Pilotprojekt „REF“ startet in Bayern

  • Weiß jemand, wie das abgerechnet wird? Die "rettungsdienstliche Hilfeleistung" ist m.W.n. ja noch immer nicht im SGB verankert. Gibt es da eine pauschale Bezahlung für das Projekt oder tatsächlich einsatzweise und dann nach welchen Konditionen?

  • Denkbar wäre eine Abrechnung über eine nachträglich erstellte Verordnung häuslicher Pflege (SGB V).

    Allerding müsste dann der NFS zusätzlich exam. Pflegekraft (dreijährige Ausbildung) sein.

    Die in Rechnung gestellten Beträge decken allerdings auch nicht im Ansatz die realen Kosten.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Ich vermute, dass man sich da bei anderen Modellprojekten und Co schon im Vorfeld informiert hat. Zusätzlich wird man die Kostenträgern auf die Kosten durch Fehlfahrten bzw. durch die Transportpflicht bei RTW und Co hingewiesen haben, alleine damit dürfte man einen Finanzierung auch außerhalb der eigentlich festgeschriebenen Sachen durchbekommen.

    Mal vom Thema Finanzierung ab finde ich es ein echten Gewinn. Das REF bietet neue Möglichkeiten für den NotSan, kann der fehlende Baustein für die Leitstelle sein und kann auch RTW und Co. entlasten. Zu hoffen bleibt nur, dass sich die KV bzw. ÄBD und Co. nicht darauf ausruhen und ihr Angebot noch weiter optimieren.

  • Weiß jemand, wie das abgerechnet wird? Die "rettungsdienstliche Hilfeleistung" ist m.W.n. ja noch immer nicht im SGB verankert. Gibt es da eine pauschale Bezahlung für das Projekt oder tatsächlich einsatzweise und dann nach welchen Konditionen?

    Es kann sein,dass eine Mischkalkulation gefahren wird - das bayerische Verrechnungsmodell sieht ja anders aus.

    Während der Rettungsdienst Bayern in seiner Gesamtheit nur für die erfolgten Transporte Geld bekommen kann gibt er gleichzeitig Geld für die notwendigen Vorhaltestunden sowie Pauschalen als Aufwendung an die Leistungserbringer aus.

    Hier kann es tatsächlich betriebswirtschaftlich Sinn machen wenn man anstatt eines teuren RTWs nur das halb so teure REF bestellt, selbst wenn man dann gelegentlich noch die KTW Stunden hochfahren muss. Denn die Vorhaltestunde REF wird weniger kosten als ein RTW, ebenso werden die Pauschalen geringer und sonstigen Kosten geringer ausfallen.


    Kann sich also durchaus lohnen, v.a. in den urbanen und suburbanen Räumen.

  • Wenn so ein REF nicht günstiger wäre als ein RTW, würde das Projekt abgesehen vom eingesparten RS ja keinen Sinn ergeben.


    Wenn ich das richtig verstehe, kann es dann in Bayern aber nur über die Vorhaltepauschale finanziert werden, da ja keine Transporte anfallen werden und über SGB V im Moment weiter nicht abgerechnet werden kann.

  • In Stadt und Landkreis Regensburg gehen demnächst die ersten beiden REF an den Start.


    https://www.skverlag.de/rettun…ungsdienst-entlasten.html

    Ich finde es irgendwie zwischen lustig bis traurig, dass man in Bayern immmer alles noch mal neu erfinden muss. Nach dem Telenotarzt nun offensichtlich den Gemeindenotfallsanitäter..

  • Ich finde es irgendwie zwischen lustig bis traurig, dass man in Bayern immmer alles noch mal neu erfinden muss. Nach dem Telenotarzt nun offensichtlich den Gemeindenotfallsanitäter..

    das war auch mein erster Gedanke.

  • Ich würde sagen, dass dem GNFS mehr Aufgaben und Kompetenzen zugestanden werden, was sich auch am zusätzlich zu absolvierenden Kurs ableiten lässt.

  • Das wiederum liest sich wie ein hauptamtliches First-Responder-System besetzt mit einem NFS, weil man sonst die Zeiten mit den RTW nicht einhalten kann.

  • Die Führung des BRK Regensburg war in Kanada (Renfrew County, Ontario) und hat sich dort das Konzept des Community Paramedics zeigen lassen. Es erfolgte auch ein Gegenbesuch. Jetzt gibt es halt das "REF", was wohl als kleinster gemeinsamer Nenner der bayerischen Projektbeteiligten anzusehen ist. Bayern ist ja bekannt dafür, gerne das Rad neu zu erfinden und die Lage zu verschlimmbessern, anstatt bewährtes zu übernehmen. Andere Regionen in DE setzen auf das GNFS-Proojekt in Oldenburg und adaptieren dies. Die Datenlage aus Oldenburg ist sehr vielversprechend und man kann nur hoffen, dass sich dieser Ansatz als Basis für solche Projekte etabliert.

  • Bin ja ein Fan des GNFS, aber die Datenlage ist vor allem dünn, oder? Ich kenne wenige Publikationen mit guten Zahlen.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ich finde es ja immer noch spannend, dass im selben Bundesland, in dem gerade die Kompetenz der NotSan zur Sauerstoffgabe auf 2-4 Liter reglementiert wurde, die selben NotSan die in meinen Augen schwierigsten Entscheidungen vor Ort (z.B. kein Transport nötig, keine Arztvorstellung nötig, Behandlung am nächsten Tag reicht aus etc.) eigenverantwortlich offiziell treffen sollen. Also faktisch ja eine selbständige medizinische Beurteilung und (im Gegensatz zum normalen RD-Einsatz) eine Beeinflussung des weiteren Behandlungswegs.

    Versteht mich nicht falsch: ich gehe davon aus die meisten NotSan sind dazu in der Lage. Aber dafür braucht es deutlich mehr Kompetenzen als für eine differenzierte Sauerstoffgabe bis zum Eintreffen im KH oder "einer weiteren ärztlichen Behandlung".

  • Versteht mich nicht falsch: ich gehe davon aus die meisten NotSan sind dazu in der Lage.

    Ich frage mal provokant: Wirklich?

    Die Ausbildung des NotSan ist auf das Erkennen und Therapieren (potentiell) lebensbedrohlicher Krankheitsbilder fokussiert. Woher soll das notwendige Wissen über das riesige Spektrum an akuten, chronischen (und eingebildeten) Krankheitsbildern unterhalb dieser Akutschwelle kommen?


    Meine persönliche Meinung, Teil 1: Das deutsche Gesundheitssystem ist arztzentriert. Am Ende wird immer ein Arzt eine Entscheidung treffen, ob, wo und in welchem Ausmaß Therapie erforderlich ist. Das "REF" wird am Ende mangels eigener Erlaubnis zum Ausüben der Heilkunde nur die Entscheidung treffen, welcher Arzt (Hausarzt, Bereitschaftsdienst, Klinikarzt, Notarzt) dies sein wird. Ob es dafür noch einmal eine gesonderte Ressource vor Ort benötigt oder dies nicht auch von einem entsprechend geschulten Call-Taker übernommen werden kann - ich zweifle.


    Meine persönliche Meinung, Teil 2: Wenn man das Konzept unbedingt möchte, würde ich auf den Beifahrersitz noch eine(n) MFA setzen.

  • Woher soll das notwendige Wissen über das riesige Spektrum an akuten, chronischen (und eingebildeten) Krankheitsbildern unterhalb dieser Akutschwelle kommen?

    Aus einer umfangreichen rettungsdienstlichen Erfahrung verknüpft mit dem Willen, ein Leben lang dazu zu lernen. Ansonsten könnte man hierfür auch spezielle Schulungen entwickeln.

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

  • Aus einer umfangreichen rettungsdienstlichen Erfahrung verknüpft mit dem Willen, ein Leben lang dazu zu lernen.

    Das ist die optimistische Variante :)
    Aber ganz ehrlich: Ist sie auch realistisch? Ja, es gibt solche Kollegen (und in meiner gottgegebenen Arroganz halte ich mich selbst für solch einen ;)) - das sind aber genau diese, die sich meiner Einschätzung nach nicht ohne weiteres auf ein "REF" setzen würden. Die mutmaßlich angeführten Gründe: 1. auf Dauer zu anspruchslos, 2. man ist nur Flickschusterer im weitenteilst dysfunktionalen System der ambulanten hausärztlichen Versorgung mit entsprechendem Frustrationspotential, 3. man ist unklaren Haftungsrisiken ausgesetzt, 4. Bezahlung?

    Interesse hätten wohl eher die (größtenteils älteren) Kollegen, die von der modernen präklinischen Notfallmedizin zunehmend fachlich (oder körperlich) überfordert sind und darin einen ruhiges Auskommen bis zur Rente sehen. Aber sind die dafür wirklich geeignet?

    Ansonsten könnte man hierfür auch spezielle Schulungen entwickeln.

    Sehr gerne.


    Jetzt kommen nur leider wieder die ollen Totschlagargumente: Wer soll es zahlen, wer organisiert es, ist es Pflicht und wenn ja: gibt's dann mehr Gehalt?
    Bitte mich nicht falsch verstehen: Ich bin voll bei dir. Nur kenne ich den bayerischen Rettungsdienst lange und gut genug, um die Erfahrung gemacht zu haben, dass der von dir angeführte Wille, ein Leben lang dazu zu lernen" in der Regel in keinster Form honoriert wird und am Ende häufig in Frust umschlägt, weil der "keine Ahnung, keine Lust"-Kollege bei gleichem Gehalt besser durch's Leben kommt.

  • Bin ja ein Fan des GNFS, aber die Datenlage ist vor allem dünn, oder? Ich kenne wenige Publikationen mit guten Zahlen.

    Die Frage ist, welche Art von Ergebnissen man in den Publikationen erwartet und welche Zielsetzungen das Projekt hat. Die Ergebnisse, die ich bisher sehen durfte, zeigen, dass das Ziel mit der Senkung der RTW-Einsätze deutlich erreicht wurde.

  • Ich finde es ja immer noch spannend, dass im selben Bundesland, in dem gerade die Kompetenz der NotSan zur Sauerstoffgabe auf 2-4 Liter reglementiert wurde, die selben NotSan die in meinen Augen schwierigsten Entscheidungen vor Ort (z.B. kein Transport nötig, keine Arztvorstellung nötig, Behandlung am nächsten Tag reicht aus etc.) eigenverantwortlich offiziell treffen sollen. Also faktisch ja eine selbständige medizinische Beurteilung und (im Gegensatz zum normalen RD-Einsatz) eine Beeinflussung des weiteren Behandlungswegs.

    Versteht mich nicht falsch: ich gehe davon aus die meisten NotSan sind dazu in der Lage. Aber dafür braucht es deutlich mehr Kompetenzen als für eine differenzierte Sauerstoffgabe bis zum Eintreffen im KH oder "einer weiteren ärztlichen Behandlung".

    Ich würde mich persönlich aus berufpolitischen Gründen auch nicht drauf einlassen dieses "REF" zu besetzen und mir damit gefühlt selbst in den Rücken fallen....

    :rtw: "Rettungsdienst" sind die Typen, die zu einem kommen, wenn man etwas getan hat, wofür man eigentlich zu dämlich ist. :rtw:

  • Soweit ich das alles mitbekommen habe, war ein Großteil der Schulung der NFS des REFs auf Verweigerungen und rechtliche Konsequenzen des „Daheimlassens“, etc. fokussiert und weniger medizinisch.
    Auch irgendwelche „Extra“-Kompetenzen ggü. dem RTW-NFS gibt es momentan nicht.


    Auch von der Umsetzung bin ich nicht überzeugt, ein RD 0 (speziell für das REF Projekt) muss notfallmäßig bedient werden -> das REF kommt nur zum Einsatz wenn es einen Zeitvorteil ggü. dem RTW hat.

    Zusätzliche gäbe es noch den RD REF (da fährt immer das REF an - zumindest innerhalb seiner Dienstzeiten - nachts dann RTW/KTW), das hätte ich aber persönlich bis jetzt noch nicht gesehen.