• Viele Berufsfeuerwehren bilden alle Beamten des mittleren Dienstes zum Gruppenführer aus ohne sie primär als solches einzusetzen. Da klappt das mit der Führung (meistens) auch.

    Viele Berufsfeuerwehren überdenken dies aber mittlerweile auch, weil nicht jeder zum Führen gemacht ist und man die Ausbildung so teilweise deutlich erschwert / in die Länge zieht.

  • Viele Berufsfeuerwehren bilden alle Beamten des mittleren Dienstes zum Gruppenführer aus ohne sie primär als solches einzusetzen. Da klappt das mit der Führung (meistens) auch.

    Das ist mir bekannt, halte ich persönlich aber nicht für vergleichbar. Im Gegensatz zum Rettungsdienst ist der blaue Bereich das Arbeiten in Hierarchien und mit wechselnden Funktionen durchaus gewohnt. Der Rettungsdienst ist ja meist doch eher ein sehr ...individualistisch... angehauchter Verein. Das empfand ich immer als den größten Unterschied zwischen einer Hiorg und der BF. Aber es ist natürlich nur mein persönlicher Eindruck und kein Fakt.


    Zum Thema, dass der NEF Fahrer zunächst einmal den OrgL gibt: ist mir bekannt. Ich würde die hier in Forum schon häufiger lang und breit diskutierte Variante, die NEF fahrenden Kollegen dann einfach zum OrgL auszubilden, präferieren. Der Schritt aufs NEF ist vielerorts ohnehin eine Zäsur, mancherorts auch bereits mit einem Lehrgang verbunden, das ließe sich sicherlich machen. Und der Gruppenführer Rettungsdienst... ich finde, er passt nicht mehr recht in die Zeit. Das Feuerwehrstrukturmodell mag auf die KatS Züge vielerorts noch halbwegs passen, bei den SEGen ist es sehr regional, aber oft passt es gar nicht mehr. Weil das errichten von S30 Zelten anderen Konzepten gewichen ist. Und mit der Regelrettung wird es noch schwieriger.


    Meiner Meinung nach würde eine vernünftige Einsstztaktiklehre im NotSan schon durchaus reichen.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Das ist mir bekannt, halte ich persönlich aber nicht für vergleichbar. Im Gegensatz zum Rettungsdienst ist der blaue Bereich das Arbeiten in Hierarchien und mit wechselnden Funktionen durchaus gewohnt. Der Rettungsdienst ist ja meist doch eher ein sehr ...individualistisch... angehauchter Verein. Das empfand ich immer als den größten Unterschied zwischen einer Hiorg und der BF. ...

    Sehe ich auch so. Und deshalb plädierte ich ja hier auch für ein Aufbrechen dieser Strukturen. Sorry, aber ganz nüchtern: bei eine VU31 sollte man diskutieren ob zukünftig ein NEF, drei RTW und ein Führungsfahrzeug RD hin fahren sollten, welches auch zeitnah vor Ort ist.

  • Ne Woche lang Einsatztaktik? Ist das echt so im Curriculum vorgesehen?


    Also in der NotSan-APrV steht in der Anlage 1 im Abschnitt 10 feólgendes:

    Zitat
    In Gruppen und Teams zusammenarbeiten  
    Die Schülerinnen und Schüler sind zu befähigen,
    a)Übergabe- und Übernahmegespräche zielgerichtet zu führen,
    b)mit Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben sowie mit sonstigen beteiligten Behörden und Organisationen situationsbezogen zusammenzuarbeiten,
    c)mit den Angehörigen anderer Berufsgruppen im Gesundheitswesen unter Beachtung von deren Zuständigkeiten und Kompetenzen zusammenzuarbeiten,
    d)mit den Angehörigen anderer Berufsgruppen im Bereich von Sicherheit und Ordnung sowie Gefahrenabwehr und Katastrophenschutz unter Beachtung von deren Zuständigkeiten und Kompetenzen zusammenzuarbeiten.

    Hierfür werden 120 Std., also vier Wochen angesetzt. Ganz spontan und ohne das jetzt tiefer geprüft zu haben denke ich, dass man einen Gruppenführer RD hier problemlos einbauen kann.

  • Viele Berufsfeuerwehren bilden alle Beamten des mittleren Dienstes zum Gruppenführer aus ohne sie primär als solches einzusetzen. Da klappt das mit der Führung (meistens) auch.

    Spontan fällt mir Hessen und Niedersachsen ein. Welche Bundesländer machen es auch noch so? Sorgt in den betreffenden Bundesländern auch für viel Diskussion. Denn diese Leute müssen dann nach Jahren erst wieder "Aufbaulehrgänge" besuchen, wenn sie in der Funktion Fahrzeugführer/Gruppenführer eingesetzt werden sollen.

    Hintergrund, so wurde es mir vor vielen Jahren erklärt, war wohl, dass man jeden Mitarbeiter in der Theorie bis A9 befördern können wollte. Jetzt blicken viele neidisch in Richtung NRW, wo auch ohne B3 und Aufstieg eine Beförderung in der Theorie bis A11 möglich ist.

  • Die meisten Schulen machen das.


    Johannes D. , das Problem ist, dass man ja meint, dass der NEF - Fahrer Gruppenführer in muss / soll. Daher macht das dann schon Sinn ihn zu integrieren. Finde ich auch nicht optimal, aber nachvollziehbar.

    NEF-Fahrer als Gruppenführer RD macht in meinen Augen schon Sinn.

    Keinen Sinn macht es in meinen Augen, dass jeder NotSan NEF-Fahrer ist. Lieber einen eingeschränkten Personenkreis und diesen mit Zusatzausbildung für das "Sondermaterial" auf dem NEF und die Zusatzaufgaben beim ManV etc.

  • Jenseits vom MANV, was sollte ein NEF NotSan denn zusätzlich können, was ein RTW NotSan nicht kann?

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Zum allgemeinen Verständnis:


    Ich möchte den NotSan nicht primär wegen dem NEF mit dem GFü RettD ausstatten - Sondern damit er als ersteintreffender RTW bei größeren Lagen entsprechend qualifiziert die Einsatzstelle taktisch bearbeiten kann.


    Ich arbeite im ländlichen Bereich, wir haben regelmäßig Verkehrsunfälle mit mehreren beteiligten Fahrzeugen und mehreren verletzten Personen. Und dann stehst du da erstmal alleine bis die Verstärkung eintrifft.

  • - Arbeitsorganisation und Dokumentation

    - Schnittstellen und Zusammenarbeit mit anderen Beteiligten (Stichwort Voranmeldung, vorläufige Todesfeststellung, ggf. Kontakt mit anderen Behörden bei Meldepflichten etc.)

    - vertiefende Arzneimittellehre (insbesondere in die Medikamente, die es nur auf dem NEF gibt)

    - Einweisung in die zusätzlichen Geräte des NEF

    - Arbeiten als Führungsgehilfe

    - erweiterte Einsatztaktik

    - Intensivtransporte / Beatmung(sformen)

    - Vertiefung Assistenz bei notärztlichen Maßnahmen


    Das fällt mir jetzt spontan ein. Von einem NotSan auf dem NEF erwarte ich deutlich mehr und bessere Leistung als vom NotSan, der ausschließlich RTW besetzt.

    Alternativ können wir natürlich auch flächendeckend den RS auf das NEF setzen und die wichtige Ressource NotSan nur auf den RTW. (Polemik)

  • Ein RTW bzw. NEF ist gemäß der Führungslehre ein selbständiger Trupp. Um einen selbstständigen Trupp zu führen bedarf es einer Gruppenführerausbildung. Also müsste ein NotSan eigentlich zum GF RD oder wie man es immer nennen möchte, befähigt werden. Unabhängig irgendwelcher klassischen MANV Szenarien. Wenn man alleine schon manche Rückmeldung des ersteintreffenden RTW bei einem 08/15 Feuer mitbekommt auf Funk, dreht sich einem der Magen um.


    Warum wehrt man sich eigentlich in der Rettung mit Händen und Füßen gegen eine vernünftige Führungskräfteausbildung?

  • Ein RTW bzw. NEF ist gemäß der Führungslehre ein selbständiger Trupp. Um einen selbstständigen Trupp zu führen bedarf es einer Gruppenführerausbildung. Also müsste ein NotSan eigentlich zum GF RD oder wie man es immer nennen möchte, befähigt werden. Unabhängig irgendwelcher klassischen MANV Szenarien. Wenn man alleine schon manche Rückmeldung des ersteintreffenden RTW bei einem 08/15 Feuer mitbekommt auf Funk, dreht sich einem der Magen um.


    Warum wehrt man sich eigentlich in der Rettung mit Händen und Füßen gegen eine vernünftige Führungskräfteausbildung?

    Ist dann nicht eigentlich der Notarzt der Truppführer?

    Und müsste dann nicht auch der RTW-NotSan zwingend Gruppenführer sein?


    Ich fiinde Einsatztaktik total wichtig, aber ich bezweifle, dass die originäre Gruppenführer-Ausbildung das leistet, was du hier beschreibst. Das heißt nicht, dass ich sie ablehne. Aber ich halte sie nicht für notwendig, um seine eigene Fahrzeugbesatzung („Trupp“) zu führen, sondern tatsächlich eher, um größere Lagen / Einsatzstellen im Erstangriff zu strukturieren.

  • Warum wehrt man sich eigentlich in der Rettung mit Händen und Füßen gegen eine vernünftige Führungskräfteausbildung?

    Wer wehrt sich denn ? der NFS wird darin ausgebildet sein Einsatzmittel - den KTW oder RTW - zu führen. Er wird typischer Weise auch darin ausgebildet beim MANV die ihm typischer weise zufallenden Rollen zu übernehmen. Das kann der erste RTW oder die Leitung einer Patientenablage sein.


    Aus meiner Sicht braucht es darüber hinaus noch zwei Führungsausbildungen im RD:

    * Führung im Umfang "Gruppe" d.h. 5 RTW + ggf. NEF

    * Führung im Umfang "Verband" d.h. komplexe Lagen mit vielen Rettungsmitteln und Sanitätseinheiten die Patientenablagen, Transportorganisation und ggf. auch BHP bilden. Auch für die Führung komplexer medizinischer Gefahrenabwehr bei Schadensereignissen in Pflegeheimen oder Krankenhäusern

  • Klar, der klassische GF San mag über das Ziel hinausschießen. Eine Grundkenntnis zur DV 100, Lagebeurteilung & Lagemeldung, Raumordnung / Erstmaßnahmen bei größeren Lagen und weiteres taktisches Vorgehen des RD sowie einen Schimmer zur Arbeitsweise und Kompetenz anderer Fachdienste wäre sinnvoll. Und wenn ich so auf meine Berufsausbildung zurückschaue, wurde dies nicht wirklich vermittelt (durch meine „weiß-rote“ Prägung inkl. Führungsausbildung vor bzw. während meiner RD-Zeit erlaube ich mir mal eine Beurteilung hierzu).


    Wie gesagt: Ob man das GF RD nennt oder Fahrzeugführerlehrgang-RD ist ja letztendlich egal - es sollte eben nur vermittelt werden in der Fläche.


    NEF ist letztendlich eine spannende Sache. Würde ich persönlich so einordnen: NotSan taktischer Führer, NA medizinischer Führer. OrgL/LNA Gespann in klein.

  • Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es unklug ist den NEF Fahrer als Häuptling zu planen. Zumindestens da wo NEFs nicht unbedingt im Überfluss vorhanden sind.


    Beispiel bei uns:

    Wir haben hier im ländlichem Bereich ein NEF. Das nächste hat im Optimalfall min. 30 Minuten Eintreffzeit.


    Habe ich den klassischen, mehrfach im Jahr vorkommenden kleinen MANV mit 4-10 Verletzten, muss ich diesen in der ersten halben Stunde mit maximal einem NEF abarbeiten. Dafür brauche ich den Arzt des NEF als Arzt. Er muss sicherstellen, dass alle Patienten so gut wie möglich versorgt werden und Tätigkeiten übernehmen die die RTW-Besatzungen nicht durchführen können dürfen. Hierbei wird der Arzt die logistische Unterstützung seines NEF-Fahrers benötigen.


    So aus dem Kopf die Tätigkeiten eines NEF-Fahrers bei einem Verkehrsunfall mit nur drei verletzten Personen von vor einigen Wochen:


    2 Patienten hatten stumpfe Bauchtraumata --> Sono musste zu beiden Patienten --> Am Ende beide mit Blutung

    1 Patient benötigt eine Intubation inklusive Narkoseeinleitung in einem RTW

    1 Patient benötigt vorraussichtlich eine Tx-Drainage in einem anderem RTW und somit ggf. auch Narkose etc...

    1 Patient ist in einem PKW eingeklemmt, benötigt Analgesie, Volumen


    Da kommt ein Notarzt schon ordentlich ins rotieren und der NEF-Fahrer muss kräftig flitzen um seinen Notarzt das Material zum Arbeiten zu organisieren...


    Hier im Flächenkreis kommen auf vier NEF immerhin 28 RTW/KTW. Da macht es IMHO mehr Sinn das erste Rettungsmittel (in aller Regel durch viele Außenwachen ein RTW) zur "Einsatzleitung" zu machen, da dieses Fahrzeug ohnehin damit anfangen muss.


    Wir haben hier nach der Erkenntnis, dass es sowie mehr wie zwei RTW an der Einsatzstelle arbeiten doch recht unrund läuft entschlossen das Thema "1.Rettungsmittel" regelmäßig in die Jahresfortbildung aufzunehmen. Dies in 2019 z.B. einen ganzen Fortbildungstag lang. Ich bilde mir ein, dass es danach deutlich besser wurde. Dies muss natürlich regelmäßig fortgeführt werden, wie bei allen anderen seltenen Einsatzbildern auch.

  • Ist dann nicht eigentlich der Notarzt der Truppführer?

    Nein. Fachliche Qualifikation hat wie immer mit taktischer Qualifikation nichts zu tun.


    Ein RTW bzw. NEF ist gemäß der Führungslehre ein selbständiger Trupp. Um einen selbstständigen Trupp zu führen bedarf es einer Gruppenführerausbildung.

    Weil ich den Aufschrei schon höre nur als Ergänzung:

    Für einen Trupp braucht man natürlich erstmal nur einen Truppführer.

    ABER: Wenn ich einen selbstständigen Trupp führen will muss ich eben auch Gruppenführer sein. (Das ist übrigens einer der Gründe warum man im BF Bereich den Gruppenführer gerne überall ausbildet). Wobei wenn man die reine Lehrer vertritt für einen selbstständigen Trupp ein Maschinist fehlt. (Oder? Die Experten mögen mich korrigieren)

    Übrigens gilt das eigentlich auch für den KTW-RS.


    Wer wehrt sich denn ? der NFS wird darin ausgebildet sein Einsatzmittel - den KTW oder RTW - zu führen. Er wird typischer Weise auch darin ausgebildet beim MANV die ihm typischer weise zufallenden Rollen zu übernehmen. Das kann der erste RTW oder die Leitung einer Patientenablage sein.

    Ich sehe hier schon Defizite wobei es mit Sicherheit regionale Unterschiede gibt.

    Du erlebst in der Praxis, gerade in "nicht-FW-orientierten-RDs" schon massive Defizite, weil eben grundlegende Führungslehrer nicht angesprochen wird.

    Kenntnisse über die Strukturen der nicht-polizeilichen BOS (inkl. der eigenen "weißen" Kräfte) sind kaum vorhanden. Die wenigsten frischen NotSan werden etwas mit den Begriffen "Trupp", "Gruppe", "Zug" oder "Verband" anfangen können, leider. (Ich habe gerade nachgefragt...)

    Maxi fasst es ja ganz gut zusammen:

    Zitat

    Eine Grundkenntnis zur DV 100, Lagebeurteilung & Lagemeldung, Raumordnung / Erstmaßnahmen bei größeren Lagen und weiteres taktisches Vorgehen des RD sowie einen Schimmer zur Arbeitsweise und Kompetenz anderer Fachdienste wäre sinnvoll.


    Schauen wir uns doch mal an, was der NotSan (und aus meiner Sicht in begrenzterem Maß der NA) in einer echten "großen" Lage wissen muss:


    - Er/Sie muss die grobe Struktur kennen um sich wiederzufinden und in selbiger zu kommunizieren:

    (Wer steht über mir, wer steht unter mir). Da sehe ich schon massive Probleme. Du erlebst es regelmäßig, dass im Einsatzfall Abschnitte gebildet werden und trotzdem "neu" eintreffende Kräfte erstmal zum OrgL rennen um sich "eine Übergabe" zu holen.


    - Er/Sie muss innerhalb seiner "Einheit" führen können:

    Bei diesem Teil schaut es weit besser aus, wobei ich gerade im MANV-Bereich da auch noch große Defizite sehe. Denn das heißt neben der menschlichen Führung im Tagesgeschehen auch, dass er seinen Trupp zusammen hält, etc. in einer Lage.


    - Er/Sie muss den Einsatz auch führen können wenn die Lage aufwächst:

    Denn es dauert halt einfach auch Mal bis nachfolgendes Führungspersonal eintrifft - ggf. viel viel länger als wir bisher dachten. Sowohl im Kontext von Flut/Unwetterkatastrophen als auch Terrorlagen kann es durchaus sein, dass ein RTW-NotSan einen eigentlich recht großen "Abschnitt" auch über längere Zeit führen muss. Ebenso hast du im ländlichen Raum gerne lange Eintreffzeiten bis entsprechendes Führungspersonal nachrücken kann.


    - Er muss als erst eintreffende Kraft die Lage erkunden und die Raumordnung betreiben können:

    Hier haut wieder die Problematik aus dem ersten Punkt rein - ich muss in dem Moment als NotSan eben auch Wissen wie ist z.B. die FW aufgebaut, wie ist deren Führungsstruktur, wie sind SEGen/Einsatzeinheiten, etc. aufgebaut. Nur wenn ich das weiß, kann ich den Raum adäquat ordnen. Gerade die Raumordnung am Anfang ist aber imho eine der Gretchenfragen für das weitere Einsatzgeschehen - Eine gute Raumordnung durch den ersteintreffenden RTW ist mit Gold nicht aufzuwiegen, eine schlechte Raumordnung oft nicht mehr korrigierbar. Ebenso muss er die Lage adäquat erkunden können und sie hierfür erfassen können. Auch dies bedingt zu einem gewissen Teil Kenntnisse über andere BOS, da der RTW gerade im ruralen Bereich ggf. das erste Rettungsmittel sein kann und daher mit einer sinnvollen Erkundung enorm Zeit gespart werden kann.

    Beide Punkte sehe ich aktuell in der Ausbildung absolut unterrepräsentiert, es gibt einzelne Dozenten/Schulen die hier zwar versuchen gegenzusteuern, aber in der großen Breite kommen beide Themen nur sehr begrenzt dran.


    - Er/Sie muss ggf. die Vorsichtung durchführen:

    Hier wurde in den letzten Jahren viel zu ausgebildet, vorgetragen und auch geforscht. Und ich bin ehrlich: Ich halte das für eine Fehlentwicklung. Denn bevor ich zu sichten beginne muss ich primär einmal die Erkundung und Raumordnung durchführen. Während die ersten beiden Punkte aber kaum geschult wurden, hat gefühlt jeder den mStart im Kopf oder zu mindestens eine Sichtungstasche in der der Algorithmus drin steht. In der Konsequenz erlebe ich immer wieder RTW Besatzungen die "ab Eintreffen" sichten und so keinerlei Raumordnung, keinerlei Erkundung, keinerlei Feststellung der Einsatzstellensicherheit durchführen. Mir ist ein Realfall bekannt, in dem die RTW Besatzung nach dem Status 4 über 17 Minuten keinerlei Rückmeldung gab (und die ILS wegen des etwas unklaren Meldebilds deswegen hohl drehte und das schlimmste vermutete, u.a. sämtliche Kräfte einbremste und auch bei der POL Großalarm auslöste). Danach meldete man sich mit der kompletten Sichtung zurück bei der ILS und fragte wann endlich der LNA kommt.


    - Er/Sie muss ggf. eine Patientenablage leiten bis hierfür geeignetes Führungspersonal eintrifft:

    Zuerst gesagt, ich habe da eine extrem unpopuläre Meinung: Diese Aufgabe sehe ich rein praktisch sogar eher beim RS!

    Warum? Du wirst im Realfall oft die Situation haben, dass du direkt mit Patienten konfrontiert wirst während du noch am Erkunden und der Raumordnung bist. Es entlastet hier den NotSan ungemein wenn er frühzeitig einen Raum für eine Patientenablage definiert und dort eine Erstversorgung durch den RS durchführen lässt. Gerade in den ersten 15 Minuten hast du in diesem Bereich sowieso oft mehrheitlich gelbe und grüne Patienten die erstmal gesammelt werden.

    Anyway, natürlich muss aber auch der NotSan hier provisorisch tätig werden können bis geeignete Führungskräfte ggf. übernehmen können bzw. bei kleineren Lagen bis die Lage bereinigt ist.

    Auch hier ist aber eben notwendig zu wissen, was kann "der weiße Sektor", was können andere BOS, wie ist das alles aufgebaut. Wir kommen also wieder bei der grundlegenden Führungslehre an.


    Hier ist einfach viel Luft nach oben die wir aber dringend füllen müssen - und da muss meiner Meinung nach wirklich eine eigene "Gruppenführer RD" Ausbildung integriert werden (Aber bitte nicht nach Maßgabe der bisherigen gleichlautenden Ausbildungen sondern als neues Format). Ich würde hier sogar Einschnitte in anderen Lernfeldern für notwendig halten, um hier eine grundlegende Verbesserung zu ermöglichen.

    Die Wahrscheinlichkeit, dass wir durch Klimawandel, politische Spannungen und ähnliches einfach mehr "große Lagen" erleben werden ist einfach höher als sie z.B. noch vor 20 Jahren war als ich mein RD Leben begann. Hier müssen wir zur Abwechslung einmal vorsorgen.


    Mir würde daher eine komplette Neuordnung vorschweben:

    - NotSan als Gruppenführer RD (und entsprechender Wiederholungsfortbildung im Turnus)

    - Ein hauptamtlicher Einsatzleiter Rettungsdienst (Zugführer) je Landkreis, ggf. mehrere. Gerne in Doppelfunktion z.B. als Schichtführer, RWL, Chef vom Dienst oder wie auch immer.

    - OrgL als echter Verbandsführer aus dem Rufdienst heraus. LNA als gesonderter Fachberater Medizin mit gesondert beschriebenen Rechten/Pflichten abweichend vom regulären Fachberater. (Warum? Ich sehe hier wenig Chance den LNA auf eine echte Verbandsführerebene zu kriegen. Wir reden hier von mind. 5 Wochen Ausbildung + X. Das wird kaum durchsetzbar sein. Faktisch unterscheidet sich taktische und medizinische Führung auch ausreichend um hier eine entsprechende Unterscheidung zuzulassen)

    Dazu eine Unterstützungsgruppe/Führungsassistenten mit ELW1/2.


    Um mit der nächsten unbeliebten Meinung abzuschließen:

    Hat auch wieder verschiedene Gründe:

    - Taktisch gesehen ist es natürlich wie oben beschrieben einfach von Vorteil wenn die oben genannten Aspekte qualifiziert umgesetzt werden können. Das sind aber alles Dinge die genau die Spezialität von GFs sind.

    - Viele RD Bereiche die früher das NEF als "goldenes Kalb" betrieben und eine "Sonderqualifikation" voraussetzten können das heute nicht mehr durchhalten. Corona, Personalfluktuation, etc. lassen den Dienstplan so schon "explodieren", es ist oft kaum noch umsetzbar das NEF hier "anders" zu besetzen.

    - Gerade auf die aus meiner Sicht langfristig eher sinkende NEF Dichte bezogen, aber auch generell: Der RTW ist einfach oft signifikant früher da, muss also hier bereits Aufgaben eines Gruppenführers (Stichwort selbstständiger Trupp, s.o.) übernehmen die ansonsten zu lange liegen bleiben. Ggf. wächst der Einsatz bis zum Eintreffen des NEF bereits entsprechend auf Gruppen-Größe auf, selbst Zuggröße habe ich ich bereits erlebt.

    - Wir erleben auch immer wieder Einsätze bei denen überhaupt kein NEF nötig ist, da die notwendige Indikation einfach nicht besteht. Dies wird aus meiner Sicht auch immer mehr zunehmen.

    - Schlussendlich ist die Frage in wie fern der NotSan sowieso dauerhaft am NEF "verbraten" werden soll. Aus zu mindestens fünf Bundesländern gibt es Bestrebungen den NotSan nicht länger auf dem NEF vorzuschreiben, insbesondere wenn wirklich eines Tages ein reformierter, einjähriger, "RS"/Transportsanitäter erscheinen sollte. Finde ich nicht unbedingt gut (Stichwort "high performance teams"), aber solange wir NEFs weiter so inflationär wie derzeit betreiben wird wohl kein Weg drum herum führen - der NotSan Mangel ist einfach zu ausgeprägt. (Ich bin in dem Punkt übrigens auch der Meinung, dass die von IzF genannten Punkte von jedem NotSan beherrscht werden müssen, gerade auch weil das NEF ja ggf. hinterherfährt und nicht am Patienten arbeitet)

  • Dieser ominöse Gruppenführer RD existiert doch gar nicht offiziell, das ist ein Konstrukt einiger Schulen. Aber meinetwegen sollen die das ausbilden, das wird sicher nicht schaden. Aber meiner Meinung nach reichen für den RD zwei Dinge:

    - Basiswissen Einsatztaktik (grob DV100, Hierarchien, "Dos & Don'ts")

    - regionales Konzept (Aufgaben des ersteintreffenden Rettungsmittels, Kommunikation, spezielle Struktur, etc.)

    Wenn man das hin und wieder fortbildet, ist das normale RD-Personal gut genug gerüstet für die meisten Einsätze.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

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  • In Kürze: das alles erwarte ich vom NotSan auf dem RTW auch. Lediglich wenn das NEF besondere Geräte vorhält, die man selten nutzt, wird jemand auf dem NEF das vermutlich routinierter bedienen können. Aber wenn man regelmäßig NEF fährt, kann man das auch als normaler NotSan gut.


    Insgesamt erwarte ich (und erlebe ich) mehr Kompetenz vom RTW NotSan, der ohne Arzt arbeitet, als vom NEF-NotSan, der in der Praxis häufig einfach den Arzt zum STEMI bringt.


    Ganz persönlich habe ich auch beobachtet, dass RettAss / NotSan die nur auf NEF / RTH / ITW arbeiten weniger selbstständig agieren, wenn sie ohne Notarzt handeln sollen (in Trainings, Kursen, oder an Einsatzstellen). Das ist wirklich nur meine Beobachtung, aber ich finde es auch logisch, und beobachte auch folgendes Verhalten bei mir im RTH:


    Wenn ich gestresst, und müde bin Nachts um 3, und der Notarzt sagt: "ist sicher ein STEMI" oder "ist sicher kein STEMI", dann guck ich mir nicht nochmal detailliert das EKG an. Sollte ich vielleicht als gutes Teammitglied, aber es ist verlockend, nicht zu 100% voll dabei zu sein. Vermutlich kann das noch stärker ausgeprägt sein bei NotSan die dann im Flug ins KH vorne sitzen.

    Nirgendwo denke ich so viel nach, wäge so viel ab, und nutze so viel Fachwissen, wie wenn ich auf dem RTW sitze. Darum sage ich auch ohne Ironie, dass auf dem RTW arbeiten meiner Meinung nach die Königsdisziplin der Notfallsanitäter:innen ist.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Zitat

    Nein. Fachliche Qualifikation hat wie immer mit taktischer Qualifikation nichts zu tun.

    Das ist übrigens etwas, was mir im Rettungsdienst / Sanitätsdienst des KatS immer wieder über den Weg läuft; man muss vom Rettungsdienst keine Ahnung zu haben, um ihn führen zu können. Und so passiert es landauf und landab, dass der ehemalige Maschinenbaustudent (von einer richtigen Uni übrigens) mit einer „richtigen“ Feuerwehrausbildung, der mal nebenbei RettSan gemacht hat, weil gehört ja irgendwie zur blauen Ausbildung dazu, aber eigentlich hatte man dazu ja kein Bock (ich will ja dicke Feuersbrünste löschen) und an der Einsatzstelle nun die Sanis herum schubst. Ich habe mich schon so oft gefragt, warum ein NotSan mit ein bissel FF Ausbildung nicht auch einen Löschzug der Berufsfeuerwehr führen darf? Sollte andersrum dann doch auch selbstverständlich sein. Warum nehmen wir das dann einfach so hin? Wer führt denn in anderen Ländern den Rettungsdienst an der Einsatzstelle? England? Niederlande? Schweiz? Auch eine fachfremde Person?

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • In England/Australien/Kanada führt auch nicht die medizinisch höherwertige Qualifikation,nein.

    Dort ist Führung eben eine eigene Spezialisierung.(Bei meinem ehemaligen australischen Arbeitgeber war das sogar ausgeschlossen)


    In der Schweiz meist auch nicht.


    Der von dir beschriebene Fall beschreibt eine falsche/unzureichende taktische Qualifikation. Aber umgekehrt ist es halt nicht so,dass beides einher geht.

  • Okay, das überrascht mich nun. Wer führt denn dann den Rettungsdienst, in den genannten Ländern?


    Für mich ist das auch eher eine berufspolitische Sache. Ich möchte, dass der Rettungsdienst von Rettern geführt wird. Nicht von fachfremden Personen. Das mag nicht objektiv sein, empfinde ich jedoch als wichtig.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.