Strukturqualität im Berliner Notarztdienst: Funktionen, Qualifikationen und Kompetenzerhalt

  • Genau - haben wir doch gerade in einem anderen Thema diskutier. Gibt es in NRW für die Notärzte, entscheidet aber jeder ÄLRD nach eigenem Ermessen, was eine notfallmedizinisch relevante Fortbildung ist und im Zweifel ist das Interesse das Auto zu besetzen größer als hier konsequent auszusieben und nachzuhalten (Ausnahmen gibt es).

    Denke das ist aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung, ein Steuerungsinstrument ist besser als kein Steuerungsinstrument.


    Wir reden hier, glaube ich , an einander vorbei. Ich rede von der Nicht-Akademischen Zunft. Die Regelung bei den Notärzten begrüße ich sehr!


    ... Ich würde auch nicht behaupten wollen, dass Berlin jetzt der Maßstab ist. Was mich am meisten Beeindruckt, ist der Wandel, der in unter 10 Jahren stattgefunden hat. ...


    Unter dem Gesichtspunkt, ja. Die Entwicklung ist deutlich.



    Das hast du nicht ganz verstanden, glaube ich. Die hast 20h "allgemeinen Teil" und weitere 10h "fachspezifisch, das ist korrekt. Die entsprechenden Überprüfungen sind hier jedoch nicht mit drin und werden extra gerechnet.
    Ich gebe dir recht, dass hier einige wieder hin gehen werden und machen das in 2h und gut ist, aber nicht wenige werden hier bestimmt auch 8h wählen. So oder so kommst du nah dran.
    Einführungsveranstaltungen für neue Kollegen auf dem NEF sind übrigens auch in NRW jetzt nicht unbedingt selten. Das Problem ist eher die Finanzierung und selbst wenn es sie gibt ist das keine Woche. Das ist schon nett. Spannend fände ich in dem Zusammenhang auch einmal wie denn eine Einarbeitung für Rettungsfachpersonal in Berlin aussieht.

    ...

    und was Algorithmen angeht: Wir haben ja jetzt "eure"... Die sind ja wirklich mal furchtbar. Würde ich sofort gegen die Berliner tauschen.


    Ich bin kein Fan des RD in NRW. Wir haben hier sicherlich strukturell gegeben einen BErg von Vorteilen, ganz klar. Trotzdem gibt es - insbesonders seitens des Landes - klare Defizite.
    Was du allerdings gegen die SAA NRW hast erschließt sich mir immer noch nicht. Es gibt zwei wirkliche Mankos: das eine ist, dass sie zu viel Beiwerk haben (Erläuterungen, Erklärungen, Grußworte,...) und da ist Berlin ein vielfaches schlimmer. Das andere ist eine verbindliche Anpassung des NA-Indikationskatalogs. Ich halte es für schlimm, dass jeder ÄLRD da machen kann was er will.
    Ansonsten sind die pragmatisch und eigentlich recht ordentlich anwendbar. Grundsätzlich lehne ich aber SOPs generell ab. Ärzten gibt auch keiner SOP an die Hand in deren Korridoren sie sich bewegen müssen und die von irgendeiner obskuren Person "freigegeben" werden müssen bzw. dürfen. Gebt ein Medikament frei, klärt darüber auf, schult es, erläutert es und dann darf auch (als Beispiel) Novalgin zum Fieber senken eingesetzt werden, weil es eben genau in diesem Einsatz Sinn macht. Aber das ist wohl Wunschdenken.

  • Ärzten gibt auch keiner SOP an die Hand in deren Korridoren sie sich bewegen müssen und die von irgendeiner obskuren Person "freigegeben" werden müssen bzw. dürfen.

    Fun-Fact: Das scheint ein deutsches (und vielleicht österreichisches) Phänomen zu sein. Ansonsten sind SOP auch bei Ärzten keineswegs ungewöhnlich.

  • Nach dem selben Maßstäben wie SOP für NotSan in Deutschland?

    Ich möchte als RS HF nicht gegen die SOP der französischen ärztlichen Urgentistes tauschen. Als Patient noch weniger.

  • Grundsätzlich sehe ich kein Problem für SOP für Ärzte (da nur wenige Länder den Begriff der Behandlungsfreiheit kennen), bzw es hier einige Hürden gibt.

  • Ärzten gibt auch keiner SOP an die Hand in deren Korridoren sie sich bewegen müssen und die von irgendeiner obskuren Person "freigegeben" werden müssen bzw. dürfen.

    Das wird in den meisten Krankenhäusern inzwischen der Fall sein, dass SOP die Korridore vorgeben. Das ergibt sich oft schon durch ein entsprechendes Qualitätsmanagement. Die freigebende obskure Person ist da übrigens der Chef- oder ein entsprechender Oberarzt.


    Grundsätzlich lehne ich aber SOPs generell ab.

    Das kann ich nicht nachvollziehen. Solange die SOP sich am entsprechenden aktuellen Stand der Wissenschaft orientieren, ist dagegen doch nichts einzuwenden, ganz im Gegenteil bieten sie doch eine gute Zusammenfassung, so dass man nicht unbedingt selbst jede Leitlinie durchackern muss (was wohl auch kaum möglich sein dürfte).

    Falls sich erhebliche Divergenzen zum allgemeinen Standard ergeben, würde ich eine ablehnende Haltung verstehen, wobei man in diesen Fällen auch problemlos von der SOP abweichen dürfte.

  • Ansonsten sind die pragmatisch und eigentlich recht ordentlich anwendbar. Grundsätzlich lehne ich aber SOPs generell ab. Ärzten gibt auch keiner SOP an die Hand in deren Korridoren sie sich bewegen müssen und die von irgendeiner obskuren Person "freigegeben" werden müssen bzw. dürfen.

    Dann bewirb dich nach deinem Medizinstudium nicht bei uns, hier gibt es nicht nur SOPs, sondern auch Einsatznachgespräche, um Abweichungen, Probleme, und SOP-Fehler zu besprechen, und dabei kann sogar ein NotSan Schnösel (ich) dir Feedback geben. Das ganze erfolgt natürlich wertschätzend und konstruktiv, aber willkürliche Abweichungen möchten wir auch nicht sehen, und auch SOP Unkenntnis ist kein geeignete Ausrede, da wir eine Lesebestätigung für alle SOPs verwenden. (Und demnächst führen wir sogar zwei verbindliche Checklisten ein, ich bin gespannt...)


    Ich stimme dir aber zu, das Korsett ist beim NotSan häufig enger als beim NA. Das kann aber sinnvoll sein, bis wir den Standard bei den NotSan einigermaßen beweisen und sichern können. Ich würde mir natürlich auch für NA wünschen, dass deren Kompetenzen geprüft und bewiesen werden (watch this space), aber es wird wohl immer so bleiben, dass ein NA mehr Freiheiten hat als ein NotSan. Das find ich auch ok.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Und bei den Notärzten kenne ich persönlich keinen Rettungsdienstbereich, wo man nach dem Notarztkurs oder sogar Notarzttätigkeit in einem anderen Bundesland erst noch eine Woche in Vollzeit zum Schulungskurs darf bevor es auf das NEF geht.

    Nebenbei bemerkt:

    In NRW gibt es ein paar wenige Städte mit mehrtätiger Pflichteinweisung.

    Neben Aachen ist dies u.a. die Landeshauptstadt Düsseldorf.

    Mit bereits vorhandener ZB Notfallmedizin muss man dort einen 3-Tage-Kurs und anschließend mindestens eine Tagschicht auf dem OA-NEF absolvieren.


    Insgesamt sind die Anforderungen für Notärzte in NRW sehr gering und ich würde mir Bedingungen wie in Berlin wünschen.

  • Insgesamt sind die Anforderungen für Notärzte in NRW sehr gering und ich würde mir Bedingungen wie in Berlin wünschen.

    Insgesamt mindestens 8,5 Jahre Ausbildung mit mehr als 50 Einzelprüfungen finde ich jetzt nicht so gering.


    Dass es fast überall eine bessere Einarbeitung in den jeweiligen NA-Bereich oder überhaupt eine bessere Einarbeitung in die Tätigkeit als NA z.B. in Form einer Einführungswoche geben sollte, schließt das nicht aus.

  • Dann bewirb dich nach deinem Medizinstudium nicht bei uns, hier gibt es nicht nur SOPs, sondern auch Einsatznachgespräche, um Abweichungen, Probleme, und SOP-Fehler zu besprechen, und dabei kann sogar ein NotSan Schnösel (ich) dir Feedback geben. Das ganze erfolgt natürlich wertschätzend und konstruktiv, aber willkürliche Abweichungen möchten wir auch nicht sehen, und auch SOP Unkenntnis ist kein geeignete Ausrede, da wir eine Lesebestätigung für alle SOPs verwenden. (Und demnächst führen wir sogar zwei verbindliche Checklisten ein, ich bin gespannt...)


    Ich stimme dir aber zu, das Korsett ist beim NotSan häufig enger als beim NA. Das kann aber sinnvoll sein, bis wir den Standard bei den NotSan einigermaßen beweisen und sichern können. Ich würde mir natürlich auch für NA wünschen, dass deren Kompetenzen geprüft und bewiesen werden (watch this space), aber es wird wohl immer so bleiben, dass ein NA mehr Freiheiten hat als ein NotSan. Das find ich auch ok.

    Das klingt traumhaft!


    Ich bin da etwa lax im Ausdruck gewesen vielleicht. Aber wenn man die alte Diskussion zu Grunde legt SOP vs Delegation, dann bin ich eher bei den Delegationen.

    Ich kann es einfach nicht leiden, wenn ich bei einem Hypertonus von 215 syst. noch kein Ebrantil geben darf, weil hier 5 Punkte fehlen und der Patient erst 220+ syst. haben müsste, nur um mal ein simples Beispiel zu nennen.

    Das Ärzte hier breiter aufstellt sein werden - auch in Zukunft - ich für mich völlig in Ordnung.


    Ein Korsett ist gut und muss sein, aber es muss Luft zum atmen lassen und nicht zu eng geschnürt sein. Und selbstverständlich muss ich auch bereit sein dies Evaluieren zu lassen, mich selbst zu schulen bzw. schulen zu lassen und hier entsprechend zu optimieren. Gerne im Team!

  • Ich bin ja grundsätzlich sehr dafür Notärzte gut, super oder hervorragend auszubilden. Ehrlicherweise ist das aber albern, wenn nach zehn Minuten komplikationslosem Transport der Assistent im ersten Jahr übernimmt, der nie ein Simulationstraining macht und keine Zeit für ein kollegiales Lehr-Gespräch mit dem Oberarzt hat.

  • Ich kann es einfach nicht leiden, wenn ich bei einem Hypertonus von 215 syst. noch kein Ebrantil geben darf, weil hier 5 Punkte fehlen und der Patient erst 220+ syst. haben müsste, nur um mal ein simples Beispiel zu nennen.

    Wenn Grenzen derart eng eingehalten werden sollen (was ich bezweifle) und erst ab sehr scharf definierten Werten ein Interventionsbedarf gesehen wird, ist der Einsatz eines RTWs bei darunter liegenden Werten zumindest sehr zweifelhaft.

  • Das hast du nicht ganz verstanden, glaube ich. Die hast 20h "allgemeinen Teil" und weitere 10h "fachspezifisch, das ist korrekt. Die entsprechenden Überprüfungen sind hier jedoch nicht mit drin und werden extra gerechnet.
    Ich gebe dir recht, dass hier einige wieder hin gehen werden und machen das in 2h und gut ist, aber nicht wenige werden hier bestimmt auch 8h wählen.

    Ich bin nicht alleine! Da SAA in den Vorschlägen für den fachspezifischen Teil der NotSan explizit erwähnt werden und "Prüfungen" extra gerechnet werden sollen, wird mir aktuell berichtet, dass es nicht wirklich länger als 30h dauert. Man tendiert eher zu den oben genannten 2h.

  • Insgesamt mindestens 8,5 Jahre Ausbildung mit mehr als 50 Einzelprüfungen finde ich jetzt nicht so gering.

    Wirklich?

    Das uralte Argument mit der Dauer des Studiums?


    Abgesehen davon, kann man im Bereich der ÄKWL weiterhin die Fachkunde Rettungsdienst ohne Prüfung nach 18 Monaten ärztlicher Tätigkeit beantragen.


    Es liegt eine unglaubliche Heterogenität in der Nutzung bzw. inhaltlichen Füllung der Weiterbildungszeit in Bezug auf die (präklinische) Notfallmedizin vor.

    Nach meinem Dafürhalten hängt die Qualifikation als Notarzt einzig und allein von der persönlichen Motivation ab und nahezu überhaupt nicht an den Vorgaben der Ärztekammern.

    Klingt arrogant, aber auch die Prüfung zur Zusatzbezeichnung Notfallmedizin war im Vergleich zu meiner vorherigen Weiterbildung als Notfallsanitäter nicht anspruchsvoller.