taz-Recherche zu Rettungsleitstellen : Fehlgeleitet

  • Ehrlich gesagt kann ich dem Artikel keine belastbaren Hinweise auf Rassismus entnehmen. Auch ich erlebe es hin und wieder, dass ich einem Patienten, mit dem ich mich verbal nicht verständigen kann, deswegen auch nicht adäquat helfen kann. Eine gemeinsame Sprache ist meiner Meinung nach das wichtigste Instrument präklinischer Diagnostik schlechthin. Das dürfte insbesondere auch für die Arbeit auf Rettungsleitstellen gelten.

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

  • Für die direkte Kommunikation mit dem Patient gibt es sowohl postkartengrosse Büchlein (auch mit Symbolbildern) oder Apps.

    Von einem LS-Disponenten kann nicht erwartet werden das er neben Englisch weitere Fremdsprachen fliessend beherrscht.


    Die LS hat das gemacht was auch bei den unklaren Notrufen deutschsprachiger Anrufer Usus ist: sie hat ein Fzg. entsendet.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Was ich mich schon länger frage: Gibt es denn nicht die Möglichkeit, dass man die z.B. 12 häufigsten Sprachen der Welt in einem Verbundnetzwerk deutschlandweit oder sogar DACH-weit bei den Leitstellen abbildet und per Knopfdruck an jemanden das Gespräch übermittelt, der auch die passende Sprache spricht?

  • KV-Mitarbeiter prangert schlechte Versorgung durch die Rettungsleitstellen an. Da weiß man gar nicht mehr, ob der Artikel Ernst oder als Satire zu verstehen ist.

  • Ganz grundsätzlich sind andere Länder was die Verständigung mit Patient:innen angeht deutlich weiter.


    Ob Telefon-Dolmetscher-Dienste die innerhalb von 15min live-dolmetschen, oder Leitstellensysteme die zumindest rudimentäre Abfragen via Sprachcomputer & Tasten-Eingaben ermöglicht, oder eben ein Online-Formular sind diverse Möglichkeiten grundsätzlich vorhanden. Aber selbst die "Notruf App" nora kann aktuell nur Deutsch und Englisch, da muss ich mich schon wundern, ob es manchen Entscheidungsträgern einfach egal ist, was mit fremdsprachigen Menschen passiert. Technisch ist jedenfalls mehr möglich.


    https://www.nora-notruf.de/de-as/fragen/faq#220

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Man kann auch einfach eine Konferenzschaltung mit dem persönlichen Umfeld starten. Ich habe das immer wieder gerne genutzt - Arabisch, Portugiesisch, Bulgarisch, Russisch.

  • Ganz grundsätzlich sind andere Länder was die Verständigung mit Patient:innen angeht deutlich weiter.


    Ob Telefon-Dolmetscher-Dienste die innerhalb von 15min live-dolmetschen, oder Leitstellensysteme die zumindest rudimentäre Abfragen via Sprachcomputer & Tasten-Eingaben ermöglicht, oder eben ein Online-Formular sind diverse Möglichkeiten grundsätzlich vorhanden. Aber selbst die "Notruf App" nora kann aktuell nur Deutsch und Englisch, da muss ich mich schon wundern, ob es manchen Entscheidungsträgern einfach egal ist, was mit fremdsprachigen Menschen passiert. Technisch ist jedenfalls mehr möglich.


    https://www.nora-notruf.de/de-as/fragen/faq#220

    Amen! Wollte ich quasi so auch schreiben.

  • Klar, so mache ich das auch öfter. Und Dank Apple kann ich recht oft auch mit der Translate-App vor Ort Infos sammeln.


    Aber grade in Zeiten, wo die Abfragen standardisiert sind wäre es doch ein leichtes die Fragen online in der eigenen Sprache gestellt zu bekommen und zu beantworten, und dann das übersetzt zu übermitteln. Alles nicht so toll wie das persönliche Gespräch, aber tausendmal besser als "ick verstehe hier jarnüscht, da kannick ooch nicht helfen."

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  • Für die Kommunikation vor Ort gibt es ja auch brauchbare Apps speziell für den Rettungsdienst wie AnamTrans oder Aidminutes. Es wäre technisch sicherlich kein großes Problem, das auch fernmündlich zu nutzen.

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  • Unsere Nida-Pads beinhalten eine entsprechende App, die zumindestens rudimentär in Bild, Schrift und Ton die wichtigsten Fragen stellen kann. Alles weitere macht dann der Google-Translator.

  • Kann generell aid.minutes rescue empfehlen, damit habe ich extrem gute Erfahrungen gemacht, auch weil es gut mit Menschen mit eingeschränkten kognitiven Funktionen umgehen kann und eine brauchbare Anamneseübersicht bietet.


    Im Bereich der Notrufabfrage kommen imho v.a. Kooperationen in Frage.

    In Bayern wird seit Jahrzehnten die Kooperation mit der Landesleitstelle Bozen gelebt - italienischsprachige Notrufe können durch Zuschaltung eines zweisprachigen Disponenten so effektiv abgearbeitet werden, allerdings ist die Annahmezeit natürlich deutlich verzögert. (Gibt da so ein Fest das für viele, meist selbst für italienisch-fremdsprachige Calltaker schwer zu verstehende, Notrufe sorgt)

    In BaWü hat zu mindestens eine Leitstelle einen direkten Draht zur SAMU Leitstelle auf der anderen Rheinseite und kann theoretisch wohl dort um Unterstützung bei der Abfrage bitten - allerdings sind die Deutsch/Englischkenntnisse auf der anderen Seite "schwierig".

    Ich weiß das an anderer Stelle schon mal über Schweizer Leitstellen gegangen wurde.

    Ansonsten ist die Polizei hier oft viel weiter als RD/FW.


    Insgesamt muss man aber klar sagen: Hier braucht es eine bundesweite Lösung. Es wäre weder technisch noch finanziell ein großes Problem eine "Dolmetscherzentrale" zentral vorzuhalten die per Telefon dazu schaltbar sind und übersetzen.

    Der Bedarf hierfür ist definitiv da - und ja nicht nur im Hinblick auf Flucht und Migration sondern auch für Reisende, etc.


    Im Kontext reisender erinnere ich mich sehr bedrückt an einen Fall in dem uns im RTW nachts ein junger Mann fast vor das Auto sprang, weinend, maximal gestresst, leider kein Wort Deutsch und nur 2-3 Worte Englisch sprechend. Es war klar, dass er uns zu irgendwem lotsen will - es war aber tatsächlich nicht so klar, ob das nun gute oder böse Intention hat.

    Wir folgten trotzdem mal, im Endeffekt fanden wir eine junge Mutter mit einem wenige Stunden wohl in einer Hausgeburt im 7Mon. geborenen Baby vor. Selbiges war hochgradig zyanotisch, hatte ein relativ eindeutig ein Mekoniumaspirationssyndrom und endete auch beatmet und mehrfach reanimationspflichtig auf der ITS, leider wohl mit bleibenden Schäden.

    Der Vater hatte sowohl zur Geburt selber als auch danach u.a. über die 112, die 110 und die 116117 angerufen, war aber dort gescheitert.


    Zugegebenermaßen, das ganze ist lange her, lange vor Google Translate und Co, aber wir müssen uns halt klar sein, dass auch so etwas passieren kann.

    (Man war übrigens auf der Durchreise zu einer Hochzeit nach England und hatte in Deutschland eine Ferienwohnung als Aufenthaltsort von einem Bekannten vermittelt bekommen - den Teil der Story erfuhren wir dann nachträglich vom Urdu sprechenden Arzt der Klinik)

  • Unsere Nida-Pads beinhalten eine entsprechende App, die zumindestens rudimentär in Bild, Schrift und Ton die wichtigsten Fragen stellen kann. Alles weitere macht dann der Google-Translator.

    das Was hier auf dem NiDa ist finde ich unterirdisch.

  • Was ich mich schon länger frage: Gibt es denn nicht die Möglichkeit, dass man die z.B. 12 häufigsten Sprachen der Welt in einem VerbundnetzwerkWe deutschlandweit oder sogar DACH-weit bei den Leitstellen abbildet und per Knopfdruck an jemanden das Gespräch übermittelt, der auch die passende Sprache spricht?

    Welche wären das Deiner Meinung nach?

    Bei der Häufigkeit (Anzahl sprechender Personen) wären das z.B. Chinesisch (hier: Mandarin), Hindi und Arabisch.


    Die Zahl von Chinesen und Indern die in DACH leben und kein Englisch sprechen dürfte marginal sein.

    Bei Arabern habe ich in meiner aktiven Zeit entweder gutes Englisch und/oder Dolmetscher erlebt (Touristen).

    Bei arabischsprechenden Personen in der Flüchtlingskrise (bspw. aus dem Irak) fand i.d.R. ebenso eine halbwegs funktionierende Verständigung auf Englisch statt.


    Bzgl. Englisch:

    ich wage die Behauptung das niemand hier im Forum während seiner Schulzeit Vokabeln wie cerebal bleeding, fracture, poison usw. beigebracht bekommen hat.


    Es muß auch bedacht werden das nicht vorhandene Sprachkenntnisse sich abhängig von der einreisenden Gruppierung mittelfristig ändern.

    Vor einigen Jahren war das noch Arabisch, Dari, Urdu.

    Aktuell sind momentan aber Ukrainisch/Russisch.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

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  • Nicht meiner Meinung nach ;)


    Notrufabfrage in Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch und Arabisch wäre ja schonmal ein Anfang, ggf. auch als telefonischer Dolmetscherdienst für Einsatzkräfte vor Ort. Merke das im Moment im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit in der Flüchtlingshilfe: ÜbersetzerApps sind zwar toll, erreichen aber schnell ihre Grenze. Ein Anruf mit Lautsprecher bei unserer Dolmetscherin und das (oft sehr kleine) Problem ist gelöst bzw. adäquat benannt.

  • Die Zahl von Chinesen und Indern die in DACH leben und kein Englisch sprechen dürfte marginal sein.

    Bei Arabern habe ich in meiner aktiven Zeit entweder gutes Englisch und/oder Dolmetscher erlebt (Touristen).

    Bei arabischsprechenden Personen in der Flüchtlingskrise (bspw. aus dem Irak) fand i.d.R. ebenso eine halbwegs funktionierende Verständigung auf Englisch statt.

    Deine Erfahrungen scheinen wild von meinen abzuweichen.

  • Deine Erfahrungen scheinen wild von meinen abzuweichen.

    Bezieht sich das auf arabisch sprechende Personen?

    Bei asiatischen Patienten funktioniert das mit dem Englisch mehr oder weniger.

    Erfahrungen mit Hindi-sprechenden Personen habe ich nicht.


    Gutsituierte arabisch sprechende Patienten (mit engl. Sprachkenntnis und/oder Dolmetscher) sind in den heimischen KH immer noch gerne gesehen. Diese Medizinreisen mögen vielleicht rückläufig sein im Vgl. zu den 80-er-Jahren sind aber immer noch stattfindend

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Bezieht sich das auf arabisch sprechende Personen?

    Bei asiatischen Patienten funktioniert das mit dem Englisch mehr oder weniger.

    Erfahrungen mit Hindi-sprechenden Personen habe ich nicht.


    Gutsituierte arabisch sprechende Patienten (mit engl. Sprachkenntnis und/oder Dolmetscher) sind in den heimischen KH immer noch gerne gesehen. Diese Medizinreisen mögen vielleicht rückläufig sein im Vgl. zu den 80-er-Jahren sind aber immer noch stattfindend

    Vielleicht sind ja Wiesbaden oder Baden-Baden nicht repräsentativ?