Kassel: Wehrloser Syrer in Flüchtlingsunterkunft von Sanitäter geschlagen

  • Nach dem Ärger in der Unterkunft wäre der Typ mit sehr sehr großer Wahrscheinlichkeit gar nicht auf meine Trage gekommen.

    Wer mit einem Feuerlöscher und einer Alu-Leiter herum hantiert gehört in der Regel in die Hände der Polizei und nicht zu mir zum Rettungsdienst.

  • @allgemein: Welcher Arbeitgeber bietet noch Maßnahmen zur Stressreduzierung an? Welche Maßnahmen sind das konkret? Arbeitszeit?

    Hier...


    Im Krankentransport draußen oder in der Krankentransport Dispo ist es eher ruhiger und geplanter. :-) Oder ach mal Tagesdienst für Projekte ohne Zeitdruck.

  • Hier...


    Im Krankentransport draußen oder in der Krankentransport Dispo ist es eher ruhiger und geplanter. :-) Oder ach mal Tagesdienst für Projekte ohne Zeitdruck.

    HIER würde genau das zu noch mehr Aggressionen führen, bei der Auslastung. :/

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Die Polizei gibt dabei zusätzlich ein äußerst schwaches Bild ab und zeigt, dass dringend eine unabhängige Stelle bei Anzeigen gegen Ordnungsorgane geschaffen werden muss.

    Ist das so? Offensichtlich ist der Vorfall ja polizeilich dokumentiert worden. Wozu braucht man dann eine "unabhängige Stelle", wer auch immer das sein soll (und wer auch immer dann bei Anzeigen gegen die "unabhängige Stelle" zuständig ist, quis custodiet ipsos custodes)?

  • Offensichtlich ist der Vorfall ja polizeilich dokumentiert worden. Wozu braucht man dann eine "unabhängige Stelle", wer auch immer das sein soll

    Die alte Frage „wer überwacht die Wächter?“

    Darum kennen viele Länder mehrere polizeiliche Institutionen. Ein Kollege von mir hat die lokale Polizei (in Italien) bei der Staatspolizei und den Carabinieri angezeigt, mit Erfolg.

  • Aber Polizisten sagen doch immer die Wahrheit. Immer und grundsätzlich.

    Und wenn gegen den Polizisten aus Dortmund ermittelt werden muss, dann übernehmen das ja die Kollegen aus Bochum, die sind unabhängig.

    Die Zahlen zu angeklagten und verurteilten Polizisten sind eindrucksvoll. Eindrucksvoll niedrig.

  • Ein sehr geschätzter Ausbilder, der mich vor vielen Jahren in meinem Anerkennungsjahr zum RettAss begleitet hat, sagte einmal, dass es in jedem Gehirn einen roten Knopf gibt. Und wenn ich den erwische, dann nehmen die Dinge unaufhaltsam ihren Lauf. Die Hirnforschung stimmt damit überein. Wir verfügen als Menschen des 21. Jahrhunderts noch immer über die evolutiven Überbleibsel Amygdala, limbisches System und Fight or flight-Reaktion. Wenn der Faustkeil in mir durchkommt, versagt die Zivilisation.

    Und rein vorsichtshalber sollten wir uns in der weiteren Diskussion darauf besinnen und hier weder verurteilend gegen Mitdiskutant:innen, noch unsachlich werden. Selbstverständlich ist das sehr emotional, wir haben hier aber alle ausreichend Abstand, vor dem Posten nochmal kurz inne zu halten ;)

  • Aber Polizisten sagen doch immer die Wahrheit. Immer und grundsätzlich.

    Und wenn gegen den Polizisten aus Dortmund ermittelt werden muss, dann übernehmen das ja die Kollegen aus Bochum, die sind unabhängig.

    Das erscheint mir ein kulturelles Problem zu sein, was offenbar Länder mit einer Polizei (Innenministerium) und einer Gendarmerie/Carabinieri (Verteidigungsministerium) so nicht kennen.

  • Ist das so? Offensichtlich ist der Vorfall ja polizeilich dokumentiert worden. Wozu braucht man dann eine "unabhängige Stelle", wer auch immer das sein soll (und wer auch immer dann bei Anzeigen gegen die "unabhängige Stelle" zuständig ist, quis custodiet ipsos custodes)?

    Offenbar ist der Vorfall damals nicht polizeilich dokumentiert worden - daher ermittelt die Staatsanwaltschaft Kassel nun wegen des Verdachtes der Körperverletzung (RS) und prüft, ob eine Strafvereitelung im Amt (Polizei) vorliegt. Zudem wird gegen den Syrer wegen tätlichem Angriff und Widerstand gegenüber Vollstreckungsbeamten, Beleidigung und wegen versuchter Körperverletzung ermittelt (Quelle NOZ.de)

  • Ist das so? Offensichtlich ist der Vorfall ja polizeilich dokumentiert worden. Wozu braucht man dann eine "unabhängige Stelle", wer auch immer das sein soll (und wer auch immer dann bei Anzeigen gegen die "unabhängige Stelle" zuständig ist, quis custodiet ipsos custodes)?

    Ich bin ein extremer Fan unserer Polizei in Deutschland. Jedoch gibt es wohl nachweislich ein erhebliches Problem von unerkannter und nicht sanktionierter unverhältnismäßiger Polizeigewalt, welches unter anderem dadurch begründet ist, dass Polizei (natürlich auch unter sich) und Staatsanwaltschaft zu eng und in einem zu abhängigen Verhältnis zusammen arbeiten, als dass eine objektive Strafverfolgung immer zuverlässig gewährleistet ist. Dafür habe ich keine objektiven Studien an der Hand, diese scheint es aber zu geben, wenn ich den (zumindest meiner Meinung nach gefühlt gut gemachten) Reportagen aus dem letzten Jahr Glauben schenken darf.


    In anderen Ländern gibt es solche Systeme bereits, die dort auch funktionieren. Ein Anfang könnte erst einmal eine Aufsicht über die Ermittlung sein oder eine Beschwerdestelle i.S. eines unabhängigen Bürgerbeauftragten.

  • Noch einmal zum prügelnden Sanitäter selbst:


    Gewalt ist natürlich erklärbar, und sei es nur durch die Persönlichkeit des jeweiligen Menschen, dessen Vergangenheit, Erlebnisse, Traumata usw. Weiter sollte alles dafür getan werden, dass solche Dinge nicht passieren.


    Das bedeutet gleichzeitig nicht, dass eine solche Person nicht ungeeignet ist, einen solchen Beruf auszuführen. Medizinische Berufe sind durch ihre Aufgabe legitimiert so stark in die Intimsphäre von anderen Menschen einzudringen, wie niemand anderes, noch nicht einmal den nächsten Angehörigen oder Lebenspartnern. Deswegen sind hier besondere Anforderungen an das Personal zu legen. Wer das nicht kann, muss sich eben einen Job suchen.


    Der Schaden oder Vertrauensverlust, der durch solche Tätlichkeiten entsteht, betrifft in der Folge nicht nur den Täter selbst, sondern wird häufig auf den gesamten Rettungsdienst projiziert.

  • .

    Die Zahlen zu angeklagten und verurteilten Polizisten sind eindrucksvoll. Eindrucksvoll niedrig.

    damit beweist du nur, dass alles gut ist.

    Das hätte ich dir aber gleich sagen können, denn was verboten ist, kann nicht sein.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Nicht zu entschuldigen, da bin ich absolut bei Dir, aber es gibt Erklärungen, wir sind ja nicht bei den Unerklärlichen Phänomenen auf RTL2.


    Wollen wir solchen Fällen vorbeugen, was mmn. längst überfällig ist, dann muss man sich ein Urteil bilden, hier wird aber nur gefällt!
    Das darf nicht sein.

    Du widerspricht die doch selber (oder wir haben aneinander vorbeidiskutiert). Darum, dass es durch nichts zu entschuldigen ist, ging es mir.


    Die Vorgeschichte und die Umstände sollten natürlich herangezogen werden, um eventuellen weiteren Problemen vorzubeugen. Da hat auch niemand widersprochen. Oder anders gesagt, wenn der Patient einen STEMI hat, dann hat er einen STEMI und da ändert auch nichts daran, dass er vielleicht auch Raucher ist.

  • Du widerspricht die doch selber (oder wir haben aneinander vorbeidiskutiert). Darum, dass es durch nichts zu entschuldigen ist, ging es mir.


    Die Vorgeschichte und die Umstände sollten natürlich herangezogen werden, um eventuellen weiteren Problemen vorzubeugen. Da hat auch niemand widersprochen. Oder anders gesagt, wenn der Patient einen STEMI hat, dann hat er einen STEMI und da ändert auch nichts daran, dass er vielleicht auch Raucher ist.

    Vermutlich aneinander vorbei diskutiert schon, jedoch wurde auch mehrfach hier klar verneint das es mehr Fakten braucht um den Fall zu Be- und den Kollegen zu Verurteilen.

    Ich hoffe niemand derjenigen kommt jemals in die Situation Verurteilt zu werden von egal wem ohne Beachtung oder gar Interesse an den Fakten. Egal ob ein Fehlverhalten vorliegt.

    :rtw: "Rettungsdienst" sind die Typen, die zu einem kommen, wenn man etwas getan hat, wofür man eigentlich zu dämlich ist. :rtw:

  • Zitat

    Vermutlich aneinander vorbei diskutiert schon, jedoch wurde auch mehrfach hier klar verneint das es mehr Fakten braucht um den Fall zu Be- und den Kollegen zu Verurteilen.

    Ich hoffe niemand derjenigen kommt jemals in die Situation Verurteilt zu werden von egal wem ohne Beachtung oder gar Interesse an den Fakten. Egal ob ein Fehlverhalten vorliegt.

    "Verurteilt" hat ihn hier niemand, dafür ist ein Richter - nach Würdigung der Tatumstände - zuständig.


    Die Tat ansich ist jedoch auf jeden Fall verurteilungswert und gehört (und gehörte damals schon durch die anwesenden Polizisten) angezeigt. Und bei der Anzeige der Tat sind Fakten wie "Arbeitssituation (PTSB, Überstundensituation, Mobbing, Coronalage), Lebenssituation (Scheidung, Todesfall, Krankheit, Schulden, Coronalage)" erst mal irrelevant sondern müssen an anderer Stelle mitbeurteilt und mitberücksichtigt werden.


    Ich hoffe aber auch, dass die Leute, die jetzt so laut rufen, dass all diese Faktoren bei der Berücksichtigung der Tat des RettSans gewichtet werden, dieses ebenso vehement für die Berücksichtigung der Tatmotive des Syrers (der vmtl. als Kriegsflüchtling auch Traumata zu verarbeiten hat) fordern.


    In diesem Einsatz hat das Team und die Polizei versagt, es ist offenbar ein Mantel des Schweigens darüber gebreitet worden und nun glücklicherweise durch einen Zeugen durch Auswertung der Überwachungsbänder zur Anzeige gebracht worden.

    Gerade in Hinblick auf diverse jüngere Ereignisse (Seehofers "Rassismus-Studie", rechte Chatgruppen, Polizeigewalt, Ablehnung von "Bodycams" durch Polizeigewerkschaften, Wegsehen, Kadergehorsam) hoffe ich, dass dieser Fall aufgearbeitet wird, aber auch andere Probleme, die eben zu solchen Eskalationen führen, mit behoben werden.

    Hierfür ist es natürlich nicht richtig, nur das letzte Glied in einer langen Kette zu bestrafen, sondern auch die Strukturen und die Arbeitsbedingungen zu ändern, um solche Ereignisse unwahrscheinlicher zu machen. Aber auch die Verurteilung der beteiligten Personen gehört dazu, um zu zeigen, dass so etwas eben nicht geduldet wird und nicht erwartet werden kann, dass Kollegen wegschauen.

  • Habt ihr euch eigentlich schon mal gefragt, ob die sonst etablierten Stresspräventionen in der aktuellen Situation überhaupt möglich sind?

    Der eine baut Wut ab, indem er in der Kneipe mit seinen Kumpels über die blöden Besoffenen herzieht, der andere schlägt im Fitnessstudio auf den Boxsack ein. Alles seit Monaten nicht möglich. Auch die sonst schon seltenen Gesprächsangebote gibt es nun gar nicht mehr. Wut und Stress stauen sich an.

    Keine Entschuldigung, aber vielleicht eine Erklärung...