Kritik der Stuttgarter Ärzteschaft: Rufnummer 116 117 – "Patienten kommen nicht durch"

  • Manchmal kann man sich ja nur wundern.


    Die Vorgaben - bspw. - der KV BW für den ärztlichen Notfalldienst waren mir zwar bekannt:

    Zitat

    Grundsätzlich ist jeder niedergelassene Arzt zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst verpflichtet. Am allgemeinen ärztlichen Notfalldienst beteiligen sich grundsätzlich Ärzte aller Fachrichtungen.

    - und sie machen auch im Sinne der gleichen Verteilung der Arbeitsbelastung "grundsätzlich" Sinn. Man muss sich m.E. aber fragen, ob es wirklich hilfreich ist, Augenärzte oder Radiologen tatsächlich zum Notfalldienst heranzuziehen, oder - wie in einem mir bekannten Fall - niedergelassene Pathologen.

  • Habe mal einen Palliativ-Patienten nachts um 3 gehabt, mit starken Schmerzen, der auf gar keinen Fall ins KH wollte.


    Umfassende Medikation zuhause, aber keinen Notfallplan. Die Vormedikation war zu komplex als das ich da einen sinnvollen Vorschlag hätte machen können. SAPV gabs nicht.

    Ich rufe also 116117. Der empfiehlt KH Transport. Ich erkläre genervt aber ausführlich warum das ne schlechte Lösung ist. Biete sogar an, einfach seinen telefonischen Rat zur Medikation anzunehmen, damit er nicht aufstehen muss (man hörte Bett-Rascheln).


    darauf sagt er: „welcher Rat soll das sein? Ich bin Psychiater!“

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • War es nicht so, dass aber neben der Facharztzulassung auch noch weitere Kriterien wie zB spezielle Kurse ovgl für den KV Dienst Voraussetzung waren? Oder ist das Vergangenheit bzw nur regional notwendig?

    Aber ja habe das ja auch schon mal geschrieben. Ich Rate Freuden und Verwandten vom Gang in die KV Praxis ab, wenn es nicht nur um den gelben Schein oder konkret bekannte Medikamente auf Rezept geht. Entweder es kann bis Montag warten und man geht zum Hausarzt oder es braucht mehr als Lotto und dann ist die nächste ZNA zumindest etwas besser geeignet.. traurig und nicht sinnvoll, aber wahr.

  • Manchmal kann man sich ja nur wundern.


    Die Vorgaben - bspw. - der KV BW für den ärztlichen Notfalldienst waren mir zwar bekannt:

    - und sie machen auch im Sinne der gleichen Verteilung der Arbeitsbelastung "grundsätzlich" Sinn. Man muss sich m.E. aber fragen, ob es wirklich hilfreich ist, Augenärzte oder Radiologen tatsächlich zum Notfalldienst heranzuziehen, oder - wie in einem mir bekannten Fall - niedergelassene Pathologen.

    Nein. Es macht keinen Sinn. Ist halt ein Relikt aus alter Zeit. Die Frage ist aber ob man heute einfach die von dir genannten Fachärzte aus dem System entlassen sollte, denn dann müssten a) die anderen Fachärzte noch mehr Wochenenden stemmen und b) würde es bspw. dem Facharzt für Allgemeinmedizin sicherlich nicht in seiner Attraktivität steigen.

    Aber auch heute schon kann man diese Dienste ja "verkaufen", es gibt Ärzte die die wirklich gerne machen, oder eben man beschäftigt hauptamtliche Kräfte dafür.

  • Hatten auch eine Ärztin die das gern gemacht hat. Gern, aber nicht besonders gut. Man ist ihr Nachts hinterhergefahren mit den RTW...

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • War es nicht so, dass aber neben der Facharztzulassung auch noch weitere Kriterien wie zB spezielle Kurse ovgl für den KV Dienst Voraussetzung waren?

    Bei der KV RLP genügt auch eine dreijährige klinische Tätigkeit nach der Approbation, in Ausnahmefällen sind auch zwei Jahre ausreichend. (§1 (1) der Richtlinie der KV RLP zur Bereitschaftsdienstordnung)

    Kurse sind, so meine ich, lediglich empfohlen, aber keine zwingende Voraussetzung.


    Ich kenne auch Leute, die das ohne Facharztqualifikation gemacht haben.


    Man muss sich m.E. aber fragen, ob es wirklich hilfreich ist, Augenärzte oder Radiologen tatsächlich zum Notfalldienst heranzuziehen, oder - wie in einem mir bekannten Fall - niedergelassene Pathologen.

    Gab es nicht auch einen Labormediziner, der in Bayern gerichtlich dazu verurteilt wurde, am Dienst teilzunehmen?

  • Wie handhaben denn andere Länder die ambulante Versorgung außerhalb der Arbeitszeiten?

    In der Schweiz haben (dort, wo es sich lohnt) private Firmen die Versorgung übernommen, z.B. dieSOS Medecins in Genf oder Mobile Ärzte in Teilen der Deutschschweiz. Problematisch ist es weiterhin in wenig besiedelten Regionen, mit etwas Glück absolvieren noch motivierte Landärzte den Notfalldienst.

  • War es nicht so, dass aber neben der Facharztzulassung auch noch weitere Kriterien wie zB spezielle Kurse ovgl für den KV Dienst Voraussetzung waren? Oder ist das Vergangenheit bzw nur regional notwendig?

    Offensichtlich nicht. Jeder Vertragsarzt, also jeder niedergelassene Arzt, ist zur Teilnahme verpflichtet; ein Vertreter, den er benennt, muss noch nicht einmal Facharzt, sondern nur approbiert sein. - Theoretisch nachvollziehbar stellt sich die KV offensichtlich auf den Standpunkt, dass die Pflicht für alle Vertragsärzte gelten müsse und es eben zu den ärztlichen Pflichten gehöre, sich in patientenfernen Fächern auf dem notwendigen ärztlichen Kenntnisstand zu halten. Das ist natürlich völlig praxisfern, und es macht überhaupt keinen Sinn, Labormediziner, Radiologen und Pathologen zum Dienst einzuteilen.


    Ich kenne das aus früheren Jahren (in einem anderen Bundesland) aus der Praxis auch anders; es liegt vermutlich nicht zuletzt an der praktischen Handhabung im jeweiligen Notdienstbezirk. Oder es werden schlicht die interessierten Vertreter knapp ...

    Nein. Es macht keinen Sinn. Ist halt ein Relikt aus alter Zeit. Die Frage ist aber ob man heute einfach die von dir genannten Fachärzte aus dem System entlassen sollte, denn dann müssten a) die anderen Fachärzte noch mehr Wochenenden stemmen und b) würde es bspw. dem Facharzt für Allgemeinmedizin sicherlich nicht in seiner Attraktivität steigen.

    Natürlich müsste man das tun. Ärzte zum Dienst einzuteilen, die ihre Aufgaben offensichtlich realiter nicht erfüllen können, ist sinnlos. In der Klinik teilt ja auch niemand den Dermatologen als einzigen Arzt in der ZNA ein, obschon der ja zumindest noch (lebende) Patienten kennt.


    Wenn man an der Sektorentrennung festhalten will, dann muss der ambulante Bereich seinen Sicherstellungsauftrag erfüllen. Ein vertragsärztlicher Notfalldienst, der auf dem Papier besteht, aber praktisch aufgrund mangelnder Qualifikation, fehlendem Personal oder unzureichender Erreichbarkeit seine Aufgaben nicht erfüllen kann, führt dazu, dass ambulante Patienten in den NotAUFNAHMEN aufschlagen, in denen sie eigentlich nichts verloren haben, und die dann entsprechende Leistungen nicht ausreichend abrechnen können und (daher) auch nicht ausreichend personell aufgestellt sind. Kann der ambulante Bereich seine Aufgaben außerhalb der Sprechstundenzeiten nicht erfüllen, dann muss man sie dem stationären Bereich übertragen und auch die entsprechenden Mittel umleiten.

    Aber auch heute schon kann man diese Dienste ja "verkaufen", es gibt Ärzte die die wirklich gerne machen, oder eben man beschäftigt hauptamtliche Kräfte dafür.

    In der Regel kann man das, aber offenbar nicht immer; sei es, dass der Dienstplan für den Januar erst spät steht, sei es, dass sich niemand gefunden hat - es handelt sich nicht um einen fiktiven Fall, und die betroffenen "patientenfernen" Ärzte würden gerne jede Möglichkeit wahrnehmen, den Dienst nicht leisten zu müssen.

  • madde wie läuft das in uk?

    Was interessiert dich genau?


    Über die Telefonnummer 111 erhält man die Information als Patient, welcher Service für einen zuständig ist. IdR beteiligen sich die Allgemeinärzte an der örtlichen Out-of-hours Betreuung, d.h. das entweder eine Notfallpraxis - oft in Krankenhäusern oder großen Versorgungszentren - oder mobile Care practitioner / Ärzte einen Hausbesuch machen. Kenne persönlich kaum gps die selbst eine Versorgung außerhalb der regulären Öffnungszeiten anbieten. Ist wohl ganz gut bezahlt, aber machen will das kaum einer der niedergelassenen.


    Ciao,


    madde

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    Because I always back up my rage with facts and documented sources."



    The Credible Hulk.