Beiträge von DocUlli

    Vorsicht: besagte Combat Medics (ich fass die Gruppen der Einfachheit halber einfach mal so zusammen) lernen ein sehr, sehr enges Spektrum an Algorithmen (nämlich Trauma) mit genau definierten Maßnahmen. Man geht aber davon aus, dass DAS genau die Szenarien sind, die sie brauchen. Deswegen fehlt (außer bei NFS, RS mit entsprechender Zusatzqualifiktation) in der Regel das ganze zivile Tagesgeschäft- nämlich Innere und Neuro. Und gerade die, die das nicht sooo oft machen, sind jetzt nicht unbdingt handlungssicher.

    Der chirurgische Atemweg wird tatsächlich erst auf Ebene CFR B/C, nicht aber beim EEH-B ausgebildet. Der normale Polizeisani beherrscht das nicht. Auch nicht die RS (das war zu meiner Zeit in einer Landespolizei in Deutschland zumindest noch die Regelqualifikation als Sani für die Einsätze).
    Needle decompression ist ausbildungstechnisch relativ einfach- die Punktionsstelle lässt sich am realen Menschen finden, die Punktion selber, in der Regel an Schweinerippchen. Der Spannungspneu ist bei penetrierenenden Verletzungen (Explosion und Schussverletzungen).
    Und ja, ich habe im Einsatz so einen Patienten übernommen- sah aus wie akupunktiert- hatte auf jeder Seite 3 Nadeln. Der Medic war von den Amis plus die amerikanische Hubschrauberbesatzung.

    Die Verknüpfung brauchst du aber auch wenn PTBS auf der BK-Liste ist. Automatisch wird das nicht anerkannt.

    Für singuläre Ereignisse ist das auch nicht DAS Problem.

    Spannender wird es bei kumulativer Belastung, wenn die einzelnen Ereignisse nicht schwer traumatisierend sind.

    Da habe ich das Beispiel eines Soldaten: Also er war in einem großen Camp untergebracht. Darauf wurden regelmäßig Raketen abgeschossen. Er war jetzt aber nicht von Explosionen unmittelbar betroffen (weitläufiges Gelände, oft gar nicht umgesetzt etc). Jeder einzelne Angriff wurde aber dokumentiert und gemeldet. Das war auch gut so, weil genau diese ständige Belastung am Ende zur Anerkennung als WDB führte.

    Und genau diese ständige Belastung oft ohne singläres traumatisierendes Ereignis ist ja das Problem im Rettungsdienst, Feuerwehr, auch Reporter etc.

    Ein anderes Gutes hat es auch- damit wachen die UVT vielleicht mal auf und forcieren die Prävention.

    Kurz zur Info- anders als "Wie-Berufskrankheit" kann es nicht sein. Da PTBS nicht auf der Liste der Berufskrankheiten steht.
    Das bedeutet aber auch, dass PTBS in absehbarer Zeit als BK auf die Liste kommt.

    Als Alternative wäre in diesem speziellen Fall noch eine Anerkennung als Arbeitsunfall(folge) in Betracht bekommen.

    Letzteres betrifft übrigens nicht nur professionelle Helfer im Rahmen ihrer Tätigkeit, sondern auch Ersthelfer/Laienhelfer über die Unfallkassen.
    Ich hatte neulich erst einen entsprechenden Fall bei einem Patienten von uns.

    Und bevor ihr das falsch versteht- ich denke auch, dass man uns Notärzte für viele Einsätze nicht braucht und die problemlos von NFS abgearbeitet werden können, wenn man sie denn lässt.

    So ein bisschen muss man allerdings Medikamentennebenwirkungen und Entwicklnugen von Notfällen im Hinterkopf behalten.


    Als Maßstab kann dann auch nicht der top motivierte und lernwillige Spitzen-NFS genommen werden, sondern der Durchschnitts-NFS.


    Und was ich auch ganz gut finde- war das nicht sogar die Schweiz, wo es ein abgestuftes System an Rettern gibt? Erstmal Art Grundqualifikation und mit der Zeit kann man dann Zusatzqualifikationen erwerben, mit denen man dann auch mehr Maßnahmen eigenständig durchführen darf.

    Nochmal kurz zurück zu PAs und Co: Die sollen ja "einfache" , eigentlich ärztliche Aufgaben übernehmen. Also nicht papierkramtechnisch den Rücken freihalten, sondern Nähte in der Chirurgie, ASA-I-Narkosen, Ultraschall etc.. War zu meiner Zeit ja teilweise schon schwierig meine Intubationen zusammenzubekommen.
    Das mag in anderen Ländern vielleicht gut funktionieren- ich denke auch, weil die eine andere Ausbildungskultur als wir haben. Aber auch da müsste man kritisch hinschauen, welche Skills dann ein Notarzt dann doch haben sollte, den man dann in der Klinik nicht lernt.

    Die Frage ist halt was das Notarzt können soll, welche Skills er haben sollte, wie bildet man diese Kollegen aus und vielleicht DIE entscheidende Frage: Wo bekommt man diese Menschen in der notwendigen Anzahl her.


    Und da wird Deutschen recht gut darin sind, Dinge zu versaubeuteln, ist mein worst case Szenario zum Telenotarzt, dass da nicht der erfahrene Anästhesist oder Internist aus dem örtlichen Krankenhaus sitzt, der vielicht auch noch regelmäßig Rotationen auf dem NEF hat, sondern die Anrufe in irgendeinem Callcenter landen, wo man mit etwa Glück noch den Muttersprachler/Muttersprachniveau Hochdeutsch erreicht, im schlechteren Fall jemand mit breitestem Sächsisch oder Bayerisch den man kaum versteht und im schlechtesten Fall das irgendein outgesourceter Dienstleister ist mit irgendwelchen "Ärzten" fraglichlicher Qualifikation, die sonst keinen anderen Job finden und kaum Deutsch können.

    Insbesondere das DRK hat x Tochterunternehmen. Die heissen meist DRK xy GmbH. Damit können die natürlich anders wirtschaften ABER damit wird auch die HiOrg mit ihren Untergruppierungen vor finanziellem Ruin geschützt.


    Als Beispiel: Das DRK betreibt eine Flüchtlingsunterkunft. Dafür gibt es Geld vom Landkreis/der Stadt, die diese Aufgabe outgesourced hat, Gleichzeitig fallen Kosten an. Wenn das jetzt direkt der Ortsverband macht und die Kalkulation nicht stimmt, ist der Ortsverband schlichtweg pleite.

    (die limitierten Möglichkeiten überhaupt in größerem Maße zu wirtschaften lasse ich mal außen vor).
    Dafür wird dann eine GmbH gegründet, die finanziell eigenständig ist. Mit einem Geschäftsführer und dem ganzen Rest des Wasserkopfes den man sonst noch so braucht.

    Da beisst sich die Katze aber wieder in den Schwanz- Klinik ist nicht Präklinik. Und in der Klinik werden die Ärzte in Zukunft dank PA und Co auch einige Skills erst viel später erleben und Routine bekommen.
    Wie willst dann den erfahrenen Notarzt haben, wenn die kaum noch selber Einsätze real vor Ort abarbeiten.


    Versteh mich nicht falsch- ich bin auch kein Freund davon, als Notarzt jeden noch so unsinnigen Einsatz zu fahren.


    Und dann noch ein Punkt: Werden sich genug Ärzte finden, die diese Art von Verantwortung auf sich nehmen wollen?

    Es gibt eine Sache, die ich noch zu bedenken geben möchte: Gerade als Notarzt bekommt man die Routine und Gefühl für Patienten und Teams durch die Einsätze. Wenn die Notärzte jetzt nur noch die super special Sachen machen sollen und ansonsten nur noch telemedizinisch unterstützen- woher soll dann die Routine kommen?

    Obacht- da muss man unterscheiden ob du da den echten Sani (NFS/Arzt) hast oder den Medic.

    Und im Einsatz hast halt unterschiedliche Patienten.


    Der Patient ist vor dem Ereignis erwachsen (ok, danach auch noch), fit, gesund, geringe Bandbreite an Größe und Gewicht und dann arbeitet man überwiegend den Traumaalgorithmus ab.


    Und nicht alles zwischen Geburt und Tod, mit Schwerpunkt Omma Müller 80+, Herz kaputt, Niere kaputt, 10 Dauermedikamente, keine Reserven und du musst erstmal sortieren welches Körpersystem überhaupt akut Probleme macht.

    Und zu den Feuerwehr-Rettern- ich habe mit denen bisher gute Erfahrungen gemacht. Ich hatte von 2 BFen meine NEF-Fahrer und hab mich da gut aufgehoben gefühlt.
    Die skurrilsten Erlebnisse hatte ich mit Ehrenamtlern. Neulich als Darsteller bei einer großen Übung wieder erlebt.

    Da ich gerade die entsprechende Fortbildung für meine Kollegen organisiere und auch die ein oder andere Erfahrung mit akuten Hitzeschäden habe:
    Mit einer vernünftigen Planung kann man der Gefährdung tatsächlich begegnen und Ausfälle verhindern.

    Work-Rest-Cycles, Trinkmengenberechnungen UND auf ausreichend Salz achten. Pausen im Schatten und/oder Fahrzeug. Nur wirklich notwendige PSA, dafür Kopfbedeckung.
    Für die erste Hilfe Coolpacks.


    Ob man jetzt unbedingt einen RTW braucht- da ich die Details nicht kenne, kann ich das nicht genau beurteilen. Der Gedanke ist nicht verkehrt. Aber die Möglichkeiten und die Notwendigkeit sind begrenzt.

    Soweit die Theorie.
    Das Problem betrifft nicht nur Arzttermine, sondern auch zB stufenweise Wiedereingliederung. oder auch Physiotermine.

    Meine Probanden müssen zB erstmal von zu Hause entweder über die Firma oder direkt zu irgendwelchen Baustellen. Fahren da sehr häufig als Kolonne hin. Wenn jetzt einer von denn 2 Stunden früher wieder weg müsste um zum Arzt zu kommen, ist das ein Problem.

    Das neue Programm mit der ambulanten Präventionsreha der DRV ist für die auch nicht möglich.

    Die Bundeswehr hat übrigens keine freie Heilfürsorge, sondern eine unentgeltliche truppenärztliche Versorgung.


    Und viele Arbeitnehmer können eben nicht mal eben 2 Stunden später zur Arbeit kommen oder früher gehen. Die meisten meiner Probanden können das nicht.
    Trotzdem braucht man keinen 24/7 Hausarzt.

    Aber was machen bei euch in der Schweiz die Sanitäter im Grundbetrieb? Wir haben ja auch noch einige organisieren können:med. Personal was in andere Berufe gewechselt ist und in der Pandemie zB Kurzarbeit hatte oder Kollegen aus chirurgischen Fächern, die dann frei waren. aber das ist eben sehr begrenzt, weil die meisten eben woanders gebraucht wurden. Nem nackten Mann kann man halt nicht in die Tasche greifen.

    Das Militär wird per Definition kein Geld für zivile Aufgaben bekommen. Zivile Unterstützung ist immer subsidiär und wird sogar in Rechnung gestellt. Selbst gemeinsame Ausbildung muss man irgendwie militärisch begründen. Ist im Art 35 GG festgelegt.

    Was zB relativ problemlos ging war der mobile OP für die Klinik in Konstanz. Bundeswehr lieferte das Material und Personal was das Ding betreiben konnte und die Chirurgen der Klinik haben drin operiert. Und damals war auch noch keine Pandemie.

    Was gut ankam waren in der Pandemie die helfenden Hände in den Pflegeheimen. Das war aber kein med. Fachpersonal, sondern Soldaten aus allen möglichen Truppengattungen. Und der Einsatz war nicht unumstritten. ja, nette PR, Abwechslung für die Soldaten, aber auch Konkurrenz auf dem zivilen Arbeitsmarkt. Das hätten genauso arbeitslose oder kurzarbeitende Mitarbeiter aus der Gastro etc. machen können.

    Naja- man hat die letzten Jahrzehnte ja ordentlich gespart und sich gleichzeitig auf Auslandsmissionen konzentriert. Genauso wurde aber auch der Zivilschutz auf ein minimum runter gefahren.

    Jetzt wird wieder auf LV/BV umgestellt. Was aber auch bedeutet dass wir eben Truppen an der NATO-Ostflanke stationieren und für Unterstützung im Inland noch weniger Soldaten für irgendwelche Inlandsunterstützungen zur Verfügung stehen.

    So einen massiven Fachkräftemangel hatten wir auch noch nie.
    Im Zweifel sind der Arzt im Gesundheitsamt, der Sanitätsoffizier des KVK und der LNA genau eine Person

    Die Bundeswehr hat zwar die Container und Zelte, viele aber nicht einsatzbereit. UND die Bundeswehr hat kaum freies Personal. Das hat man ja an der Pandemie gesehen. Ein Teil des Personals was die Rettungszentren betreiben soll, ist in den BWKs- die arbeiten da aber ganz normal in der Patientenversorgng. Ein Teil sind Reservisten, die tadaaa- im normalen Leben irgendwo im Gesundheitswesen arbeiten.

    Ein Rettungszentrum, leicht (quasi ein reines OP-Lazarett mit OP aus Containern, der Rest Zelte, mit kaum Bettenkapazität) hat im Grundbetrieb knapp die Hälfte des Personals was für den Betrieb gebraucht wird. Die machen überwiegend Materialbewirtschaftung, ca die Hälfte sind Fahrer mit einer RS-Ausbildung. Und davon müssen auch alle da sein.

    Wir Ärzte lernen es in der Ausbildung schlichtweg nicht. Weil unsere Oberärzte sich teilweise vor den Entscheidungen gedrückt haben und hinter den "Tapsis" eh keiner Steht. Es gibt keinen Spielraum für Entscheidungen und man geht lieber auf maximale Sicherheit.


    3 Beispiele aus meiner Krankenhauszeit:

    Relativ junge Patientin mit metastasiertem Bronchial-CA, infauste Prognose. Ich war nur die Diensthabende und frage bei der Übernahme des Dienstes was denn besprochen wurde: NICHTS. Ich solle dann doch noch mit der Patientin auf Intensiv fahren wenn in der Nacht was wäre- sie wäre ja noch so jung. Aber ich müsse ja nicht so schnell fahren. W!T!F????

    Sehr alter Patient wird mit Dyspnoe und schlechtem AZ in die NFA eingeliefert, besch*** Sättigung. Im letzten Arztbrief eine lange Latte an Diagnosen, davon mehrere lebenslimitierend. Irgendwann den Betreuer erreicht- er soll vor allem nicht leiden.
    Mit dem Kollegen entschieden, dass wir das Lungenödem behandeln (Lasix, O2), er auf die periphere Station (am ruhigsten, noch schöne Aussicht auf den Garten, blockiert kein Bett im Haupthaus) soll und dann schauen, ob er die Nacht überlebt.
    Ich war die zuständige Ärztin in der NFA. Internistischer Kollege wollte unbedingt noch eine arterielle BGA. Warum auch immer. Das war schon klar dass die Werte beschissen sind und eh keine Konsequenz. das hat aber gedauert, solange konnte der DK nicht gelegt werden, Bett in der NFA ewig belegt. Und unnötige Schmerzen für den Patienten.
    Patient ist in der Nacht verstorben.

    HIV-Patient mit Pneumonie, die er nicht mehr behandeln lassen wollte. Es war klar, dass er daran sterben wird- war sein Wille. Warum auch immer man dann noch jeden 2. Tag rgendwelche Laborwerte bestimen muss.

    Und so zog sich das durch verschiedene Kliniken.