Kosten für Fehlfahrten - wer bestellt zahlt

  • Gebührenschuldner ist die transportierte Person oder die Person, „die den Rettungsdienst für sich oder einen Dritten anfordert oder die einen Dritten hierzu veranlasst, obwohl sie dabei weiß oder hätte wissen müssen, dass ein rechtfertigender Notfall nicht vorliegt (Missbrauch).“


    Und wer beweist, dass diese Person es hätte wissen müssen? Und auf welcher Grundlage? Das klingt für mich nach einem unausgegorenen Schnellschuss, vor allem, bei Leuten, die für Dritte den Rettungsdienst bestellen.

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

  • Gebührenschuldner ist die transportierte Person oder die Person, „die den Rettungsdienst für sich oder einen Dritten anfordert oder die einen Dritten hierzu veranlasst, obwohl sie dabei weiß oder hätte wissen müssen, dass ein rechtfertigender Notfall nicht vorliegt (Missbrauch).“

    Das scheint mir eher ein schon bestehender Teil der Satzung zu sein; solche Regelungen sind jedenfalls dort, wo die Gebühren des Rettungsdienstes öffentlich-rechtlich per Satzung festgelegt werden, schon lange üblich.

    Und wer beweist, dass diese Person es hätte wissen müssen? Und auf welcher Grundlage? Das klingt für mich nach einem unausgegorenen Schnellschuss, vor allem, bei Leuten, die für Dritte den Rettungsdienst bestellen.

    Beweisbelastet ist der Staat, der die Gebühren erheben will. Grundlage ist der festgestellte Sachverhalt; die Formulierung "weiß oder hätte wissen müssen" deckt Vorsatz und Fahrlässigkeit ab. Ich sehe dabei auch keine großen Schwierigkeiten; natürlich wird man den Nachweis nicht immer führen können (das ist in anderen Fällen, nicht zuletzt bei Straftaten, genauso), aber wenn man kann, dann kann man den Gebührenschuldner entsprechend in Anspruch nehmen.

  • Es wird in der Praxis total ätzend für das RFP leider. So eine Ansage gab es in meinem LK in NRW damals auch. Das führte dazu, dass das RFP in überbordenden Gehorsam Menschen genötigt hat ihre Personalien herzugeben oder sich transportieren zu lassen (was die Notwendigkeit des Alarmes beweisen sollte, und so vor Gebühren schützen sollte).


    Völlige Fehlentwicklung.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Beweisbelastet ist der Staat, der die Gebühren erheben will. Grundlage ist der festgestellte Sachverhalt; die Formulierung "weiß oder hätte wissen müssen" deckt Vorsatz und Fahrlässigkeit ab

    Jo. Aber wie will ich denn jemandem beweisen, dass er diesbezüglich vorsätzlich (oder fahrlässig) missbräuchlich gehandelt hat? Es sei denn, es ist evident, z.B.: "Ich möchte nicht in die Klinik, ich wollte mich nur mal schnell vom Rettungsdienst bei mir zu Hause wegen Fußpilz beraten lassen".

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

  • Naja, den Satz: "Ich gehe aber auf keinen Fall mit ins Krankenhaus!" beim Betreten der Wohnung hört man ja schon hin und wieder.

    Das bedeutet aber ja nun nicht zwingend, dass der Grund des Hausbesuches durch den Rettungsdienst ungerechtfertig ist (war).


    Es wird in der Praxis total ätzend für das RFP leider. So eine Ansage gab es in meinem LK in NRW damals auch. Das führte dazu, dass das RFP in überbordenden Gehorsam Menschen genötigt hat ihre Personalien herzugeben oder sich transportieren zu lassen (was die Notwendigkeit des Alarmes beweisen sollte, und so vor Gebühren schützen sollte).


    Völlige Fehlentwicklung.

    Vollkommen richtig. Ich habe jedoch noch nie jemanden gedrängt. Das ist nicht mein Problem, wenn keine Daten, keine Transportscheine, usw. vorhanden sind. Damit können sich die Abrechnungsstelle oder die Angehörigen rum ärgern. Auch laufe ich den Einsätzen nicht hinterher, wenn diese stundenlang benötigen, bis diese im Abrechnungssystem auftauchen. Sind die nicht da, kann ich sie nicht schreiben. Habe ich Feierabend, dann habe ich Feierabend. Ich habe da ein dickes Fell. Und in den letzten 30 Jahren hat es noch niemand gewagt mich auf den Pott zusetzen. Denn das ist ein organisatorisches Problem, nicht mein persönliches Problem. Zumindestens dieses hat nun aber bald ein Ende, wenn die NIDApads endlich an den Start gehen. Zeit wird es ...

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Das bedeutet aber ja nun nicht zwingend, dass der Grund des Hausbesuches durch den Rettungsdienst ungerechtfertig ist (war).

    Wenn primär bzw. von vorneherein kein Transport gewünscht ist, dann ist das keine Aufgabe des Rettungsdienstes. Wenn sich während einer Behandlung keine zwingende Transportindikation ergibt, dann ist das etwas anderes.


    Vollkommen richtig. Ich habe jedoch noch nie jemanden gedrängt. Das ist nicht mein Problem, wenn keine Daten, keine Transportscheine, usw. vorhanden sind. Damit können sich die Abrechnungsstelle oder die Angehörigen rum ärgern. Auch laufe ich den Einsätzen nicht hinterher, wenn diese stundenlang benötigen, bis diese im Abrechnungssystem auftauchen. Sind die nicht da, kann ich sie nicht schreiben. Habe ich Feierabend, dann habe ich Feierabend. Ich habe da ein dickes Fell.

    Das sehe ich auch so.

  • Wenn primär bzw. von vorneherein kein Transport gewünscht ist, dann ist das keine Aufgabe des Rettungsdienstes. Wenn sich während einer Behandlung keine zwingende Transportindikation ergibt, dann ist das etwas anderes.

    Ich dachte da in der Tat an die alte Oma, die mit kaputten Hüften und Schmerzen am Boden liegt, mich (bzw. uns) aber mit einem solchen Satz begrüßt. Denn das kommt öfters vor, wie die der dreiste eingewachsene Zehnagel. Alte Leute wollen oft ungern ins Krankenhaus (was ich durchaus verstehen kann). So war es gemeint.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich dachte da in der Tat an die alte Oma, die mit kaputten Hüften und Schmerzen am Boden liegt, mich (bzw. uns) aber mit einem solchen Satz begrüßt. Denn das kommt öfters vor, wie die der dreiste eingewachsene Zehnagel. Alte Leute wollen oft ungern ins Krankenhaus (was ich durchaus verstehen kann). So war es gemeint.

    Die lassen sich aber meist mit ein paar warmen und erklärenden Worten davon überzeugen, dass es doch sinnvoller wäre, mit ins Krankenhaus zu fahren. Derjenige, der sich nur schnell und kostenlos zu Hause versorgen lassen möchte, natürlich nicht, weil der ja von Anfang an nur den "ambulanten Service" nutzen wollte.

  • Jo, da bin ich bei Dir.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Mit KTW kommt es schon mal vor, das die Angehörigen vom Patienten sagen das der Patient selber ins Krankenhaus ist, weil es zu lange dauert oder auch weil es keine "Auftragsbestätigung" von der Leitstelle gab.

    Das da dann eine Rechnung geschickt würde, wäre schon nachvollziehbar

  • Das machen Krankenhäuser und auch Arztpraxen hier sehr gerne, dass diese bei 19222 und privaten §19 KTW-Organisationen bestellen. Das ist in der Tat böswillig und hat mich zu Leitstellenzeiten massiv geärgert. Es hatte jedoch niemand Eier, um hier mal richtig auf die Kacke zu hauen.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Jo. Aber wie will ich denn jemandem beweisen, dass er diesbezüglich vorsätzlich (oder fahrlässig) missbräuchlich gehandelt hat? Es sei denn, es ist evident, [...]

    Das wäre ja schon einmal ein Anfang. Die Zahl der RTW-Einsätze, bei denen sich vor Ort herausstellt, dass kein medizinischer Notfall vorliegt, scheint mir nicht besonders gering zu sein. Auch die Anzahl der Einsätze, bei denen das demjenigen, der den RTW verständigt hat, (a) selbst klar war oder (b) hätte klär sein müssen, wenn er darüber nachgedacht hätte, dürfte nicht bei Null liegen.

  • Oder es hätte der gut ausgebildeten und notfallmedizinisch hocherfahrenen Fachkraft am Telefon auffallen müssen, welche dann an die richtige Versorgungsstufe verwiesen/vermittelt hätte. 🤔

    Bringt aber wenig wenn der Disponent auf Hausarzt oder 116117 verweist, aber der Anrufer mit Anzeige wegen Unterlassener Hilfeleistung droht. Letztendlich erhält der Anrufer dann seinen RTW. Letzterer macht den Hausbesuch, Patient bleibt zu hause, und Angehörige werden vor Ort an die 116117 verwiesen.


    Hausarzt im Urlaub, Vertretung macht keine Hausbesuche oder grundsätzlich Einweisung ins Krankenhaus, Vormittags unter der Woche ist die 116117 nicht besetzt, Patient nicht gehfähig, Angehörige keinen Führerschein und somit bleibt leider nur noch der Hausbesuch vom RTW.

  • Hat bei mir in meiner ILS Zeit im Großteil der Fälle immer gut funktioniert eine praktikable Lösung zu finden. Man muss sich halt die Zeit nehmen die Lösung zu suchen und zu vermitteln. Ich habe zumindest nie eine Beschwerde erhalten oder musste einen Rechtsbeistand bemühen.


    Aber ja, das Ganze ist ein Systemproblem das keiner bereit ist zu lösen. Auch das wissen wir schon länger.

  • Hausarzt im Urlaub, Vertretung macht keine Hausbesuche oder grundsätzlich Einweisung ins Krankenhaus, Vormittags unter der Woche ist die 116117 nicht besetzt, Patient nicht gehfähig, Angehörige keinen Führerschein und somit bleibt leider nur noch der Hausbesuch vom RTW.

    Dann gibt's ja immer noch das Taxi. Kostet halt mehr, wie der Eigenanteil beim KTP.

  • Bringt aber wenig wenn der Disponent auf Hausarzt oder 116117 verweist, aber der Anrufer mit Anzeige wegen Unterlassener Hilfeleistung droht. Letztendlich erhält der Anrufer dann seinen RTW.

    Warum?

    Ich nehm auch keinen mit, wenn ich die Notwendigkeit nicht sehe. Auch nicht, wenn der Patient das möchte, und mit solchen Dingen droht. Ich bin mir ja meines Handelns sicher als Fachkraft.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Moin, in Schleswig-Holstein führte in den Jahren 2000-2003 der Streit um ”Fehlfahrten” zur Änderung des RDG. Gebührenrecht verlangt für einen RTW bei erfolgloser Reanimation einen Gebührenbescheid an die verstorbene Person, die den Rettungsdienst in Anspruch genommen hat.


    Der NA-Einsatz konnte auch ohne Transport abgerechnet und von den Kassen auch problemlos immer bezahlt werden. Nur den RTW musste dann die ”verstorbene Person” noch ”selbst” bezahlen. Gab natürlich ordentlich Presserummel und im Ergebnis bekamen wir dann ”Entgelte”. Durch die Veränderung vom Gebührenrecht zum Entgeltrecht werden nun in S.-H. die Kosten der RTW bei erfolgloser Reanimation nicht mehr der ”verstorbenen Person” in Rechnung gestellt, sondern werden in die Gesamtkosten eingestellt und über die tatsächlich abgerechneten (anderen) Fälle dann im Ergebnis bezahlt. Das NEF wird noch immer bei solchen Ereignissen abgerechnet und problemlos bezahlt. (vgl. hierzu OVG Schleswig, Urteil vom 23. Februar 2000 – 2 K 20/97)