Drogenkonsument in Bad Belzig bei Rettungseinsatz überführt

  • […] Bad Belzig.


    Ein Rettungseinsatz in Bad Belzig hat einen Mann überführt, der in Verdacht steht, illegal Drogen zu konsumieren oder gar damit zu handeln.


    Im Zuge des Einsatzes eines Notarztteams am Sonnabend, dem 2. Juli, gegen 9.15 Uhr, sind in der Wohnung des Betroffenen an der Karl-Marx-Straße diverse betäubungsmittelähnliche Substanzen auf einem Tisch entdeckt worden. Die Sanitäter riefen die Polizei […]



    Quelle: https://www.maz-online.de/loka…FAUS26NUPT4LEOUEBKMU.html



    Ist die Information der Polizei in dem geschilderten Fall unzulässig oder sogar eine Pflicht des Teams?

  • Wenn es tatsächlich nur um den Drogenfund (in nicht gerade massenhaftem Umfang) geht, ist das wohl recht klar ein Verstoß gegen §203 StGB.

  • Unzulässig, und noch dazu insgesamt ein Bärendienst an alle Kollegen.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Wenn es tatsächlich nur um den Drogenfund (in nicht gerade massenhaftem Umfang) geht, ist das wohl recht klar ein Verstoß gegen §203 StGB.

    Wenn ein Rettungssanitäter die Polizei gerufen hat, dann trifft ihn der §203 nicht. Vermutlich wird er sich aber trotzdem anderweitig nicht ganz rechtlich korrekt verhalten haben.

    Do your job right – Treat people right – Give all out effort – Have an all in attitude.

    ~ Mark vonAppen

  • Wenn ein Rettungssanitäter die Polizei gerufen hat, dann trifft ihn der §203 nicht. Vermutlich wird er sich aber trotzdem anderweitig nicht ganz rechtlich korrekt verhalten haben.

    Doch, als sogenannte mitwirkende Person (früher "berufsmäßig tätiger Gehilfe") gemäß § 203 Abs. 4 Satz 1 StGB.

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Wenn ein Rettungssanitäter die Polizei gerufen hat, dann trifft ihn der §203 nicht. Vermutlich wird er sich aber trotzdem anderweitig nicht ganz rechtlich korrekt verhalten haben.

    Doch, weil er als berufsmäßig tätigen Gehilfen des NotSan ebenfalls der Schweigepflicht unterliegt.


    EDIT: ich war zu langsam.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Doch, als sogenannte mitwirkende Person (früher "berufsmäßig tätiger Gehilfe") gemäß § 203 Abs. 4 Satz 1 StGB.

    Für die Strafverfolgung des BtMG-Verstoßes ist das aber unerheblich, oder? Also es gibt kein Beweisverwertungsverbot oder so etwas wie zB bei einer fehlenden polizeilichen Belehrung!?

  • Doch, als sogenannte mitwirkende Person (früher "berufsmäßig tätiger Gehilfe") gemäß § 203 Abs. 4 Satz 1 StGB.

    Ah, das ist damals in meiner Rechtskurs durchgerutscht. Hatte da vorhin noch einmal in die Unterlagen geschaut. Hätte mich auch gewundert, wenn es da nichts passendes gäbe.

    Do your job right – Treat people right – Give all out effort – Have an all in attitude.

    ~ Mark vonAppen

  • Für die Strafverfolgung des BtMG-Verstoßes ist das aber unerheblich, oder? Also es gibt kein Beweisverwertungsverbot oder so etwas wie zB bei einer fehlenden polizeilichen Belehrung!?

    Das weiß thh im Zweifel besser aus dem FF, aber imho greift da kein Beweisverwertungsverbot. Es sei denn, die Polizei hätte den Sani angestiftet oä.

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Für die Strafverfolgung des BtMG-Verstoßes ist das aber unerheblich, oder? Also es gibt kein Beweisverwertungsverbot oder so etwas wie zB bei einer fehlenden polizeilichen Belehrung!?

    Ja / nein. Die Aussagen sind voll verwertbar, ungeachtet einer möglichen Strafbarkeit der Aussagenden; die Funde - bei Vorliegen einer Durchsuchungsanordnung oder freiwilliger Zustimmung des Berechtigten zur Nachschau - ebenfalls.

    Ist die Information der Polizei in dem geschilderten Fall unzulässig oder sogar eine Pflicht des Teams?

    Das ist doch bestimmt Bürgerpflicht! :saint:

  • Gibt es eigentlich Urteile, bzw Faustregeln ab wann die Verhältnismäßigkeit bei so einer Sache auf Seite des gerechtfertigten verstoßes gegen die Schweigepflich steht? D.h. wieviel Kg Drogen müssten auf dem Tisch liegen? Reise mutmaßliche Verkaufsabsicht (kleinerer Mengen) reicht ja wohl nicht. Oder muss die geladene Waffe neben den Drogen liegen?

    Und was wenn die Polizei vom RD gerufen wird, aber zum Eigenschutz und nicht mit dem Stichwort "ey guckt euch mal die Drogen hier an" - und dann "zufällig" die Drogen findet? (Ja, arg konstruiert, aber trotzdem...)

    Ich persönlich würde mich da sehr unwohl fühlen und hätte glaube ich ziemliche Schuldgefühle wenn ich größere Mengen nicht melden würde, würde aber gleichzeitg der Schweigepflicht wohl immer den Vorrang geben (alleine weil ich damit allen Kollegne schaden würde, die im entsprechenden Milieru zu tun haben werden)

  • Ist die Information der Polizei in dem geschilderten Fall unzulässig oder sogar eine Pflicht des Teams?

    Es gibt eine Anzeigepflicht, die auch den Rettungsdienst trifft. Sie gilt für eine Reihe geplanter, schwerer Straftaten wie z.B. Raub, Mord oder Totschlag (vgl. § 138 StGB). Es muss also eine ganz erhebliche Gefahr geben, die sich in der Zukunft verwirklichen wird und die zum Zeitpunkt, da der Rettungsdienst Kenntnis davon erlangt, noch abgewendet werden kann.

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

  • Und was wenn die Polizei vom RD gerufen wird, aber zum Eigenschutz und nicht mit dem Stichwort "ey guckt euch mal die Drogen hier an" - und dann "zufällig" die Drogen findet? (Ja, arg konstruiert, aber trotzdem...)

    Das ist meiner Ansicht nach nicht konstruiert, sondern tatsächlich der Regelfall.
    Der Patient möchte freiwillig nicht mit, ist aber eigen- und/oder fremdgefährdend. Der Patient wird darauf hingewiesen, dass dann die Polizei anrücken muss und dann zwangsläufig gewisse Dinge sehen wird, der Patient möchte immer noch nicht mit...


    Nebenbei: Hatte früher einen Kollegen, der immer meinte, es sei seine erste Pflicht als Sanitäter, alle "Auffälligkeiten" unverzüglich der Polizei zu melden. War überraschenderweise auch der Kollege, der immer Probleme mit dem entsprechenden Patientenklientel hatte und überdurchschnittlich häufig körperlich angegangen wurde...

  • Es gibt eine Anzeigepflicht, die auch den Rettungsdienst trifft. Sie gilt für eine Reihe geplanter, schwerer Straftaten wie z.B. Raub, Mord oder Totschlag (vgl. § 138 StGB). Es muss also eine ganz erhebliche Gefahr geben, die sich in der Zukunft verwirklichen wird und die zum Zeitpunkt, da der Rettungsdienst Kenntnis davon erlangt, noch abgewendet werden kann.

    schon klar, nur sehe ich bei der Schilderung des Geschehens die ganz erhebliche Gefahr nicht. Kann natürlich auch an den möglichen ”Rauschwaden” gelegen haben.

  • nur sehe ich bei der Schilderung des Geschehens die ganz erhebliche Gefahr nicht

    Ich auch nicht.

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

  • Ich persönlich würde mich da sehr unwohl fühlen und hätte glaube ich ziemliche Schuldgefühle wenn ich größere Mengen nicht melden würde,

    Echt? Warum denn das? Möchte keine Grundsatzdebatte aufmachen, aber welche Drogen die Gesellschaft wann für besonders verachtenswert hält ist doch ziemlich dynamisch, und nicht so sehr auf einen festen Sockel der Logik verortet oder?
    Ich selbst konsumiere außer der gefährlichsten Droge (Alkohol) nichts, aber ich finde es schon schwierig pauschal moralisch Droge X als gesellschaftliche Gefahr zu beschreiben, und Droge Y nicht, nur weil das Gesetz das grade so sagt. Will sagen, ob du das meldest oder nicht, der Einfluss auf die Gesellschaft wird wohl vernachlässigbar sein in diesem Fall.


    würde aber gleichzeitg der Schweigepflicht wohl immer den Vorrang geben (alleine weil ich damit allen Kollegne schaden würde, die im entsprechenden Milieru zu tun haben werden)

    Das wiederum sehe ich genau so. Ich finde manche Menschen unterschätzen die Wichtigkeit der Schweigepflicht als Instrument welches uns einen wichtigen Vertrauensvorschuss gewährt. Schade eigentlich, dass die verbotene Weitergabe solcher Informationen nicht zum Beweisverwertungsverbot führt.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Gibt es eigentlich Urteile, bzw Faustregeln ab wann die Verhältnismäßigkeit bei so einer Sache auf Seite des gerechtfertigten verstoßes gegen die Schweigepflich steht? D.h. wieviel Kg Drogen müssten auf dem Tisch liegen? Reise mutmaßliche Verkaufsabsicht (kleinerer Mengen) reicht ja wohl nicht. Oder muss die geladene Waffe neben den Drogen liegen?

    Das ist recht einfach: ein Bruch der Schweigepflicht zur Aufklärung vergangener Straftaten ist nie zulässig. Anders sieht das für bevorstehende Straftaten im Umfang der §§ 138, 139 StGB aus, und für Zwecke der Gefahrenabwehr. Eine Verständigung der Polizei unter Bruch der Schweigepflicht wegen Drogenbesitzes wird daher regelmäßig nicht gerechtfertigt sein.

    Und was wenn die Polizei vom RD gerufen wird, aber zum Eigenschutz und nicht mit dem Stichwort "ey guckt euch mal die Drogen hier an" - und dann "zufällig" die Drogen findet? (Ja, arg konstruiert, aber trotzdem...)

    Wenn die Verständigung der Polizei zum Eigenschutz der Rettunsgkräfte - oder wegen Eigen-/Fremdgefährdung des Patienten - berechtigt erfolgt, ist das unproblematisch.

    Schade eigentlich, dass die verbotene Weitergabe solcher Informationen nicht zum Beweisverwertungsverbot führt.

    Nein, das ist nicht schade, das ist richtig und wichtig so.


    Ein Beweisverwertungsverbot - das dazu führt, dass "eines der wesentlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts einschränkt wird, nämlich der Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind" - ist ein seltener Ausnahmefall, der regelmäßig nur dann in Betracht kommen kann, wenn "die Auswirkungen des Rechtsverstoßes (der Strafverfolgungsbehörden) dazu führen, dass dem Angeklagten keine hinreichenden Möglichkeiten zur Einflussnahme auf Gang und Ergebnis des Verfahrens verbleiben, die Mindestanforderungen an eine zuverlässige Wahrheitserforschung nicht mehr gewahrt sind oder die Informationsverwertung zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht führen würde. Zudem darf eine Verwertbarkeit von Informationen, die unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften gewonnen wurden, nicht bejaht werden, wenn dies zu einer Begünstigung rechtswidriger Beweiserhebungen führen würde. Ein Beweisverwertungsverbot kann daher insbesondere nach schwerwiegenden, bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen geboten sein, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind." (Zitate aus BGH, Beschluss vom 05.04.2022, 3 StR 16/2, der die ständige Rechtsprechung dazu noch einmal zusammenfasst)


    Wenn andere - insbesondere Private - sich rechtswidrig, auch strafbar, verhalten, dann ist darauf durch Ahndung des strafbaren Verhaltens zu reagieren, nicht ber durch eine Begünstigung des Straftäters. Das gilt sogar bei Verstößen von Angehörigen der Strafverfolgungsbehörden, je nach dem Ergebnis der Abwägung zwischen dem "Ausmaß des staatlichen Aufklärungsinteresses, dessen Gewicht im konkreten Fall vor allem unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit weiterer Beweismittel, der Intensität des Tatverdachts und der Schwere der Straftat bestimmt wird", und dem "Gewicht des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes [...], das sich vor allem danach bemisst, ob der Rechtsverstoß gutgläubig, fahrlässig oder vorsätzlich begangen wurde".

  • Es gibt eine Anzeigepflicht, die auch den Rettungsdienst trifft. Sie gilt für eine Reihe geplanter, schwerer Straftaten wie z.B. Raub, Mord oder Totschlag

    Funfact: Gemäss einer Fortbildung in den 90ern: Fälschung von Euroschecks (aber wer kennt die überhaupt noch).

  • Echt? Warum denn das? Möchte keine Grundsatzdebatte aufmachen, aber welche Drogen die Gesellschaft wann für besonders verachtenswert hält ist doch ziemlich dynamisch, und nicht so sehr auf einen festen Sockel der Logik verortet oder?
    Ich selbst konsumiere außer der gefährlichsten Droge (Alkohol) nichts, aber ich finde es schon schwierig pauschal moralisch Droge X als gesellschaftliche Gefahr zu beschreiben, und Droge Y nicht, nur weil das Gesetz das grade so sagt. Will sagen, ob du das meldest oder nicht, der Einfluss auf die Gesellschaft wird wohl vernachlässigbar sein in diesem Fall.

    Ich bin auch lediglich Konsument von Alkohol (diesen zuvor schon nur sehr sporadisch, seit jetzt schon 2 Jahren überhaupt nicht mehr), kann aber die gesellschaftliche Relevanz von illegalen Drogen nachvollziehen. Unabhängig davon, welche Droge gesellschaftlich als illegal deklariert werden, führt das regelmäßig dazu, dass gerade "harte" Drogen einen sehr großen Rattenschwanz an weiterer Kriminalität nach sich ziehen oder der Handel dazu dient, andere kriminelle Aktivitäten zu finanzieren, welche der Gesellschaft natürlich erheblich schaden.

  • Unabhängig davon, welche Droge gesellschaftlich als illegal deklariert werden, führt das regelmäßig dazu, dass gerade "harte" Drogen einen sehr großen Rattenschwanz an weiterer Kriminalität nach sich ziehen oder der Handel dazu dient, andere kriminelle Aktivitäten zu finanzieren, welche der Gesellschaft natürlich erheblich schaden.

    Da ich in einem Land lebe, in dem der Konsum von Drogen nicht strafbar ist, behaupte ich, dass es die „Illegalität“ ist, die die Probleme verursacht. Mir ist es lieber, wenn ein berufstätiger Mensch die Möglichkeit hat, sich unter kontrollierten Bedingungen seinen „Schuss“ setzen kann und danach seiner Arbeit nachgeht, als dass eine Beschaffungskriminalität entsteht.