• Also wenn ich ein System in Deutschland schlecht finde, dann die Ausgestaltung in Bayern. Wo der Dorfkommandant mit einer Woche Führungsausbildung als örtlich zuständiger Einsatzleiter die Leitung hat. Dazu dann aus anderen Bereichen noch Personen kommen, die auch meinen, dass Sie das Sagen haben.

    Bei einem MANV oder auch mit mehreren Verletzten wird in Bayern dann der KBM oder KBI alarmiert, der (zumindest beim KBI) dann die Einsatzleitung hat.

    Da ist mir das System in NRW deutlich lieber. Klare Regelung, wer zuständig ist und kein Kompetenzgerangel um die Deutungshoheit.

    Und der Leiter der Feuerwehr oder die Vertretungen haben den Verbandsführerlehrgang und Einführung in die Stabsarbeit erfolgreich besucht.

    ob es sinnhaft ist, wirklich jeden Kommandanten eines TSF oder TSA auf einen Zugführer und danach Verbandsführer zu schicken, wenn das Gelernte im Alltag nie zur Anwendung kommt, bezweifle ich.

  • Am Beispiel Australien/UK:

    Den Hut hat der jeweilige Incident manager auf. Dieser ist im Regelfall normaler Manager einer gewissen Führungsstufe (Area manager,etc.)


    Echte Führung ist eine Wissenschaft die sich zwar an die medizinische Tätigkeit anlehnt/darauf aufbaut, aber eben nicht mit ihr einher geht.


    Auf gut deutsch: Es ist eben schlicht nicht möglich auf beiden Hochzeiten auf top-Niveau zu tanzen. Entweder man ist sehr gut "in der Medizin" ODER "sehr gut" in der Führung.

    Sicherlich mag es Ausnahmen geben,die beides unter einen Hut bringen,aber auch hier stellt sich die Frage ob nicht eine der beiden Seiten besser wäre wenn man ihr alle Aufmerksamkeit widmen würde.


    Um das genannte australische Beispiel auszubauen:

    Du kannst dort nicht gleichzeitig am Hubschrauber als Critical care arbeiten und area manager (die minimale Führungsrolle) sein - denn entweder hast du dann zu wenig Patientenkontakt "auf dem Boden" oder du hast zu wenig Kontakt zu deinen Boden Crews weil du fliegst/trainierst.


    Ist bei der Feuerwehr ja auch so: Wenn ein Chemiker beim Gefahrgutzug dabei ist, wird der auch nicht automatisch Verbandsführer bloß weil er höher qualifiziert ist - stattdessen wird er Fachberater und man hört sich seine Meinung an, ignoriert sie aber auch einmal wenn taktische Erfordernisse dies bedingen.

  • Zu den ganzen Überlegungen, was in die Ausbildung integriert werden kann, glaube ich, dass die Wertigkeit von Berufserfahrung unterschätzt wird.

    Egal, ich jetzt einen GF, einen DIVI Kurs oder sonst etwas integriere, frühestens 2 Jahre später sollte dann ein offizieller Kurs mit dem jeweiligen Inhalt folgen.


    Denn die frisch examinierten müssen zunächst einmal richtig im Job ankommen.

    Und im Antrag spielt die Führungslehre eine untergeordnete Rolle.

    Und dann habe ich jemanden, der auf dem Papier Gruppenführer ist, weil er das schon in der Ausbildung hatte, aber in Endeffekt kaum Ahnung davon hat.

  • Das ist übrigens etwas, was mir im Rettungsdienst / Sanitätsdienst des KatS immer wieder über den Weg läuft; man muss vom Rettungsdienst keine Ahnung zu haben, um ihn führen zu können. Und so passiert es landauf und landab, dass der ehemalige Maschinenbaustudent (von einer richtigen Uni übrigens) mit einer „richtigen“ Feuerwehrausbildung, der mal nebenbei RettSan gemacht hat, weil gehört ja irgendwie zur blauen Ausbildung dazu, aber eigentlich hatte man dazu ja kein Bock (ich will ja dicke Feuersbrünste löschen) und an der Einsatzstelle nun die Sanis herum schubst. Ich habe mich schon so oft gefragt, warum ein NotSan mit ein bissel FF Ausbildung nicht auch einen Löschzug der Berufsfeuerwehr führen darf?

    Warum macht die Feuerwehr viel? In München hat bei der "Flüchtlingskrise" 2015 die Berufsfeuerwehr München gezeigt, dass sie Krise kann. Daher haben sie auch die Leitung des Stabs für außergewöhnliche Ereignisse bekommen, als Corona und nun die Ukraine kam. Der Grund ist nicht, dass sie viel über Viren oder PSNV-B wissen oder über die Vorraussetzungen des Asylbewerberleistungsgesetz im Vergleich zum SGB XII, sondern das sie dynamische Lagen beherrschen und sich in fachfremden Bereichen (wie Krumel schon sagte) auf Fachberater beziehen.

    In Bayern hat in letzter Instanz der Öel die finale Entscheidung und Verantwortung.

  • Das sehe ich mit sehr gemischten Erfahrungen.


    Die beste Übergabe einer Einsatzstelle in den letzten zehn Jahren als OLRD habe ich letzten Herbst von einer Auszubildenden im zweiten Lehrjahr bekommen. Das war so gut, dass wir den Einsatz gemeinsam zu Ende gebracht haben. Hier lagen "nur" zwei Jahre als Rettungssanitäterin und etwas Einsatztaktik aus der NFS-Ausbildung und der MANV-Tag der Jahresfortbildung als Qualifikation vor.


    Auf der anderen Seite habe ich doch einige Einsätze von erfahrenen und medizinisch sehr guten Kollegen übernommen und musste feststellen, dass sie keinerlei Übersicht über die Einsatzstelle, die Rettungsmittel vor Ort etc. hatten.


    Ich glaube das hier ganz viel persönliche Eignung eine Rolle spielt. Vermutlich fährt man hier mit der hessischen Regelung gar nicht schlecht. Da werden zwei Jahre Berufserfahrung gefordert und der Zugführerlehrgang für die Zulassung zum Lehrgang gefordert.

  • Wohlgemerkt zum OLRD, da sind zwei Jahre Rettungsdienst nicht gerade viel.


    Aber das mit der persönlichen Eignung sehe ich auch so. Wenn du jemanden hast, der zwar für den Job brennt und fachlich echt gut ist, aber dafür ein totaler Sozialkrüppel, den brauchst du da nicht hinstellen. Entweder bringt er die Leute nicht unter einen Hut oder er bringt Unruhe in die Führungsmannschaft. Beides nicht zu gebrauchen.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Das ist übrigens etwas, was mir im Rettungsdienst / Sanitätsdienst des KatS immer wieder über den Weg läuft; man muss vom Rettungsdienst keine Ahnung zu haben, um ihn führen zu können. Und so passiert es landauf und landab, dass der ehemalige Maschinenbaustudent (von einer richtigen Uni übrigens) mit einer „richtigen“ Feuerwehrausbildung, der mal nebenbei RettSan gemacht hat, weil gehört ja irgendwie zur blauen Ausbildung dazu, aber eigentlich hatte man dazu ja kein Bock (ich will ja dicke Feuersbrünste löschen) und an der Einsatzstelle nun die Sanis herum schubst. Ich habe mich schon so oft gefragt, warum ein NotSan mit ein bissel FF Ausbildung nicht auch einen Löschzug der Berufsfeuerwehr führen darf? Sollte andersrum dann doch auch selbstverständlich sein. Warum nehmen wir das dann einfach so hin? Wer führt denn in anderen Ländern den Rettungsdienst an der Einsatzstelle? England? Niederlande? Schweiz? Auch eine fachfremde Person?


    Okay, das überrascht mich nun. Wer führt denn dann den Rettungsdienst, in den genannten Ländern?


    Für mich ist das auch eher eine berufspolitische Sache. Ich möchte, dass der Rettungsdienst von Rettern geführt wird. Nicht von fachfremden Personen. Das mag nicht objektiv sein, empfinde ich jedoch als wichtig.

    Ich versuchs mal einigermaßenn verständlich rüberzubringen ;):

    In der Schweiz werden medizinische Lagen durch Rettungssanitäter geführt, welche zeitgleich EL San sind. Bei grossen Ereignissen kommt noch ein LNA hinzu, es entsteht eine duale Führung, bei welcher der RS für einsatztaktische, der LNA für medizinische Belange verantwortlich zeichnet. Einer von beiden übernimmt hierbei zusätzlich die Rolle des BL San (Bereichsleiter), welcher dann noch in die Gesamteinsatzleitung mit FW und Pol einbezogen wird. Wer das ist, wird bilateral entschieden. Bei Bedarf kann zusätzlich ein BL San aber auch noch als dritte Person hinzugezogen werden, dabei führt diese dann EL San und LNA.


    Bis zum Eintreffen EL San übernimmt das erste Team vor Ort (immer ein RS) als sogenannter Chef Front oder EL San ad interim die Führung auf Platz, sowie die Prätriage.


    Grundsätzlich muss jeder RS in der Lage sein, sämtliche Chargen (Warteraum, SanHist, Trip., Behandlung, etc.) bei einem MANV abdecken zu können, mit Ausnahme des EL San, diese sind spezialisiert.


    Bei den meisten RD, welche mir bekannt sind, wird der EL San mit wenigen Ausnahmen aus dem Kader oder jeweiligen Rettungsdienste rekrutiert. Unter anderem hängt dies damit zusammen, dass kostspielige Entscheidungen politisch von einem Kadermitglied eher akzeptiert werden, als wenn dies ein "normaler" Mitarbeiter tut, selbst wenn dieser EL San ist.

    Dazu ein Beispiel: Der letzte durch mich geführte MANV war ein 6-11, dabei entstanden Kosten von über 100'000 SFr., welche bei einem Kadermitarbeiter i.d.R. durchgenickt werden, bei einem Kollegen, der nicht zum Kader gehört, hätte eine solche Summe für mehr Rückfragen gesorgt. Traurig, aber wahr...

  • Okay, das überrascht mich nun. Wer führt denn dann den Rettungsdienst, in den genannten Ländern?

    Nur gültig für meine Region: In dem Moment, wo ich als EL-San alarmiert werde - oder mich selbst in Dienst versetze, bin ich unmittelbarer Vertreter der kantonalen Exekutive vor Ort, legitimiert als „Führung“ des Staates und Kanton XY. Für die Funktion des BL wird abgesprochen, ob dies der LNA oder der EL-San übernimmt auf der Basis der Gleichberechtigung.

  • Gibt's in BW übrigens auch - in vielen LKs sind OrgL als Ehrenbeamte berufen.

    Ich z.B. damals.

  • (Ehren-)Beamter hin oder her: Wenn du vom Träger bestellt bist, handelst du in dessen Auftrag.

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  • In Kürze: das alles erwarte ich vom NotSan auf dem RTW auch. Lediglich wenn das NEF besondere Geräte vorhält, die man selten nutzt, wird jemand auf dem NEF das vermutlich routinierter bedienen können. Aber wenn man regelmäßig NEF fährt, kann man das auch als normaler NotSan gut.


    Insgesamt erwarte ich (und erlebe ich) mehr Kompetenz vom RTW NotSan, der ohne Arzt arbeitet, als vom NEF-NotSan, der in der Praxis häufig einfach den Arzt zum STEMI bringt.


    Ganz persönlich habe ich auch beobachtet, dass RettAss / NotSan die nur auf NEF / RTH / ITW arbeiten weniger selbstständig agieren, wenn sie ohne Notarzt handeln sollen (in Trainings, Kursen, oder an Einsatzstellen). Das ist wirklich nur meine Beobachtung, aber ich finde es auch logisch, und beobachte auch folgendes Verhalten bei mir im RTH: (...)

    In den mir bekannten Gebieten fahren die NotSan NEF nicht nur NEF, sondern auch RTW. Und da ist mein persönlicher Eindruck, dass diese NotSan auf dem RTW deutlich mehr Maßnahmen eigenständig ergreifen und routinierter mit den SOP arbeiten als die NotSan die nur RTW fahren.

    Ich kann aber durchaus deine Punkte nachvollziehe.

    Liegt vielleicht in den mir bekannten Gebieten daran, dass die Hauptaufgabe des Fahrer NEF nicht mehr das Tragen der Kladde für den Notarzt ist.

  • ob es sinnhaft ist, wirklich jeden Kommandanten eines TSF oder TSA auf einen Zugführer und danach Verbandsführer zu schicken, wenn das Gelernte im Alltag nie zur Anwendung kommt, bezweifle ich.

    Dazu muss man wissen, dass in NRW die kommunale Struktur nicht so "zerfasert" ist wie anderswo. Es gibt knapp 400 Städte bzw. Gemeinden. Die Städte bzw. Gemeinde mit der geringsten Einwohnerzahl dürfte trotzdem noch über 4000 Einwohner haben.

    Der Leiter der Feuerwehr ist der Feuerwehrchef für die gesamte Stadt und Gemeinde. Das bedeutet er hat 1 bis x Feuerwehrstandorte unter sich. Ähnlich dem KBM oder KBI in Bayern.

  • Wenn die dann so viel Ahnung von RD/Sanitätsdienst haben wie ich von Feuerwehr nützt das nicht viel.

    In NRW hast du für die Führung mehr oder weniger flächendeckend hauptberufliche Feuerwehrleute, die quasi alle Rettungsdiensterfahrung haben. Diejenigen die den OrgL machen sind regelhaft gD, also vllt ein paar Jahre aus dem aktiven RTW-Geschäft raus, haben aber grundsätzlich Ahnung vom Rettungsdienst. Außerdem führen die halbwegs regelmäßig Einsatzstellen. Dieses System finde ich eigentlich ziemlich überzeugend.


    Weniger überzeugend ist natürlich, dass ein OrgL 5 RTW genauso verwalten soll wie 50. Aber das ist ein anderes Thema.

  • Der Vorteil entstünde dort, wo Leute derzeit führen, die von der Materie keinen Plan haben. Das ist ja nicht flächendeckend so, aber doch viel zu oft der Fall.

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  • Oder eben den gD Feu, der jeden Tag Einsätze führt.

    Es gibt in DE 106 kreisfreie Städte- dort dürfte es fast überall einen gD Feu geben.

    Es gibt aber auch 294 Landkreise - in wie vielen gibt es davon überhaupt gD Feu und in welchen gibt es die flächendeckend?


    Dazu kommt das Lagen mit >10 roten und gelben Patienten glücklicherweise auch wirklich selten sin. Nur Erfahrung hilft dann auch nicht weiter.

  • Oder eben den gD Feu, der jeden Tag Einsätze führt. Ich verstehe ja warum man gerne selbst den Hut auf hätte, aber der Vorteil für das System erschließt sich mir nicht.

    Mein Kumpel führt bei einer großen BF, inzwischen im hD. Ich würde nicht behaupten, dass er ein guter OrgL wäre, weil er von RD wenig versteht. Wenn das funktionieren soll, dann müsste da unbedingt ein guter LNA immer und zeitgleich die Fachlichkeit übernehmen (und dann keinen Patienten anfassen). Find ich schade um den Notarzt, den man therapeutisch brauchen könnte, aber wäre für mich auch ok.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Wenn ich den LNA wirklich am Patienten habe, dann hoffentlich nicht, wenn ich ihn in seiner Funktion brauche.

    They say God doesn't close one door without opening another.

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  • Mein Kumpel führt bei einer großen BF, inzwischen im hD. Ich würde nicht behaupten, dass er ein guter OrgL wäre, weil er von RD wenig versteht. Wenn das funktionieren soll, dann müsste da unbedingt ein guter LNA immer und zeitgleich die Fachlichkeit übernehmen (und dann keinen Patienten anfassen). Find ich schade um den Notarzt, den man therapeutisch brauchen könnte, aber wäre für mich auch ok.

    Die Aufgaben des OrgL ist die technisch-taktische Führung(-sunterstützung) im Einsatzabschnitt medizinische Rettung.

    Verkürzt:

    - Raumordnung

    - Personal-/Einsatzmittelplanung

    - Registrierung der Patienten

    - Behandlungskapazitäten der Krankenhäuser erfassen

    -Transportorganisation


    Dafür benötigt man definitiv kein vertieftes Wissen im Bereich Rettungsdienst und Medizin.

    Wichtigste Voraussetzung für die Funktion OrgL RD ist das Wollen.

    Die beiden besten OrgL RD, die ich im Einsatz erleben durfte war der Geschäftsführer einer Hilfsorganisation, der seit vielen Jahren nichts mehr mit dem RD im "Fahrdienst" zu tun hatte und ein Sachgebietsleiter der Feuerwehr, der auch seit sehr vielen Jahren aktiv mit dem RD nichts mehr zu tun hatte.


    Die hatten das strategische Verständnis was notwendig ist und wie sie den Einsatzabschnitt strukturieren wollen.

    Um Welten besser als die OrgL RD, die noch aktiv RD fahren und sich medizinisch in alles einmischen wollten.