Geplante Änderung des Notfallsanitätergesetzes durch das BMG

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    Das ganze Vorhaben würde wahrscheinlich wieder einmal an Bedenkenträgern auf lokaler Ebene scheitern, so wie es schon beim Pyramidenprozess der Fall war. Und genau aus diesem Grunde wünsche ich mir eben eine Regelung, die absolut unmissverständlich ist & eine "Blockadehaltung" seitens einzelner ÄLRD unmöglich macht.

    Absolute Zustimmung.


    Deshalb stört mich auch der letzte Satz im Schreiben zur Änderung des NFS-Gesetzes so, dass die Länder nicht verpflichtet werden können, die Vorschläge des Bundes zu übernehmen (sinngemäß zitiert).


    Der Flickenteppich muss beendet werden zugunsten einer bundesweit einheitlich verbindlichen Regelung.

  • Was mir beim Lesen des Vorschlages eingefallen ist.

    Könnte man "vorherige, auch telenotärztliche Abklärung ist nicht möglich" auch in Bezug auf zeitkritische Maßnahmen beziehen? Es war nicht möglich zu telefonieren, weil das bereits eine Gefahr für den Patienten dargestellt hätte?

    Was sagen die Juristen zu dieser Interpretation?

  • Ich vermute mal dass sich die Möglichkeit einer vorherigen ärztlichen Konsultation eben auch an der individuellen Situation orientieren wird.

    War ja nie anders, schließlich ist ein Notarzt immer verfügbar, man muss nur lange genug warten

  • Du selber könntest hier promovieren? :-)

    Dr. RettFachPers... ? XD Ne, dass muss ich zum Glück nicht mehr.

    Wäre richtig ausgeschlachtet aber tatsächlich wahrscheinlich sogar für eine komplette Habil ausreichend.

    Und das Konzept dahinter ist ja Titel gegen Publikation. D.h. du hast als Forscher eine Idee, setzt einen Studierenden, der eine BA/MA-Thesis oder eine Promotion möchte darauf an. Der bekommt dann seinen Titel ((Langschrift) und du die Publikation als entsprechender Erst/Letztautor (eben für die Habil, die Apl, etc..)

    Daher meine Anspielung.Ist ein fairer Tausch, wenn vorher offen kommuniziert. Zumal bei entsprechender Leistung natürlich auch auf der Publikation an fairer Stelle der Name auftaucht (bis hin zur Erstpublikation). Zumindest sollte das in einer fairen Welt so ein.. und ich glaube ja immer noch an Regenbogen und Einhörner...

  • Gute Frage. :/

    Sicherlich auch eine Frage wie man die These letztlich formuliert. Spontan denkbar wäre vielleicht Personalbetriebwesen, Wirtschaftspädagogik, Soziologie oder Wirtschaftspsychologie? Je nachdem vielleicht auch Medizingeschichte, so in die Richtung "Entwicklung von Berufsbildern in der präklinischen Medizin in der Neuzeit"?

    Du denkst viel zu kompliziert. Das Thema eignet sich völlig ohne tricksen zu müssen für Medizin und eben alles, was mit Rettungsdienst, Personalplanung, Pädagogik, BWL, etc zu tun hat. Es haben schon Leute über das Essen in Mensen promoviert.. man muss es eben nur so formulieren/ausrichten, dass es zum jeweiligen Fach passt...

  • Gebe ich Dir recht. Trotz allem haben wir eine bundeseinheitliche Ausbildung. Und weshalb ein Patient in Garmisch unter anderen Umständen Hilfe erfahren sollte wie in Bremerhaven, erschließt sich mir nicht.

  • Gebe ich Dir recht. Trotz allem haben wir eine bundeseinheitliche Ausbildung. Und weshalb ein Patient in Garmisch unter anderen Umständen Hilfe erfahren sollte wie in Bremerhaven, erschließt sich mir nicht.

    Weil die Berufsausbildung auf Bundesebene geregelt ist und der Rettungsdienst Ländersache. Aber das ist doch ein alter Hut?

  • Gebe ich Dir recht. Trotz allem haben wir eine bundeseinheitliche Ausbildung. Und weshalb ein Patient in Garmisch unter anderen Umständen Hilfe erfahren sollte wie in Bremerhaven, erschließt sich mir nicht.

    Woher wissen wir denn zum Beispiel, ob Garmisch oder Bremerhaven Recht hat?

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Warum gleich einheitlich für alle ohne jegliche Möglichkeit für regionale Spezialitäten?

    Nachdem es sowieso der kleinste gemeinsame Nenner wird: Es würden auch MINDESTstandards reichen die bundeseinheitlich vorgegeben würden.

  • Warum gleich einheitlich für alle ohne jegliche Möglichkeit für regionale Spezialitäten?

    Nachdem es sowieso der kleinste gemeinsame Nenner wird: Es würden auch MINDESTstandards reichen die bundeseinheitlich vorgegeben würden.


    Sauerstoff, PVK und eine kristalloide Infusion. :saint:

  • Ich habe hier interessiert mitgelesen, und finde es schön, dass wir hier im Großen und Ganzen Diskussionskultur wieder erleben. :)

    Hier schwingen ja sehr viele verschiedene Gedanken umher, und man könnte zu jedem einzelnen Strang sicher ausführliche Abende haben.

    Zunächst einmal zum Thema einheitliche Maßnahmen / Kompetenzen. Ich habe mal aus einem Vortrag den ich gehalten habe zwei Folien angehängt (weitere Nutzung mit Angabe meines Namens gern möglich). Ich bin davon überzeugt, dass gute SOPs eben nicht Bundeseinheitlich sein können. Weil lokale Gegebenheiten eben per Definition nicht Bundeseinheitlich sein können.

    Ich bin allerdings ebenfalls davon überzeugt, dass jene SOPs eingebettet werden müssen in Trainings, Auswertungen, Überprüfungen, um einen hohen Umsetzunggrad der SOPs sicherzustellen (weil entweder der Anwender SOP konformität erreicht, oder die SOPs den Anwenderbedingungen angepasst werden). In so fern verstehe ich den Ruf nach Bundeseinheitlichkeit nicht. Gleichzeitig finde ich die Lösung vieler ÄLRD wenig sinnvoll, einfach Baumdiagramme (was nicht dem Sinn einer SOP gerecht wird) auf Bundesland-Ebene festlegen. Wieviel wird da wohl auf "lokale Gegebenheiten" geachtet bei NUN Algorithmen die von Osnabrück bis kurz vor Hamburg gelten?

    Und: unabhängig der individuell angesetzten Lösung, müssen doch einige Dinge eben doch bundeseinheitlich geregelt werden:

    Sollte etwa der NotSan BtM geben (sollen / müssen / wollen / können), muss das BtMG das ermöglichen. (so wie vom DBRD 2016 gefordert https://www.dbrd.de/images/akt…nahme_BtMG_2016.06.23.pdf)

    Und: da ein NotSan ja bundeseinheitliche Ausbildungsziele hat, ist es vermutlich klug, zumindest sich auf einige Dinge auch auf Bundesebene zu einigen. Und das ist ja nichts verrücktes neues was ich da sage, dazu gibt es ja den Pyramidenprozess.


    Wenn man sich mal ins Jahr 2012 zurückerinnert, dann war es schon damals so, dass ständig weitere RTW und NEF Standorte ins Leben gerufen werden mussten, und immer mehr RettAss feststellten, dass sie gar nicht so selten Maßnahmen anwenden, die von der BÄK vorgeschlagen, und über §34StGB gedeckelt waren. UNbefriedigend, und es wurde immer wieder von Ärzteverbänden kritisiert, dass die RettAss nicht ausreichend ausgebildet seien für weitere Kompetenzen. 2014 also kommt das NotSanG, der Sprung im Ausbildungsinhalt ist groß, entgegen der Arbeit aller Arbeitgeberverbände. Die BÄK schlägt kurz vorher noch ein letztes mal vor das Vorhaben fallen zu lassen, weil es zu teuer sei, das Geld werde anderswo gebraucht.

    Das NotSanG sollte den NotSan zu deutlich umfangreicheren Dingen ausbilden, als es das RettAssG für den RettAss vorsah. Mit dem Pyramidenprozess zusammen wollte man so einen Fortschritt erreichen, und die Ressource Notarzt zielführender einsetzen. Entgegen der Unkenrufe, dass man ein Paramedicsystem oder Thoraxdrainagen einführen wolle, ist beides nicht eingetreten. Weder gibt es ein Paramedicsystem, noch gibt es NotSan welche Thoraxdrainagen legen sollen. Sehr wohl wurde erhofft, dass eine Qualitätsbesserung stattfinden, sowohl insgesamt, wie auch eine Handlungssicherheit bei Maßnahmen, welche dem Patienten dienen. Man stellte fest, ein Notarzt könnte ja zukünftig häufiger dort ankommen, wo er gebraucht wird.


    Die Frage ist, ob rechtssicherheit durch den aktuellen Entwurf erreicht wird. DBRD, JUH und BRK sagen deutlch, dass sie das nicht so sehen. Drei respektierte Kanzeilen sehen ebenfalls Probleme mit dem Entwurf. Nichtsdestotrotz ist der Vorwurf, der DBRD wäre unsachlich.



    Spannend finde ich, wenn man sich mal die Stellungenahmen des DBRD so anschaut.

    Etwa, zur PARAMEDIC2 Studie, wo Dr. Böttiger auf der Facebookseite des GRC betonte, dass die ROSC Raten schlecht seien, und insgesamt die Maßnahmen sehr spät eingeleitet wären, und dass alles darauf zurückzuführen wäre, weil es in UK keine Notärzte gäbe. (2020 wiederholt er diese Aussagen in deutlicher Manier auf Video in Persona). Der DBRD warnt in seiner Stellungnahme davor, die wichtigen Ergebnisse von PARAMEDIC2 nicht für politische Zwecke zu nutzen, "Es ist unsere Überzeugung, dass im Zusammenspiel zwischen gut ausgebildetem

    Rettungsfachpersonal und gut ausgebildeten Notärzten eine bestmögliche
    Patientenversorgung angestrebt werden sollte
    ."

    Etwa auch zumLarynxtubus beim DRK Sanitätsdienst, nachdem durch die ständige Konferenz der Landesärzte des DRK entschieden worden war, dass der Sanitätshelfer während der Reanimation lieber Beutel-Maske beatmen sollte. Es ging weiter, die SGA sollte direkt aus der DIN gestrichen werden, so groß war auf einmal die Sorge vor falschverwendung (daneben ist die BeutelMaske-Beatmung ja bekanntermaßen Komplikationsfrei).


    BDA und DGAI haben sich 2019 bereits zu einer geplanten Änderung des NotSanG geäußert, und zwar dass 1. fraglich sei, ob eine Gesetzesänderung überhaupt nötig sei und 2. vielleicht ja ohne Gesetzesänderung eigentlich mehr Rechtssicherheit besteht, und 3. mit Telemedizin nicht irgendeine Lösung gefunden werden könnte. Es wird dann vorgerechnet, dass NotSan kaum in die Notwendigkeit kämen, irgendwas ohne Arzt anzuwenden, und dann, dass NotSan ja recht unerfahren währen in den Maßnahmen. Zu guter letzt wird drauf hingewiesen, dass wenn der NotSan doch was machen soll, er das vorher gelernt haben muss. Und dass der NotSan keine Notfallnarkose kann.

    Die DBRD Stellungnahme dazu wurde hart kritisiert, weil man die Notarzt-Ausbildungszeit falsch gerechnet habe. Darüber kann man lange streiten, das ist aber eh nur ein Punkt von vielen in der Erwiederung.


    Als das Infektionsschutzgesetzverändert wurde, wurde ein Rechtsgutachten bestellt, und sämtlichem RFP rechtsbeistand zugesichert in Fällen, wo es wegen der veränderten Lage zu Problem käme.


    Mir geht es nicht darum, den DBRD in Schutz zu nehmen. Aber schon auch noch mal daran zu erinnern, womit es die einzige Berufsvertretung zu tun hat. Ich bezweifle ganz stark, dass es immer nur um den Schutz des Patienten vor dem NotSan geht, und ich kann nicht ertragen, dass gebildete, intelligente Menschen das immer und immer wieder behaupten. Die Sauerstoff-Nummer aus BY ist dermaßen lächerlich, und statt dass man sich darüber aufregt, regt man sich über die DBRD Reaktion auf FB auf (die ich auch schlecht fand), über NotSan die jetzt den Notarzt nachfordern, oder aber betont, dass man keine Einsätze deswegen hätte (soll das gut sein?). Lasst uns doch wenigstens auf Augenhöhe festhalten, dass solche Aktionen (ob nun Böttiger, Blutdruck-Interpretation sei Heilkunde, Sauerstoffgabe, etc.) Berufspolitik sind. Bitte.

  • Meines Erachtens gäbe es auch in unserem föderalen System durchaus Wege, zu einem bundesweiten (Mindest-) Standard zu kommen - und das ohne die Länder in Ihrer Kompetenz im Hinblick auf die Regelung der Berufsausübung wesentlich zu beschneiden. Erster Schritt wäre eine deutlich präzisere Beschreibung der Ausbildungsziele (1c UND 2c, wobei ich diese Differenzierung mangels für mich erkennbarer Sinnhaftigkeit aufgeben würde) in der APrV, welche dann bei Bedarf vergleichsweise einfach (insbesondere ohne parlamentarisches Verfahren) angepasst werden kann - ähnlich dem Pyramidenprozess, nur eben unter direkter Beteiligung des Verordnungsgebers. Zweiter Schritt ist dann die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde, beschränkt auf eben diese Ausbildungsinhalte - verbunden mit der Festlegung, dass auf Landes- bzw. regionaler Ebene erlassene Algorithmen (nicht SAA) ggf. Vorrang vor der eigenständigen Ausübung heilkundlicher Maßnahmen haben & dass die Übertragung weiterer Kompetenzen nach entsprechender Aus-, Fort- und Weiterbildung im Rahmen der Vorabdelegation zulässig ist. So ist sichergestellt, dass der NotSan im Rahmen der vorgegebenen Ausbildungsinhalte eine "Eskalationsmöglichkeit" (nämlich das Recht zur Heilkundeausübung über die Algorithmen hinaus) für den Fall hat, dass vorhandene Algorithmen nicht weitreichend genug oder schlimmstenfalls gar nicht vorhanden sind. Die ÄLRD werden gleichzeitig mehr oder minder zum Erlass sinnhafter Algorithmen "gezwungen" - oder müssten eben mit der "Quasi-Kurierfreiheit" in ihrem Fürstentum leben, was aber in der Realität nicht vorkommen dürfte. Zu guter Letzt bliebe der größte Vorteil des Föderalismus ("der Wettbewerb um die besten Ideen") bestehen: Auf dem Wege der Vorab-Delegation könnten die ÄLRD weitere Maßnahmen übertragen, soweit sie dies für sinnvoll halten (z.B. die Anwendung bestimmter Arzneimittel an den Gemeinde-Notfallsanitäter), soweit dies aufgrund regionaler Besonderheiten erforderlich ist oder soweit das Aufkommen neuer Therapieverfahren nicht "rechtzeitig" in der APrV abgebildet wird bzw. abgebildet werden kann. Dritter und letzter Schritt wäre dann eine spürbare "Ausdünnung" der NA-Indikationskataloge auf Landesebene - den mancherorts noch praktizierten Luxus jede Nierenkolik und jede hypertensive Entgleisung mit einem Notarzt zu beglücken werden wir uns mittelfristig sicher nicht mehr leisten können; demographischer Wandel und die mittel- bis langfristige Haushaltslage der Krankenversicherer werden in dieser Hinsicht zukünftig ungeahnte Wirkung entfalten.

    „Ein Staat ist immer nur so frei wie sein Waffengesetz.” (Gustav Heinemann)

  • Mal ganz blöde gefragt: Der Gesetzentwurf hat ja eine Weisung an das BMG zu den "BundesSOP" drin - wie ist denn hierzu eigentlich die Meinung unserer Juristen?

    RD ist ja prinzipiell Ländersache.

  • Woher wissen wir denn zum Beispiel, ob Garmisch oder Bremerhaven Recht hat?

    Das ist doch albern.


    Erkläre Du mir doch bitte mal, weshalb es so sein muss, dass innerhalb eines Bundeslandes in einem Landkreis zwingend ein NA zu alarmieren ist für die Anlage eines PVZ, im Nachbarkreis die Gabe von mehreren Medikamenten durch den NFS (samt PVZ) vom ÄLRD als Mass der Dinge gesehen wird.


    Es bleibt am Ende immer die Abhängigkeit vom Schicksal, welchem Lokalfürsten man gerade untersteht.


    Wer am Ende recht hat, ist mir da inzwischen fast egal.


    Wir können alles, außer Rettungsdienst. Baden-Württemberg.

  • Mal ganz blöde gefragt: Der Gesetzentwurf hat ja eine Weisung an das BMG zu den "BundesSOP" drin - wie ist denn hierzu eigentlich die Meinung unserer Juristen?

    RD ist ja prinzipiell Ländersache.

    Steht das nicht als letzter Satz auf dem Entwurf? Die Bundes-SOP sind nicht verpflichtend für die Länder?