Rettungsdienst Neumünster: Herzinfarkt-Patientin im Stich gelassen

  • verstehe deinen Einwand. Wenn es danach geht wieviel „kranke“ Menschen es gibt dürfte kein Handwerker seinen Namen auf einer Rechnung oder sonstigem Papier hinterlassen. Natürlich meine ich hier Angestellte. Der Selbstständige ist da außen vor. Der Name ist bekannt.


    Grundsätzlich muss ich mir dann auch über vorstellen mit Namen und Namensschildern an der Jacke Gedanken machen.

  • und Namensschildern an der Jacke

    Im Ruhrgebiet habe ich noch nie eine Regelrettungs-Uniform gesehen, an der Namensschilder angebracht sind. Als ich im Ehrenamt angefangen habe (mit Namensschild) haben die alten Hasen auch alle gesagt "Mach bloß die Namensschilder ab!". Diese Problematik mit den Namen ist also durchaus vorhanden. Auf unseren neuen Tablets stehen auf dem Protokoll keine Klarnamen mehr sondern Personal-IDs. Find ich die perfekte Lösung, da eine eindeutige Identifikation möglich ist, aber eben nur mit HIlfe des AG.

  • Aber wir stellen uns schon noch den Patienten vor, oder sind wir alle KSK-mäßig gefährdet, und müssen uns auch zukünftig vermummen Wegen der Fotos?

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Aber wir stellen uns schon noch den Patienten vor, oder sind wir alle KSK-mäßig gefährdet, und müssen uns auch zukünftig vermummen Wegen der Fotos?

    Das machen wir selbstverständlich grundsätzlich. Es gibt aber (meiner Meinung nach) Patienten und Einsätze, bei denen ich erstmal anonym bleiben möchte und eine Identifikation nur in geordneten Bahnen abläuft, wenn sie denn ablaufen soll.

  • Notärzte, die in Rahmen einer Personalüberlassung oder freiberuflich als Honararärzte tätig werden.

    Kleiner Nachschlag zur ”Einbindung” eines Notarztes in den Rettungsdienst. In der Frage der Sozialversicherungspflicht bzw. -freiheit- ist auch dieser Sachverhalt in Schleswig-Holstein schon durch in diesem Fall das Landessozialgericht (AZ.: L 5 BA 51/18) am 16.09.2020 geklärt worden.


    https://www.gesetze-rechtsprec…ramfromHL=true#focuspoint


    Ginge man nicht von einer ”Einbindung” in den öffentlichen Rettungsdienst aus, wären Rettungswagen und deren Ausstattung wohl lediglich mobile Behandlungsräume mit Inventar für Freiberufler. Das kann ich mir nicht vorstellen. In jedem Krankenhaus gibt ein Chefarzt die ”Behandlungsrichtung” seiner Station/Abteilung vor. Warum sollte der Chefarzt (ÄLRD) eines Rettungsdienstes nicht in gleicher Form ”Weisungskompetenzen” für sein eingesetztes Personal haben?


    Den Notärztinnen und Notärzten sind im Gegensatz zum Rettungsfachpersonal lediglich ”mehr” Möglichkeiten bzw. ein größerer Spielraum für die Ausübung eines eigenen Ermessens bei der Auslegung der Empfehlungen eröffnet. Das ist auch in Ordnung.

  • und natürlich kann ich als Auftraggeber auch dem Freelancer vorgeben in welchem Korridor er handeln darf. Das passiert ständig durch Festlegung der Materialien auf dem Fahrzeug, und immer häufiger auch durch SOP die verbindlich sind für alle.

    (Wie immer schließt eine SOP keine Ausnahmehandlung aus, aber regelhaft was anderes machen ist halt nicht drin.)

    Hier unterliegst du einer Fehlannahme. Es ist gerade einer der wichtigsten Abgrenzungspunkte zwischen Angestelltem (ggf. auch im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung) und dem wie auch immer gearteten Freelancer, dass der Freelancer eben keinerlei Weisungsbefugnis des AG unterliegen darf.

    Konkret heißt das auch: Bringe ich z.B. mein eigenes Material mit (gab früher mal den einen oder anderen NA, der gerne sein eigenes Videolaryngoskop mitbrachte) und dieses die geltenden MPG-rechtlichen Regelungen erfüllt ist das erstmal so zu akzeptieren. Ebenso sind SOP für Freelancer erstmal nur "nice to know" solange sie nicht über gesetzliche Regelungen verankert sind.(z.B. über einen ÄLRD - wobei das dann auch nur die NotSan betreffen dürfte)

    Ansonsten sind diese Regelungen absolut nicht bindend, die entsprechenden Sozialversicherungsträger und Aufsichtsbehörden prüfen in ihren Betriebsprüfungen die Verträge sogar darauf, kann ich ein Lied davon singen.


    Es steht aber natürlich dem Auftraggeber frei den entsprechenden, weit weg von der SOP arbeitenden Freelancer beim nächsten Mal nicht mehr zu buchen.


    verstehe deinen Einwand. Wenn es danach geht wieviel „kranke“ Menschen es gibt dürfte kein Handwerker seinen Namen auf einer Rechnung oder sonstigem Papier hinterlassen. Natürlich meine ich hier Angestellte. Der Selbstständige ist da außen vor. Der Name ist bekannt.


    Grundsätzlich muss ich mir dann auch über vorstellen mit Namen und Namensschildern an der Jacke Gedanken machen.

    Naja, wir arbeiten aber halt schon öfter am Rande der Gesellschaft, mit Menschen die tendenziell ein höheres Potential für komische Aktionen und es gab nicht nur einen Fall in dem Rettungsdienstler nach dem Einsatz noch unangenehmen Kontakt zum Patienten hatten. Von daher ist eine gewisse Vorsicht angebracht in manchen Fällen. Und DSGVO ist halt DSGVO, auch beim Angestellten.


    Und ja, über das Anbringen von Namensschildern sollte man sich imho durchaus genauso Gedanken machen wie das vorstellen.

    Ich persönlich trage ein Namensschild, auch weil wir sowieso unser Firmenschild tragen (und es da echt kein Kunststück ist meinen Namen rauszufinden), aber z.B. Auszubildenden rate ich immer genau darüber nachzudenken bei welchen Patienten sie eines Tragen wollen - hier finde ich haben Klettschilder einen enormen Reiz da sie schnell runter zu machen sind. Gerade weibliche Kollegen haben da auch ein höheres Potential Opfer zu werden, dass sollte man auch berücksichtigen.

    Ich habe in der Vergangenheit auch schon für RDs gearbeitet in der das Tragen von Namensschildern explizit verboten war.


    Genauso müssen wir über das Vorstellen nachdenken, ja. Ich stelle aus Prinzip niemals Mitglieder meines Teams mit Namen vor (das wissen die aber vorher und können es dann selber entscheiden ob sie sich vorstellen wollen), ebenso verwende ich bei manchen Patienten nur den Vornamen wenn das Setting passt. (Was ich eigentlich auch die intelligenteste Lösung fände, so wird es z.B. in Australien gehandhabt, aber das ist in DE halt sprachlich nicht drin).


    (Und damit das klar ist: Oma Klawupke mit OSH# stellt man sich natürlich mit Name vor und hat ein Namensschild dran. Aber beim psychotischen Patienten mit ausgeprägten Wahnvorstellungen würde ich das noch einmal überdenken)

  • Grundsätzlich muss der Grundsatz doch sein, dass wenn ich einen Patienten nicht mitnehme, ich alle Vitalparameter dokumentiere und mir gerade bei einer Patientin dieses Lebensalters und einem internistischem Krankheitsbild die Zeit für ein 12-Kanal-EKG nehme. Dafür gibt es meiner Meinung nach nur wenige zulässige Ausnahmen (Pat. flüchtig, Pat. nicht compliant etc.), ansonsten bringt mir halt auch der schön geschriebene Text im Protokoll und eine unterschriebene Transportverweigerung wenig bis nichts.

    Hinzu kommt, dass der Ausschluss eines möglichen ACS vor Ort auch aus mediko-legaler Sicht besonders risikobehaftet ist.

    Moin Johannes,


    wer die Verantwortung für die Handlungen oder Nichthandlungen der Notärztinnen und Notärzte in Schleswig-Holstein trägt, ist spätestens seit dem 30.10.2006 durch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (Az.: 4 U 133/05) geklärt:

    Nicht wirklich; daraus ergibt sich nur, dass Notärzte - wie in den meisten Bundesländern - Beamte im haftungsrechtlichen Sinne sind, d.h. die Amtshaftung greift. Die Verantwortung für ihre Handlungen tragen Notärzte natürlich weiterhin selbst, und die (zivilrechtliche) Amtshaftung ist für strafrechtliche Folgen irrelevant. Zudem sehe ich für die Einschränkung der Therapiefreiheit des Arztes vor Ort durch Vorgaben selbst nicht an der Behandlung beteiligter Ärzte einigermaßen enge Grenzen. Das betrifft m.E. aber - im Gegensatz zu Johannes D. - nicht die Vorgaben für Art und Weise (und Umfang) der Dokumentation, solange diese Vorgaben das Mindestmaß des Erforderlichen überschreiten. Das dürfte dann aber vor allem die arbeits- oder dienstvertragliche Beziehung betreffen.

  • Ich habe im Rahmen diverser Vorträge bei der Ärztekammer regelmäßig von deren Anforderungen an die Dokumentation auch bei Notfällen gehört, die ich mit einem normalen Notfallprotokoll nicht erfüllen könnte. Dürfte man nun gar nicht davon abweichen, kann das Probleme machen. Wird es ehrlich gesagt so vermutlich auch, weil man ja schlecht zu jedem Notfallpatienten ein Dokument im Umgang eines Entlassungsbriefes schreiben kann, aber das ist nochmal ein getrenntes Thema. Danke, thh für deine Ausführungen.


    Kuestenretter ich glaube, es ist auch nicht nötig, von dem wichtigen Thema, was ich in übrigen genau wie du sehe, wie abzuweichen. Ich wollte lediglich klarstellen, dass du bezüglich der Einheitlichkeit falsch informiert bist. Warum das noch nicht so umgesetzt ist, wie du es schreibst, ist mir übrigens - außer dem ärztlichen Teil - schlicht unklar. Die Regeln in Schleswig-Holstein für die Ausbildung werden in einem Gremium aller ÄLRD gemacht, die dann lokal doch wieder andere erlassen. Da drängen sich so viele Fragen auf.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Nicht wirklich; daraus ergibt sich nur, dass Notärzte - wie in den meisten Bundesländern - Beamte im haftungsrechtlichen Sinne sind, d.h. die Amtshaftung greift. Die Verantwortung für ihre Handlungen tragen Notärzte natürlich weiterhin selbst, und die (zivilrechtliche) Amtshaftung ist für strafrechtliche Folgen irrelevant. Zudem sehe ich für die Einschränkung der Therapiefreiheit des Arztes vor Ort durch Vorgaben selbst nicht an der Behandlung beteiligter Ärzte einigermaßen enge Grenzen. Das betrifft m.E. aber - im Gegensatz zu Johannes D. - nicht die Vorgaben für Art und Weise (und Umfang) der Dokumentation, solange diese Vorgaben das Mindestmaß des Erforderlichen überschreiten. Das dürfte dann aber vor allem die arbeits- oder dienstvertragliche Beziehung betreffen.

    Das ist aus meiner Sicht schon klar. Nur wird leider immer wieder zwischen der zivilrechtlichen Haftung und der strafrechtlichen persönlichen Verantwortung durcheinander diskutiert. Daher mein Hinweis auf die geklärte ”Verantwortung” der Haftung für NA in Schleswig-Holstein. Daher ist es zutreffend, um es mit den Worten von Peer Steinbrück auszudrücken, es besteht für NA natürlich mehr ”Beinfreiheit” in der Befolgung der Behandlungsempfehlung, hingegen weniger bis zu keiner Beinfreiheit bei der Befolgung von Dokumentationsvorgaben.

  • Zitat

    Hier unterliegst du einer Fehlannahme. Es ist gerade einer der wichtigsten Abgrenzungspunkte zwischen Angestelltem (ggf. auch im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung) und dem wie auch immer gearteten Freelancer, dass der Freelancer eben keinerlei Weisungsbefugnis des AG unterliegen darf.

    Konkret heißt das auch: Bringe ich z.B. mein eigenes Material mit (gab früher mal den einen oder anderen NA, der gerne sein eigenes Videolaryngoskop mitbrachte) und dieses die geltenden MPG-rechtlichen Regelungen erfüllt ist das erstmal so zu akzeptieren. Ebenso sind SOP für Freelancer erstmal nur "nice to know" solange sie nicht über gesetzliche Regelungen verankert sind.(z.B. über einen ÄLRD - wobei das dann auch nur die NotSan betreffen dürfte)

    Ansonsten sind diese Regelungen absolut nicht bindend, die entsprechenden Sozialversicherungsträger und Aufsichtsbehörden prüfen in ihren Betriebsprüfungen die Verträge sogar darauf, kann ich ein Lied davon singen.

    Die Bedingungen unter denen gearbeitet wird gibt der AG ja wohl vor? Und wenn Teil des Vertrages auch die SOPs sind, dann wird man sich daran (arbeitsrechtlich) halten müssen?


    wie soll denn sonst ein Freelancer-System mit Einhaltung Qualitätsstandards garantiert werden? Oder willst du mir sagen, das obliegt dem Goodwill der Freelancer?

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ich habe im Rahmen diverser Vorträge bei der Ärztekammer regelmäßig von deren Anforderungen an die Dokumentation auch bei Notfällen gehört, die ich mit einem normalen Notfallprotokoll nicht erfüllen könnte. Dürfte man nun gar nicht davon abweichen, kann das Probleme machen. Wird es ehrlich gesagt so vermutlich auch, weil man ja schlecht zu jedem Notfallpatienten ein Dokument im Umgang eines Entlassungsbriefes schreiben kann, aber das ist nochmal ein getrenntes Thema. Danke, thh für deine Ausführungen.


    Kuestenretter ich glaube, es ist auch nicht nötig, von dem wichtigen Thema, was ich in übrigen genau wie du sehe, wie abzuweichen. Ich wollte lediglich klarstellen, dass du bezüglich der Einheitlichkeit falsch informiert bist. Warum das noch nicht so umgesetzt ist, wie du es schreibst, ist mir übrigens - außer dem ärztlichen Teil - schlicht unklar. Die Regeln in Schleswig-Holstein für die Ausbildung werden in einem Gremium aller ÄLRD gemacht, die dann lokal doch wieder andere erlassen. Da drängen sich so viele Fragen auf.

    Danke Johannes D. für die Rückmeldung. Mir ist der Unterschied zwischen Gesetzen und dem richtigen Leben schon klar.


    Meine ”Falschinformation” ist allerdings folgender Annahme bzw. Rechtsgrundlage geschuldet:


    § 11 Ärztliche Leitung Rettungsdienst

    (3) Zu den Aufgaben der ÄLRD gehört auch die Erarbeitung von Empfehlungen für ärztliches Handeln und Behandlungsleitlinien für das nichtärztliche rettungsdienstliche Personal. Die Aufgaben sollen nach einheitlichen Vorgaben erfüllt werden, die in Zusammenarbeit aller in Schleswig-Holstein tätigen ÄLRD erarbeitet worden sind.


    https://www.gesetze-rechtsprec…rue#jlr-RettDGSH2017V4P11


    Die Einschränkung der Regeln in Schleswig-Holstein allein für die Ausbildung erkenne ich in der von mir hier verlinkten gesetzlichen Formulierung jedenfalls nicht. Hätte der Gesetzgeber lediglich die Regeln für die Ausbildung formulieren wollen, ist das mit der gewählten Formulierung im § 11 Absatz 3 SHRG jedenfalls gründlich misslungen.

  • Das beim Patienten verbleibende Protokoll muss/sollte keinen Namen enthalten,erst Recht nicht von nicht an der Dokumentation beteiligten Besatzungsmitgliedern.

    ...

    Gerade in Zeiten in denen wirre Gestalten auch RD Personal immer mal wieder bedrohen und verfolgen würde ich mir das gut überlegen.

    Sorry, jeder Arzt im KV Dienst lässt seine Daten vor Ort. Auch jeder Straf- oder Bußgeldbescheid wird mit dem Namen der zuständigen bzw. feststellenden Person unterschrieben (und da dürfte es mehr Konfliktpotential geben). Sogar die Jugendämter schreiben bei Inobhutname den Namen des Mitarbeiters. Aber der RD versteckt sich hier? Passt nicht zur Forderung, dass es mehr Professionalisierung braucht, wenn ich hier schon nicht zu meiner Arbeit stehe.

  • Das machen wir selbstverständlich grundsätzlich. Es gibt aber (meiner Meinung nach) Patienten und Einsätze, bei denen ich erstmal anonym bleiben möchte und eine Identifikation nur in geordneten Bahnen abläuft, wenn sie denn ablaufen soll.

    klar, wenn ich im Hells Angels Club Keller versorgen soll, oder im Gefängnis, mache ich das auch anders.


    mich hatte vorhin das Gefühl, wegen dieser seltenen Ausnahmen allgemein vermummt und anonym mit Stimmverzerrer auftreten zu müssen. ;)

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Die Bedingungen unter denen gearbeitet wird gibt der AG ja wohl vor? Und wenn Teil des Vertrages auch die SOPs sind, dann wird man sich daran (arbeitsrechtlich) halten müssen?


    wie soll denn sonst ein Freelancer-System mit Einhaltung Qualitätsstandards garantiert werden? Oder willst du mir sagen, das obliegt dem Goodwill der Freelancer?

    Nein. Tut er nicht, da es sich ansonsten um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt. Freelancer werden eben NICHT unter dem Arbeitsrecht sondern unter dem allgemeineren Vertragsrecht nach BGB tätig. Der Auftraggeber (nicht Arbeitgeber!) bestellt bei dir eine vergleichsweise offen definierte Leistung die sich im Regelfall auf die Bereithaltung für humanmedizinische Tätigkeiten bezieht.


    Das fängt bei der Schutzkleidung an (gern gehörtes Argument das man ja "einen Standard" braucht, aber wir sind nicht Teil der Corporate Identity, sorry), geht über sonstigen Arbeitsanfall (Wachaufgaben für Freelancer vorzusehen ist schlicht nicht möglich. Natürlich kann der Freelancer an ihnen teilnehmen. Müssen tut er aber genau gar nichts, insbesondere wenn er unter §4 Abs. 14 Umsatzsteuergesetz tätig wird - was er de facto muss).

    Und gleiches gilt für medizinische Anweisungen (Ausnahmen sind hier wie gesagt die gesetzlich fixierten SOP wie sie z.B. in Bayern gelten).

    Es ist wie angesprochen sogar ein ausdrücklicher Prüfpunkt, dass genau sowas NICHT im Vertrag drin steht und wird von den Aufsichtsbehörden und Sozialkassen ansonsten als Aufhänger genutzt um retrospektiv doch vorhandenes abhängiges Beschäftigungsverhältnis festzustellen.


    Der Freelancer ist selber für "seine" Qualitätsstandards verantwortlich. Das kann natürlich verschiedene Ausprägungen haben. Von "nix" bis zur "eigenen ärztlichen Qualitätskontrolle" wie bei mir ist da alles dabei. Es ist aber in der Tat so, dass wir uns ausdrücklich nicht an lokale Standards halten - sondern an gültige Leitlinien bzw. die landesweit veröffentlichten Empfehlungen. Hat z.B. zur Folge, dass wir einigen seltsamen SOP bewusst nicht folgen, da ansonsten die Handlungssicherheit irgendwann flöten geht.(Häufiges Thema ist da z.B. die Analgesie) Gleiches gilt auch für die Dokumentation - ich habe 2 Kunden die eigene Protokollstandards haben. So leid es mir tut, diese müssen damit leben, dass wir Freelancer diese nicht einhalten. Ich arbeite im Schnitt 2-3x im Jahr dort, das Risiko, dass ich gegenüber "meinem" Standard etwas beim Umdenken vergesse ist zu groß.



    Sorry, jeder Arzt im KV Dienst lässt seine Daten vor Ort. Auch jeder Straf- oder Bußgeldbescheid wird mit dem Namen der zuständigen bzw. feststellenden Person unterschrieben (und da dürfte es mehr Konfliktpotential geben). Sogar die Jugendämter schreiben bei Inobhutname den Namen des Mitarbeiters. Aber der RD versteckt sich hier? Passt nicht zur Forderung, dass es mehr Professionalisierung braucht, wenn ich hier schon nicht zu meiner Arbeit stehe.

    Auch im KV Dienst gibt es in der Tat genug Fälle die schief gehen, bei einem guten Freund stand auch schon einmal ein KV Patient von vor 12 Wochen in der Praxis und hat mit einem Messer in der Hand und hat randaliert.

    Und gerade bei den Straf- und Bußgeldbescheiden ist das aktuell im Hinblick auf die Reichsbürgerszene, etc. ist das gerade ein massives Thema. Hier gibt es diverse Initiativen (u.a. auch bei den Gerichtsvollziehern) die einen Umstieg auf reine Dienstnummern fordern, was imho durchaus nachzuvollziehen ist wenn man hört was diese mittlerweile aushalten müssen. (Und Polizeibeamte tragen in der Einheit auch keine Dienstnummer und zu mindestens hier auch sonst nur freiwillig Namensschild)

    Gleiches gilt für die JAs, ich kenne konkret ein JA bei der alle Inobhutnahmen formal vom Leiter des JA unterschrieben werden damit dessen MitarbeiterInnen nicht mehr exponiert sind.


    Und ich sage es dir ganz offen:

    Ich bin schon durch meine berufliche Tätigkeit (damals in der Flüchtlingshilfe, heute eher politisch) dermaßen bedroht worden, dass ich da vielleicht ein wenig sensitiver mit umgehe. Ich komme da nicht mehr raus, mein Name stand mit Adresse auf Wahlzetteln, meine Adresse ist durch die Firma auch sonst leicht raus zu kriegen, aber das muss man auch nicht provozieren. Details was da so lief kann ich dir gerne mal per PM schicken, ich will das hier nicht breit treten vor unbekanntem Publikum.


    Aber wenn du damit offen umgehst kriegst du auch zurück wie viele KollegInnen/Freunde/Bekannte hier schon negative Erfahrungen gemacht haben. Das fängt "klein" an mit dem Typen der nach dem Einsatz auf der Leitstelle oder Wache anruft und versucht die Nummer der Kollegin rauszukriegen, über den Typen der auf einmal vor der Wache rum hängt (das ist übrigens keine 2 Wochen her) und geht eben viel weiter bis es gelegentlich (seltenst, aber es kommt eben vor) eskaliert.


    Niemand fordert, dass der RD sich da zu "verstecken". Aber es ist absolutes Gebot der Stunde hier sensitiv mit umzugehen und v.a. auch junge KollegInnen dafür zu sensibilisieren, dass hat auch nichts mit fehlender Professionalität zu tun - sondern mit professionellem Eigenschutz und self-care.

  • Hatte ich auch überlegt, aber da sollte doch schon die Ablösung, zumindest für einen der beiden, irgendwie auf der Wache sichtbar sein?

    Dito. Und es gibt ja so Tage wo einfach alles schief geht. Wo man 12h lang durchgerödelt ist und der Kollege der ablöst ist steht im Stau oder ist auch mal der Blödmann der die Wache erst um 7:55 betritt.

    Gerade solche Umstände fördern sowas natürlich extrem und ich glaube keiner von uns muss sich da ausnehmen - wir hatten alle schon Situationen wo wir Patienten aufgrund von Schubladendenken vielleicht zu früh abgestempelt haben. Man muss sich halt selber ein Sicherheitsnetz aufbauen, dass so etwas verhindert. In meinem Fall ist es mein eigener Dokumentationsstandard der immer gleich ist, der fordert einfach "viel", d.h. der Patient muss auch umfassend untersucht werden und braucht viel Anamnese. Das nervt dann zwar öfter mal Kollegen und Leitstelle, aber dafür verhindert das (hoffentlich - bis jetzt wäre mir zu mindestens keiner bekannt wo es wirklich schief ging) sowas.

  • über den Typen der auf einmal vor der Wache rum hängt (das ist übrigens keine 2 Wochen her)

    Dass man vor einer Wache, dem Krankenhaus oder der Arztpraxis abgefangen wird, lässt sich durch anonyme Einsatzjacken leider nicht umgehen.


    In dem Zusammenhang ist das auch eine gute Gelegenheit, zu überlegen, wie viel man auf sozialen Medien von sich bekannt gibt. Ist der Name bekannt, sind so ebenfalls schnell verlinkte oder auf Fotos erkennbare Angehörige wie Lebenspartner und Kinder gefährdet.


  • Wenn das so zu 100% akkurat ist, ist das Ende der freiberuflichen Tätigkeit im RD in 10-20 Jahren wahrscheinlich.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • und natürlich kann ich als Auftraggeber auch dem Freelancer vorgeben in welchem Korridor er handeln darf. Das passiert ständig durch Festlegung der Materialien auf dem Fahrzeug, und immer häufiger auch durch SOP die verbindlich sind für alle.

    (Wie immer schließt eine SOP keine Ausnahmehandlung aus, aber regelhaft was anderes machen ist halt nicht drin.)

    Dem ist (leider) nicht so. Im Gegenteil, ist man an SOPs gebunden, spricht das gegen eine Selbstständigkeit und für ein Angestelltenverhältnis. So sieht es zumindest die Steuerbehörde/die Rechtssprechung.

    PS: Krumel war schneller...

  • Wenn das so zu 100% akkurat ist, ist das Ende der freiberuflichen Tätigkeit im RD in 10-20 Jahren wahrscheinlich.

    Ich denke das wird noch viel schneller gehen, ehrlich gesagt, ich denke die Branche ist aktuell ziemlich nah am Zenit angelangt, zu mindestens im Süd(westen).

    Es wird sich, denke ich zwar einerseits ein gewisser Trend zur Zeitarbeit als besser bezahlte und arbeitnehmerfreundliche Alternative zur Festanstellung analog zur Pflege fortsetzen(diese sind dann ja ggf.auch weisungsgebunden), andererseits aber auch ein Rückgang der "echten" Freelancer ergeben.

    Immer mehr KollegInnen(ärztlich wie nicht-ärztlich) stellen halt in der langfristigen Endabrechnung fest,dass es sich eben doch nicht lohnt bzw. sie kaum mehr verdienen als in der regulären Beschäftigung, aber ein deutliches unternehmerisches Risiko haben. Zudem ziehen parallel auch die Sozialversicherungsträger immer mehr die Daumenschrauben an.

    Die Goldgräberstimmung ist bei vielen Kollegen wie auch bei mir selber definitiv vorbei - wobei sie sich bei mir immer in Grenzen hielt, mein Geschäft ist auch auf anderes ausgerichtet.