürfe!
    Man könne doch einem Kollegen nicht einfach die Türe aufbrechen lassen nur weil er nicht zum Dienst kommt mit androhen von arbeitsrechtlichen Konsequenzen an die Kollegen die an dem Einsatz (Leitstellenseitig) beteiligt waren.


    Selbst wenn ich jetzt einige Jahre später daran denke bekomme ich eine hypertensive Entgleisung und eine unbändige Wut

    :rtw: "Rettungsdienst" sind die Typen, die zu einem kommen, wenn man etwas getan hat, wofür man eigentlich zu dämlich ist. :rtw:

  • Ich denke nicht mal so sehr, dass es ein Selbstbewusstseinsproblem ist oder das man Angst hat als Weichei angesehen zu werden. Zumindest erlebe ich das hier bei der BF so. Auch wenn das Regional durchaus unterschiedlich sein kann. Es gibt ja auch ein PSU-Team (wenn auch ich zugeben muss, dass ich nicht weiß wie die erreichbar sind, wenn man nicht über den WAF gehen will). Ob ich mich/das NEF in Status 6 setze entscheide ich (zussammen mit meinem Fahrer) und nicht die Leiststelle. Mag aber sein, dass da nicht jeder so selbstbewusst ist, bzw. man mancherorts Angst vor der Folgen haben muss.
    Was aber definitiv fehlt ist das Bewusstsein der Vorgesetzten, welches Risiko man das eigene Personal, bzw. den Patienten aussetzt, wenn man Kollegen die gerade "mit den Gedanken woanders sind" in den Straßenverkehr und die Patientenversorgung lässt. Hier besteht eine Sorgfaltspflicht, die nicht wahrgenommen wird. Im doppelten Sinne. Vllt liegt es daran, dass entsprechende Zwischenfälle udn FOlgen für die Patienten eben nicht in die Medien geraten und von zuständigen Aufsichtsbehörden aufgerollt werden, wie das bei (beinahe)Flugunfällen der Fall ist. Schade eigentlich...