Wie das Medical Intervention Car in Stuttgart die Notfallmedizin neu definiert

  • Zitat

    Seit Dezember 2024 ist das MIC in Stuttgart im „24/7“-Dienst – ein gemeinsames Projekt der Björn Steiger Stiftung und des Klinikums Stuttgart. In den ersten 112 Tagen (ja, die Zahl ist mit Absicht gewählt 😉) rückte das Fahrzeug bereits rund 140 Mal aus. Fast 70 Prozent dieser Einsätze fanden nachts oder am Wochenende statt – genau dann, wenn spezialisierte Hilfe oft schwer verfügbar ist.

    An Bord befindet sich spezielle Ausstattung, wie man sie sonst nur aus Kliniken kennt: eine ECMO-Einheit zur Herz-Lungen-Unterstützung, mobile Bluttransfusionen sowie die Möglichkeit, schwerstkranke Kinder, Neugeborene und Frühchen vor dem Transport in die Klinik bestmöglich zu versorgen. Auch schwere Stich- und Schussverletzungen im Brustkorb oder andere schwere Verletzungen können in diesem Fahrzeug medizinisch behandelt werden.

    Björn-Steiger-Stiftung

  • 140x in 112 Tagen.. wow.. ohne mir den Artikel durchgelesen zu haben, wage ich es alleine an diesen Zahlen den zielgerichteten Einsatz des MIC und der Ressourcen, die dahinter stehen, in Frage zu stellen - setzt man die bekannten statistischen Häufigkeiten der entsprechenden Traumata/Krankheitsbilder in Relation. Für mich ein NEF ist das dann doch ein bisschen teuer.. Und die erfahrenen OAs/FAs fehlen in der Klinik an anderer Stelle..

  • Vielleicht wird es auch als Not-Notarzt eingesetzt, wenn die Normalo-NEF nicht verfügbar bzw. in Einsätzen gebunden sind? Oder es werden krampfhaft Einsatzzahlen generiert, um das Einsatzmittel etablieren zu können. Das habe ich auch bei neuen Rettungsmitteln (auch Typen) schon in einigen Leitstellenbereichen erlebt. Vor allem auch bei Hubschraubern. Wie eine flächendeckende Umsetzung in ganz Deutschland möglich wäre, da kann keiner Aussagen zu treffen (wie beim STEMO). Vielleicht wären zukünftig weniger NEF besser, dafür dann als MIC?

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Zwei Fragen bei all diesen "Special-NEF":


    1.

    Ist die Qualifikation/das Können "normaler" NÄ so gering das es einen "richtig" qualifizierten Notarzt braucht?


    2a.

    Wie engstirnig ist die Organisation/Logistik vor Ort wenn ein Facharzt Blutkonserven transportieren muß?

    An jedem klinischen NEF-Standort wäre es m.E. überhaupt kein Problem pro NEF 2 x Blut im Kühlfach vorzuhalten und tgl. zu wechseln.


    2b.

    Wie hoch sind die Fallzahlen für die Notwendigkeit einer ECMO?

    Ich klammere bewusst NAW für Intensivverlegungen aus.



    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Ist die Qualifikation/das Können "normaler" NÄ so gering das es einen "richtig" qualifizierten Notarzt braucht?

    Sie ist zu inhomogen.

    An jedem klinischen NEF-Standort wäre es m.E. überhaupt kein Problem pro NEF 2 x Blut im Kühlfach vorzuhalten und tgl. zu wechseln.

    So viel ungekreuztes Blut (also für jeden Standort) vorzuhalten wäre aber auch eine Verschwendung sondergleichen.

  • Sie ist zu inhomogen.

    So viel ungekreuztes Blut (also für jeden Standort) vorzuhalten wäre aber auch eine Verschwendung sondergleichen.

    Es wäre die Frage ob wirklich jeder NEF-Standort das haben muß.

    Das MIC versorgt ja auch den kompletten RD-Bereich.


    Bei einem 24/7-Dienst benötigt es 6-8 Fachärzte für diesen Spezialdienst der ja nur bedingt für andere Aufgaben zur Verfügung steht.

    M.E. werden hier Ressourcen verschwendet.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Was die Qualifikation der Notärzte angeht, kann man ohne den RD Bereich zu kennen, kann man davon ausgehen, dass diese bei "normalen" Notärzten für die Maßnahmen des MIC tatsächlich unzureichend ist. Über die tatsächliche Anlage einer ECMO entscheiden auch in großen Unikliniken nur sehr wenige Personen und die eigenständige Anlage beherrschen in aller Regel nur unwesentlich mehr Leute. Ob man diese Qualifikation tatsächlich auf der Straße braucht wird noch zu beweisen oder Falsifizieren sein. Für viele der infrage kommenden Indikationen ist selbst klinisch die Datenlage ja bestenfalls schlecht. Persönlich habe ich erhebliche Zweifel an dem Konzept.


    Zum Blut: das dürfte nichts mit dem Facharztstatus zu tun haben, sondern mit dem kleinen Personenkreis. In aller Regel löst man sowas als Außenkühlschrank / Nebenlager einer Blutbank. Eine Entnahme muss hier aber durch einen geschulten Mitarbeiter der Blutbank erfolgen, sodass die in Frage kommenden Personen von der Blutbank geschult werden müssen und es einen Vertrag geben muss. Der Austausch zwischen Lagern ist auch relativ aufwendig. Solange man aber nicht selbst kreuzen will, ist eine ärztliche Qualifikation hier aber nur ein erlaubtes Substitut für einen MTLA / Laborassistenten. Wir hatten mal eine ähnliche Konstellation auf einer ITS in einem kleineren Haus ohne eigene Blutbank. Bei den extrem strengen Regeln zur Kühlkette besteht auch ein Recht hohes Risiko, dass es häufiger mal zum Verwurf kommt.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • MTLA heist jetzt MTL.


    Medizinische Technologen für Laboratoriumsanalytik

    "Notfallsanitäterinnen und -sanitäter sind, sofern (not-)ärztliche Hilfe nicht zeitnah zu erlangen ist und die Voraussetzungen des § 2a Nr. 2 NotSanG vorliegen, eigenverantwortlich handelnder, heilkundlicher Teil der Rettungskette."

    VGH München, Beschluss v. 21.04.2021 – 12 CS 21.702

  • Da ich mehrere Vorträge zu diesem Thema erleben durfte, speziell London (ca 14 Mio Einwohner, hohe Anzahl von Messerstich-Verletzungen) und Sydney (5,5 Mio Einwohner) scheinen diese MIC tatsächlich eine Erhöhung des Überlebens zu ermöglichen.


    Aber: Diese Teams trainieren permanent gemeinsam (Pit-Stop-Strategie) und pflegen untereinander (Sydney: 1 Advanced-Paramedic, 2 Ärzte) eine hohe Wertschätzung, auch gegenüber des RTW-Teams.


    Und genau hier habe ich meine Bedenken:

    Wieviel Trainings absolvieren die deutschen Teams pro Tag/Woche/Monat?
    Rücken fixe MIC-Teams aus, oder handelt es sich um ad-hoc-Teams?

    Wie wird das Teammanagement gestaltet (MIC/RTW)?


    Aus dem Artikel geht leider nichts davon hervor!

  • Erstens das und zweitens, KEINE Stadt in Deutschland hat auch nur annähernd die Fallzahlen von London und Co.

    Dort und mit den Ausbildungs-/Trainingsansätzen von London One halte ich das für sinnvoll im Sinne Ressourcenansatz:Ergebnis.

    Hier in Deutschland überhaut nicht...

  • VK-Retter - also deiner Meinung nach gibt es keine echten Trainings, Drills, OSCE?

    Verstehe deine Frage gerade nicht. Vllt reden wir aneinander vorbei? Ob es in Stuttgart diese Trainings gibt, weiß ich nicht.

    Sind sie generell sinnvoll - sicher. Werden sie regelhaft durchgeführt - nein.

    Meine Aussage "ich sehe in Deutschland keinen Sinn" bezog sich auf ein MIC mit Fokus auf (penetrierendes) Trauma.

    Eben weil wir nicht die Zahlen wie in London, Johannesburg oder der ein oder anderen amerikanischen Großstadt haben.

  • Eben weil wir nicht die Zahlen wie in London, Johannesburg oder der ein oder anderen amerikanischen Großstadt haben.

    ... und eine flächendeckende Vorhaltung eines MIC nicht gewährleisten können.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Für mich wäre das MIC eigentlich das Team eines RTH. Hoch qualifizierte notfallmedizinische, überregionale Versorgung. Da dafür eben auch Notärzte und Paramedics drauf, die dafür ausgebildet und trainiert sind. Nachtflug massiv ausbauen (siehe CH). Wenn es wetterbedingt gar nicht mehr geht, per Auto unterwegs. Und wenn ich dann im hintersten Kaff nicht mehr durch dieses Team erreichbar bin, sind die Grenzen der Machbarkeit dann halt erreicht. Wie jetzt ja auch schon. So könnte man das Konzept auch flächendeckend bieten. Warum es dafür ein zusätzliches Fahrzeugkonzept braucht, das ähnlich wie STEMO etc. nie flächendeckend kommen wird, weiss ich nicht.

  • Für mich wäre das MIC eigentlich das Team eines RTH. Hoch qualifizierte notfallmedizinische, überregionale Versorgung. Da dafür eben auch Notärzte und Paramedics drauf, die dafür ausgebildet und trainiert sind. Nachtflug massiv ausbauen (siehe CH). Wenn es wetterbedingt gar nicht mehr geht, per Auto unterwegs. Und wenn ich dann im hintersten Kaff nicht mehr durch dieses Team erreichbar bin, sind die Grenzen der Machbarkeit dann halt erreicht. Wie jetzt ja auch schon. So könnte man das Konzept auch flächendeckend bieten. Warum es dafür ein zusätzliches Fahrzeugkonzept braucht, das ähnlich wie STEMO etc. nie flächendeckend kommen wird, weiss ich nicht.

    und dann nicht die großen Maschinen wie EC135/145 sondern wie der NEH Kessin vergleichbares wie die Robinson R44.

  • und dann nicht die großen Maschinen wie EC135/145 sondern wie der NEH Kessin vergleichbares wie die Robinson R44.

    Bei der Robinson könnte ich als Maschinist, pardon, als Pilot den Keilriemen auch schnell selbst wechseln, wenn der Motor mal zickt. :S

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Für mich wäre das MIC eigentlich das Team eines RTH. Hoch qualifizierte notfallmedizinische, überregionale Versorgung.

    Grundsätzlich würde ich Dir da gerne recht geben. Problematisch ist jedoch, dass die RTH mittlerweile auch wie die Kamelle beim Karneval durch die Gegend geballert werden. Wir sollten eher überlegen, wo überhaupt ein Notarzt wirklich hin muss. Das gleiche gilt für RTW. Oder anderes gesagt: Wir müssen den Saftladen Rettungsdienst endlich fit für die Zukunft machen.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • das Heidelberger Modell wurde allerdings beim MIC Stuttgart hinsichtlich der zeitlichen Verfügbarkeit und in Zusammenarbeit mit Deutschlands größter Kinderklinik, dem Olgahospital des Klinikums Stuttgart, um das Spektrum speziell um Kindernotfälle und den Bereich Neonatologie erweitert.

    Quelle: https://www.klinikum-stuttgart…-medical-intervention-car


    Das würde red_caps Vermutung untermauern. Insbesondere die Versorgung kritisch kranker Kinder ist somit in der Region Stuttgart sehr aufgewertet.


    Aus dem ländlichen Raum kenne ich es, dass RTH auch als Ressource für komplexe Notfallbilder hinzugezogen werden, wo der RD vor Ort an Grenzen stößt. In der Stadt ist das nicht so einfach möglich, da die Landemöglichkeiten weniger bis gar nicht vorhanden sind.
    In den am stärksten besiedelten Gebieten der Region Stuttgart (inkl. den Industriegebieten) gibt es zum Teil wenige sichere Landemöglichkeiten.

    Maximalversorger sind aber auch nicht an jeder Ecke und in 10 min zu erreichen. Somit ist ein MIC evtl. insbesondere für große Städte interessant.


    Mit dem MIC Stuttgart werden in der Region Stuttgart ca. 2,7 Millionen Menschen erreicht (Stadt Stuttgart und Nachbarkreise). Für ein Fahrzeug gar nicht schlecht. Außerhalb machen dann wegen der geringeren Bevölkerungsdichte vermutlich RTH mehr Sinn.