Rheinland-Pfalz ändert NEF-Besetzungsregelung

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    Mit dem Gesetzentwurf soll zudem dem Wunsch der Behörden entsprochen werden, zur Sicherstellung der rettungsdienstlichen Versorgung in bestimmten Ausnahmesituationen von der im Jahre 2020 neu eingeführten Regelung zur Besetzung der Fahrerin bzw. des Fahrers des Notarzteinsatzfahrzeuges abweichen zu können. Dazu sollen jetzt auch Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter zugelassen werden dürfen, wenn sie mindestens über 2.000 Stunden Einsatzerfahrung in der Notfallrettung verfügen. Ein Qualitätsverlust im Rettungsdienst werde durch das Herabsetzen der Qualifikationsanforderung nicht befürchtet, da es sich um eine Ausnahmeregelung zur Sicherstellung der rettungsdienstlichen Versorgung handele.

    Rheinland-Pfalz ändert NEF-Besetzungsregelung - S+K Verlag für Notfallmedizin


    Da sind wir ja mal gespannt, wie oft die Ausnahmeregelung die Ausnahme bleibt.

  • Die gab es früher ja auch schonmal. Da stand, wenn ich mich recht erinnere drin, dass RettAss i.P. oder RettSan in Ausnahmefällen zur Besetzung ausreichend sind. Das war zu der Zeit, als gerade das NotSanG in Kraft trat. Damals war ich FSJler und es war eigentlich Standard, dass die RettSan unserer Wache auf dem NEF eingesetzt wurden, da mit einem 24er RTW und 10 Std. NKTW schon zwei Assistenten im Dienst sein mussten.


    Ich persönlich sehe es kritisch, diese Tür aufzumachen. Solche Ausnahmen werden dann nämlich auch gerne mal aus "Kostengründen" zur Regel.

  • Früher war ich auch anderer Meinung, inzwischen halte ich RS auf dem NEF aber für ausreichend – Erfahrung in der Notfallrettung und eine umfangreiche Einarbeitung vorausgesetzt. Die dadurch frei werdenden NotSan können vielleicht neue Rollen übernehmen, z.B. FiSu oder Single Responder.

  • ie dadurch frei werdenden NotSan können vielleicht neue Rollen übernehmen, z.B. FiSu oder Single Responder.

    Könnten. Das deutsche Rettungssystem ist nicht besonders schnell in der Veränderung, Anpassung und Innovation.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Die Diskussion, ob ein RS für das NEF ausreichend ist, wurde ja auch hier schon zu genüge geführt, und man kann da zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.


    Was mich bei dem Gesetzentwurf stört, ist, dass man eigentlich der Überzeugung ist, dass da ein NotSan drauf gehört, aber, wenn es halt mal wieder personell knapp wird, dann reicht da auch ein RS. Das nimmt ganz erheblich den Druck raus, sich ernsthaft um NFS zu bemühen. Dass da alle Beteiligten freudig zustimmen, verwundert nicht.


    Mich würde auch interessieren, wie man die 2000 Stunden Einsatzerfahrung in "der Notfallrettung" kontrollieren möchte, und was da alles dazu gehört.


    Was man irgendwie nie findet, ist, dass man den RS eine HEMS-Ausbildung zukommen lässt, und sie auf den Hubschraubern einsetzen möchte.

  • dass man den RS eine HEMS-Ausbildung zukommen lässt, und sie auf den Hubschraubern einsetzen möchte.

    Das ist ja auch eine heilige Kuh, für die viele Kollegen ihre Seele verkaufen würden. Das ist also was ganz anderes ...

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Es kommt bei der Frage, ob man RS jetzt auf dem NEF fahren lassen möchte oder nicht aus meiner Sicht darauf an, was man für einen Qualitätsanspruch setzen möchte. Und das ist gleichzeitig auch mein kritischer Punkt, den ich an der aktuellen Entwicklung im Rettungsdienst bemängele.


    Man hat den Beruf des NotSan geschaffen, weil die Maßgabe war, dass das, was seinerzeit der RA gemacht hat, mit einer fundierteren Ausbildung zu mehr Kompetenzen führen sollte. Grundanspruch war also eine größere Effizienz des Systems bei Steigerung der Ausbildungsqualität.


    Inzwischen kommt man aber zu dem Problem, dass die NotSan, die aktuell im System sind, häufig nach wenigen Jahren den Beruf wieder verlassen, weil entweder der Anspruch der Arbeit nicht ihren Vorstellungen entspricht oder sie in andere Berufe abwandern (häufig Polizei/Feuerwehr/Medizinstudium).

    Diesen Effekt hatte man früher auch, durch die kontinuierliche Ausbildung von neuen RA führte dies allerdings nie zu den Personalproblemen, vor denen wir aktuell stehen.


    Was tut man also nun? Man versucht die Zahl der notwendigen NotSan zu reduzieren, indem Aufgaben ein "Downgrade" erfahren. Dazu gehört die Abstufung von Einsätzen ohne Sondersignal an KTW/NKTW, teilweise mit der Schaffung von Zusatzqualifikationen für RS (RS+ etc.) die aber keine bundeseinheitliche Relevanz haben, sondern nur im eigenen Bereich Gültigkeit besitzen. Gleichzeitig besetzt man teilweise Leitstellen mit RS und jetzt geht man (mal wieder) an die NEF-Fahrer ran.


    So wie ich die Dinge sehe, führt das zu zwei Problemen:


    • wenn der NotSan auf dem freien Markt jetzt praktisch "nur noch" Transportführer auf dem RTW ist, weil sowohl die Leitstelle, als auch die NEF mit RS besetzt werden, wird dem Berufsbild ein Stück Abwechslung genommen, als auch die Möglichkeit, eine altersgemäße "ruhigere" Verwendung zu generieren.
    • Natürlich ist 90% der NEF-Arbeit "easy" (Werte aufschreiben, KV-Karte einlesen, evtl. Bett suchen, etc.). Wenn man NEF fahren aber "richtig" macht, gehört dazu in den restlichen 10% sehr viel Know-How. Sehr intensives Wissen um zusätzliche Medikamente, die in der allgemeinen Rettung wenig Verwendung finden, Assistenz bei selteneren Maßnahmen wie z.B. Thoraxdrainage, Anlage ZVK, erweitertes Beatmungsmanagement etc.

    Man kann natürlich Aufgabenzuweisungen ändern. Aber vielleicht wäre dann generelles Überdenken des aktuellen Systems ein guter Punkt, anstatt ständig nur aufgrund des Personalmangels "Flickschusterei" zu betreiben.

  • Gleichzeitig besetzt man teilweise Leitstellen mit RS

    Es werden nun durchaus auch Medizinische Fachangestellte und Pflegefachkräfte dafür angeworben. Siehe Leitstelle Nürnberg. Und das wird auch bald andere Leitstellen betreffen. Auch bei meiner wird dieses bereits besprochen. Ausbildung bisher: NotSan + BIII Ausbildung + Leitstellenausbildung (also 5 Jahre und ca. 6 Monate).

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Es werden nun durchaus auch Medizinische Fachangestellte und Pflegefachkräfte dafür angeworben. Siehe Leitstelle Nürnberg. Und das wird auch bald andere Leitstellen betreffen. Auch bei meiner wird dieses bereits besprochen. Ausbildung bisher: NotSan + BIII Ausbildung + Leitstellenausbildung (also 5 Jahre und ca. 6 Monate).

    Und eine realistische Anforderung liegt vermutlich irgendwo in der Mitte.

  • Ja, vermutlich. Stimme Dir da durchaus zu. Mit einer (dringend notwendigen) Reform der RettSan-Ausbildung auf mindestens 12 Monate könnte ich mir das mit einem BIII plus Leitstellenausbildung durchaus vorstellen.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ja, vermutlich. Stimme Dir da durchaus zu. Mit einer (dringend notwendigen) Reform der RettSan-Ausbildung auf mindestens 12 Monate könnte ich mir das mit einem BIII plus Leitstellenausbildung durchaus vorstellen.

    Man bräuchte quasi Assistenzpersonal für die Rettung, sowas wie Rettungsassistenten? Das ist ne gute Idee, vielleicht kann man sich das die ersten Jahre sogar anerkennen lassen, so dass man sie direkt einsetzen könnte.

  • In Freiburg werden (normale) Leitstellendisponenten (mit Tätigkeit als Führungsassistent im Einsatzleitdienst) mit A10 besoldet. Hatte da vor einigen Monaten eine Stellenausschreibung in der Brandschutz gesehen. Mittlerer Dienst, mindestens RettSan und Leitstellenlehrgang reicht. Ich tippe mal auf BIII* (Gruppenführer BF). Sonst würde das keinen Sinn machen, finde ich.


    * Nicht alle Bundesländer bilden den mD direkt zum BIII aus. Niedersachsen schon, in NRW ist es jedoch noch "was besonderes" den Gruppenführer (BIII) zu machen, um A9 werden zu können. Wie BaWü da tickt weiß ich gerade nicht. Einsehen kann man die Stellenausschreibung hier (also wohl noch aktuell): Freibung Stellenausschreibung

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Wobei für eine A9 mittlerweile der NFS reicht, mit GF RD. Ich kenne zumindest einige BF hier in NRW, welche genau das so besolden. Sooo besonders ist die A9 nicht mehr.

  • In Freiburg werden (normale) Leitstellendisponenten (mit Tätigkeit als Führungsassistent im Einsatzleitdienst) mit A10 besoldet. Hatte da vor einigen Monaten eine Stellenausschreibung in der Brandschutz gesehen. Mittlerer Dienst, mindestens RettSan und Leitstellenlehrgang reicht. Ich tippe mal auf BIII* (Gruppenführer BF). Sonst würde das keinen Sinn machen, finde ich.

    BaWü hat den mittleren Dienst bis A10 geöffnet. Dort ist A10 das, was in anderen Bundesländern derzeit A9 ist (Endamt mD).

  • In Freiburg werden (normale) Leitstellendisponenten (mit Tätigkeit als Führungsassistent im Einsatzleitdienst) mit A10 besoldet.

    Naja, A9 gibt's in BW nicht mehr, Eingangsamt im gehobenen Dienst ist A10 (im mittleren Dienst A7), mithin ist auch das Endamt des mittleren Dienstes A10 (und nicht mehr A9).

  • Naja, A9 gibt's in BW nicht mehr, Eingangsamt im gehobenen Dienst ist A10 (im mittleren Dienst A7), mithin ist auch das Endamt A10 (und nicht mehr A9).

    Der Leitstellendisponent ist aber auch in BaWü "nur" im mittleren Dienst.

  • Ausbildung bisher: NotSan + BIII Ausbildung + Leitstellenausbildung (also 5 Jahre und ca. 6 Monate).

    Provokant: Wenn die bisherige Ausbildung nicht gereicht hat, um Einsätze besser zu steuern, sind eine längere, oder kürzere Ausbildung jeweils Wege die man versuchen kann, oder? Wenn bisher Disponenten (besser besoldet als Straßen-Retter) überwiegend zwischen RTW und RTW & NEF entscheiden sollten / konnten / durften, und bei allen anderen Entscheidungen vor fast unlösbaren Rechtsrisiken standen, dann scheint die Ausbildung nicht der Aufgabe zu entsprechen? Zumal die Entscheidung FÜR ein Rettungsmittel quasi Risiko-Frei ist, und von den meisten AG auch gern gesehen wird.

    "Notfallsanitäterinnen und -sanitäter sind, sofern (not-)ärztliche Hilfe nicht zeitnah zu erlangen ist und die Voraussetzungen des § 2a Nr. 2 NotSanG vorliegen, eigenverantwortlich handelnder, heilkundlicher Teil der Rettungskette."

    VGH München, Beschluss v. 21.04.2021 – 12 CS 21.702