Beiträge von Hauke

    Ich habe mal für eine kurze Zeit bei einem sehr ländlichen Rettungsdienst gearbeitet. Einsatzzeiten von 2-3 Stunden waren eher die Regel als die Ausnahme, gerade, wenn wir dann noch in Bremer Kliniken transportiert haben. Wenn man dann sowas kurz vor Feierabend hatte, war klar, dass man deutlich zu spät Feierabend haben wird, vor allen Dingen, wenn man eigentlich 12 Stunden später wieder im Dienst zu sein hat.


    Hier wäre ein solches Konzept durchaus von Vorteil, wenn ich entweder noch am Einsatzort oder unterwegs per Rendez-Vous abgelöst werde und die Folgeschicht den Einsatz übernimmt. Selbstveständlich ist das dann Arbeitszeit und natürlich müssen auch Hygienevorschriften eingehalten werden. Nicht, dass der Zubringer-PKW eine einzige Infektionsschleuder ist.

    Kommt drauf an, wovon ich „getroffen“ werden könnte und welche Konsequenz die Warnung für mich hat. Gewitter? Starkregen? Sturm? Also Sammelbegriff „Wetter“? Hohe Pegelstände der nahen Flüsse mit Einstellung des Schiffsverkehrs?
    Oder eher Extremereignisse wie Fächenbrände oder Hochwasser, die die Wohnbebauung bedrohen?

    Für den ersten Teil brauche ich persönlich keine Warnung per Katastophen(!)-App.


    Ich habe nochmal nachgefragt bei meinem Kumpel. Der gibt ja als Teil seines Berufs solche Warnung raus.


    Wir haben da länger drüber gesprochen und er sieht das Problem grundsätzlich auch.


    Zunächst ist es so, dass grundsätzlich nicht mehr gewarnt wird, als früher. Durch die verschiedenen Medien prasseln diese aber häufiger auf uns ein. Social Media, normale Medien, Apps (meist auch noch mehrere), natürlich in unserem Fall auch eine höhere Sensibilität für solche Szenarien. Früher halt zur vollen Stunden im Radio oder Abends in der Tagesschau auf die "Unwetterwarnung des Wetterdienstes" hingewiesen.


    Die Bewohner kennen, damals wie heute, ihre Region am besten und können diese Warnungen auch einordnen. Wenn ich aber 1-3 Warnapps auf meinem Handy habe und der DWD z.B. stündlich Pegelstände und somit Warnungen aktualisiert, dann läuft das immer wieder bei mir auf. Die Warnungsermüdung kann ich zwar verstehen, ich sehe das Problem aber weniger bei den Apps oder der warnenden Behörde, sondern beim Nutzer der oder zahlreicher Warnapps. Inwieweit ich diesen Apps auch Warnungen filtern kann bis zu einer bestimmten Schwelle, weiß ich nicht.


    Wenn Harris NRÜ schreibt, dass er Interessenbedingt seine Region auch noch weiter eingestellt hat als seinen Wohnwort, dann liegt das Problem wirklich nicht bei den Apps.

    Ja klar, das ist die Motivation: Immer und jederzeit sagen zu können, dass ja gewarnt wurde. Es geht also nicht um echte Gefahrenwarnungen, sondern darum, sich gegen Vorwürfe abzusichern.


    Aber auch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Wir haben bei der Flugsicherung einen guten Draht zum DWD, von dem die Warnungen als Behörde ja ausgehen. Einer meiner besten Freunde ist dort zudem Flugwetterberater. Und zur gesamten Geschichte gehört eben auch, dass sich regional Wetter extrem schwer präzise vorhersagen lässt. Das gilt ganz besonders für Großwetterlagen. Ich rede da oft mit ihm drüber, weil wir ja teils Flugverkehr einschränken lassen, weil ein bestimmtes Wetter vorhergesagt wurde. Und dann zieht es doch "knapp vorbei".


    Die Stadt, in der ich wohne, ist so gut wie nie von Unwettern betroffen. Man sieht sie kommen, dann fällt es kurz vorher zusammen und das wars. Die Nachbarorte - da reden wir von weniger als 10km Luftlinie - werden aber ständig voll getroffen. Warum das so ist, kann keiner sagen. Aber selbstverständlich wird auch für unsere Region gewarnt.


    Es ist aber zu kurz gedacht, dass mit einer "Arsch an die Wand" Mentalität abzutun.


    Ganz ehrlich: Wenn du nicht 100%ig sagen kannst, ob Stadt A oder Sadt B getroffen wird, dann würdest du doch auch lieber beiden Städten Bescheid sagen, oder?

    Selbstverständlich muss es grundsätzlich eine (gesetzliche) Hilfsfrist geben. Wenn es diese bundesweit einheitlich geben sollte, sehe ich das Problem, welchen Wert man da nimmt. Denn auf dem Land wird das eben schwierig, die Zeiten aus der Stadt dauerhaft und flächendeckend zu erreichen.


    Nur kann daraus eben die Anspruchshaltung entstehen, eine notfall(medizinische) Versorgung, wie in der Stadt für sich zu beanspruchen, auch wenn ich in der hinterletzten Ecke wohne. Dann ist es auch egal, ob ich da schon immer gewohnt habe oder hingezogen bin.

    Möglicherweise wird dann auch mal ge- und verständlich erklärt, warum die gemeinen Stadtbewohner in der Regel eine kürzere Rettungsfrist zum Überleben haben als das gemeine Landvolk. Warum kann überhaupt auf Länder- oder sogar Kreis- und Stadtebene (NRW) definiert werden, wie schnell es denn gehen darf?


    Ich finde die umgekehrte Anspruchshaltung aber auch nicht richtig: Ich will ins weite Land ziehen, aber Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst haben gefälligst in 15 Minuten in gesamter Stärke vor meiner Haustür zu stehen und das ganze soll bitte Gesetz sein, damit ich klagen kann.

    Diese Denkweise halte ich für gefährlich.
    Naloxon hilft weder, wenn ich durch zu forsche Fentanylgabe den Blutdruck bis zur Reanimationspflichtigkeit in den Keller gespritzt habe noch wenn der Patient nach opiatbedingter Asphyxie aufgrund Hyperkapnie in der CO2-Narkose ist noch wenn er erbrochen und aspiriert hat.

    Außerdem habe ich nach Antagnoisierung wieder das Ausgangsproblem: Einen schmerzgeplagten Patienten, der zudem nun nicht mehr gut auf Opiate anspricht.

    Nota bene: Ich habe alles schon erlebt - allerdings bei Notärzten. Insofern ist mein Einwurf keinesfalls als Argument gegen Opiatgaben bei NotSan zu werten. Sondern lediglich als Reminder, dass Komplikationen trotz Naloxon antizipiert und beherrscht werden müssen.


    Ich denke, du interpretierst da zu viel John-Wayne Mentalität in mein Gedankenprotokoll des Gesprächs rein ;-) Natürlich wird der Umgang mit dem Medikament, aber auch mit den Nebenwirkung vorher ausreichend geschult, sowie bei den bisherigen Medikamenten ja auch.

    Ich habe an meiner ehemaligen Wache mal nachgefragt. Grundsätzlich begrüßt man das Gesetz. Derzeit dürfen die NFS ohne anwesenden Notarzt eigenständig Esketamin (in Kombination mit Midazolam) geben, jedoch wird das gerade bei älteren Patienten mit entsprechenden Vorerkrankungen kritisch gesehen. Hier stellt z.B. Fentanyl eine deutlich bessere Alternative dar, zumal es bei Problemen schnell mittels Naloxon "unschädlich" gemacht werden kann.


    Auch wenn Esketamin ohne Notarzt gegeben werden darf, so muss in jedem Fall ein Notarztruf erfolgen. Nur in wenigen Ausnahmen (zu lange Wartezeit auf externen Notarzt) darf es auch ohne alarmierten Notarzt gegeben bzw. transportiert werden. Man geht davon aus, dass das bei der Gabe von Opiaten auch so sein wird, hofft aber, nach einer (sicherlich Jahre dauernden) Bewährung die NA Alarmierung irgendwann wegfällt.


    So hätte nicht nur der Patient den Vorteil einer schnelleren Analgesie, sondern die Notarztalarmierung würden zurück gehen.

    Ich weiß ehrlich gesagt nicht, woher dieses ständige Misstrauen kommt, dass davon ausgeht, dass alle Menschen nach Abschluss ihrer Ausbildung in ihren Berufen nicht das können, was sie zu können haben und sich niemand ohne Kontrolle auf dem aktuellen Stand hält. Und dass nur mit ständiger Kontrolle und Repression ausreichend Druck ausgeübt werden kann, damit alle diesen Pflichten nachkommen. Wenn jemand seine Prüfung besteht und anschließend tadellos arbeitet, dann gehe ich erst einmal davon aus, dass er seinen Job beherrscht.


    Jetzt ist es halt mal so, dass eine Fluglotsenausbildung weder von der Länge noch vom Volumen mit einem Medizinstudium und anschließender Facharztweiterbildung vergleichbar ist. Ich würde es daher als übertrieben ansehen, dass jemand, weil er fünf Jahre aus dem Beruf raus ist, erneut 6 Jahre studiert und 5 bis 6 Jahre Weiterbildung oder auch nur erneut die Weiterbildung macht.


    Da hast du einen Denkfehler: Es hat nichts mit Misstrauen zu tun. Es ist über die jahrzehnte Entstanden als Folge vieler Vor - und Unfälle, bei denen hinter her Fragen gestellt worden, wie das passieren konnte. Und wie wir es verhindern können.


    Wenn ich 10 Jahre nicht als Lotse gearbeitet habe, darf ich erst wieder als solcher tätig werden, wenn ich gewisse Nachweise erbringe. Das ist nicht die ganze Ausbildung, aber zumindest der Lizenzerwerb im betreffenden Sektor, das On The Job Training. Erst danach darf ich wieder arbeiten.


    Wenn ich dich richtig verstanden habe, könntest du ebenfalls 10 Jahre was völlig anderes machen und dann sofort wieder als Arzt arbeiten. Klar, du hast die Pflicht, die auf den aktuellsten Stand zu bringen, aber überprüfen tut das keiner, oder? Es würde erst auffallen, wenn du reihenweise Leute falsch behandelst und jemand anfängt fragen zu stellen. Und ich würde als Angehöriger dann auch die Frage stellen, wie wir sowas zukünftig verhindern können.


    Und ja, das gilt bei sehr vielen Berufen so, da hast du Recht. Aber wir sind uns ja schon einig, dass es beim Arzt um deutlich mehr geht, als beim Tischler oder Betriebswirt.

    Völlig klar. Die bei uns Überprüfenden sind Kollegen, also ebenfalls Fluglotsen. Je nach Art der Prüfung sogar aus meinem Sektor, weil kein anderer das sonst bewerten könnte.

    Und klar: Auch dieses System hat Schwächen, zB einen eigenen langjährigen Kollegen und vielleicht sogar Freund zu grounden, weil es nicht mehr geht. Sowas fällt allen Beteiligten unglaublich schwer - dass es aber passiert zeigt auch, dass es funktioniert.

    Das habe ich auch nirgends behauptet. Das mit den 250 Stunden war lediglich eine Replik auf Haukes Forderung, dass auch ärztliches Personal sich verpflichtend fortbilden müsste. Das muss es aber offensichtlich schon seit längerer Zeit. Die 250 Stunden sind auch lediglich die nachzuweisenden Pflichtstunden. Benötigt jemand länger, den aktuellen Stand zu erreichen oder zu halten, muss er natürlich auch mehr Zeit dafür investieren.


    Tatsächlich findet eine Kontrolle nur im "Bedarfsfall" nachträglich statt. Hatte ich aber auch schon weiter oben geschrieben.


    Zugegeben, ich war mir nicht bewusst, welche Fortbildungspflichten es für Ärzte gibt. Und wenn ein Arzt auf dem Stand von 1915 behandelt, dürfte das auch ohne Frage und zurecht angreifbar sein ;-)


    Mir ging es aber nicht nur um das Thema Fortbildung, sondern eben auch (Über)Prüfung. Ich weiß nicht, wie das im Krankenhausumfeld ist, also ob es Kliniken gibt, die das Wissen ihres Personal, ob nun Ärztlich oder nicht-ärztlich, auch überprüfen.

    Wie schon beschrieben, wir als Lotsen, aber auch Piloten, müssen das regelmäßig. Und das finde ich auch gut so.


    Fluglotse bin ich übrigens auch mein ganzes Leben, nur das nach und nach meine Lizenzen eben verfallen und ich nicht mehr eigenverantwortlich arbeiten darf. Je nachdem, wie lange ich nicht mehr auf meiner Lizenz gearbeitet habe, muss ich entweder eine bestimmte Anzahl von Stunden unter Aufsicht arbeiten, wahlweise mit oder ohne praktische Prüfung am Ende. Oder ich muss die komplette praktische Ausbildung wiederholen, inklusive Prüfung. In allen Fällen muss ich aber einen theoretischen Nachweis erbringen.


    Man kann bestimmt nicht immer alles eins zu eins übernehmen. Ich halte aber regelmäßige fachliche Überprüfungen (die ihrem Namen auch gerecht werden, also kein zahnloser Tiger sind) für richtig und wichtig.


    Machen Arbeitgeber, z.B. Krankenhäuser, Rettungsdienste, usw. das?

    Der Unterschied zur Luftfahrt liegt auch darin: Eine Fehleranalyse nach erfolgtem Fehler erfolgt blameless und ohne rechtliche Konsequenzen außerhalb des groben Fehlverhaltens. Das ist gerade im Hinblick auf die NotSan nicht der Fall. Ebenso erfolgt die Rezertifizierung und Überprüfung angekündigt und nicht "ohne Wissen" des Mitarbeiters.


    Und hier ist die Schere im Rettungsdienst noch sehr sehr groß. Ich habe Kollegen erlebt, mit denen es ein Traum war, Einsätze gründlich nachzubesprechen. Und andere haben alles als persönliche Kritik aufgefasst.


    Ich hatte kürzlich ein riesen Ärger, weil ich nach einem "VU klemmt" über einen RD-Kollegen eine Rückfrage gestellt habe. Bis ich endlich mal meine Antwort hatte, musste ich mit drei zutiefst beleidigten Sanis telefonieren, weil ein Feuerwehrmann (ich) sich erdreistet, beim Rettungsdienst mal nachzufragen.

    Und was ich dann am Ende als "lesson learned" mitnehmen sollte, war: Lieber die Klappe halten und sich um seinen eigenen Kram kümmern". Nur, dass letztlich die Antwort auf meine Rückfrage - nach all den Widerständen - tatsächlich sehr wichtig und aufschlussreich war. Daher ist meine tatsächliche "lesson learned" sich bloß nicht von Befindlichkeiten entmutigen zu lassen und immer nachzufragen.


    Aber mal weg von den Anekdoten:

    Viel von den positiven Dingen aus der Luftfahrt schwappt ja über die Rettungs - und Intensivhubschrauber in die Notfallrettung. Wie das in den Kliniken läuft, kann ich überhaupt nicht beurteilen.