Bereitschaftsarzt muss einschreiten

  • Es ist z. B. strafrechtlich immer besser, wenn die Leitstelle selbst den ÄND schickt, statt dem Patienten zu empfehlen, dort anzurufen. Wenn die LSt selber schickt, ist nämlich durch den Disponenten immerhin eine Hilfeleistung erfolgt.

    Bemerkenswert in diesem Fall, dass auch der Bereitschaftsarzt genauso agiert hatte, und die Patientin aufforderte, die Leitstelle anzurufen.

  • Alles in allem zeigt es leider die immer noch herrschenden Lücken und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Diensten (ILS <->ÄBD)

    Tatsächlich gehört dies eigentlich eine Hand, allerdings mit einer Anfahrtspflicht des ÄBD-Arztes. Da dies meist nicht der Fall ist bin ich leider nicht traurig das wir ab dem 01.01.2021 auch keine 116117 mehr bei uns laufen haben....Traurig aber wahr.

  • Der ärztliche Bereitschaftsdienst hat einen Versorgungsauftrag, aber keine Anfahrtsplicht. Das ergäbe auch keinen Sinn. Wenn er eine dringliche Indikation für einen RTW oder eine Klinikeinweisung sieht, dann muss er da nicht unbedingt eine halbe Stunde später mit einem Privat-PKW anfahren und dem RTW mit Patient hinterher winken. Schließlich kann er selbst noch bei einer Behandlung gebunden sein und sein Standort gerade am anderen Ende der Stadt liegen.

  • Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Der ÄBD gehört als reguläres Rettungsmittel eingerichtet, unter Obhut der Leitstelle und mit den selben Rechten und Pflichten wie jedes anderes RM.

    Das NEF sucht sich auch nicht aus wo es hinfährt, kommt nicht weil es noch Mittag machen muss,etc.


    Und bitte mit 24/7/365 Verfügbarkeit.

  • Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Der ÄBD gehört als reguläres Rettungsmittel eingerichtet, unter Obhut der Leitstelle und mit den selben Rechten und Pflichten wie jedes anderes RM.

    Das NEF sucht sich auch nicht aus wo es hinfährt, kommt nicht weil es noch Mittag machen muss,etc.


    Und bitte mit 24/7/365 Verfügbarkeit.

    Würde ich so prinzipiell zustimmen, weil es sinnvoll ist. Diese Forderung übersieht aber, dass der ÄBD eben nicht Bestandteil der rettungsdienstlichen Notfallversorgung ist, sondern die ambulante Versorgung durch die Hausärzte sicherstellt. Ihn müsste es gar nicht geben, wenn jeder Hausarzt 24 Stunden erreichbar und für seine Patienten da wäre. Die Forderung impliziert also ein Zugriffs- und Dispositionsrecht auf die niedergelassenen Ärzte, welches ihr sicher nicht zusteht.


    Klar ist aber, dass die ambulante Versorgung 24/7/365, in welcher Form auch immer, sicherzustellen ist, das beteuern die KVen in ihren Reden auch immer...

  • Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Der ÄBD gehört als reguläres Rettungsmittel eingerichtet, unter Obhut der Leitstelle und mit den selben Rechten und Pflichten wie jedes anderes RM.

    Das NEF sucht sich auch nicht aus wo es hinfährt, kommt nicht weil es noch Mittag machen muss,etc.


    Und bitte mit 24/7/365 Verfügbarkeit.

    Wurde hier im grössten Notfall so gehandhabt. Standort des ÄBD war in der Stadt und man konnte immer super zusammenarbeiten. Ob Nachforderung, Verweis zur Nachkontrolle oder Toden Schein...

    Seitdem es für das Bundesland nur noch eine zentrale Nummer gibt, wird sehr viel an den RD sofort weitergereicht. Ca. 150-250 Einsätze pro Monat für ne Stadt mit ca 230tsd EW.

    Wenn man tot ist, ist das für einen selbst nicht schlimm, weil man ja tot ist. Schlimm ist es aber für die anderen...
    Genau so ist es übrigens wenn man doof ist...

  • Ich kann hier mal die Situation in Berlin beschreiben:

    Hier gibt es eine Schnittstelle zwischen Feuerwehr und ÄBD um Einsätze direkt Digital zu übertragen. Wenn der ÄBD einen Einsatz an die Feuerwehr abgibt, gibt der ÄBD auch direkt das benötigte Rettungsmittel vor und die Feuerwehr disponiert den Einsatz nur noch. Andersherum bekommt die ÄBD-Leitstelle den Datensatz des Patienten und ruft diesen zurück. Daraus kann dann entweder ein Hausbesuch, telefonische Beratung, Empfehlung in eine Notdienstpraxis/ Notaufnahme/ Hausarztpraxis zu gehen resultieren. Manchmal geht der Einsatz auch zurück an die Feuerwehr. In der ÄBD-Leitstelle sitzt tagsüber auch ein Beratungsarzt als weitere Instanz. Regelmäßig rufen auch Rettungsmittel selbst an um einen Hausbesuch für einen Patienten zu veranlassen.

  • Würde ich so prinzipiell zustimmen, weil es sinnvoll ist. Diese Forderung übersieht aber, dass der ÄBD eben nicht Bestandteil der rettungsdienstlichen Notfallversorgung ist, sondern die ambulante Versorgung durch die Hausärzte sicherstellt. Ihn müsste es gar nicht geben, wenn jeder Hausarzt 24 Stunden erreichbar und für seine Patienten da wäre. Die Forderung impliziert also ein Zugriffs- und Dispositionsrecht auf die niedergelassenen Ärzte, welches ihr sicher nicht zusteht.


    Klar ist aber, dass die ambulante Versorgung 24/7/365, in welcher Form auch immer, sicherzustellen ist, das beteuern die KVen in ihren Reden auch immer...

    Die notärztliche Versorgung war auch in großen Teilen des Landes mal nicht Teil des Rettungsdienstes sondern man hat auf die Hausärzte zurück gegriffen.

    Irgendwann muss man halt mal alte Zöpfe abschneiden.

    Wer, wie er regelmäßig, auch außerhalb der Pandemie, zeigt, dass er nicht die für die aktuelle Situation erforderliche Leistung erbringen kann muss abgelöst werden. Alles andere wäre ein Organisationsversagen unserer Gesundheitspolitik. Mal wieder.


    Mal abgesehen davon wäre es kein Zugriff auf niedergelassene Ärzte sondern nur die Feststellung: Ihr habt dafür zu sorgen, dass das RM 1/87/1 24/7 besetzt ist. Wie ihr das unter euch verteilt ist eure Sache.

    Anders läuft es jetzt in den Gebieten in denen ein KV Dienst entsprechend existiert doch auch nicht. Ob man dann lieber etwas zahlt damit ein angestellter Arzt das macht oder selber fährt bleibt dann halt dem Mehrheitsentscheid überlassen.

  • Ich fasse es ja nicht. Das ist ja fast schon als innovativ zu bezeichnen. Wir reden hier wirklich über Berlin? ;)

    vergiss (fast) alles, was du über Berlin vor 10 Jahren gehört hast.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Die notärztliche Versorgung war auch in großen Teilen des Landes mal nicht Teil des Rettungsdienstes sondern man hat auf die Hausärzte zurück gegriffen.

    Irgendwann muss man halt mal alte Zöpfe abschneiden.

    Wer, wie er regelmäßig, auch außerhalb der Pandemie, zeigt, dass er nicht die für die aktuelle Situation erforderliche Leistung erbringen kann muss abgelöst werden. Alles andere wäre ein Organisationsversagen unserer Gesundheitspolitik. Mal wieder.

    Den KVen bundesweit den ambulanten Versorgungsauftrag, sei aus auch nur außerhalb der gewohnten Öffnungszeiten, zu entziehen, ist aber nicht einfach so machbar, nur weil hier und da der ÄBD nachts nicht erreichbar ist. Welche Leistung erbringt er denn deiner Meinung nach nicht?


    Mal abgesehen davon wäre es kein Zugriff auf niedergelassene Ärzte sondern nur die Feststellung: Ihr habt dafür zu sorgen, dass das RM 1/87/1 24/7 besetzt ist. Wie ihr das unter euch verteilt ist eure Sache.

    Anders läuft es jetzt in den Gebieten in denen ein KV Dienst entsprechend existiert doch auch nicht. Ob man dann lieber etwas zahlt damit ein angestellter Arzt das macht oder selber fährt bleibt dann halt dem Mehrheitsentscheid überlassen.

    Das ist doch mit dem ÄBD genau so der Fall. Man organisiert einen Dienst, um als Arzt nicht 24 Stunden das ganze Jahr erreichbar zu sein. Ob ein Arzt aber zu einem Patienten fährt oder den direkt über oder an die Leitstelle verweist, ist aber seine Sache. Und der ÄBD ist auch kein Rettungsmittel, sondern für akute, aber nicht zeitkritische Fälle zuständig.


    Ergänzung: Natürlich greift die Leitstelle auf die niedergelassenen Ärzte zu, wenn sie den ÄBD zu einem Einsatz verpflichten. Das wäre nichts anderes, als wenn sie in der Praxis Müller anrufen und diesen auffordern würde, sofort zu seinem Patienten zu fahren.

  • Ich fasse es ja nicht. Das ist ja fast schon als innovativ zu bezeichnen. Wir reden hier wirklich über Berlin? ;)

    ja das läuft seit diesem, Jahr so

    Aber keine Sorge, es gibt genug andere Dinge bei denen man den Kopf mit hoher Geschwindigkeit ein Wand zuführen möchte 8o

    Insgesamt muss man sagen, dass die Berliner es in Sachen ÄBD schon sehr gut haben im Vergleich zum anderen Bundesländern, vor allem den Flächenländern. Teilweise auch zu gut: für jeden Rückenschmerz kommt z.B. ein Arzt nach Hause ?(  (ein Hoch auf Smed)


    Edit: versehentlichen Bildanhang gelöscht

  • Den KVen bundesweit den ambulanten Versorgungsauftrag, sei aus auch nur außerhalb der gewohnten Öffnungszeiten, zu entziehen, ist aber nicht einfach so machbar, nur weil hier und da der ÄBD nachts nicht erreichbar ist. Welche Leistung erbringt er denn deiner Meinung nach nicht?

    Die in der KV organisierten Hausärzte können fast flächendeckend keine akuten Hausbesuche anbieten, falls sie überhaupt noch Hausbesuche anbieten. Wie auch? Mit der derzeitigen Versorgungsstruktur ist das auch so nicht abbildbar. Dementsprechend wird in sehr vielen Bereichen (mir fallen mehr als 20 Bereiche ein in der BRD) einfach standardmäßig auf den ÄBD verwiesen - auch wenn der ggf. erst in 10h wieder anfängt zu arbeiten.

    Dieser Zustand ist nicht zu tolerieren.

    Das dann noch hinzu kommt, dass es regelhaft immer wieder Situationen in verschiedenen Bereichen gibt in denen aus rein organisatorischer Indikation bzw. Vorliebe ohne medizinische Indikation an den RD verwiesen werden ist sozusagen die Sahnehaube auf dem Problem.


    Erstaunlicher Weise funktioniert der ÄBD dort wo die KV den Ärzten die Organisation auf Drängen des Innenministeriums quasi weg genommen hat und "RD mäßig" organisiert hat (sprich Bayern) deutlich besser. Dort gibt es Aussucherei, etc. aber auch nicht mehr in dem Ausmaß.


    Und ja, ich bin der Meinung, dass das im derzeitigen System nicht mehr so von den Praxen erbracht und verlangt werden kann.

    Absolut JEDER Hausarzt mit dem ich zu dem Thema gesprochen habe stimmt dem auch zu. Wie soll er es denn auch machen?


    Das ist doch mit dem ÄBD genau so der Fall. Man organisiert einen Dienst, um als Arzt nicht 24 Stunden das ganze Jahr erreichbar zu sein. Ob ein Arzt aber zu einem Patienten fährt oder den direkt über oder an die Leitstelle verweist, ist aber seine Sache. Und der ÄBD ist auch kein Rettungsmittel, sondern für akute, aber nicht zeitkritische Fälle zuständig.


    Ergänzung: Natürlich greift die Leitstelle auf die niedergelassenen Ärzte zu, wenn sie den ÄBD zu einem Einsatz verpflichten. Das wäre nichts anderes, als wenn sie in der Praxis Müller anrufen und diesen auffordern würde, sofort zu seinem Patienten zu fahren.

    Richtig. In der Theorie. Praktisch ist diese Versorgung tagsüber schlichtweg nicht gegeben.

    Nachts ist sie nur eingeschränkt vorhanden, insbesondere solange es keine einheitlichen Vorgaben gibt. Und ob der ÄBD nun ein RM ist oder nicht - das ist die Frage die man gesamtgesellschaftlich zur Diskussion stellen muss. Denn das derzeitige ineffiziente System belastet genau diese Mittel: Die Rettungsmittel.

    Und hier kann nicht die Lösung sein: A) Wollen wir nichts am bestehenden System ändern B) Wollen wir nicht wenn andere die Defizite übernehmen.

    Man kann den Kuchen nicht haben und essen.

  • Die in der KV organisierten Hausärzte können fast flächendeckend keine akuten Hausbesuche anbieten, falls sie überhaupt noch Hausbesuche anbieten. Wie auch? Mit der derzeitigen Versorgungsstruktur ist das auch so nicht abbildbar.

    Klar, für 20 Euro Besuchspauschale, die auch noch voll auf das Budget geht, würde ich das auch so gut es geht vermeiden. Dass es in Teilen zu Versorgungsengpässen kommt, ist allseits bekannt.

    Die Problematik von sich entleerenden Ortschaften und freien Kassensitzen ist ja auch der KV nicht unbemerkt geblieben, man versucht ja über diverse Programme diese zu beleben. Fakt ist, dass sich das auch so nicht lösen wird. Die Situation wird aber nicht besser, wenn man der KV diese Regionen wegnimmt. Der Gemeindenotfallsanitäter ist in diesem Zusammenhang lediglich ein Notnagel, indem man die ärztliche Tätigkeit auf jemanden überträgt, der die Arbeit nochmals günstiger macht, als sie ohnehin schon ist.


    Dieser Zustand ist nicht zu tolerieren.

    Das ist richtig, bringt aber auch mehr Ärzte hervor oder lockt die wenigen in abgelegenen Regionen, wo die nächste Kita, Schule oder sonstige soziale Einrichtung 50km entfernt ist und nur 2 mal am Tag ein Bus vorbeifährt.


    Das dann noch hinzu kommt, dass es regelhaft immer wieder Situationen in verschiedenen Bereichen gibt in denen aus rein organisatorischer Indikation bzw. Vorliebe ohne medizinische Indikation an den RD verwiesen werden ist sozusagen die Sahnehaube auf dem Problem.

    Das kann ich so pauschal nicht beurteilen. Dazu müsstest du Beispiele bringen.


    Richtig. In der Theorie. Praktisch ist diese Versorgung tagsüber schlichtweg nicht gegeben.

    Wenn ein Patient sofort versorgt werden muss, auch nur, weil der Patient das so sieht, ist er kein Fall für den Hausarzt, sondern für den Rettungsdienst.


    Nachts ist sie nur eingeschränkt vorhanden, insbesondere solange es keine einheitlichen Vorgaben gibt.

    Die Vorgaben sind eindeutig, die KVen haben eine 24-stündige Versorgung sicher zu stellen. Wird das nicht gewährleistet, dann ist das zu melden und muss abgestellt werden. Gleiches sehe ich aber sehr viel häufiger bei der Besetzung der RTW in meiner Region und zwar großflächig und das inzwischen seit Jahren. Ich wüsste jetzt nicht, wie hier der RD auch noch die ambulante Versorgung abdecken soll, wenn noch nicht einmal zuverlässig die Kernaufgabe erfüllt wird.


    Ich bin hier kein Verteidiger der KVen, ganz im Gegenteil, ich liege regelmäßig mit den Kollegen vor Ort im Clinch und habe mich nicht nur einmal mit dem zuständigen Koordinator des regionalen ÄBD gezofft. Dennoch wird ein Mangel nicht dadurch behoben, dass man die Zuständigkeiten ändert.

  • Klar, für 20 Euro Besuchspauschale, die auch noch voll auf das Budget geht, würde ich das auch so gut es geht vermeiden. Dass es in Teilen zu Versorgungsengpässen kommt, ist allseits bekannt.

    Richtig. Es ist auch unabhängig davon nicht zu leisten: Die Praxen sind voll und auch bei

    Der Gemeindenotfallsanitäter ist in diesem Zusammenhang lediglich ein Notnagel, indem man die ärztliche Tätigkeit auf jemanden überträgt, der die Arbeit nochmals günstiger macht, als sie ohnehin schon ist.

    Ob er ein Notnagel ist oder eine sinnvolle Versorgungsergänzung zum ÄND ist zu diskutieren. Fakt ist: Wir haben eine Versorgunslücke die wir schließen müssen, da die niedergelassenen Praxen sie nicht leisten können.

    Das ist richtig, bringt aber auch mehr Ärzte hervor oder lockt die wenigen in abgelegenen Regionen, wo die nächste Kita, Schule oder sonstige soziale Einrichtung 50km entfernt ist und nur 2 mal am Tag ein Bus vorbeifährt.

    Den Zusammenhang musst du mir erklären? Glaubst du ernsthaft, dass die Perspektive ÄBD im derzeitigen System zu fahren Ärzte in entlegene Regionen bringt?

    Das kann ich so pauschal nicht beurteilen. Dazu müsstest du Beispiele bringen.

    Ich sage es mal so: Ich kenne fast keine RTW Besatzung die nicht schon einmal auf den Meldekommentar "ÄBD kommt nicht" gefahren ist - bei klarer Indikation für den ÄBD. Fährt man dann hin und verweist fachlich richtig auf den ÄBD dürften die meisten RD-Mitarbeiter sich schon angehört haben "soll in 2 Tagen zum Hausarzt gehen" "kann ich nicht kommen, ist nicht mein Patient, soll warten bis der Kollege selber Notdienst fährt" "Ich bin noch in meiner eigenen Praxis, komme in frühstens 6h" oder "Sehe ich nicht ein zu kommen, fahrt ihn in die Klinik, das lohnt sich nicht für mich".

    Und natürlich der momentane Dauerbrenner: "Ich weigere mich Covid19 Patienten zu behandeln".

    Effektiv landen diese Patienten dann zu einem großen Teil in der Nothilfe.

    Wenn ein Patient sofort versorgt werden muss, auch nur, weil der Patient das so sieht, ist er kein Fall für den Hausarzt, sondern für den Rettungsdienst.

    Wir reden nicht von sofort. Aber wenn du an einem Dienstag-Morgen feststellst, dass du ein Krankheitsbild hast, dass es dir verunmöglicht zum Arzt zu gehen (bzw. du es aufgrund eines anderen Zustandes nicht kannst) dann sind die Chancen, dass du bis 18:00 Uhr + x warten darfst bis ein Arzt auf die Sache drauf schaut fast 100%. Da musst du schon einen sehr sehr motivierten Hausarzt haben der dann auch noch zufällig an dem Tag Hausbesuche durchführt.

    Fakt ist: Hier ist eine unzumutbar lange Versorgungslücke vorhanden.

    Nimm nun noch die "Versorgungslücken aus persönlicher Motivation" die ich oben beschrieben habe hinzu und wir haben ein massives Problem.

    Ein Problem, dass leider Menschenleben kostet, da hier oft genug Patienten klinisch notwendige Therapien zu spät erfahren (Stichwort Sepsis) und auf der anderen Seite Patienten die es nicht benötigen aufgrund der Versorgungslücke oft genug in Richtung RD und Klinik abwandern.


    Das dies die KVen wenig stört ist klar: Erstere Patienten werden ja trotzdem noch abgerechnet und es gibt keine statistische Erfassungsmöglichkeiten, zweitere laufen ja auf andere Budgets - Und gegen den Vorstoß hier die Notfallversorgung zu verändern hat man sich ja erfolgreich gewehrt.


    Die Vorgaben sind eindeutig, die KVen haben eine 24-stündige Versorgung sicher zu stellen. Wird das nicht gewährleistet, dann ist das zu melden und muss abgestellt werden.

    Den KVen geht das Thema, sorry, am Arsch vorbei. Ausnahme sind in meinen Augen nur die Bayern, aber da liegt es auch eher daran, dass das StMI genau das angedroht hat: ENTWEDER ihr kriegt euren Arsch hoch ODER wir übernehmen das für euch per Gesetz.

    Wobei man auch hier in den letzten 10 Jahren deutlich abgebaut hat, sei es bei den Notfallpraxen, sei es beim ehemals vorhandenen 24/7 verfügbaren ÄBD in den Ballungszentren.


    Fakt ist: Der Mangel ist bekannt, der Mangel besteht seitdem ich im RD meine ersten Schichten gefahren bin (2002) und die KVen haben gezeigt das sie kein Interesse an einer Problemlösung haben.

    Ergo müssen wir als Gesellschaft entscheiden, ob wir dem "Vertragspartner" dem wir den Versorgungsauftrag für diesen Teilbereich erteilt haben noch weiter vertrauen das Problem zu lösen.


    Es ist nicht die Ärzteschaft und noch weniger die KV die Gott-gegeben über die Versorgung der Bevölkerung entscheidet sondern die Gesellschaft an sich. Sie muss entscheiden was das erwartete Leistungsniveau ist und wie sie dieses bezahlen will.


    Wenn morgen der gesamtgesellschaftliche Konsens dahin geht, dass wir nur noch studierte Gemeindeschwestern/sanitäter einsetzen dann ist das so, dann muss man halt schauen was das kostet. Ändert sich der Konsens dahingehend, dass man nur noch Fachärzte für Allgemeinmedizin mit Notarztschein an jeder Laterne stehen haben will: Bitte, dann muss man für ausreichend Studienplätze, Anreize und Bezahlung sorgen. Wird nicht billig.


    Aber die Entscheidung über die Versorgung der Bevölkerung liegt bei der Gesellschaft. Punkt.

  • ch sage es mal so: Ich kenne fast keine RTW Besatzung die nicht schon einmal auf den Meldekommentar "ÄBD kommt nicht" gefahren ist - bei klarer Indikation für den ÄBD. Fährt man dann hin und verweist fachlich richtig auf den ÄBD dürften die meisten RD-Mitarbeiter sich schon angehört haben "soll in 2 Tagen zum Hausarzt gehen" "kann ich nicht kommen, ist nicht mein Patient, soll warten bis der Kollege selber Notdienst fährt" "Ich bin noch in meiner eigenen Praxis, komme in frühstens 6h" oder "Sehe ich nicht ein zu kommen, fahrt ihn in die Klinik, das lohnt sich nicht für mich".

    So unrecht hat der krumel da nicht. Solche Dinge kommen hier, Großstadt, Speckgürtel und auf dem Land auch vor. Oft sogar (Samstag 00:48 Uhr: "Rückenschmerzen seit 3 Wochen, ÄND verweist an RD" oder ähnliches). Aber auch die Patienten selbst sind da nicht so viel besser, rufen wieder an, weil man keine Lust hat 3 oder 4 Stunden auf den ÄND zu warten.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • In der Schweiz hat man schon lange das gleiche Problem des Hausbesuchsdienstes, weswegen in einigen Gegenden private Firmen in diesen Markt eingestiegen sind.


    Eigentlich hat man die französischen SOS-Medecins übernommen.


    Hier mal ein paar Beispiele:


    https://www.med-home.ch/de/

    https://mobile-aerzte.ch/

  • Richtig. Es ist auch unabhängig davon nicht zu leisten: Die Praxen sind voll und auch bei

    Ob er ein Notnagel ist oder eine sinnvolle Versorgungsergänzung zum ÄND ist zu diskutieren. Fakt ist: Wir haben eine Versorgunslücke die wir schließen müssen, da die niedergelassenen Praxen sie nicht leisten können.

    Den Zusammenhang musst du mir erklären? Glaubst du ernsthaft, dass die Perspektive ÄBD im derzeitigen System zu fahren Ärzte in entlegene Regionen bringt?

    Es geht hier nicht primär um den ÄBD. Die Versorgungslücke, auch in den Praxen, entsteht daher, dass es einmal weniger Hausärzte gibt und diese aufgrund des demografischen Wandels mehr Patienten versorgen müssen. Das Problem ist auf dem Land nochmal deutlich größer als in einem Ballungsraum. Wenn man die Patienten, und dabei handelt es sich meistens um ältere, fragen würde, wer soll eher zu Ihnen kommen, "Ihr" Hausarzt oder ein angelernter Notfallsanitäter, der möglicherweise auch noch täglich wechselt, bin ich sicher, dass sich die größere Anzahl für den Hausarzt entscheiden würde.


    Eine attraktive Region zieht auch jüngere ärztliche Kollegen an, die sich dann am ÄBD beteiligen oder sogar unabhängig davon selbst nachts zum Patienten fahren. Wenn man aber als junge Familie nichts für die eigenen Bedürfnisse vorfindet, dann werden die anstrengenden Arbeitsbedingungen gar nicht in Kauf genommen.


    Ich sage es mal so: Ich kenne fast keine RTW Besatzung die nicht schon einmal auf den Meldekommentar "ÄBD kommt nicht" gefahren ist - bei klarer Indikation für den ÄBD. Fährt man dann hin und verweist fachlich richtig auf den ÄBD dürften die meisten RD-Mitarbeiter sich schon angehört haben "soll in 2 Tagen zum Hausarzt gehen" "kann ich nicht kommen, ist nicht mein Patient, soll warten bis der Kollege selber Notdienst fährt" "Ich bin noch in meiner eigenen Praxis, komme in frühstens 6h" oder "Sehe ich nicht ein zu kommen, fahrt ihn in die Klinik, das lohnt sich nicht für mich".

    Und natürlich der momentane Dauerbrenner: "Ich weigere mich Covid19 Patienten zu behandeln".

    Ok, die Klassiker, kenne ich selbst. Allerdings muss man zu diesen Fällen sagen, dass die wenigsten Patienten auch etwas für den Bereitschaftsarzt sind, weil sie tatsächlich bis um 8 Uhr auf den Hausarztbesuch warten oder einfach sich selbst auf den Weg in die Praxis machen könnten.

    Alles andere sind nicht zu akzeptierende Zustände, die, wie ich erwähnt habe, gemeldet und abgestellt gehören. Das ist aber nicht unbedingt ein Problem des ÄBD an sich, sondern der jeweiligen diensthabenden Ärzte.


    Wir reden nicht von sofort. Aber wenn du an einem Dienstag-Morgen feststellst, dass du ein Krankheitsbild hast, dass es dir verunmöglicht zum Arzt zu gehen (bzw. du es aufgrund eines anderen Zustandes nicht kannst) dann sind die Chancen, dass du bis 18:00 Uhr + x warten darfst bis ein Arzt auf die Sache drauf schaut fast 100%. Da musst du schon einen sehr sehr motivierten Hausarzt haben der dann auch noch zufällig an dem Tag Hausbesuche durchführt.

    Fakt ist: Hier ist eine unzumutbar lange Versorgungslücke vorhanden.

    Nimm nun noch die "Versorgungslücken aus persönlicher Motivation" die ich oben beschrieben habe hinzu und wir haben ein massives Problem.

    Ein Problem, dass leider Menschenleben kostet, da hier oft genug Patienten klinisch notwendige Therapien zu spät erfahren (Stichwort Sepsis) und auf der anderen Seite Patienten die es nicht benötigen aufgrund der Versorgungslücke oft genug in Richtung RD und Klinik abwandern.

    Wen ich ohne Termin zum Arzt muss, ist das auch meiner Ärztin durchaus erst am Abend möglich. Wer direkt behandelt werden muss und nicht ein paar Stunden warten kann, ist einfach kein Patient für den Hausarzt, sondern gehört in ein Krankenhaus und dort versorgt. Das ist keine Versorgungslücke, sondern normale Triage, in welcher oder durch welche Einrichtung ein Patient behandelt gehört.

    Eine so schwere Erkrankung wie eine Sepsis ist ohnehin nicht hausärztlich zu betreuen. Dass diese in einem frühem Stadium am Telefon nicht erkannt wird, kann sowohl der Arztpraxis wie einer Rettungsleitstelle passieren. Wer das hinterher anprangert, macht es sich zu leicht. Auch bei anderen, sich später als Notfälle herausstellenden Erkrankungen, ist dies natürlich immer möglich.


    Den KVen geht das Thema, sorry, am Arsch vorbei. Ausnahme sind in meinen Augen nur die Bayern, aber da liegt es auch eher daran, dass das StMI genau das angedroht hat: ENTWEDER ihr kriegt euren Arsch hoch ODER wir übernehmen das für euch per Gesetz.

    Wobei man auch hier in den letzten 10 Jahren deutlich abgebaut hat, sei es bei den Notfallpraxen, sei es beim ehemals vorhandenen 24/7 verfügbaren ÄBD in den Ballungszentren.

    Ob man allen KVen ein mangelndes Interesse an ihren Patienten vorwerfen kann, halte ich in der Pauschalität für zumindest fraglich.

    Wie ich mehrmals erwähnte, sind mangelhafte Zustände entsprechend anzuzeigen und einzufordern. Dass man den Versorgungsauftrag entzogen bekommt, ist nur folgerichtig.

    Und auch nochmals: Das selbe müsste ich aber hier beim hiesigen Rettungsdienst machen, so oft hier die RTW ausfallen und damit unnötige Einsatzzeiten entstehen.


    Es ist nicht die Ärzteschaft und noch weniger die KV die Gott-gegeben über die Versorgung der Bevölkerung entscheidet sondern die Gesellschaft an sich. Sie muss entscheiden was das erwartete Leistungsniveau ist und wie sie dieses bezahlen will.


    Wenn morgen der gesamtgesellschaftliche Konsens dahin geht, dass wir nur noch studierte Gemeindeschwestern/sanitäter einsetzen dann ist das so, dann muss man halt schauen was das kostet. Ändert sich der Konsens dahingehend, dass man nur noch Fachärzte für Allgemeinmedizin mit Notarztschein an jeder Laterne stehen haben will: Bitte, dann muss man für ausreichend Studienplätze, Anreize und Bezahlung sorgen. Wird nicht billig.


    Aber die Entscheidung über die Versorgung der Bevölkerung liegt bei der Gesellschaft. Punkt.

    Absolut richtig, im Moment ist der Konsens aber wohl bei der bisherigen Versorgungsstruktur, zumindest kenne ich keine gesetzlichen Bestrebungen, dies fundamental zu ändern, auch wenn immer wieder einzelne Vorschläge aufkamen oder -kommen.

    Und mein Eindruck ist, dass aktuell die Mehrheit tatsächlich lieber ihren persönlich bekannten Arzt hat, als in polyklinikartige Strukturen mit wechselnder Betreuung zu gehen oder von einer diensthabenden Gemeindeschwester betreut zu werden.

  • vergiss (fast) alles, was du über Berlin vor 10 Jahren gehört hast.

    Berlin gibt gerade richtig Gas

    Ich habe einen ganz einfachen Geschmack - ich bin stets mit dem Besten zufrieden.
    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller, 1854 - 1900


    Ich prüfe jedes Angebot. Es könnte das Angebot meines Lebens sein.
    Henry Ford 1863 - 1947

  • Moin,


    ich muss hier mal eine Lanze für die niedergelassenen Kollegen brechen. Im Rahmen meines Studiums habe ich drei Praxen als Blockpraktikant und Famulus besucht, im vorstädtischen und im tiefländlichen Bereich und auf einer Halbinsel. Überall wurde ein erheblicher Teil der Arbeitszeit mit Hausbesuchen zugebracht. Und dies sowohl im Bereich von geplanten, dringenden und Notfallhausbesuchen. Tatsächlich genauso, wie es das Regelwerk vorgibt. Und ja, wenn es sinnvoll erschien wurde auch noch parallel zum Rettungsdienst angefahren, allerdings ist der Zeitvorteil des Rettungsdienstes da in aller Regel erheblich. Vorzuwerfen, dass Praxen das nicht tun, entspricht nicht meinem erleben.


    Und wenn man ehrlich ist, ist es auch schwer als Rettungsdienst dies wirklich zu beurteilen. Schließlich sind die meisten, die hier schreiben, nicht unbedingt die Personengruppe, die allzu häufig in die Notwendigkeit eines Hausbesuchs kommen dürfte. Und den Aussagen der Patienten gegenüber wäre ich diesbezüglich etwas vorsichtig. Meiner Erfahrung nach wird da von Zeit zu Zeit dazu geneigt, sich selbst etwas günstiger bzw. als vom System vergessen darzustellen (v.a. im rettungsdienstlichen Einsatz, der nicht ganz so nötig war).


    Hier liegt auch ein wesentlicher Unterschied: der Arzt darf selbst entscheiden, ob und welche Art von Hilfe erforderlich ist. Natürlich haftet er im Umkehrschluss auch dafür. Aber im Gegensatz zum Rettungsdienst, kann der Patient bedeutend schwerer aus subjektiv empfunden Notfall darauf bestehen. Umgekehrt ist ein Verweis an den Rettungsdienst, insbesondere wenn er so spezifisch auf RTW und Notarzt lautet, eine ärztliche Verordnung.


    Hausbesuche sind allerdings kein vollwertiger Ersatz für eine Behandlung in der Praxis und schon gar kein Ersatz für die Klinik. Schließlich sind weitere Diagnostik und Interventionen doch sehr eingeschränkt. Und ganz sicher ist es keine Bequemlichkeitsleistung, wenn der Patient grundsätzlich in eine Praxis kommen kann (objektiv). Hier wird seitens des Rettungsdienstes sehr viel an den ÄBD verwiesen, und damit eine Anspruchshaltung geweckt, was gar keine Indikation dafür hat und eben sehr wohl am nächsten Werktag in die Praxis kann, oder in die Notfallpraxis oder eben die sechs Stunden warten.


    Man könnte, mit ein klein wenig Fantasie, die Crux dieser Auseinandersetzung aber an ganz anderer Stelle sehen. Hat ein Arzt verordnet, dass ein Notarzteinsatz erforderlich ist, kann dies rechtlich tatsächlich keine automatisierte Notrufabfrage und kein Disponent einfach so ignorieren. Dies bedarf auch nicht der Schriftform und keines ausgefüllten Transportscheines. So ärgerlich dies auch ist, aber auch hier, der Arzt verantwortet diese Entscheidung. Ob ein "rufen Sie selbst an" so geeignet ist, ist allerdings ziemlich diskutabel. Dass der Bereitschaftsarzt über einen erneuten Anruf sehr verärgert war, nachdem er eine bindende Verordnung getroffen hat und ggf. beim Aufeinandertreffen entsprechender Persönlichkeiten in einem Strafrechtsverfahren gipfelte, halte ich persönlich für durchaus plausibel. Ich könnte mir gut vorstellen, dass eben hieraus der Konflikt entstanden ist und überhaupt nicht stattgefunden hätte, wenn die Patientin ohne vorherigen ÄBD Kontakt den Notruf gewählt hat.


    So oder so, ambulante Strukturen werden den hier als "problematisch empfundenen Einsätzen" nicht Herr werden können. Denn letztlich wird auch der geschilderte Fall mindestens eine akute laborchemische Diagnostik und evtl. ein Röntgen-Thorax benötigt haben - und muss damit leider in die Notaufnahme. Daher könnte man genauso gut postulieren, dass der Rettungsdienst versucht seine BLS-Aufgabe auf die ÄBD abzuwälzen, da er eben dafür viel zu schwach aufgestellt ist. Und nein, ich glaube nicht, dass dies in großem Umfang wirklich wahr wäre - umgekehrt aber auch nicht. Ich glaube eher, dass dies ein gesamtgesellschaftliches Phänomen der Anspruchshaltung gibt, und für die gibt es eben derzeit keine Zuständigkeit und kein Konzept. Hier müsste man Regeln treffen, die aber am Ende auch schwerwiegende ethische Entscheidungen mit sich bringen, zum Beispiel wieviel Überversorgung wir gegen welche Fehlerquote stellen wollen. Und wo, mit welcher Haftbarkeit, welchem Patienten mal nein gesagt werden darf. Gerade in Kliniken hört das übrigens nicht unbedingt beim Arzt in der Notaufnahme auf. Es gibt Häuser, in denen nur Oberärzte nach Hause schicken dürfen. Und Patienten dann manchmal auf die Warten, in dem Gefühl, dass es nötig war, schließlich waren sie eine Nacht in der Klinik.


    Gute Nacht!

    Johannes

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!