Ministerium konkretisiert Reform des Rettungsdienstes, Landkreistag mit heftiger Kritik

  • Zitat von Ärzteblatt

    Vielmehr fordern die Städte, dass der Rettungsdienst weiter verlässlich finanziert werden. „Nur so kann das bewährte System fortbestehen und weiterentwickelt werden“, heißt es in dem Schreiben.

    Die Herrschaften vom Deutschen Landkreistag haben Angst, dass man ihnen die Macht beschränkt. (Macht-) Politisch kann ich das sogar nachvollziehen. Daher hoffe ich sehr, dass man nicht wirklich glaubt, was man da selbst von sich gibt. Denn sonst wären die Landkreise entweder dumm oder sie wissen wirklich nicht, was täglich auf der Straße los ist.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • In der auch hier im Forum verlinkten Reportage des SWR wegen der unterschiedlichen Versorgungsqualität bei Reanimationen hatte sich Herr Hitzges vom rheinlandpfälzischen Innenministerium auch sehr überrascht gezeigt, dass der Bund in der Rettungsdienstversorgung mitreden könnte. Von seiner damaligen Reaktion her, kann man meinen, dass das wirklich völlig außerhalb des Vorstellbaren liegen würde.

  • Die Herrschaften vom Deutschen Landkreistag haben Angst, dass man ihnen die Macht beschränkt.

    Das glaube ich eher nicht. Es geht vielmehr um die Verhinderung der mehr oder minder offensichtlich angestrebten Umsetzung der Hinweise und Forderungen des Bundesrechnungshofes. Getreu dem Motto, mache oben Politik, die sich gut anhört und lass es die da ”unten” mal bezahlen. Ich kenne aktuell fast keine öffentlichen Haushalte, die das mal eben ”übernehmen” können......


    Quelle: https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/Berichte/2018/rettungsfahrten-und-flugrettungstransporte-volltext.pdf?__blob=publicationFile&v=1#:~:text=Der%20Bundesrechnungshof%20hat%20die%20Finanzierung,für%20die%20Bereitstellung%20eines%20Rettungsdienstes.

  • Das glaube ich eher nicht. Es geht vielmehr um die Verhinderung der mehr oder minder offensichtlich angestrebten Umsetzung der Hinweise und Forderungen des Bundesrechnungshofes. Getreu dem Motto, mache oben Politik, die sich gut anhört und lass es die da ”unten” mal bezahlen. Ich kenne aktuell fast keine öffentlichen Haushalte, die das mal eben ”übernehmen” können......


    Quelle: https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/Berichte/2018/rettungsfahrten-und-flugrettungstransporte-volltext.pdf?__blob=publicationFile&v=1#:~:text=Der%20Bundesrechnungshof%20hat%20die%20Finanzierung,für%20die%20Bereitstellung%20eines%20Rettungsdienstes.

    Das ist hier auch nicht anders. Die eine oder andere Feuerwehr finanziert damit auch (gute) Beamtenstellen mit, von dem eher die Feuerwehr profititert, nicht der Rettungsdienst. Wenn es den Landkreisen jedoch nur um die Haushalte geht, frage ich mich, warum die Landkreise es dann noch nicht geschissen bekommen haben, in bestimmten Dingen auf mehr Zusammenarbeit zu setzen, wie bspw. Einheits-RTW, Beschaffungen/Ausschreibungen, Zentral-Apotheken, Regionalleitstellen vernetzt/einheitlich (denn es gibt immer noch kleine gallische Dörfer in meinen Bundesland), usw. Ich bin davon überzeugt, dass hier noch andere Motive dahinter stecken. Qualitative/fachliche Gründe werden diese nicht sein.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Die eine oder andere Feuerwehr finanziert damit auch (gute) Beamtenstellen mit, von dem eher die Feuerwehr profititert

    Das ist wohl leider so. In Schleswig-Holstein durch das Rettungsdienstgesetz grundsätzlich ausgeschlossen bzw. unzulässig. Allerdings hilft uns ja auch keine Kollektivbestrafung, weil es einige nicht hinbekommen (wollen). Es gibt ja durchaus genügend Gegenden, wo es Regionalleitstellen, Landes-Standard RTW und zentrale Beschaffungen alles schon gibt. Die formulierten anderen Motive sehe ich leider auch. Allerdings gibt es eben leider auch -andere- Motive der Krankenkassen am notwendigen (und daran habe ich auch keinen Zweifel) Reformbedarf im Rettungsdienst.

  • Mal ganz salopp gesagt haben die Länder drei große Kompetenzen: Polizei, Schule und Gesundheit.

    Die ersten beiden Kosten empfindlich viel Geld und Umstrukturierungen bzw. große Reformen dauern mehr als eine Legislaturperiode. Spürbare Ergebnisse erst recht. Und dann betreffen die Ergebnisse noch nicht mal alle Bevölkerungsschichten gleichermaßen.

    Die letzte Bastion ist also der Bereich Gesundheit und hier sind die Kosten zumindest teilweise durch die Kassen wieder rein zu bekommen und ich kann cool bei Problemen auf "die in Berlin" verweisen. Aber ich rette das Krankenhaus vor Ort, denn damit ist die "lokale Versorgung" ja gesichert, muss man nicht 30 Minuten, sondern nur 15 oder 20 Minuten fahren im professionelle Hilfe zu bekommen, denn in den Augen der Bevölkerung rettet ja jedes Krankenhaus jedes Leben spielend und jede OP wird dort gemacht (weil ja jeder immer ins nächste Haus will und niemand "zum Spezialisten").

    Hinzu kommt das hauptamtliche Feuerwehren ebenfalls teilweise über die Krankenkasse refinanziert werden und HiOrgs ja auch alles andere sind als kommunalpolitisch vernetzt. Der Vorsitzende des DRK ist niemals der Bürgermeister. Und hey, ein paar RTW mehr... und schon hat man was für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung getan! Und in der Presse wirkt das auch gut. Und es ist schnell umsetzbar.


    Ich hoffe die Ironie konnte man durchlesen an manchen Stellen, aber wieso sollte eine Landesregierung hier bitte ihren eigenen Zopf abschneiden? Ich finde es tragisch - aber nachvollziehbar.

  • Ergänzend zu den bisherigen Beiträgen:


    Politik bedeutet Kompromiss und fas wiederum bedeutet das Finden des kleinsten gemeinsamen Nenners.

    Bei der Haushaltslage im Bund und in den Ländern fehlt das Geld für alles - erst recht für Verbesserungen für das bestehende Modell.


    Überspitzt formuliert: in Niedersachsen z.B. würde wohl niemand zustimmen das Leistungen der Bergrettung finanziert werden usw.


    Alleine die Kosten für Standorte, Fahrzeuge und das Personal welches für eine bundeseinheitliche Hilfsfrist notwendig wären nicht finanzierbar...

    es sei denn ein Teil der Länderregierungen wäre bereit den Wählern eine Verschlechterung des IST-Zustandes zu verkaufen.

    Glaubt das irgendjemand?

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

    Einmal editiert, zuletzt von raphael-wiesbaden ()

  • Politik bedeutet Kompromiss und fas wiederum bedeutet das Finden des kleinsten gemeinsamen Nenners.

    Genau das ist das Problem. Vor allem in Mehr-Parteien-Koalitionen.


    in Niedersachsen z.B. würde wohl niemand zustimmen das Leistungen der Bergrettung finanziert werden usw.

    Hey, wir haben in Niedersachsen auch eine Bergrettung. Irgendwie müssen wir die Leute ja vom Deich bekommen. Und welches Bundesland kann schon von sich behaupten, dass sie eine Bergrettung UND Seenotkreuzer (keine Wasserwacht-Padelboote) hat?


    Alleine die Kosten für Standorte, Fahrzeuge und das Personal welches für eine bundeseinheitliche Hilfsfrist notwendig wären nicht finanzierbar...

    Kommt auf die Hilfsfrist an.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich will den Föderalismus nicht abschaffen, falls du meinen Beitrag so verstanden hast. Einige Änderungen aber fände ich sehr wichtig.

    Abgesehen davon frage ich mich wieso sie statt Bundesland immer Bundes-Land geschrieben haben...

  • Ich will den Föderalismus nicht abschaffen, falls du meinen Beitrag so verstanden hast. Einige Änderungen aber fände ich sehr wichtig.

    Ich ja auch nicht...Nur gibt es eben - durchaus mit Absicht- auch immer mal wieder einen Wettbewerb- zwischen/unter den Bundesländern. Die Krux ist ja nur, die Länder können aktuell tatsächlich selbst bestimmen, wie tief der Griff in die Kassen der ”Kassen” sein darf....8 Minuten Hilfsfrist hier, 10 Minuten da für RTW und NEF, 12 Minuten usw....


    Es hätte aber mit hoher Wahrscheinlichkeit in den zurückliegenden Jahren keinerlei Innovationen im Rettungsdienst gegeben, wenn es nicht immer durch örtliche Initiativen zur Einführung von Neuerungen gekommen wäre....Wenn es erst einmal den SGB V Bundesstandard gibt, dann geht es halt nach NORM. Ach nee, nennt man dann Mindeststandard. Wer schon mal mit Kassen verhandelt hat, versteht das aber sofort - aus Erfahrung- als Kostenmaximum. Ende der Durchsage!... Ob uns das alle wirklich weiter bringt, bezweifle ich jedenfalls sehr. Der Schuss geht in beide Knie....

  • Es hätte aber mit hoher Wahrscheinlichkeit in den zurückliegenden Jahren keinerlei Innovationen im Rettungsdienst gegeben, wenn es nicht immer durch örtliche Initiativen zur Einführung von Neuerungen gekommen wäre....Wenn es erst einmal den SGB V Bundesstandard gibt, dann geht es halt nach NORM. Ach nee, nennt man dann Mindeststandard. Wer schon mal mit Kassen verhandelt hat, versteht das aber sofort - aus Erfahrung- als Kostenmaximum. Ende der Durchsage!... Ob uns das alle wirklich weiter bringt, bezweifle ich jedenfalls sehr. Der Schuss geht in beide Knie....

    Der Mindeststandard ist meistens ja tatsächlich nur das Minimum und wenig positiv. Aber immerhin gäbe es dann ein Minimum. Im Moment gibt es ja noch nicht einmal das.

    Auch bei bundeseinheitlichen Reglungen kann es lokale Initiativen geben. Es ist auch nicht verboten, dass einzelne Länder oder Kreise mehr als den Mindeststandard bieten. So kann es weiter einen Wettbewerb unter den Ländern geben.

  • Ich werde nicht so ganz schlau daraus, warum der Landkreis an den zweiten RTW an der 24/7-Besetzung festhalten will, wenn die Bedarfsplanung zum Ergebnis kommt, dass diese nicht notwendig sind. "Besondere örtliche Bedürfnisse", wie bei so mancher Fahrzeugbeschaffung für Dorffeuerwehren abseits der Norm?


    Bescheuert finde ich jedoch auch so manche Bedarfsplanvorschläge, die drei oder vier Stunden Schichten für Fahrzeuge vorsehen. Das ist Gift für jeden Dienstplan und attraktive Arbeitsbedingungen. Gab es hier früher auch einmal (KTW von 13:00-17:00 Uhr oder 9:00 bis 12:00 Uhr und solche bescheuerten Dinge). Solche sinnlosen Vorhaltungen sollte man Schmiedel und Luef gleich um die Ohren hauen!


    Ebenfalls werde ich nicht wirklich schlau aus der Entscheidung, wieso man meint, ein KTW an einem ganz anderen Standort könnte einen RTW ganz wo anders in der Notfallrettung ersetzen. Wenn man die Krankentransport auffangen will, sollte man dieses generell tun, wie bei uns (24/7-KTW Vorhaltung). Ich bin seit Jahren keinen Krankentransport mehr mit einem RTW gefahren.


    Ein weiteres Fragezeichen: Wie soll der Tele-NA denn die Personalsorgen im nicht-ärztlichen Personalbereich lösen? Das rettungsfachpersonal muss ja trotzdem irgendwo hin, um dann den Tele-NA nutzen zu können. Ah, moment: NKTW hin schicken, RettSan aufgrund seiner geringen Ausbildungszeit schneller überfordert = Tele-NA. NotSan nicht erforderlich.


    Grundsätzliches: Kuestenretter hat in einem Punkt auf jeden Fall recht. Die Krankenkassen bezahlen nur, was sie wirklich müssen (was grundsätzlich auch gut so ist). Die allgemeine Befürchtung, dass die derzeitige Versorgung des Rettungsdienstes auf die gleichen Probleme wie die Krankenhäuser stoßen könnten (DRG, usw.), kann ich bei der Überführung des Rettungsdienstes aus der Gefahrenabwehr in den Gesundheitsbereich durchaus nachvollziehen (und verstehe hier die Landkreise bzw. Länder). Wenn die Länder und Landkreise in der Vergangenheit ihren Job besser gemacht hätten, dann wären wir nun nicht da, wo wir sind. Dann bräuchten wir uns nicht über eine Überführung ins SGB Gedanken machen. Und da haben die Länder und Landkreise leider versagt. Und zwar immer wieder ...

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Wenn die Länder und Landkreise in der Vergangenheit ihren Job besser gemacht hätten, dann wären wir nun nicht da, wo wir sind. Dann bräuchten wir uns nicht über eine Überführung ins SGB Gedanken machen. Und da haben die Länder und Landkreise leider versagt. Und zwar immer wieder ...

    Das stimmt vermutlich für so einige Landkreise und auch Länder. Aber bestimmt nicht für alle. Wenn man z. B. Maßnahmen zum Gesundheitsschutz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Beispiele: PowerLoad Systeme, Automatische Reanimationshilfen und noch einige Dinge mehr) gegen die Krankenkassen erst vor Gerichten durchsetzen muss, dann liegt es nicht an den Trägern allein. Beim Bau von Rettungswachen wird regelmäßig um jeden einzelnen Quadratmeter gestritten. Strategischen Bau von Wachen (Anzahl der Stellplätze) konnten sich Kassen jahrelang nicht vorstellen usw. Wenn denn nun Rettungsdienst voll im nach dem SGB V spielt, werden wir sehen, wer sich dann um die anderen Dinge später noch kümmert (Stichwort Zeitenwende)...


    Zum Landkreis ROW möchte ich mich hier nicht weiter äußern.....Die Mitteilung spricht ja eigentlich schon für sich...