Beiträge von Hilope

    Und es ist ein arroganter Irrglaube, dass das deutsche Medizinstudium das obere Ende der internationalen Meßlatte ist und alles andere ein Studium zweiter Klasse.

    Wenn ich mir die "Kolleginnen und Kollegen" aus dem Ausland in meiner bzw. benachbarten Kliniken anschaue, dann ist das sicher kein Irrglaube, sondern es darf bezweifelt werden, ob überhaupt eine medizinische Ausbildung irgendeiner Art absolviert wurde.


    Bei uns arbeiten ja nicht unbedingt die Harvard-Absolventen in großer Zahl, sondern eher diejenigen aus ärmeren Ländern. Hier hängt der Standard durchaus dem deutschen hinterher und selbst bei einem guten, steht dieser nicht allen Studierenden gleichermaßen offen.

    Ich bin auch nicht mit allen Änderungen glücklich z.B. beim ACS und dem "hypertensiven Notfall", bei dem immer noch zu wenig bzgl. der Dringlichkeit bzw. Schwere differenziert wird und heute einen Großteil meiner nicht indizierten Einsätze darstellen. Auch sind die meisten Patienten mit Atemnot mit wenigen Maßnahmen wie Sauerstoffgabe oder Medikamenten-Verneblung adäquat und ausreichend ohne notärztliche Hilfe zu behandeln. Allerdings empfehle ich, die Erläuterungen zu den Indikationen zu lesen. Denn diese sagen zum Beispiel ausdrücklich, dass

    [... ] eine Hyperventilation eines pubertierenden Mädchens mit Liebeskummer [...]

    erst einmal keine NA-Indikation darstellt:

    Zitat

    Weiterhin sollte bei einer Atemfrequenz > 25/min eine Hyperventilation aufgrund psychischer Erregung als Ursache ausgeschlossenen werden

    Das überrascht mich natürlich sehr.

    Der Schlaganfall mit GCS 13 profitiert nicht vom Notarzt, sondern vom schnellen Transport. Das darauf bestehen, überall einen Notarzt hinzuschicken (das wort "Nachforderung" kommt nicht vor), ist einfach nicht mit Patientensicherheit zu erklären.

    Ein Patient, der mit einem Schlaganfall auf dem Transport ins Krankenhaus aspiriert oder durch einen Schock cerebral zusätzlich geschädigt wurde, profitiert von einem vielleicht (!) schnelleren Transport (dass der NA länger als der RTW benötigt, sehe ich hier immer weniger) leider auch nicht so wirklich. Von daher gibt es eben nun mal Unterschiede bei der Diagnose Apoplex und Apoplex.

    Da steht doch "mit Vitalfunktionsstörungen". Das wird so auch erläutert:


    Zitat

    Zudem wurde berücksichtigt, dass Einsätze mit ausschließlich vorliegendem „D“-Problem (z. B. Schlaganfall ohne begleitendes „ABC“-Problem und damit ohne vitale Gefährdung) in der Regel keine spezifischen notärztlichen Maßnahmen erforderlich machen und entsprechende Einsätze mit dem Ziel eines möglichst kurzen Zeitintervalls bis zum Erreichen der geeigneten Zielklinik ohne Notarztbeteiligung erfolgen können

    Das finde ich so absolut in Ordnung, weil hier nicht der Schlaganfall die Indikation ist, sondern eine Störung der Vitalfunktionen.

    Kann man so nicht pauschalisieren. Ohne stattgehabtes Rhythmusereignis oder persistierende/fluktuierende Symptomatik haben die kurzfristig kein erhöhtes Risiko.

    D.h. es kommt weniger auf die nominelle Einschätzung der abgebenden Kardiologen an, sondern eher auf eine echte Risikostratifizierung. Einen Überwachunggrund haben sie meistens, aber es muss tatsächlich nicht immer der RTW sein und fast nie der Notarzt.

    Gerade für solche Verlegungen eignet sich eine übergeordnete Abklärung mit entsprechender Entscheidung bzgl Transportmodalität (und Zeit).

    Das habe ich doch geschrieben: Es gibt welche, die gehören überwacht, weil sie teilweise hochkritisch sind und welche, die werden "irgendwann" einmal operiert.

    Ich bin echt immer wieder erstaunt, dass man negative Entwicklungen und die Abkehr einer höherwertigen Versorgung gut redet sowie mit ebenso schlechten Verhältnissen anderswo zu rechtfertigen versucht, nur um anderen widersprechen zu können.

    Trotzdem ist es so, dass nach elektiven Herzkathedern der Pat nach kurzer Zeit (wenigen Stunden) das Kathederlabor wieder verlässt und zurück ins Heimatkrankenhaus verlegt wird. Und das ohne jegliche Überwachung. Nur noch eine kleine Aufklärung über den Druckverband am Handgelenke und fertig.

    Ja, ich hatte doch geschrieben, dass eine Überwachung nicht unbedingt notwendig ist. Aber es macht doch einen Unterschied, ob ein Patient auf einer kardiologischen Station liegt, bei dem das Personal wahrscheinlich fast ausschließlich kardiologische Patienten behandelt, und damit einfach Routine in der Überwachung und Behandlung solcher Patienten hat, als in einem KTW mit einem RS (vielleicht auch noch ein FSJler) als Betreuer.

    Bei einem Krankentransport gibt es eine 1:1 Betreuung, der RettSan sitzt direkt neben dem Patienten. Angenommen die Patienten haben auf Station nicht alle eine Bettwache, dann gibt es kaum eine Möglichkeit früher über Probleme des Patienten zu erfahren.

    Das bestreite ich nicht und ist gleichzeitig auch der einzige Vorteil. Ansonsten ist der RS für mich nicht die geeignete Qualifikation für die Betreuung von Patienten, bei denen kurz zuvor mit einem Draht in den Koronarien manipuliert wurde. Er kann mit den Komplikationen, sofern er sie kennt und erkennt, nicht routiniert umgehen und weitere Hilfe benötigt deutlich mehr Zeit als in einem Krankenhaus, wo Personal direkt oder sehr schnell vor Ort ist und gleichzeitig auch weitere technische Möglichkeiten. Prodromi müssen von einem RS auch erst einmal als solche identifiziert werden.

    Das Risiko des Patienten bewusstlos zu werden ist auf der Kardio-Station genau so hoch wie im KTW. Warum sollte das auf Station ok sein, im KTW nicht?

    Ich würde behaupten, dass Personal auf einer kardiologischen (Überwachungs-) Station deutlich öfter mit einem kardiologischen Notfall konfrontiert ist, als eine "normale" KTW-Besatzung und deutlich schneller die richtige Hilfe bieten kann. Das Stationspersonal kann Prodromi ggf. auch früher erkennen. Ganz allgemein ist in einem Krankenhaus erheblich schneller nicht nur ärztliche Hilfe, sondern auch die medizinische Ausstattung für die ursächliche Lösung des Problems vorhanden.


    Davon ab, dafür reicht ein 3k-EKG am AED.

    Natürlich, wenn ein solcher Vorhanden ist und ein RS mit Herzrhythmusstörungen sicher umgehen kann, ist ein AED mit EKG-Funktion ausreichend.


    Das ist die gleiche Frage, warum ein Patient von einer kardiologischen Normalstation zu einer geplanten ACVB-OP ins Herzzentrum mit einem ITW gefahren werden soll. Begründung: Könnte ja flimmern ...

    Begründung siehe oben. Es gibt halt Patienten, die sind mit der Diagnose dringlich OP-bedürftig und damit sicher auch überwachungspflichtig und solche, die können nach Hause und in 2 Wochen zur OP wieder kommen.

    Liegen im KH ohne EKG-Überwachung, der Transport muss aber mit dem RTW und Monitoring durchgeführt werden. Versteht keiner. Statt neue RTWs in Dienst zu stellen hat man mehrere KTWs mit Defis ausgestattet und das Personal qualifiziert. Nun werden diese Patienten mit KTW transportiert und dank Telemetrie kann jederzeit fachlicher Rat eingefordert werden (innerhalb eines Jahres 2x erfolgt - Fahrt wurde ohne Intervention fortgesetzt).

    Nach einer Herzkatheterintervention müssen Patienten nicht zwingend an eine Überwachung, das ist mit dem individuellem Risiko abzuwägen. Dass bei einem Transport außerhalb einer kardiologischen Einrichtung, auf dem die möglichen postinterventionellen Komplikationen vielleicht nicht ganz so präsent sind, Patienten eher an einen Monitor gehören, empfinde ich nicht als unverständlich. Das zeigt ja auch die Variante, einen Monitor auf einen KTW zu verlasten.

    Das kann man natürlich aus personeller Not heraus so machen, ist für mich aber Flickschusterei und kein Erfolgsmodell, an dem man sich orientieren sollte.

    Vetokompetenz kann nicht jeder. Vielleicht hätte den Notarzt die einfache Frage "Fällt euch noch etwas auf? Möchtet ihr etwas anders machen?" gerettet.

    Stimmt, bei dem Einsatzablauf frage ich mich aber, ob der Notarzt überhaupt gemerkt hatte, dass er komplett neben der Spur läuft.

    Ein Veto oder einen Vorschlag kann man als freundliche Frage formuliert eigentlich immer einbringen ("Sollen wir noch oder lieber XY machen?" bzw. bei dem Einsatz "Sollen wir erst einmal über Krankenhaus Z fahren?")


    Mich würde auch interessieren, was bei der Übergabe via Telefon (!) gesagt wurde: "Hallo, wir legen Ihnen einen Patienten in die Aufnahme, der sich möglicherweise vom Dach gestürzt hat, jetzt auch nicht mehr selbstständig laufen kann und sein eines Bein nicht mehr spürt, aber sonst hat der nix und ist stabil." Psychiater: "Ja, ok, ich bin noch auf Station und schau ihn mir nachher dann an." Das kann ja eigentlich alles nicht sein.

    Mir vollkommen unverständlich, wie es zu so einem Einsatzablauf kommen kann. Ebenso, dass ein Psychiater so einen Patienten aufnimmt oder auch die weiteren Rettungsteam-Mitglieder nicht stärker interveniert haben. Schließlich hat die Rettungsassistentin des RTW eine Minderbeweglichkeit des einen Beines angegeben sowie, dass dieses nicht mehr gespürt werden konnte.

    Aber alles dazwischen hat professional und damit motiviert einer gesunden Distanz zu erfolgen. Ja, man darf und muss manchmal auch den Patienten/ Angehörigen gegenüber klare Kante zeigen und Ansagen machen. Aber, die müssen sachlich und inhaltlich korrekt erfolgen. Und ja, man darf auch Emotionen ansprechen, auch die eigenen, aber man darf nicht emotional werden.

    Stimme ich prinzipiell zu. Allerdings muss dafür auch ein professionelles Arbeitsumfeld gegeben sein. Das ist in der Medizin meistens nicht mehr der Fall. Sei es aufgrund überlanger Arbeitszeiten oder zu hoher Belastung. Auch Profis sind nur Menschen, die bei dauerhafter Überanstrengung aus der Haut fahren können, was man dann zum Beispiel nicht gleich scharf sanktionieren sollte.


    Das Thema Psychohygiene und empathischer Umgang mit Patienten und Kollegen müsste daher in meinen Augen deutlich häufiger und deutlich intensiver thematisiert werden.

    Meines Erachtens ist medizinisches Personal, welches Patienten mit Vorwürfen konfrontiert, nicht unbedingt empathielos, sondern ist ein solches Verhalten durchaus die andere Seite eines ansonsten sehr empathsichen Auftretens. Richtig empathisch kann man nicht sein, wenn man sich zu weit vom Einsatzgeschehen distanziert, weil man ansonsten die Anteilnahme nur vorspielt. Dann ist es meiner Meinung nach aber auch zulässig, dass man nicht nur Mitgefühl gegenüber dem Patienten signalisiert, sondern auch mal Verdruss oder Ärger, wenn es denn gerechtfertigt ist. Klar ist, dass dies in angemessener Form erfolgen muss und der Patient im dem Fall der richtige Empfänger ist und nicht Blitzableiter für jemand anderen.