Beiträge von Gubis

    Aber bei Patienten, die keiner akuten Intervention bedürfen, ist das Tatbestandsmerkmal "Not" schwerlich erfüllt. Und andere Unterlassungsdelikte scheitern daran, dass ich einem Patienten gegenüber, der zu mir kommt, zunächst keine Garantenposition inne habe, wenn ich die Behandlung ablehne.


    Das scheint mir eine theoretisch-rechtswissenschaftlich spannende Idee zu sein, die nur eingeschränkt praktikabel ist. Hint: Die Garantenstellung umgehe ich nicht dadurch, dass ich Ihr nicht nachkomme. Und bei der unterlassenen Hifelleistung definiert praktisch zumindest initial der Patient seinen Hilfebedarf. In der Praxis ist es daher sehr empfehlenswert, bezüglich des Hilfebedarfs einen dokumentierten Konsens zu erreichen.

    Damit der Patient persönlich verpflichtet würde, das Transportentgelt zu entrichten, müsste aber ein Beförderungsvertrag zwischen dem Patienten und der RD-Organisation entstanden sein. [...]

    In Baden-Württemberg vielleicht, andere Bundesländer brauchen keinen Umweg über einen privatrechtlichen Dienstvertrag. Da ist Rettungsdienst eben eine öffentlich-rechtliche Leistung, die völlig unabhängig von einem etwaigen Rechtbindungswillen des Patienten kostenpflichtig erbracht werden kann.

    Na ja, das ist ja auch dieser Beitrag https://www.youtube.com/watch?v=cmQbX-R9eZA verlinkt. Bei Minute 2.40 wird eine Grafik gezeigt, die seit Jahren einen abnehmenden Erreichungsgrad der Hilfsfrist zeigen (2022: 54%).


    Das kann man als Träger des RD achselzuckend hinnehmen. Man könnte aber auch darüber nachdenken, wann der erste Geschädigte darin eine "grobe Vernachlässigung besonderer Berufs- oder Organisationspflichten, andere vor Gefahren für Leben und Gesundheit zu bewahren" entdeckt.

    Es ging um die Frage, ob die RTW-Besatzung an einer Schranke weiterlaufen durfte oder hätte fahren müssen, einschließlich der Frage, ob ein passender Schlüssel da war.


    Allerdings hat das OLG hier schon ein Fehlverhalten an sich verneint, da das Laufen vertretbar war.


    Damit hätte man eigentlich das Urteil beenden können. Stattdessen hat aber anscheinend eine Tendenz Rechtsgeschichte zu schreiben (Obiter dictum).


    Inhaltlich überrascht mich die Ausweitung des "groben Behandlungsfehlers" überhaupt nicht. Wenn man die Tendenz der BGH-Entscheidungen betrachtet hat (Hausnotrufentscheidung, Badeaufsicht-Fall), war das absehbar.

    Die Maßnahmen, die ich als Notfallsanitäter ergreife, ergreife ich strafrechtlich voll eigenverantwortlich.

    Das gilt auch bei SOP's. Diese wurden vor 2a als Vorabdelegation verstanden (was es nicht gibt und nicht gab) und jetzt als Substitution.


    Wenn die "Einstiegskriterien" für die Behandlung im Rahmen einer SOP/SAA erfüllt sind (z. B. Verletzungshergang, RR, Schmerzen) ist der erhebliche Part Indikationsstellung schon mal aus der Verantwortung des NotSan.


    Die Aussage es gäbe keine Vorabdelegation ist in der Formulierung -sorry- schlicht falsch.


    § 2a NotSanG geht sogar implizit gerade davon aus, dass eine Vorabdelegation grundsätzlich möglich ist. Zum Einstieg: Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste "Anwendung von Standard Operating Procedures durch Notfallsanitäter bei Verfügbarkeit eines Telenotarztdienstes"

    [...]

    Ich weiß nicht, wie das so im Rettungsdienst bei ärztlichem und nicht ärztlichem Personal gelebt wird, aber ich finde es eine sinnvolle Praxis, das theoretische und praktische Wissen regelmäßig zu überprüfen - abseits der Fortbildungsstunden, die man ableisten muss.

    Ich stimme 100% zu.


    Dennoch: Dieses Vorgehen hat natürlich diverse weitere Aspekte, z. B.:


    Was passiert mit dem Mitarbeiter, der diese "Fortbildung" (wiederholt) nicht besteht. Die einfache Lösung "alle bestehen lassen" liegt auf der Hand, ist dann aber total kontraproduktiv zu einem gewünschten Qualitätsmanagement. Wenn das "Nicht-Bestehen" hingegen folgenlos ist, fragt sich irgendwann der bestehende Teil der Belegschaft, warum sie sich Mühe geben. Repressiv vorgehen ("Degradierung", Versetzung, Kündigung) mag in nachhaltigen (unwilligen?) Einzelfällen eine Möglichkeit sein, bringt aber sicher Unruhe in den Laden.


    Und damit habe ich das große arbeitsrechtliche Fass um das Thema noch gar nicht aufgemacht: Mitbestimmung des Betriebsrats, prüfungsrechtliche Sicherheit dieser Zertifizierungen, denn daran hängen letztlich die entsprechenden arbeitsrechtlichen Maßnahmen.


    Und wenn man dabei ist, könnte man es auch berufspolitisch andenken: Will ich eine fortlaufende, wiederholte Überprüfung durch einen Nicht-Berufsangehörigen (i. d. R. ja ÄLRD) die unter Umständen über erhebliche Aspekte meiner beruflichen Karriere entscheidet?


    Fragen über Fragen, und ich habe nur für einen Teil Antworten...

    Aber ist das nicht ein Widerspruch in sich? Wenn die Fentanyl-Gabe unter die Erlaubnis des § 2a NotSanG fällt, dann braucht man ja keine Rechtfertigung, weil der Tatbestand nicht erfüllt ist.


    Entweder es ist gemäß § 2a NotSanG erlaubt, oder das ist es nicht, und dann brauche ich eine Rechtfertigung nach § 34 StGB. In letztem Falle muss - und das scheint mir der wesentliche Unterschied zu sein - vorher ein Notarzt alarmiert worden sein.

    Nach § 2a NotSanG wird die Fentanyl-Gabe sicher nicht erlaubt sein. § 13 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz erfordert, dass Btm nur im Rahmen einer ärztlichen Behandlung verabreicht werden. Die eigenständige Behandlung durch den NotSan ist gerade keine ärztliche Behandlung.


    Diskutabel könnte sein, ob durch ärztliche SOP/SAA/BPR im Sinne einer Vorabdelegation eine ärztliche Behandlung vorliegen kann. Das ist aber juristisch mindestens umstritten und m. E. eher zu verneinen. Der konkrete Fall lag aber offenbar auch anders.

    Als Rechtsanwalt: Weiche Fortbildungspflicht (§ 43a Abs. 8 BRAO), die nach meiner Wahrnehmung auch nicht kontrolliert oder sanktioniert wird.


    Als Fachanwalt (Zusatzbezeichnung die von der Kammer nach Mindestzulassungsdauer, Lehrgang, Klausuren und Fall-Liste verliehen wird): Mindestens 15 Zeitstunden jährlich fachbezogen auf dem Gebiet der jeweiligen Fachanwaltsbezeichnung (§ 15 FAO). Ein Drittel davon ist im Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle möglich. Die Erfüllung muss der Kammer jährlich nachgewiesen werden.


    Die Fortbildungspflicht als Fachanwalt wird von den Kammern auch kontrolliert und sanktioniert, bis zum Entzug der Fachanwalts-Bezeichnung.

    Der Begriff "Facharztstandard" ist vermeintlich griffig, aber gerade im Rettungsdienst etwas unglücklich. Juristisch sauberer wäre "

    der im Zeitpunkt der Behandlung bestehende, allgemein anerkannte fachliche Standard" (§ 630a Abs. 2 BGB).


    Dieses Begriffsungetüm verwendet natürlich kaum jemand. Gemeint ist aber letztlich dasselbe sein.


    Wie konkret der Standard nun auszusehen hat, und ob gerade im Notfall Abstriche möglich sind, ist auch unter Juristen nicht unumstritten (wer nachlesen möchte: Weidenkaff in Palandt § 630a BGB Rn. 10, m. w. N.). Teilweise wird auch der Begriff "Notarztstandard" genutzt, das soll der durchschnittliche fachliche Standard eines als Notarzt tätigen Arztes, abzustellen auf das jeweilige Landesrecht, sein. Sofern der Notarzt eine Facharztbezeichnung führt, soll zudem der Standard des jeweiligen Facharztes eingehalten werden müssen (Killinger, Die Besonderheiten der Arzthaftung im medizinischen Notfall, 2009, Rn. 362 ff.).


    Praktisch unbedingt zu beachten ist die ernorme Bedeutung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens im Zivilprozess nach einem Schadensfall. Das Gericht wird dem Sachverständigen mit höchster Wahrscheinlichkeit folgen, und der SV wird nicht-ärztliches Handeln wahrscheinlich nochmals kritischer betrachten.

    Hi,

    hier würde ich gerne eure Meinung über geeignete Qualifikationen für Führungspersonal von Rettungsdiensten sammeln. Welche Ausbildung / Studium ist jetzt geeignet, was für welche gibt es usw...

    Es zielt auf eine Zeitgemäße Rettungsdienstführung ab, sagen wir mal für einen mittleren (kommunalen) RD. Ähnlich: Abteilungsleiter - Leiter RD - Leiter Aus-und Weiterbildung ... [...]


    Ich finde es schon positiv, wenn Führungskräfte ab Rettungswachenleiter aufwärts, überhaupt eine Zusatzqualifikation haben. nach meiner Wahrnehmung gibt es vieler Orts noch die Hochadelung nach Dienstalter oder mangelnder anderer Verwendungsfähigkeit. Das kann gut gehen, muss aber nicht.


    Für den RW-Leiter hatte ich mal Einblick in dieses Angebot des DRK LV Nordrhein und war positiv überrascht.


    Für den RD-Leiter würde ich ein branchenspezifisches Studium vorschlagen. Neben dem schon genannten Studiengang an der Ostfalia gibt es zum Beispiel noch Rescue Management (B. Sc.) an der MSH in Hamburg. Nach meinem Überblick führt dort auch ein größerer kommunaler RD-Anbieter seine Führungskräftequalifizierung durch.


    Für den Leiter Ausbildung würde ich eher etwas pädagogisches mit Managementanteilen vorschlagen, da habe ich allerdings keinen konkreten Überblick.

    Wie du schon sagst, sind halt nur Empfehlungen. Daher kann jeder AG praktisch sein eigenes Süppchen kochen. Da ist meiner vorne mit dabei und hat eigene Empfehlungen raus gegeben welche er durch KV Ärzte reevaluieren lässt incl. der 1c Maßnahmen. Den § 34 StgB hat er in diesem Zusammenhang komplett ignoriert. Und auch die nicht vorhandene Abdeckung durch den Versicherer des AG. Es wurde auch die Aussage getroffen dass wer nicht besteht auch nicht mehr als erster auf dem RTW fahren darf. Trotz bestandener Not San Prüfung. Wohl gemerkt auf Basis der eigenen SOPs und ohne Einbeziehung von den Landes ÄLRD. Der dort zuständige hat sich sogar gegen dieses Vorgehen ausgesprochen was aber niemand interessiert hat. Bei seinem Vorgehen vermischt der AG bzw. die Ärzte komplett die Trennung zwischen den 1c und 2 c Maßnahmen. 2 Kollegen haben jetzt schon klar gesagt sie fahren dann halt nur noch als zweiter wenn man ihnen nicht mal die Versorgung nach § 34 StgB mit den 1c Maßnahmen gewähren will. Das Not San Gehalt bekommen sie weiter. [...]

    Ich kann leider nicht ganz folgen: Ist Dir bzw. den Kollegen der AG zu offensiv, also die Empfehlungen zu weitreichend ("die ganzen jungen Wilden finden das Hammer", keine Abdeckung durch Versicherer) oder sind die Empfehlungen des AG zu eng/zurückhaltend ("wenn man ihnen nicht mal die Versorgung nach § 34 StgB mit den 1c Maßnahmen gewähren will.").


    Oder ist das Problem, dass der AG auch die 1c-Maßnahmen evaluieren lässt? Das hielte ich aus AG-Sicht für richtig und voraussichtlich wird ja auch die Qualität dadurch eher gesteigert.

    Vor allem steht im Artikel auch, dass ein "vorgegebener Fragenkatalog abgearbeitet wurde", worauf hin ein "Bereitschaftsarzt" (ÄND) entsendet werden sollte. Wenn die Kollegin gemäß einer SNA abgefragt hatte, dessen Ergbnis der ÄND sein sollte, warum wird die Kollegin angeklagt wenn dieses Ergebnis durch den Dienstherren/ÄLRD vorgegeben wird (Amtshaftung fragl.)?


    Das war offenbar ein strafrechtliches Verfahren, die Amtshaftung/Staatshaftung greift nur bei zivilrechtlichen Vorwürfen (grob gesagt: Patient will Schadensersatz/Schmerzensgeld). Strafrechtliche Vorwürfe richten sich gegen den konreten Mitarbeiter individuell und nach meiner Wahrnehmung ist da auch der Grad der Unterstützung durch den Arbeitgeber/Dienstherrn sehr unterschiedlich ausgeprägt.


    Solche Fälle landen bei der Staatsanwaltschaft (i. d. R.) und beim Amtsgericht in einem "Allerwelts-Dezernat". Da wurde vorher die Trunkenheitsfahrt und danach der Hühnerdiebstahl verhandelt und das in juristischer Fließbandarbeit. Vertiefte rettungsdienstliche Sachkunde kann ma da nicht per se erwarten.


    Gerade so etwas wie eine (hoffentlich nachvollziehbar wissenschaftlich fundierte) SNA muss man da halt Staatsanwaltschaft und ggf. Gericht laiengerecht verständlich darstellen. Dann kriegt man -nach meiner Erfahrung- solche Geschichten auch im Ermittlungsverfahren eingestellt.


    Trotzdem hat die Kollegin ja Hilfe angeboten, die durch die Patientin abgelehnt wurde. Warum ist es dann trotzdem unterlassene Hilfeleistung (ich müsste dann quasi als Wiederholungstäter schon lebenslänglich im Knast sitzen)?


    Es reicht halt strafrechtlich nicht "irgendeine Hilfe", sondern es wäre die bestmögliche, aber auch ausreichende Hilfe zu leisten. Es ist z. B. strafrechtlich immer besser, wenn die Leitstelle selbst den ÄND schickt, statt dem Patienten zu empfehlen, dort anzurufen. Wenn die LSt selber schickt, ist nämlich durch den Disponenten immerhin eine Hilfeleistung erfolgt.


    Nichts desto trotz entfällt diese Hilfeleistungspflicht, wenn der Betroffene (=Anrufer) freiwillig auf die Hilfe verzichtet. Aber auch hier: Es kann eben sehr hilfreich sein, dass im Ermittlungsverfahren anhand der Bandaufzeichnung deutlich darzustellen. Ob das hier konkret überhaupt der Fall war, oder das Gespräch eheer gelaufen ist wie "Wenn überhaupt rufen Sie den ÄND an/schicke ich den ÄND" weiss ich natürlich nicht.

    [...]


    Ich vermute aber mal, ich habe keine Möglichkeit die bestandene Prüfung noch mal abzulegen. Ich gebe zu, dass es für mich auch nicht viel Sinn ergibt. [...]

    Auch wenn sich das eventuell durch Zeitablauf erledigt hat:


    Es gibt in NRW nach bestandener Prüfung keinen regulären "Verbesserungsversuch".


    Als persönliche Anmerkung: Ich habe bei jeder meiner bisher vier rettungsdienstlichen Abschlussprüfungen meine Leistungen jeweils wesentlich kritischer eingeschätzt als die Prüfer. Soll heissen: Die Prüfung mit Engagement und etwas Optimismus anzugehen, bringt wahrscheinlich eine positive Überraschung.