Akademisierung des Notfallsanitäters?

  • Den Unterschied, den ich in der Notfallmedizin sehe, ist der, dass die Nische des Medizinischen schon durch die studierte Notärzte besetzt ist. Kardiotechniker gab es vorher nicht und bei den Paramedic-Systemen gibt es kein äquivalentes Notarzt-System, so dass es hier Freiräume gab und gibt, die besetzt werden konnten und können. Warum ein Studium zwingend ein anderes ablösen soll, erschließt sich mir nicht.

    Da kommen wir eben nicht auf einen Nenner. Ich finde nicht, dass die formalen Notarztkriterien zu einer Expertise in Notfallmedizin führen. Darum sehe ich da eben nach wie vor Freiräume. Aber noch mal: ich bin selbst nicht davon überzeugt, dass es eine Akademisierung der Ausbildung bedarf.



    Das gibt es schon in jeglicher Hinsicht: Im medizinischen Bereich das Medizinstudium, in der Aus-/ Fort-/ Weiterbildung in pädagogischen Studiengängen, für das "Rettungswesen" diverse Studiengänge vom "Rettungsingenieur" bis zum Katastrophenschutz o.Ä. und für den ökonomischen Bereich diverse Managementstudiengänge.

    Nochmal. Wenn ich als NotSan mich intensiver mit der Materie Notfallmedizin auseinandersetzen möchte, dann gibt es kein Studiengang dazu. Es gäbe die Option Medizin zu studieren, nach den 6 Jahren habe ich aber nicht Notfallmedizin gelernt, sondern Medizin im Allgemeinen. Und habe einen anderen Beruf erlernt. Das ist ja für viele auch attraktiv, und eine gute Option, leider aktuell die einzige in Deutschland.



    Das mag dein subjektiver Eindruck sein, den ich nicht nachvollziehen kann. Es gibt jährlich Veröffentlichungen sicher im dreistelligen Bereich alleine an deutschsprachigen Paper. Alle medizinischen Verlage und Journals veröffentlichen notfallmedizinische Beiträge in ihren jeweiligen Fachzeitschriften, jede Fachgesellschaft veröffentlicht notfallmedizinische Beiträge in ihren Publikationsorganen. Alle Fachgesellschaften, die an der Präklinik teilnehmen, haben eigene notfallmedizinische Fachgruppen und Sektionen, die sich explizit mit der notfallmedizinischen Forschung auf ihrem Gebiet beschäftigen.

    Genau, aber das meiste davon passiert mit einer Perspektive als Notarzt. Da aber Notärzte nur einen kleinen Teil de Rettungsdienstlichen Einsätze erleben, sind diese nicht ideal platziert um Bedarfe zu erkennen. Und auch wenn es diverse Sektionen gibt, der Output ist für die Arbeit auf der Straße überschaubar. Ich glaube, da ginge mehr. Aber ich habe ja verstanden, dass dein subjektiver Eindruck ein anderer ist.



    Ich hatte das schon einmal geschrieben, dass ich für besser hielte, wenn Spezialisten auf ihrem Gebiet forschen und nicht ein "Allrounder" der immer nur eine Teilkompetenz für das Forschungsgebiet haben kann.

    Na eben. Und ich finde es gibt sehr wenige (zu wenige) Spezialisten für die Notfallmedizin.



    Und es bleibt trotz allem Wiederwillen dabei, dass breit erforschte Anwendungen aus anderen (klinischen) Bereichen, nicht alle noch einmal unter präklinischen Gesichtspunkten erforscht werden müssen. Das schließt natürlich nicht aus, dass, wenn man Lücken oder gravierende Unterschiede erkennt, diese nicht näher zu beleuchten.

    Es hat auch nirgends jemand geschrieben, dass alles neu erforscht werden soll. Mir ist unklar, warum du gegen Argumente argumentierst, die keiner getroffen hat.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Also darf ganz ketzerisch gefragt werden, ob dort weniger Qualität und dafür mehr Selbstwertgefühl vermittelt wird?

    Ganz unabhängig davon, was und mit welcher Qualität an einer "neuen" Hochschule vermittelt wird.

    Man sollte sich durchaus gut überlegen was und wo studiert wird. Sicherlich nicht die höchste Priorität, aber eine Verbeamtung ist nicht mit jedem Studium möglich.

    Man(n/Frau) wäre nicht die erste Person, die ein langes Gesicht macht, weil es nicht mit der Verbeamtung im gehobenen Dienst klappt, weil nur die Ausbildung anerkannt wird und nicht das Studium.


    Ist in der Industrie im Management zwar etwas besser, aber auch kein Garant.

  • Wenn ich als NotSan mich intensiver mit der Materie Notfallmedizin auseinandersetzen möchte, dann gibt es kein Studiengang dazu. Es gäbe die Option Medizin zu studieren, nach den 6 Jahren habe ich aber nicht Notfallmedizin gelernt, sondern Medizin im Allgemeinen. Und habe einen anderen Beruf erlernt. Das ist ja für viele auch attraktiv, und eine gute Option, leider aktuell die einzige in Deutschland.

    Ich glaube, der Blickwinkel ist etwas zu eng. Notfallmedizin ist ja ein sehr kleiner Ausschnitt aus der Medizin, erst recht präklinische Notfallmedizin. Und dieser Ausschnitt lässt sich, wenn man sein Wissen vertiefen möchte, wohl nicht sinnvoll vom großen Ganzen der Medizin trennen - so meine ich zumindest die Mediziner zu verstehen. Das ist so, als würde ein Koch gerne sein Wissen vertiefen, aber nur über Bratkartoffeln, und da aber ohne über Landwirtschaft und Küchentechnik ausführlich zu sprechen. An irgendeinem Punkt kann man nicht mehr sinnvoll "schmal" vertiefen. Vielleicht fehlt mir da die Phantasie, aber ich wüsste auch nicht, wie ich mir das vorstellen sollte.


    Ich kann mir einen Bachelor of Rettungswesen vorstellen. Was dann aber m. E. deutlich breiter wäre als präklinische Notfallmedizin. Da gehören ja soziologische und psychologische Teile hinein, um nur zwei zu nennen. Ob das dann mehr wäre als die derzeitige Berufsausbildung, wäre eben die Frage. Das Kind nur anders zu nennen und dadurch zu "akademisieren", würde ja nichts bringen. Und, wie oben schon gesagt, "akademisiert" wird eine Ausbildung imho nicht dadurch, dass man ein paar Lerneinheiten "wissenschaftliches Arbeiten" dranflanscht und die Absolventen zwingt, eine Abschlussarbeit von zwei oder drei Dutzend Seiten zu schreiben. Davon kann man dann auch nicht plötzlich Leitlinien bewerten oder eigenständig evidenzbasiert arbeiten, wie das manchmal anklingt. Nicht besser als ohne einen solchen Bachelor und mit Eigeninteresse, behaupte ich mal. Es hindert einen ja niemand daran, sich für evidenzbasierte Medizin zu interessieren.


    Aber ich möchte nicht missverstanden werden. Mein Hauptpunkt ist: Wer als NotSan seinen fachlichen und persönlichen Hintergrund durch ein Studium erweitern und seine beruflichen Chancen dadurch verbessern möchte, dem fehlt m. E. kein Bachelor of Rettungswesen. Man kann Rettungsingenieurwesen studieren, Medizininformatik, Medizinsoziologie, Wirtschaftswissenschaften, pädagogische Studiengänge, Gesundheitswissenschaften, Psychologie oder oder oder. Das geht nach meiner Erinnerung mit abgeschlossener Berufsausbildung auch ohne Abitur; zum Glück ist unser Bildungssystem so durchlässig. Zum Teil geht das sogar im Fernstudium.


    Kein Studiengang ist übrigens dazu gedacht, einen Beruf zu erlernen. Das kommt danach.

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Genau, aber das meiste davon passiert mit einer Perspektive als Notarzt. Da aber Notärzte nur einen kleinen Teil de Rettungsdienstlichen Einsätze erleben, sind diese nicht ideal platziert um Bedarfe zu erkennen. Und auch wenn es diverse Sektionen gibt, der Output ist für die Arbeit auf der Straße überschaubar. Ich glaube, da ginge mehr.

    Aber jetzt mal noch ein anderer Punkt: Hast Du konkrete Ideen? Und schon was zur Veröffentlichung eingereicht? Es gibt ja mehr als eine Fachzeitschrift, die sehr dankbar für gute Beiträge ist!

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Je nachdem wie man das sieht.
    Ich habe beim SK Verlag (Rettungsdienst), Elsevier (Emergency), Springer (Notfall- & Rettungsmedizin) Artikel eingereicht, und trage gelegentlich auf dasFOAM einen Artikel bei. Ich habe habe bei NowToGo vorgetragen, und durfte auf dem DGINA Kongress letztes Jahr einen Vortrag halten. Ich bin neuerdings Co-Autor eines Kapitels eines Fachbuchs beim Springerverlag, und sitze theoretisch grade an einem eigenen Kapitel eines zu erscheinenden Buches. Ich habe vor das grundsätzlich fortzuführen, und bemühe mich schon um Representation des Berufsbildes, sowie um Beiträge die präklinischen Tätige weiterbringen. Ich studiere übrigens auch Berufsbegleitend (falls das noch jemanden überrascht). Auf der anderen Seite ist mein Beitrag natürlich winzig im vergleich zu dem was möglich wäre oder aus meiner Sicht nötig ist. Und bisher ist nichts von dem was ich getan habe Forschung.


    Konkrete Anliegen:

    Scoring Konzepte für präklinik validieren (ewiges, berechtigtes Argument gegen NEXUS Kriterien ist bspw., dass es in der Klinik validiert wurde).

    Beweisen, dass NotSan gewisse Maßnahmen oder Untersuchungen sicher können (oder eben nicht können). Dito Notarzt. (wenn wir bspw. feststellen, dass in der präklinik EKG Befundung schlecht erfolgt hätte man eine handhabe für EKG Übertragung oder EKG Training oder beides).

    Auswertungen, ob die SOPs den alltäglichen Anforderungen der Einsatzszenarien gerecht werden.

    Auswertungen der Lst. disposition.

    Auswertung ob Antibiose präklinisch relevanten unterschied macht (dazu benötigt man großen RD Bereich und langen Untersuchungszeitraum).


    Insgesamt gibt es zwar gefühlt eine Millionen Umfragen von irgendwelchen Bachelor-Abschlussarbeiten (nicht böse gemeint), aber wenig, was eine Datengrundlage sein könnte, um RD Leitungen, ÄLRD, oder Krankenkassen zu Konzeptveränderungen motivieren könnte.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ich kann mir einen Bachelor of Rettungswesen vorstellen. Was dann aber m. E. deutlich breiter wäre als präklinische Notfallmedizin. Da gehören ja soziologische und psychologische Teile hinein, um nur zwei zu nennen. [...]


    Aber ich möchte nicht missverstanden werden. Mein Hauptpunkt ist: Wer als NotSan seinen fachlichen und persönlichen Hintergrund durch ein Studium erweitern und seine beruflichen Chancen dadurch verbessern möchte, dem fehlt m. E. kein Bachelor of Rettungswesen. Man kann Rettungsingenieurwesen studieren, Medizininformatik, Medizinsoziologie, Wirtschaftswissenschaften, pädagogische Studiengänge, Gesundheitswissenschaften, Psychologie oder oder oder. [...]

    So was gibt es schon, nennt sich nur ein wenig anders. Die zwei genannten Bereiche sind ein Teil davon (das waren u. a. auch einige der Bereiche, die mir am meisten Spaß/Interesse bereitet haben). Kann also schon mit zu den Studiengängen nach unten einsortiert werden. Für den Bereich Pädagogik und Management im RD wird mMn genug angeboten. Die meisten meiner ehemaligen Kommilitonen sind auch bereits entsprechend beruflich aufgestiegen und konnten sich entsprechende Stellen sichern, z. B. im Management einer HiOrg/THW, kommunale Behörden und Feuerwehren (Sachbearbeiter, Wachabteilungsleiter, usw.) oder in Landes- oder Bundesbehörden (u.a. im BBK in Bonn). Von E9b bis E11 bzw. A10 bis A12 als Bachelor ist bisher alles dabei. Nur wenige, wo auch ich dazu gehöre, hatten bisher Pech (Nasenfaktorbeförderung bei verbeamteten Kollegen, bei mir persönlich eher das Bundesland ein Problem sowie die fehlende Flexibilität zum Umzug / örtliche Bindung). Das wird in anderen Studiengängen sicher nicht anders sein. Je nach Nachfrage eben.


    Inwiefern mehr für die nicht-ärztliche präklinische Notfallmedizin erforderlich ist, das diskutieren wir hier gerade ja. Ich bin da auch etwas zwiegespalten. Einerseits sehe ich auch die Vorteile der dualen Ausbildung, andererseits könnte ich mir auch "mehr" vorstellen, vor allem aus Sicht der Hoffnung, dass wir den aktuellen Stand, was Rettungsdienst z. Zt. bedeutet (Alltag, Arbeitsbedingungen) irgendwann einmal besser und sinnvoller wird. Fakt ist nun aber auch, dass die Idee der Akademisierung auch dem Umstand der Ausbildung im europäischen Ausland geschuldet ist, wo diese im Bereich der Pflege und der Geburtshilfe deutlich weiter fortgeschritten ist wie hier in Deutschland, weil Deutschland sich eben fast 2 Jahrzehnte mit Händen und Füssen dagegen gewehrt hatte (ich erzähle bereits davon). Im Bereich der Hebammenausbildung/Geburtshilfe ist die Umsetzung nun ein MUSS, kein kann mehr. Da ich nun auch schon einige Jahre die Fachjournale der Hebammen regelmäßig lese, habe ich bisher auch nicht den Eindruck, dass die Hebammen sich genau so zerfleischen wie wir Retter hier (teilweise mit subjektiven abwertenden Bemerkungen zu Studiengängen). Die Hebammen scheinen sich nahezu geschlossen auf diese Umsetzung zu freuen, die ja gerade begonnen hat. Sie sehen eine Chance zur Weiterentwicklung und eine Angleichung ihrer Ausbildung auf das europäische Niveau. Wir werden daher in naher Zukunft sehen, wie die Eingruppierung bzw. das Entgelt sich ändern wird (oder nicht). Denn dafür sind die Tarifparteien, also die Gewerkschaften, zuständig, um dieses bei den Tarifverhandlungen durchzusetzen. Vielleicht kann meine Frau, die als Hebamme in der Geburtshilfe tätig ist, irgendwann einmal mehr berichten, da sie aktuell die ersten Studentinnen der Hebammenwissenschaften (von einer richtigen Uni) z. Zt. im Praxiseinsatz bei sich hat.


    @all Vielleicht hilft ja auch noch einmal die Empfehlung des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 2012 (also zu Zeiten des RettAss), die eine entsprechende allgemeine Empfehlung zur Akademisierung von Fachpersonal im Gesundheitswesen abgegeben hat (neben dem EU-Beschluss ein Jahrzehnt zuvor, auf dem sich die Umsetzung der Hebammenausbildung aktuell bezieht).


    Der Wissenschaftsrat sagt zusätzlich auch, dass keine generelle Akademisierung erforderlich ist, sondern nur ein gewisser Teil des Personals akademisch ausgebildet/qualifiziert sein soll (sollte). Das passt auch gut zu vielen Aussagen hier, dass nicht jeder ein "Bachelor oder Master auf irgendwas" sein muss. Inwiefern dieses im Bereich des NotSan umsetzbar sein könnte, bleibt zu diskutieren. Zusätzlich gibt der §7 des NotSanG aktuell schon die Möglichkeit, Teile der Ausbildung an eine Hochschule verlegen zu können. Ein Fenster ist also bereits schon auf...

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

    Einmal editiert, zuletzt von Harris NRÜ () aus folgendem Grund: Format des Zitates verbessert.

  • Sorry, das mag auf deine Kollegen in der ILS zutreffen (und damit auch auf Dich). Die reguläre durchschnittliche Lebenserwartung eines BFlers liegt, unabhängig der Studie, unterhalb des aktuellen Renteneintrittsalters eines Angestellten.

    Meine ILS ist Teil einer Berufsfeuerwehr. Und viele versuchen auf die Wache zu flüchten, weil sie dort weniger Stress erfahren. So pauschal kann man dieses nicht sagen, da die Stressoren / Belastungen unterschiedlich sind. Aber ja, ich denke ich weiß worauf Du Dich beziehst. Ich meine vor einigen Jahren über Verdi etwas zu den Belastungen und vorzeigtigen ableben der Feuerwehrbeamten gelesen zu haben (Krebserkrankungen). Gern kannst Du mir Deine Quelle aber auch noch einmal zukommen lassen.


    Grundsätzlich glaube ich jedoch auch, dass man die Belastungen / Gefährdungen von Feuerwehrbeamten mit Rettungsdienst unterscheiden sollte zu Feuerwehrbeamten ohne Rettungsdienst. Die Belastungen und Gefährdungen im Feuerwehreinsatz haben sich in den vergangenen Jahrzehnten auch deutlich verändert und verbessert. Ich wäre gespannt darauf, ob die jungen BF-Generationen noch genau so "früh" versterben werden wie die älteren Generationen, die noch andere Zeiten erlebt haben. Im Regelfall muss man mit dem Stand heute jedoch sagen, dass die Faktoren Stress/Belastung im Rettungsdienst/Leitstelle und Löschzug ganz anders sind. Auf dem Löschzug schläft man i.d.R. durch. Das passiert einem auf dem RTW in der Großstadt nicht. In der Leitstelle sowie so schon nicht.


    Oder ganz anders: Das Renteneintrittsalter eines Angestellten ist mittlerweile so hoch, dass daher die Einsatzdienstbeamten zuvor versterben. ;) Okay, das war nur etwas Sarkasmus/Ironie.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Als Lehrkraft mit Berufsausbildung + Master EG13

    Ja, stimmt. Ich hab es einfach nur mal auf Bachelor vergleichen wollen.

    Es ist aber schon so, im Management Bereich kommt man per Gehalt aktuell nicht weit. Als Lehrkraft schon deutlich weiter.

  • Man sollte sich durchaus gut überlegen was und wo studiert wird. Sicherlich nicht die höchste Priorität, aber eine Verbeamtung ist nicht mit jedem Studium möglich.

    [...]

    Ist in der Industrie im Management zwar etwas besser, aber auch kein Garant.

    In der Industrie gibt es keine Beamten. 8o

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Da kommen wir eben nicht auf einen Nenner. Ich finde nicht, dass die formalen Notarztkriterien zu einer Expertise in Notfallmedizin führen. Darum sehe ich da eben nach wie vor Freiräume. Aber noch mal: ich bin selbst nicht davon überzeugt, dass es eine Akademisierung der Ausbildung bedarf.

    Dass die Notarzt-Qualifizierung nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist, und wie im Forum öfter angeklungen, reformbedürftig ist, bedeutet nicht, dass es aktuell eine zu besetzende Nische gibt.


    Nochmal. Wenn ich als NotSan mich intensiver mit der Materie Notfallmedizin auseinandersetzen möchte, dann gibt es kein Studiengang dazu. Es gäbe die Option Medizin zu studieren, nach den 6 Jahren habe ich aber nicht Notfallmedizin gelernt, sondern Medizin im Allgemeinen. Und habe einen anderen Beruf erlernt. Das ist ja für viele auch attraktiv, und eine gute Option, leider aktuell die einzige in Deutschland.

    Meine ernsthaft gemeinte Frage: Wieso soll es für Teilbereiche der Medizin einzelne Studiengänge geben, die nur auf diesen Teilbereich hinführen? Soll es ein "schmales Studium" zum Augenmediziner geben, nur weil Augenoptiker gerne mehr über Ophthalmologie lernen und weitere Maßnahmen ausführen wollen? Gleiches könnten MTRA bezüglich der Radiologie fordern usw.


    Genau, aber das meiste davon passiert mit einer Perspektive als Notarzt. Da aber Notärzte nur einen kleinen Teil de Rettungsdienstlichen Einsätze erleben, sind diese nicht ideal platziert um Bedarfe zu erkennen. Und auch wenn es diverse Sektionen gibt, der Output ist für die Arbeit auf der Straße überschaubar. Ich glaube, da ginge mehr. Aber ich habe ja verstanden, dass dein subjektiver Eindruck ein anderer ist.


    Das meiste passiert m.E. aus der Perspektive der Medizin. Ein Notarzt hat Patienten mit der selben Anatomie und Physiologie vor sich wie ein Notfallsanitäter. Die aktuell bestehenden unterschiedlichen Handlungsoptionen bedeuten nicht, dass beide Gruppen nicht die selben medizinischen Erkenntnisse umsetzen.

    Die Frage ist, ob es tatsächlich notwendig ist, den Output für die Straße so massiv hochzufahren, wie du das dir vorstellst. Ansonsten steht es natürlich jedem frei, auf festgestellte Lücken hinzuweisen und sich am Schließen dieser zu beteiligen.


    Ich hatte das schon einmal geschrieben, dass ich für besser hielte, wenn Spezialisten auf ihrem Gebiet forschen und nicht ein "Allrounder" der immer nur eine Teilkompetenz für das Forschungsgebiet haben kann.

    Na eben. Und ich finde es gibt sehr wenige (zu wenige) Spezialisten für die Notfallmedizin.

    Das hatte ich ja schon zum Facharzt für Notfallmedizin geschrieben: Als interdisziplinäres Fach kann es in diesem Bereich nicht DEN Spezialisten geben. Selbst der beste Notfallmediziner kann einfach nicht die gleiche Expertise in allen Fachbereichen aufbringen wie die jeweiligen Fachärzte auf ihrem Gebiet. Als Anästhesist weiß ich natürlich etwas zum AKS (und eitel wie ich bin, sage ich, auch nicht wenig), dennoch werde ich nicht den Expertenstatus haben können, wie ein Kardiologe, der sich ausschließlich mit dem Thema beschäftigt und das ausführlich von der Prävention, der akuten und subakuten Versorgung, über die stationäre Behandlung bis hin zur Reha. Ich kann mich natürlich ausführlich mit mehreren solcher Themen beschäftigen, aber auch hier wäre das Feld dann wieder begrenzt. Ich kann einfach nicht DER Notfallmediziner für alle notfallmedizinische Erkrankungen für Innere, Chirurgie, Pädiatrie, Gyn usw. sein.


    Es hat auch nirgends jemand geschrieben, dass alles neu erforscht werden soll. Mir ist unklar, warum du gegen Argumente argumentierst, die keiner getroffen hat.

    Doch, es ging darum, dass man klinische Erkenntnisse nicht einfach auf den Rettungsdienst übertragen dürfe oder könne. Natürlich gibt es noch nicht geklärte Fragen wie zum Beispiel die erwähnte Antibiotikagabe bei der Sepsis. Aber das sind einzelne, nicht geklärte Punkte, das begründet keinen Forschungsauftrag für den NFS.

  • Hervorragende Themen, die unterstrichenen hätte ich auch schon sehr lange (zumindest für mein Gebiet) gewusst.


    Insgesamt gibt es zwar gefühlt eine Millionen Umfragen von irgendwelchen Bachelor-Abschlussarbeiten (nicht böse gemeint), aber wenig, was eine Datengrundlage sein könnte, um RD Leitungen, ÄLRD, oder Krankenkassen zu Konzeptveränderungen motivieren könnte.

    Bedeutet, dass alles Gewünschte auch mit den bisherigen Studiengängen schon erforscht sein könnte?

  • Bedeutet, dass alles Gewünschte auch mit den bisherigen Studiengängen schon erforscht sein könnte?

    Mein Verständnis ist, dass die Bachelor Pädagogen oder Rescue Engineers eben nicht den Fokus auf sowas legen. Kann mich aber irren.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Hervorragende Themen, die unterstrichenen hätte ich auch schon sehr lange (zumindest für mein Gebiet) gewusst.

    Aus Datenlage oder gefühlt? Gefühlt weis ich die Antwort auch ;)

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Je nachdem wie man das sieht.
    Ich habe beim SK Verlag (Rettungsdienst), Elsevier (Emergency), Springer (Notfall- & Rettungsmedizin) Artikel eingereicht, und trage gelegentlich auf dasFOAM einen Artikel bei. Ich habe habe bei NowToGo vorgetragen, und durfte auf dem DGINA Kongress letztes Jahr einen Vortrag halten. Ich bin neuerdings Co-Autor eines Kapitels eines Fachbuchs beim Springerverlag, und sitze theoretisch grade an einem eigenen Kapitel eines zu erscheinenden Buches. Ich habe vor das grundsätzlich fortzuführen, und bemühe mich schon um Representation des Berufsbildes, sowie um Beiträge die präklinischen Tätige weiterbringen. Ich studiere übrigens auch Berufsbegleitend (falls das noch jemanden überrascht). Auf der anderen Seite ist mein Beitrag natürlich winzig im vergleich zu dem was möglich wäre oder aus meiner Sicht nötig ist. Und bisher ist nichts von dem was ich getan habe Forschung.

    Da wäre für mich die Frage, wie Du Forschung und Wissenschaft definierst. Wenn man ausschließlich dieses typische Bild naturwissenschaftlicher Forschung vor Augen hat, wo jemand im Labor steht, hat man imho ein zu enges Wissenschaftsverständnis. Ich setze mal sehr allgemein an: Wissenschaft ist die methodisch geordnete Suche nach Erkenntnis auf Grundlage vorhandenen Wissens. Ich weiß natürlich nicht, was Du bislang so veröffentlicht bzw. vorgetragen hast. Aber falls Du Deine Themen für belanglos hieltest, gingen mir zwei Tipps spontan durch den Kopf (die ich Dir jetzt einfach mal aufdränge):


    Erstens, stattdessen interessante Themen zu bearbeiten. Klingt blöd, so ist es aber. Ich lehne mittlerweile dankend jedes Angebot ab, bei dem mich Veranstalter (in bester Absicht) für "deskriptive" Vorträge buchen möchten. Macht mir keinen Spaß und bringt meist das Universum nicht weiter. Ein Kniff, der mir oft hilft, die spannenden Punkte an einem Thema zu finden, ist, den Titel als Frage zu formulieren. Bzw. mir selbst Fragen vorzulegen, um sie zu beantworten. Manchmal kommt dabei etwas Interessantes heraus.


    Zweitens, sich selbst einmal auf das Hochstaplersyndrom zu befragen. Da kann natürlich Unterschiedliches herauskommen. Aber gemacht haben sollte man das.


    Und was den winzigen Beitrag angeht: Wir sind alle Zwerge auf den Schultern von Riesen.

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Zu den Umfragen denke ich mir auch meinen Teil.


    Aber woran scheitert denn die Erforschung der genannten Themen? Wenn Bedarf besteht und Kapazitäten da sind, könnte man ja sofort anfangen. Abzuwarten, bis vielleicht irgendwann mal ein NotSan seinen NotSan-Master abgeschlossen hat und in NotSankunde promovieren will, scheint mir nicht der ideale Weg zu sein...

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Aber woran scheitert denn die Erforschung der genannten Themen? Wenn Bedarf besteht und Kapazitäten da sind, könnte man ja sofort anfangen. Abzuwarten, bis vielleicht irgendwann mal ein NotSan seinen NotSan-Master abgeschlossen hat und in NotSankunde promovieren will, scheint mir nicht der ideale Weg zu sein...

    Ich könnte mir als Grund vorstellen, dass die Studienschwerpunkte der studierenden Notfallsanitäter (oder auch der Pflege, usw.) eher im Bereich des Managements und der Pädagogik zu finden sind, da bisher die Schwerpunkte der angebotenen Studiengänge hier zu finden sind. Ich vermute daher, dass die Themen der Abschlussarbeiten (und damit auch konkrete Umfragen, usw.) daher eher in diese Richtung gehen. Zusätzlich wird es schwer sein Studien für eine präklinische Antibiosegabe (Beispiel) umzusetzen, da die Zeit für die Bearbeitung (gerade beim Bachelor) zu begrenzt ist und eher im Bereich einer Dissertation / Promotion angesiedelt werden sollte, was den Umfang eines solchen Vorhabens betrifft. Denn dafür braucht man längere Zeiträume und eine Menge Personen mit im Boot (ÄLRD, SOP-Änderungen, die lokalen Krankenhäuser, usw.), um das umzusetzen. Sicher keine gute Wahl für eine Bachelor-Abschlussarbeit.


    Warum sage ich das? Ich habe bei meiner Abschlussarbeit den Zusammenhang von Einsatzzahlensteigerungen und dem demografischen Wandel innerhalb eines bestimmten Rettungsdienstbereiches untersucht. Dazu habe ich 280.000 Patientendaten aus vielen Jahren ausgewertet um etwas auf Papier bringen zu können. Gerade den Datenschutz habe ich unterschätzt und ich habe deutlich mehr Zeit gebraucht um an diese Daten zu kommen und rechtliche Dinge abschließend regeln zu können. Ich habe Gott sei Dank einen sehr guten Professor gehabt, der sich sehr für mein Ziel eingesetzt hat. Nicht selbstverständlich. Selbst so ein kleines "Ziel" kann unglaublich viel Arbeit machen. Daher sollte die Wahl eines Themas/einer Forschungsfrage gut überlegt sein und der Umgang einer Untersuchung zum Abschluss passen, denke ich. Manche Dinge sollte man gar nicht erst alleine untersuchen, sondern dieses in einem Team machen.


    Bestimmte (Mode-) Themen sind mir in den letzten Jahren aber auch vermehrt aufgefallen und "nerven" mittlerweile etwas.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Zusätzlich wird es schwer sein Studien für eine präklinische Antibiosegabe (Beispiel) umzusetzen, da die Zeit für die Bearbeitung (gerade beim Bachelor) zu begrenzt ist und eher im Bereich einer Dissertation / Promotion angesiedelt werden sollte, was den Umfang eines solchen Vorhabens betrifft. Denn dafür braucht man längere Zeiträume und eine Menge Personen mit im Boot (ÄLRD, SOP-Änderungen, die lokalen Krankenhäuser, usw.), um das umzusetzen. Sicher keine gute Wahl für eine Bachelor-Abschlussarbeit.

    Ich hatte auch nicht an Bachelorarbeiten gedacht. Die sind für ernsthafte Forschung ohnehin mindestens (!) eine Stufe zu niedrig, und natürlich ist das vom Umfang zu viel.


    Aber es hindert doch niemand die bestehenden Institute oder auch die interessierten Retter daran, sich diesen Fragen zuzuwenden. Man muss ja nicht gerade eine Abschlussarbeit schreiben, um etwas zu forschen.

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • ... und so ganz nebenbei können Abschlussarbeiten (auch auf Bachelor-Niveau) ja durchaus Bestandteil eines Forschungsvorhabens sein, gibt ja durchaus Teilaspekte von größeren Themen, die man abgesetzt bearbeiten könnte.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Da wäre für mich die Frage, wie Du Forschung und Wissenschaft definierst. Wenn man ausschließlich dieses typische Bild naturwissenschaftlicher Forschung vor Augen hat, wo jemand im Labor steht, hat man imho ein zu enges Wissenschaftsverständnis. Ich setze mal sehr allgemein an: Wissenschaft ist die methodisch geordnete Suche nach Erkenntnis auf Grundlage vorhandenen Wissens.

    Ich würde allerdings Forschung als Subdisziplin der Wissenschaft sehen, die auch noch Lehre, Dokumentation, Veröffentlichung etc. beinhaltet. Industrielle Forschung ist beispielsweise eine etablierte Disziplin, die aber nicht deckungsgleich mit der Wissenschaft ist.
    Ich wüsste nicht, dass es für "Forschungs vs. Wissenschaft" eine einheitliche Definition gibt, aber vielleicht kommt das etwa dort heran.


    Meiner Meinung nach ist die Publikationsliste von M1k3 aus dem Beitrag oben daher also definitiv Forschung und auf jeden Fall auch zu einem großen Teil Wissenschaft.


    Zweitens, sich selbst einmal auf das Hochstaplersyndrom zu befragen. Da kann natürlich Unterschiedliches herauskommen. Aber gemacht haben sollte man das.

    Klassisches Problem vieler Forscher (bzw. Wissenschaftler) im Laufe ihrer Karriere. Besonders verbreitet bei Doktoranden. M1k3, du würdest bestimmt einen guten Doktoranden abgeben nach deinem Studium (nicht nur wegen des eventuellen Hochstaplersyndroms :P, auch inhaltlich).

    Und was den winzigen Beitrag angeht: Wir sind alle Zwerge auf den Schultern von Riesen.

    Dazu gibt es noch einen Klassiker: The illustrated guide to a Ph.D. -> auch für Nicht-PhD-Forscher interessant.