Beiträge von Nils

    Lieber Michael,

    ich schätze deine Beiträge sehr und auch in diesem vorliegenden Thema fühle ich mich in vielen deiner Ausführungen gut abgeholt.

    Aber das hier...

    Mir geht´s hier nur um Klarheit. Auch weil ich gerade vor vier Wochen beim Kaffee auf der Tagung von dem NotSan hörte, der einen Patienten zuhause ließ, welcher dann wirklich mal kausal verstarb. Das muss ja nicht sein.

    ...dünkt mir dann doch etwas arg kasuistisch angelegt zu sein. Ich würde ziemlich viel Geld darauf verwetten, dass bei einer Quotenbetrachtung von "wer produziert mehr Leichen durch unsachgemäße/falsche Diagnosen pro 100.000.000 Patienten" das RD-Personal weit abgeschlagen hinter den Ärzten zurückbliebe. Was natürlich (auch) durch strukturell völlig andere Patientenkontaktsettings bedingt ist, schon klar - mir geht es auch gar nicht um Ärzte-Bashing. Nur als Argument scheint mir dies in obigen Zusammenhängen eines deiner schlechteren zu sein.

    Du verwendest den zivilrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers. Als solcher bin ich verpflichtet, Weisungen meines Arbeitgebers umzusetzen. Im Zweifelsfall wäre das Arbeitsgericht zuständig. In der vorliegendes Diskussion handelt es sich aber um eine staatliche Regelung, die qua Rechtsverordnung dazu führt, dass ich im Falle der unterbleibenden Delegation meine berufliche Tätigkeit als Transportführer eines RTW nicht mehr ausüben darf, obwohl ich die gesetzlichen Voraussetzungen erfülle, nämlich, ein bestandenes Examen als Notfallsanitäter zu besitzen (Siehe Artikel 43 Absatz 1 des Rettungsdienstgesetzes Bayern). Das schränkt mich in meiner Berufsausübung doch ganz erheblich ein, vor allem in puncto Heilkundeausübung, die mir kraft eines Bundesgesetzes erlaubt ist, wenn die Voraussetzungen vorliegen (Und das tun sie im RTW-Einsatz ja in aller Regel). Insofern ist die Vorabdelegation für meine Berufsausübung gar nicht von zentraler Bedeutung. Vermutlich kommt die Delegation deswegen bei den Aufgaben der ÄLRD in Bayern auch nur als Soll-Regelung im Rettungsdienstgesetz vor.

    Mein Sohn ist Elektriker, macht derzeit den Meister und erzählte mir gestern, er dürfte dennoch nicht an Mittelspannungsnetzen arbeiten. Sollte er also jemals größere Verbraucher oder Erzeuger netzanschlussfähig machen wollen (bspw. Biogasanlagen oder Solarfarmen), müsse er nochmal eine weitere mehrwöchige Qualifikation durchlaufen. Und danach dürfte er dennoch nur die Anlagen selber verdrahten, den Anschluss an das örtliche Netz macht dann der jeweilige Netzbetreiber am Anschlusspunkt.

    Beschwert er sich über den Eingriff in seine Berufsfreiheit? Nein. Er kennt die Regelungen und arbeitet mit diesen. Greifen diese Regelungen über seinen Arbeitgeber auf sein Arbeitsverhältnis über? Natürlich. Und sollte er sich selbständig machen, greifen diese Regelungen auch in das selbständige Tun statt der abhängig beschäftigten Situation ein.
    Das alles scheint mir also kein rettungsdienstliches Alleinstellungsmerkmal zu sein.



    Und mal ganz allgemein zur Diskussion hier, unabhängig vom Zitat und Autor oben:

    Angesichts der Empörung in diesem Forum damals bei der Entstehung des NotSanG zur fehlenden "Behandlungsfreiheit" im Ausbildungsgesetz scheinen mir manche Befürworter einer solchen Lesart ein sehr verklärtes Bild des Gesetzentstehungsprozesses verinnerlicht zu haben. Ja, ich bin ein Befürworter von Kompetenz und großem Handlungsrahmen von Menschen, die wir in Situationen schicken, in denen manchmal alle gedachten Rückfallebenen versagen. Und dafür brauchen wir dann Regelungen. Diese Rückfallebenen aber zum Standard erklären zu wollen, wird dem Backupgedanken solcher Regelungen jedoch nicht gerecht. Ich bin sofort dabei, wenn für die gesetzliche Ausweitung des Handlungsrahmens (damit dann aber auch: der Handlungspflichten von NotSan) gestritten werden soll. Hier jedoch (zu) weite Auslegungen entgegen des gesetzgeberischen Willens das Wort zu reden, scheint mir im Zweifel gefährlich für unbedarfte Leser solcher Diskussionen.

    Und soweit ich das überblicke, sind die (Arbeits-) Gerichte bislang mit Handlungsnotwendigkeiten von Rettungsdienstlern stets gut umgegangen, wenn die Indikation richtig gestellt und die Intervention sachgerecht war.


    Bei „lebensbedrohliche Schuss- oder Stichverletzungen am Herz, der Lunge oder an anderen großen Gefäßen in Verbindung mit einem Herzkreislaufstillstand“ hat die Berufsrettung Wien die Indikation zur Thorakotomie.

    Zitat


    Nun sei man soweit, „Clamshell-Thorakotomien“ könnten mittlerweile in der ganzen Hauptstadt bei Bedarf erfolgen. 100 Notärztinnen und Notärzte sowie 80 Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter wurden bisher ausgebildet


    2024 erfolgten Behandlungen an fünf Personen. Zwei davon überlebten ihre Verletzungen

    https://wien.orf.at/stories/3293673/

    Moin in die Runde,

    ich hab da mal eine private Frage. Meine Tochter studiert in Witten-Herdecke Medizin und hat im September 2023 bei NAW Berlin den RS-Grundlehrgang absolviert. Der Grundkurs scheint in Berlin nur zwei Jahre lang "gültig" zu sein, daher kommt sie gerade aufgrund einer langen Erkrankung 2024 in Zeitdruck, in den Semesterferien noch den RS erfolgreich zu absolvieren. Ab dem 24.3. hat sie nun ein Krankenhauspraktikum zugesagt und sucht jetzt für den sehr spezifischen Zeitraum 22.2. bis 22.3. 2025 eine Rettungswache, auf der sie das Wachenpraktikum absolvieren kann. Ihre Anfragen in Witten waren nicht von Erfolg gekrönt, deshalb versuche ich hier mal mit der Bubble mein Glück: kann irgendwer hier im ÖPNV-Pendelumkreis von Witten ein Wachenpraktikum in besagtem Zeitraum anbieten? Ich wäre für jegliche Unterstützung dankbar!


    Sie ist seit 2020 ehrenamtlich für die DLRG in Berlin als Schwimmausbildungs- und EH-Ausbildungsassistenz tätig, hat über die Wasserrettungsdienstabsicherung auch bereits Reanimationserfahrungen sammeln dürfen, ist also kein absolutes Greenhorn mehr.

    (Denkbar sind natürlich auch jegliche in Deutschland gelegenen Wachen, die eine Unterkunft ermöglichen, wie ich es bspw. von Berufsfeuerwehren mit ihren "Gästezimmern" oder bei HiOrgs mit ihren "Zivi-Zimmern" kenne).

    LG Nils

    in jeder anderen Branche werden Zeitarbeiter schlechter bezahlt als das Stammpersonal, ist es wirklich eine absolute Absurdität, wie es aktuell in einigen Bereich zu laufen scheint.

    Das gilt nur für relativ einfache Arbeiten. Je höher das Spezialistentum, desto höher die Stundensätze. Gerade bei Ingenieuren ist Zeitarbeit bspw. für einige ein unglaublich attraktives Modell: hohe Abwechslung im Job bei sehr gter Bezahlung.

    Hilope, nachdem ich deine Beiträge lange nicht gelesen habe (weil blockiert) - und ich jetzt dann dochmal gedacht habe: schauen wir mal was der Mensch da schreibt - möchte ich dir sagen: du bist das Fähnchen im Wind einer Notärzteschaft die - fairerweise - wahrscheinlich auch gute Arbeit leistet - aber sich dem Zahn der Zeit einfach nur geschlagen geben muss.

    (...)

    im großen und ganzen kann ich dich in diese Forum vor allem einer Gruppe zuordnen: der eines Störers.


    Nur der Vollständigkeit halber: meine Einschätzung ist da vollkommen anders. Ich mag es sehr, dass Hilope idR argumentativ und nicht ad hominem um die Ecke kommt. Das gibt dem Gegenüber die Möglichkeit, sich an seiner Herleitung abzuarbeiten, was hier ja auch durchaus geschieht.


    Dass ich inhaltlich eher bei ihm als auf der anderen Argumentationsseite stehe, muss vermutlich nicht groß ausgeführt werden. Ich betone nur noch einmal, dass es bei den von mir skizzierten Konsequenzen nicht nach einem einmaligen Nichtbestehen kommen kann, sondern nur nach entsprechenden Nachschulungs- und Nachprüfungsversagen. Solche "Details" gehen ja im Laufe einer Diskussion gerne verloren. Daher Danke an Monschi , dass er dies nochmal explizit so zusammengefasst hat.

    Genau, aber die Lösung, erkämpfe dir dein Recht nachträglich zurück, sollte doch nur die Rückfallebene bleiben finde ich.

    Das ist doch bei Stress mit deinem Arbeitgeber eigentlich stets der Regelfall und nicht die Ausnahme. Und ich stapfe auch als Vertreter meiner Universität regelmäßig zu Gericht und verteidige unsere Prüfungsentscheidungen (bislang übrigens mit 100% Erfolgsquote, was angesichts der Heterogenität unserer Prüfer echt an ein Wunder grenzt).

    Wieso? Er kann doch auf den Fahrersitz? Er kann ausbilden, MPG, Lager,... Es gibt Möglichkeiten. Ich fände es durchaus nicht schlecht, wenn ein AG hier eine Möglichkeit hätte, aber ich sehe eben das Problem, welches es seinerzeit schon beim RettAss gab.

    Ich lass doch keine Leute Ausbilder spielen, die mehrfach ihre fachliche Ungeeignetheit bewiesen haben. Langsam wirds albern.


    Wenn ich in meinem Betrieb einen Elektriker habe, der ständig gegen die Normen verstößt, kündige ich ihn bevor es tödliche Spannungszwischenfälle gibt. Wenn ich einen NotSan habe, der seine Fortbildungen dauerhaft nicht besteht, sollte ich ihn ebenfalls nicht weiter als Notsan einsetzen und mir hinterher vom Staatsanwalt erklären lassen, dass ich das Unglück doch hätte kommen sehen müssen. Ich verstehe gar nicht, was daran so problematisch sein soll.

    Ja. Dein Arbeitgeber kann sich die Auffassung des ÄLRD zueigen machen und dir die Transportführerposition untersagen. Direktionsrecht nennt sich das.


    Einmal durch die Zertifizierung fallen ist kein Beinbruch. Wenn das aber wiederholt und systematisch passiert, dürfte das durchaus einen Kündigungsgrund darstellen: ich habe einen NotSan eingestellt und der liefert nicht die erwartbare Leistung - den kann ich doch nicht guten Gewissens auf Patienten loslassen. Vermutlich wird das in Form einer Änderungskündigung geschehen: man bietet dir einen RettSan-Vertrag an.

    Wenn jetzt also die Gesamtkosten RD sinken, wird nichts teurer. ;-)


    wenn auf einer Wache mit vier RTW aufgrund geringer Einsatzzahlen zukünftig zwei RTW stehen, dann sinken Personalkosten. Wenn es in einer Stadt statt 30 NEF nur noch 15 gibt, sinken Personalkosten. Und wenn in ganz abgelegenen Gebieten statt eines RTW ein REF (nach LK NF Modell) steht, dann braucht es keine entlegene Wache mehr, weniger Personal, günstigere Fahrzeuge. Auch dann können Gesamtkosten sinken.


    Nebenbei macht ein Rückgang von Einsatzzahlen Dinge wie Erweiterungsanbau, neue Standorte aufmachen, mehr Fahrzeuge kaufen unnötig, und verhindert Mehrausgaben.

    Das alles hat mit Bourkes Frage so richtig gar nichts zu tun.


    Die Frage war lediglich der Zusammenhang von Budgetierung und Fahrtaufkommen. Dass sich Rettungsdienstkosten aufgrund der Vorhalteänderungen nicht lienar, sonder treppenstufenförmig rauf- oder runterentwickeln, ist ein ganz anderes Thema.

    Hat ja mit meinem Grundverständis Problem nichts zu tun. Die Kosten für den Rettungsdienst werden doch über Kostenstellen wie Personal, Material, Fzg etc. errechnet. Je weniger Fahrten, desto besser für die Leistungserbringer.

    Nein. Je weniger Fahrten, desto teurer wird der einzelne Einsatz, da die Rechnung ja lautet: (Gesamtkosten RD / Anzahl der Fahrten) = Einsatzpreis. Wenn du so möchtest, ist auch dies eine Form der Budgetierung, die Frage ist ja nur, wie sich das Budget über die einzelnen Kassen verteilt. Über- oder Untereinnahmen eines Jahres (idR über Änderungen der Einsatzzahlen) werden üblicherweise über das Folgejahr als Aufwuchs oder Abwuchs der Gesamtkosten neutralisiert.