Beiträge von Gubis

    In meinem, recht großen Betrieb, gibt es nur 2 Kollegen, die bewusst bei ihrer Qualifikation Rettungsassisten geblieben sind, weil sie das Mehr an Verantwortung und eigenständige Patienten Versorgung nicht wollten.


    Vor so einer Selbsteinschätzung habe ich mehr Respekt, als vor den Kollegen, die seit Jahren die NFS Zulage genießen aber jetzt mit allen Mitteln versuchen, die Vorabdelegation zu sabotieren.

    Ähm, welche Motivation oder Hoffnung haben denn die Kollegen, welche "die Vorabdelegation sabotieren"?


    Denen ist schon klar, dass spätestens mit § 2a NotSanG auch so eine Verpflichtung zu "heilkundliche Maßnahmen invasiver oder medikamentöser Art" besteht?

    Wie du vielleicht meiner Hervorhebung im zitierten Paragraphen entnommen hast, ging es mir hier um den Passus bzgl. des §34 StGB. Das Gesetzt möchte mich dazu verpflichten (so wie ich es gelesen habe), dass ich Handlungen vollziehe, die ich eben nicht unter die lange geforderten Ermächtigungsnormen subsumieren kann, sonder bei denen ich mich auf einen Notstand berufen muss, während ich grundsätzlich tatbestandsmäßig handle.


    Unabhängig von kernjuristischen Aspekten: Welche realitätsnahe Situation als NotSan soll denn unter § 34 StGB fallen, aber nicht unter § 2a NotSanG?

    [...]

    Und damit habe ich einen NotSan, der keine erweiterten Maßnahmen nach SOP durchführen darf und keine erweiterten Maßnahmen nach 2a durchführen kann (weil nicht beherrscht).

    Und dann hat dieser NotSan als verantwortliche Person auf dem RTW auch nichts zu suchen.

    [...]

    Im Idealfall erinnert er sich dann an seine RettAss-Urkunde und sitzt dann in NRW bis 2027 trotzdem als verantwortliche Person auf dem RTW.

    Fällt der NotSan nun für diesen Bereich aus,weil die Rechtsaufsicht in Form des ÄLRD durch einen Verwaltungsakt schlüssig bewiesen hat,dass der NotSan für seine Aufgabe in diesem Landkreis nicht mehr geeignet ist, muss der AG prüfen ob in seinem unmittelbaren Tätigkeitsbereich eine vergleichbare Verwendung möglich ist. Dies kann z.B. eine Tätigkeit im Nachbarlandkreis sein,der diese Auflagen nicht hat.


    Fraglich wäre aus meiner Sicht in wie fern der AG den AN unterstützen muss diese Auflagen zu erfüllen. Dazu hab ich zu mindestens keine eindeutige Literatur gefunden. Gubis , weißt du da was?

    Das Problem scheint mir -erstaunlicherweise- kaum praxisrelevant. Mir sind "in freier Wildbahn" nur wenige Fälle untergekommen. Praktisch hapert es dann oftmals schon daran, dass dieses "Rezertifizierungsverfahren" rechtlich mangelhaft durchgeführt wurde. Dafür gibt es diverse Einfalltore. Wenn es durch den Arbeitgeber durchgeführt wird, fehlt es z.B. an Beachtung kollektiv-rechtlicher Vorschriften.


    Sollte das der Träger selbst durchführen, kann es z. B. an "einen Verwaltungsakt schlüssig bewiesen hat,dass der NotSan für seine Aufgabe in diesem Landkreis nicht mehr geeignet ist" mangeln. Wir reden hier über Eingriffe in die Berufsfreiheit (Art. 12 GG), die zudem dann auch noch prüfungsrechtlich sauber ablaufen müssen. Das ist rechtlich eine hohe Hürde.


    Und: Falls es schief geht, müsste der Arbeitgeber unterstützen (§ 241 II BGB). Dazu gibt es in anderem Kontext auch Rechtsprechung, rettungsdienstlich kenne ich keine.


    Man kann sowas übrigens auch proaktiv in einer Betriebsvereinbarung regeln, wo dann Nachschulung und zwischenzeitlicher Einsatz geregelt werden.

    Das hast Du vielleicht nicht ganz richtig verstanden. Es ging im Verlauf darum, ob bei einer Rufbereitschaft der Arbeitgeber eine Erwartungshaltung bezüglich der Eintreffzeit nach Aktivierung haben darf?

    [...]

    Natürlich darf der Arbeitgeber eine Erwartungshaltung haben. Schwierig wird es nur, wenn er die als Auflage/Weisung kommuniziert ;-) und die Zeitspanne zu kurz ist. Dann liegt nämlich Bereitschaftsdienst vor, der anders zu vergüten und arbeitszeitrechtlich zu betrachten ist.


    Spannend ist aber die Frage was "zu kurz" ist:


    Insoweit ist hervorzuheben, dass eine Bereitschaftszeit, in der ein Arbeitnehmer in Anbetracht der ihm eingeräumten sachgerechten Frist für die Wiederaufnahme seiner beruflichen Tätigkeiten seine persönlichen und sozialen Aktivitäten planen kann, a priori keine „Arbeitszeit“ im Sinne der Richtlinie 2003/88 ist. Umgekehrt ist eine Bereitschaftszeit, in der die dem Arbeitnehmer auferlegte Frist für die Aufnahme seiner Arbeit nur wenige Minuten beträgt, grundsätzlich in vollem Umfang als „Arbeitszeit“ im Sinne der Richtlinie anzusehen, da der Arbeitnehmer in diesem Fall in der Praxis weitgehend davon abgehalten wird, irgendeine auch nur kurzzeitige Freizeitaktivität zu planen



    Eine eindeutige Zeitspanne benennt der EuGH nicht. Da ist auch sachgerecht, anhand der in der o. g. Entscheidung genannten Kriterien. Andererseits hält er auch bei abgelegenem Arbeitsort eine Vorgabe von 1 Stunde für unproblematisch (EuGH, Urteil vom (09.03.2021, C-344/19).


    Ich meine (!) in der deutschen Rechtsprechung zu erkennen, dass eine 40 Minuten Frist i. d. R. okay ist.

    Aufgrund anhaltenden Personalnotstandes und regelmäßigen Fahrzeugabmeldungen sieht sich der kommunale Arbeitgeber (Landkreis/kreisfreie Stadt) genötigt, eine zusätzliche Rufbereitschaft in der Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit zu verankern. Begründet wird dies auch damit, dass das noch vorhandene Personal nicht in ausreichendem Maße aus der Freischicht einspringt, um alle vakanten Schichten zu besetzen.


    Eine praktische Antwort zuerst: Ich würde darüber nachdenken, ob ein Arbeitgeberwechsel eine Option ist. Möglicherweise müsste man auch über die eigene (psychische) Gesundheit kritisch nachdenken.


    Wenn man es arbeitsrechtlich andenken möchte: 66 Wochenstunden sind mindestens 6 Stunden zuviel. Bezüglich der Höchstarbeitszeit ist die Faktorisierung nicht zu berücksichtigen. D. h. die 24-Stunden-Schicht ist mit 24 Stunden arbeitszeitrechtlich zu betrachten. Ob es sich dann tatsächlich um Rufbereitschaften handelt, wenn die "Einberufungsquote" bei nahezu 100% liegt, erscheint mir auch sehr zweifelhaft.

    Zitat

    Durch verzögerte Alarmierung von Rettungskräften kam Hilfe zu spät

    [...]

    Aufgrund der Verzögerung kam leider jede Hilfe zu spät. [...]

    Obiges stammt aus der Pressemeldung der Stadt Lübeck unter https://www.luebeck.de/de/presse/pressemeldungen/view/141069


    Persönlich finde ich die offene Kommunikation eines Fehlers sehr positiv. Der zweite Gedanke, thh riss das schon an: Man wird mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht sagen können, ob die Verzögerung wirklich kausal für den Tod war. Das schaffen schon Rechtsmediziner äußerst selten mit der notwendigen Sicherheit.


    Wieso macht es dann ein Leitstellen-Träger an diesem offenbar sehr frühen Zeitpunkt? Ich fürchte, weil man a) strafrechtliche Kausalitäts-Erwägungen nicht angestellt hat, b) die Auswirkungen auf Mitarbeiter und Bürger nicht bedacht wurden, c) man auch zivilrechtliche Erwägungen nicht angestellt hat.


    Man kann Profis für Kommunikation in solchen Lagen übrigens (entgeltlich) konsultieren.

    Grundsätzlich würde ich das genauso sehen, im konkreten Fall schien mir die Fortbildung aber die Inhalte richtig und verständlich darzustellen. [...]

    Ich war ebenfalls sehr positiv überrascht. Gegen Ende ("Doppel-Tätigkeit" als NotSan) bin ich nicht mehr hinterher gekommen, es kann sei, dass es da etwas unsauber wurde. Insgesamt aber eine gute Veranstaltung.

    Dafür, dass er erst seit dem 17. Juni postet, ist das ja mal ne steile Kurve.

    https://www.instagram.com/euro…eet&igsh=ZDNlZDc0MzIxNw==


    Aus der arbeitsrechtlichen Perspektive halte ich seine Erfolgsaussichten bei "in der Probezeit" für eher problematisch. Es braucht ja keines Grundes, insofern wird es auch schwierig, gegen einen solchen auch anzugehen.

    Stimmt.


    Allerdings gibt es genug Arbeitgeber -auch größere Betriebe- die solche "Kleinigkeiten" wie Schriftform oder Betriebsratsanhörung übersehen. Von arbeitsrechtlichen "Taschenspielertricks" wie der Zurückweisung nach § 174 BGB noch gar nicht angefangen.


    Wenn man dann dann mit geschickten Timing über die Probezeit kommt, hilfsweise auch nur die Kündigungsfrist verpasst ist, kann das für den Gekündigten Sinn haben.

    Aber bei Patienten, die keiner akuten Intervention bedürfen, ist das Tatbestandsmerkmal "Not" schwerlich erfüllt. Und andere Unterlassungsdelikte scheitern daran, dass ich einem Patienten gegenüber, der zu mir kommt, zunächst keine Garantenposition inne habe, wenn ich die Behandlung ablehne.


    Das scheint mir eine theoretisch-rechtswissenschaftlich spannende Idee zu sein, die nur eingeschränkt praktikabel ist. Hint: Die Garantenstellung umgehe ich nicht dadurch, dass ich Ihr nicht nachkomme. Und bei der unterlassenen Hifelleistung definiert praktisch zumindest initial der Patient seinen Hilfebedarf. In der Praxis ist es daher sehr empfehlenswert, bezüglich des Hilfebedarfs einen dokumentierten Konsens zu erreichen.

    Damit der Patient persönlich verpflichtet würde, das Transportentgelt zu entrichten, müsste aber ein Beförderungsvertrag zwischen dem Patienten und der RD-Organisation entstanden sein. [...]

    In Baden-Württemberg vielleicht, andere Bundesländer brauchen keinen Umweg über einen privatrechtlichen Dienstvertrag. Da ist Rettungsdienst eben eine öffentlich-rechtliche Leistung, die völlig unabhängig von einem etwaigen Rechtbindungswillen des Patienten kostenpflichtig erbracht werden kann.

    Na ja, das ist ja auch dieser Beitrag https://www.youtube.com/watch?v=cmQbX-R9eZA verlinkt. Bei Minute 2.40 wird eine Grafik gezeigt, die seit Jahren einen abnehmenden Erreichungsgrad der Hilfsfrist zeigen (2022: 54%).


    Das kann man als Träger des RD achselzuckend hinnehmen. Man könnte aber auch darüber nachdenken, wann der erste Geschädigte darin eine "grobe Vernachlässigung besonderer Berufs- oder Organisationspflichten, andere vor Gefahren für Leben und Gesundheit zu bewahren" entdeckt.

    Es ging um die Frage, ob die RTW-Besatzung an einer Schranke weiterlaufen durfte oder hätte fahren müssen, einschließlich der Frage, ob ein passender Schlüssel da war.


    Allerdings hat das OLG hier schon ein Fehlverhalten an sich verneint, da das Laufen vertretbar war.


    Damit hätte man eigentlich das Urteil beenden können. Stattdessen hat aber anscheinend eine Tendenz Rechtsgeschichte zu schreiben (Obiter dictum).


    Inhaltlich überrascht mich die Ausweitung des "groben Behandlungsfehlers" überhaupt nicht. Wenn man die Tendenz der BGH-Entscheidungen betrachtet hat (Hausnotrufentscheidung, Badeaufsicht-Fall), war das absehbar.

    Die Maßnahmen, die ich als Notfallsanitäter ergreife, ergreife ich strafrechtlich voll eigenverantwortlich.

    Das gilt auch bei SOP's. Diese wurden vor 2a als Vorabdelegation verstanden (was es nicht gibt und nicht gab) und jetzt als Substitution.


    Wenn die "Einstiegskriterien" für die Behandlung im Rahmen einer SOP/SAA erfüllt sind (z. B. Verletzungshergang, RR, Schmerzen) ist der erhebliche Part Indikationsstellung schon mal aus der Verantwortung des NotSan.


    Die Aussage es gäbe keine Vorabdelegation ist in der Formulierung -sorry- schlicht falsch.


    § 2a NotSanG geht sogar implizit gerade davon aus, dass eine Vorabdelegation grundsätzlich möglich ist. Zum Einstieg: Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste "Anwendung von Standard Operating Procedures durch Notfallsanitäter bei Verfügbarkeit eines Telenotarztdienstes"