Rettungssysteme sollten Vorteile von Paramedics und Notärzten kombinieren

  • Anlässlich des 8. Oldenburger Ärztetag in Bad Zwischenahn wurde mit Sorge registriert, dass die notärztliche Versorgung die Gebiete und Regionen benachteilige, die nicht innerhalb größerer Städte liegen.
    450 Ärzte aus dem norddeutschen Raum waren nach Bad Zwischenahn gekommen und behandelten lebensbedrohende Notfälle aus unterschiedlichen Perspektiven.
    Professor Dr. Matthias Fischer, Chefarzt der Klinik am Eichert in Göppingen, beantwortet die Frage, ob ein Notarzt-basiertes Rettungssystem noch sinnvoll, und ob ein Notarzt noch erforderlich sei mit einem eindeutigen Ja. Allerdings sollten Rettungssysteme die Vorteile von ausgebildeten Rettungskräften (Paramedics) kombinieren.
    Ein Notarzt solle nur dann eingesetzt werden, wenn er auch wirklich erforderlich sei. Die Richtlinien dazu müssten bundesweit definiert und die Durchführung und Einhaltung durch den "Ärztlichen Leiter Rettungsdienst", der für das medizinische Qualitätsmanagement der Patientenversorgung und -betreuung im Notarzt- und Rettungsdienst verantwortlich ist, kontrolliert werden.


    Quelle: http://www.nwzonline.de/index_…en_artikel.php?id=1843380

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.


  • Ein Notarzt solle nur dann eingesetzt werden, wenn er auch wirklich erforderlich sei.


    Das ist eben kein Status quo. Je nach regionaler Anschauung und Sichtweise wird die Erforderlichkeit sehr unterschiedlich definiert, wie allein schon die Diskussion und Praxis zur Analgesie ohne Notarztbeteiligung deutlich zeigt.

  • Das ist eben kein Status quo. Je nach regionaler Anschauung und Sichtweise wird die Erforderlichkeit sehr unterschiedlich definiert, wie allein schon die Diskussion und Praxis zur Analgesie ohne Notarztbeteiligung deutlich zeigt.

    Wird das nicht eh schon angewandt, dass ein Arzt nur dann alarmiert wird, wenn er wirklich gebraucht wird?


    Gruß Punki

  • Wird das nicht eh schon angewandt, dass ein Arzt nur dann alarmiert wird, wenn er wirklich gebraucht wird?


    Meine persönliche Einschätzung der Situation ist die, daß viel zu häufig der Notarzt parallel zum RTW mitalarmiert wird. In vielen Fällen ist die Situation vor Ort problemlos durch Rettungsassistenten alleine zu berherrschen (auch nach heutigem Ausbildungsstand). Beispiele dafür wären die Einsatzmeldungen kollabierte Person, Atemnot oder unklare Bewußtseinsstörung. Meiner Meinung nach sollte die Parallelalarmierung durch die Rettungsleitstelle in Zukunft die Ausnahme darstellen, besondere Einsatzlagen mal ausgenommen (Person klemmt, Babynotfälle, etc.). Es wäre sinnvoll die Rettungsassistenten die Situation vor Ort bewerten zu lassen und dann ggf. gezielt den Notarzt nachzualarmieren. Ich gehe mal davon aus, daß sich nach einer erfolgten Novellierung des RettAssG diese Vorgehensweise durchsetzen wird...auch auf Drängen der Kostenträger.

    2 Mal editiert, zuletzt von doniel ()


  • Es wäre sinnvoll die Rettungsassistenten die Situation vor Ort bewerten zu lassen und dann ggf. gezielt den Notarzt nachzualarmieren. Ich gehe mal davon aus, daß sich nach einer erfolgten Novellierung des RettAssG diese Vorgehensweise durchsetzen wird...auch auf Drängen der Kostenträger.


    Ich stimme Dir da voll zu!
    Nur.. so optimistisch sehe ich das nicht.
    Standesdünkel und "Vollkaskomentalität" werden da schon gegen sprechen.
    Solang sich da nichts tut - wird es bei den vielen Alarmierungen für "dumme Nüsse" und bei der Behandlung von Rettungsfachpersonal als HiWis / Krankenwagenfahrer...


    Gruß,


    Marcus

  • Achtung OT:

    wird es bei den vielen Alarmierungen für "dumme Nüsse" und bei der Behandlung von Rettungsfachpersonal als HiWis / Krankenwagenfahrer...


    Gruß,


    Marcus

    Da HiWi ja für Hilfswilliger steht, ist ein Übertrag auf RD-Mitarbiter sicherlich nicht als falsch anzusehen :D

  • Wow.
    @ doniel:
    Die Atemnot ist für dich keine NA-Indikation? Wie unterscheidest du denn so ein Lungenödem von einer Pneumonie? Wieviele Lungen auskultierst du denn so am Tag? Was steckt denn meist hinter einer Atemnot? Wie willst du Asthma, Lungenödem und COLDs denn so behandeln? Ist dir eigentlich klar wie hoch allein die mortalität bei einer dekomp. Herzinsuff (die nur allzu oft als Krankentransport gefahren wird) ist?
    Wegen was kollabieren denn die Leute bei euch in der Gegend denn meistens so?
    Das sind echt Aussagen die mir Tränen in die Augen treiben. Gehts dir um die Kosten oder um die Aufwertung deiner diagnostischen Kompetenzen?

  • @Ribosom....ebenfalls wow!
    Du hegst gewaltigen Zweifel an den Erfahrungswerten deiner Kolleginnen und Kollegen und ich frage mich...warum nur!???
    Und die "Atemnot", welche subjektiv von Patienten mit ner Hyperventilationstetanie geäussert und gefühlt wird, wird mich ergo nicht gerade dazu veranlassen nen NA hinzu zu ziehen. Wenn ich die nicht alleine in den Griff kriege ( aber erst dann ) mache ich mir Gedanken um ne Nachforderung des NA!!
    Und ich bin mir auch sicher, daß die Kolleginnen und Kollegen durchaus in der Lage sind ne adäquate Differenzialdiagnose bei nem Lungenödem und ner Pneumonie auf die Reihe kriegen. Und die Behandlungsstrategie bei COPD, Asthma und dergleichen traue ich ihnen auch zu. Natürlich ist bei diesem klinischen Bild, der erhobenen Anamnese und Arbeitsdiagnose der Kollege Doc angesagt....allerdings setze ich die Notfallversorgung und Bereitstellung aller Materialien bereits in Gange, so daß Doc die eingeleiteten Maßnahmen überprüft, ergänzt und weiter führt und ich nicht warte bis der NA endlich in der Tür steht. Das Berufsbild nennt sich ""Rettungsassistent "" und nicht "" Warteassistent ""! Ich denke nicht, daß es hier um die Kostenfrage geht, mitnichten, auch die Aufwertung einer wie von dir genannten diagnostischen Kompetenz steht nicht zur Debatte !! Gehen wir aber mal davon aus, daß der Tag kommen wird an dem Onkel Doc " nur " noch nachgefordert wird bei nem Bestätigten Verletzungs- oder Krankheitsbild dann sollten wir in der Lage sein den Erstangriff zu starten! Meine Meinung!!!
    Hans

  • @ hans:


    Danke Hans, besser hätte ich das nicht formulieren können!

    Dann verstehe zumindest ich nicht, warum Du etwas ganz anderes geschrieben hast als hans, nämlich, dass ein Notarzt gar nicht erst alarmiert werden soll:

    Meine persönliche Einschätzung der Situation ist die, daß viel zu häufig der Notarzt parallel zum RTW mitalarmiert wird. In vielen Fällen ist die Situation vor Ort problemlos durch Rettungsassistenten alleine zu berherrschen (auch nach heutigem Ausbildungsstand). Beispiele dafür wären die Einsatzmeldungen kollabierte Person, Atemnot oder unklare Bewußtseinsstörung. Meiner Meinung nach sollte die Parallelalarmierung durch die Rettungsleitstelle in Zukunft die Ausnahme darstellen, (...)

    Hans hat zu einer Lage geschrieben, die bereits bestätigt ist.

  • Sorry, Schmunzel, aber ich sehe da Hans und doniel durchaus auf einer Wellenlänge (die übrigens auch meine persönliche Meinung wiederspiegelt).


    Beide stehen in ihren Plädoyers dafür, dass eine NA-Alarmierung durchaus davon abhängig gemacht werden kann, was das Team vor Ort vorfindet.
    Hans hat das direkt so formuliert, doniel hat sich auf die Paralellalarmierung durch die RLS bezogen, wo alleine schon das Stichwort "Atemnot" für einen gleichzeitige Alarmierung von RTW und NEF ausreicht.
    Es wäre in der Tat ökonomischer zunächst "nur" einen qualifiziert besetzten RTW los zu schicken und den Einsatz des Notarztes von der Rückmeldung des RTW abhängig zu machen, die auf der Einschätzung des Teamführers vor Ort beruht...

  • Oder viele NEF Standorte zu einem zu fusionieren - um der 100% Auslastung möglichst nahe zu kommen...


    Idealfall:
    NEF Nord (Hannover)
    NEF Mitte (Frankfurt)
    NEF Süd (Ingolstad)
    :ironie:

  • Ich wollte nur kurz darauf hinweisen, dass das Argument der Kosten bei Rettungsdienstfahrzeugen nicht immer so greift, wie sich das viele vorstellen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind bei einem zu erwartenden Aufwand von X Transporten bei Einhaltung gewisser Vorgaben wie Hilfsfrist und Sicherheitsniveau die Rettungsmittel strikt vorgegeben und können nicht kurzfristig rauf- oder runtergefahren werden. Das führt dazu, dass der Ökonom fast alle Investitionen in den Rettungsdienst als fixe Kosten einordnet, die variablen Kosten sind lediglich Marginalien. Variable Kosten sind jener Teil der Mittel, die mit einem Auf- oder Ab der Produktionsleistung parallel zu- oder abnehmen. Da hier der ganze kostenintensive Teil (Fahrzeuge, Immobilien, Personal) jedoch als Fixblock stehen, folgen als variable Kosten nur der Diesel und ein paar Kleinigkeiten aus dem Rucksack oder Koffer und sind im Verhältnis zu den fixen Kosten vernachlässigbar. Ergebnis: Es ist sowohl aus volkswirtschaftlicher Sicht als auch aus der Sicht des Rettungsdienstunternehmers nicht mit Kostensenkungen verbunden, wenn die Fahrzeuge weniger fahren.


    Dies vorab. Also macht, zurückkehrend zu unserem NEF, eine Absenkung der Einsatzzahlen keinen wirtschaftlichen Sinn. Sinn macht dies erst, wenn weniger Notärzte ein gleich groß bleibendes Gebiet abdecken müssen und man so die verbleibenden wenigen "Produktionsmittel Notarzt" effizient auf die nun eintretenden Notfälle aufteilen muß, hier würde also sozusagen eine art Triage stattfinden. Denkbar wäre aber z.B. auch, dass wir bei dem jetzigen niedrigen Indikationskatalog bleiben und der NA quasi selber triagiert, also innerhalb von 5 Minuten vor Ort die Entscheidung :thumbup: oder :thumbdown: trifft, um nach einer großzügigen :thumbdown: -Entscheidung fix zur nächsten Triage weiterzueilen. Das große Problem all dieser Entwicklungen wird immer die Frage sein, mit welchem Sicherheitsniveau ein Notarzt dem notrufenden Bürger zur Verfügung stehen soll. Hier wird in den nächsten Jahren (weiter so stark steigende Entwicklung der Notarzteinsatzzahlen vorausgesetzt) sicher eine politische Entscheidung anstehen, wie dies sowohl betriebswirtschaftlich sinnvoll als auch ethisch vertretbar organisiert werden soll.


    Gruß aus der Stadt der Kaufleute :)

  • Es ist sowohl aus volkswirtschaftlicher Sicht als auch aus der Sicht des Rettungsdienstunternehmers nicht mit Kostensenkungen verbunden, wenn die Fahrzeuge weniger fahren.

    Hier muss man doch aber differenzieren: volkswirtschaftlich sind weniger Notarzteinsätze sehrwohl mit Kostensenkungen verbunden, da neben einer Pauschale für jeden Einsatz zusätzliche Kosten für die Gestellung des Notarztes anfallen - weniger Einsätze - weniger Zahlungen durch die Kosenträger - geringere Belastung für die Allgemeinheit.
    Die Kosten für den Rettungsdienstunternehmer indes bleiben nahezu gleich, da stimme ich dir zu.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Wirtschaftlich gesehen muss man hier zwischen den verschiedenen Systemen differenzieren:


    1. der Notarzt ist als "Vollzeit-Notarzt" im Rettungsdienst angestellt oder dem Rettungsdienst ausgeliehen. Hier wird keine wesentliche Kostenreduktion stattfinden, ausser die Zahl der Einsatzmittel kann auf Grund eines neuen Indikationskatalog reduziert werden.


    2. der Notarzt ist im Krankenhaus tätig und unterbricht seine laufende Arbeit für den Einsatz. Durch die Unterbrechung seiner aktuellen Tätigkeit kommt es zu Verzögerungen im Krankenhaus. Angenommen, dass der Notarzt durch seine klinische Tätigkeit zeitlich ausgelastet ist, resultiert daraus, dass Arbeiten später erst erledigt werden können - es können damit Überstunden entstehen, oder das der Hintergrunddienst anrückt - Überstunden entstehen.
    Oder aber, die nachfolgende Schicht muss die liegendgebliebene Arbeit übernehmen (Frust)

  • Sorry, Schmunzel, aber ich sehe da Hans und doniel durchaus auf einer Wellenlänge (die übrigens auch meine persönliche Meinung wiederspiegelt).


    Beide stehen in ihren Plädoyers dafür, dass eine NA-Alarmierung durchaus davon abhängig gemacht werden kann, was das Team vor Ort vorfindet.


    Dann verstehe ich doniel wohl falsch, der ausdrücklich zur Frage der Parallelalarmierung geschrieben hat und nicht zur Frage einer Nachforderung.


    Hans hat das direkt so formuliert, doniel hat sich auf die Paralellalarmierung durch die RLS bezogen, wo alleine schon das Stichwort "Atemnot" für einen gleichzeitige Alarmierung von RTW und NEF ausreicht.


    Und ehrlich gesagt verstehe ich an doniels Standpunkt nicht, warum bei einer potentiell lebensbedrohlichen Situation ("Mein Mann kriegt keine Luft") lieber das Risiko einer falschen Nichtentsendung des Notarztes als das Risiko einer überflüssigen Entsendung eingegangen werden soll.




    Es wäre in der Tat ökonomischer zunächst "nur" einen qualifiziert besetzten RTW los zu schicken und den Einsatz des Notarztes von der Rückmeldung des RTW abhängig zu machen, die auf der Einschätzung des Teamführers vor Ort beruht...


    Nils hat dazu ja schon etwas geschrieben. Darüber hinaus wäre das nur ökonomischer, wenn man das Risiko einer Patientenschädigung durch den Zeitverlust ausblendet. Eine solche Rechnung kommt mir komisch vor.

  • @ Daniel
    wenn die Kosten für den :rtw: Unternehmer nicht sinken, profitiert m.E. auch die Allgemeinheit nicht. Der RD-Betreiber wird sich nämlich dann über seine Kalkulation Gedanken machen müssen und die Einsatzpauschale entsprechend erhöhen.
    Es rechnet sich erst, wenn man tatsächlich einsparen kann, sprich Fahrzeuge und Personal reduziert.