FAZ: RETTUNGSDIENSTE IN DER KRITIK : Hier versagt nicht nur die Kommunikation

  • Zitat

    Beim präklinischen Rettungsdienst liegt vieles im Argen. Es mangelt häufig an Professionalität. Es besteht dringender Reformbedarf – ein Weckruf.

    Der Notfall-Rettungsdienst wird jedes Jahr zu mehr als elf Millionen Einsätzen gerufen. Angesichts der schieren Zahl sollte man auf ein hohes Maß an Professionalität der Helfer vertrauen können. Doch die weist Mängel auf, was nicht selten Patienten gefährdet. Im Medizin­betrieb wird Fehlermanagement noch immer vernachlässigt. Rettungsdienstpersonal sieht sich mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Die örtlichen Gegebenheiten sind meist unübersichtlich, schwierige Wetterbedingungen, widersprüchliche Angaben von Augenzeugen und die Notwendigkeit, unter Zeitdruck handeln zu müssen, machen den Rettungsdienst zu einem Hochrisikoarbeitsplatz. Nicht wenig, wenn nicht alles, etwa das Leben der Patienten, hängt von einer effektiven Kommunikation ab. In dieser Hinsicht gleicht der Rettungsdienst anderen Hochrisikoarbeitsplätzen wie in der Luftfahrt oder der chemischen Industrie. Aus beiden Bereichen ist seit Langem bekannt, dass Kommunikationsfehler dramatische Folgen haben können. Oft sind es nur kleine Missverständnisse, die sich zu groben Fehlern addieren. Experten sprechen von Schweizer-Käse-Modell, kleine Irrtümer — schwerwiegende Folgen.

    Es gibt kaum Untersuchungen zur Häufigkeit von Fehlern im Rettungsdienst, schon gar nicht zur Qualität der Kommunikation innerhalb der Teams. Das ist verständlich angesichts der Vielfalt der Herausforderungen. Eine Studie zum Thema, die unter Leitung des Autors durchgeführt wurde, und jetzt im Journal Plos One publiziert wurde, förderte Ergebnisse zutage, die als beunruhigend zu bezeichnen weit untertrieben wäre. Die Resultate der Untersuchung sollten ein Weckruf sein, gerichtet an jene, die für die Organisation des Rettungsdienstes verantwortlich sind. […]

    Quelle: https://www.faz.net/aktuell/wi…mmunikation-17445401.html?

    Anm.: Vollständiger Artikel hinter einer Paywall

  • Interessant finde ich die Aussage eines Bekannten, der Kampfjetpilot gewesen ist. Er meinte, dass man in diesem Bereich auf Kommunikation und strikten Regeln beharrt, läge daran, dass es hier „stets um das eigene Leben“ gehen würde. Anders ist es in der Medizin.

  • Interessant finde ich die Aussage eines Bekannten, der Kampfjetpilot gewesen ist. Er meinte, dass man in diesem Bereich auf Kommunikation und strikten Regeln beharrt, läge daran, dass es hier „stets um das eigene Leben“ gehen würde. Anders ist es in der Medizin.

    Deswegen stört mich dieser ewige Vergleich der Tätigen in der Medizin mit den Piloten. Ein Vergleich mit Fluglotsen wäre vielleicht etwas passender.


    Ich sehe als eines der Hauptprobleme, warum sich ein Wandel nur sehr zäh gestaltet darin, dass das "Schadensereignis" in der Medizin nur sehr unscheinbar, mehr oder weniger hinter verschlossenen Türen und fast immer als "Einzelfall" abläuft. Die Gesamtsumme der Geschädigten mag die der in der Flugbranche um ein Vielfaches übersteigen, ein seltener Flugzeugabsturz mit Toten und Verletzten im dreistelligen Bereich interessiert und schockiert einfach mehr, als wenn irgendwo in einem RTW oder Krankenhaus ein Patient durch z.B. eine falsche Dosis einen Schaden nimmt. Unabhängig davon, dass jeder "Fall" schweres menschliches Leid zur Folge hat. Von daher hält sich der öffentliche Druck, etwas zwingend ändern zu müssen, weiterhin in Grenzen, auch, wenn es immer mal wieder Ansätze dazu gibt.

  • Ein Vergleich mit Fluglotsen wäre vielleicht etwas passender.

    Für die Feuerwehreinsatz- und Rettungsleitstellen würde ich das so unterschreiben, ja.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Für die Feuerwehreinsatz- und Rettungsleitstellen würde ich das so unterschreiben, ja.

    Es geht mir darum, dass Entscheidungen oder Maßnahmen, die getroffen werden, direkten Einfluss auf andere, aber nicht auf sich selbst haben. Wenn ein Fluglotse schlechte Entscheidungen trifft, dann leiden andere darunter. Er selbst wird vielleicht psychisch darunter zu leiden haben, aber nur in den seltensten Fällen wird eine falsche Maßnahme ihn verletzen oder gar töten. In der Medizin wird der Behandler ebenso wenig von falschen Maßnahmen in Mitleidenschaft gezogen. Ein Pilot wird aber immer dasselbe erleben wie seine Passagiere auch. Da ist der intrinsische Druck, korrekt zu handeln, einfach größer.

  • Okay, ich wollte das natürlich nicht in Abrede stehen. Ich wollte damit nur sagen, dass ich die Tätigkeit und die Kommunikation im Vergleich da deutlich mehr sehe. Was die Kommunikation betrifft bzw. dessen Folgen, stimme ich Dir aber zu.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

    Einmal editiert, zuletzt von Harris NRÜ ()

  • Ich habe den Eindruck, dass man es zwar besser machen kann, aber dass das gerade im Rettungsdienst noch relativ gut läuft. Im Vergleich zu Krankenhäusern oder Arztpraxen z.B.


    Die formelle Kommunikation mit closed loop etc. wird ja gerade bei den NFS gelehrt und auch bei den "Buchstabenkursen". Auch halte ich die Buchstabenkurse für sinnvoll- einfach weil man es danach einheitlich hat, egal ob man sich als Team kennt oder nicht.


    Ein Knackpunkt ist, dass die Notärzte halt extra sind und wir Notärzte auch noch eine sehr inhomogene Gruppe sind.

    Wir sind halt klinisch geprägt mit einer komplett anderen Kommunikationskultur. Also können wir es nur im Kurs und in den Praktika lernen.


    Und was wir uns als Rettungsdienst allgemein erhalten müssen, ist der Teamgedanke und respektvoller Umgang. DA habe ich den Eindruck dass das in den letzten Jahren eher schlechter geworden ist.

  • Deswegen stört mich dieser ewige Vergleich der Tätigen in der Medizin mit den Piloten. Ein Vergleich mit Fluglotsen wäre vielleicht etwas passender.

    Ist ein interessanter Ansatz, leider liest man wenig von Hauke - er wäre ja da Spezialist - wie hat sich der tragische Fall des Peter Nielsen auf die Flugsicherung ausgewirkt (ich riskiere hier mal den Vorwurf der Geschmacklosigkeit)?