Beiträge von thh

    Allerdings glaube ich andererseits nicht, dass wir in Deutschland unbedingt Einheitlichkeit brauchen. Der Föderalismus hat sicherlich auch gute Seiten. Und Einheitlichkeit macht auch umgekehrt nicht alles besser.

    Ich weiß nicht ... Den Rettungsdienst bundesweit so wie in Bayern zu regeln wäre sicherlich nicht verkehrt. Die Regelungen sind rechtlich - zumindest weitgehend - überdurchschnittlich strukturiert und durchdacht. Und wenn es vor allem um Einheitlichkeit geht, ist es ja nicht so wichtig, nach welchem Maßstab vereinheitlicht wird.

    6. Man schaltet den eHba frei - hierfür wird zwingend ein geeigneter Kartenleser (75-110€ für einfache Geräte ohne TI Anbindung, aktuell nur Rainer SCT cyberjack one&cyberjack RFID komfort sowie cherry ST-2100 möglich) benötigt.

    Den hat man doch ohnehin schon seit vielen Jahren für die elektronische Nutzung des Personalausweises.

    Die geschilderten Fälle zeigen mir mal wieder, dass ich bei meinem bisherigen Vorgehen bleibe und ohne Livores oder Rigor keinen Schein ausstelle,

    Tja. Ich kenne den Fall eines Abbruchs einer Reanimation durch Rettungsfachpersonal wegen Livores, die nach notärztlicher Einschätzung aber keine waren, und in dem von mir geschilderten Fall hatte der Notarzt eine beginnende Leichenstarre festgestellt ...

    In Bad-Waldsee, Baden-Württemberg, wurde im Juli 2023 ein Mann fälschlicherweise für tot erklärt, nachdem er sich in den Kopf geschossen hatte.

    Erst die Polizei bemerkte dass der Mann noch lebte und alarmierte erneut den Rettungsdienst.

    Ja, ist selten, kommt aber vor. Hatte ich auch schon nach einem Suizidversuch mit Tabletteneinnahme. Der KDD stellte dann fest, dass der Patient noch lebt, und forderte RD+NA ein. Es kamen dann wieder dieselben Fahrzeuge; der Notarzt war ... überrascht, gelinde gesagt, Der Patient hat tatsächlich überlebt. (Keine Ahnung, ob er das jetzt - angesichts des Suizidversuchs - gut oder schlecht fand.)

    "Unterlassene Hilfeleistung" ist im Zweifel Quatsch, und der Rest wird an der Kausalität scheitern. Dennoch: man sollte bei den "nicht mit dem Leben zu vereinbarenden Verletzungen" offenbar vorsichtig sein.

    „Typisch deutsch“ ist vielleicht, dass auf jeden Fall ein Schuldiger gesucht werden muss.

    Und jemand zahlen soll.

    Mich würde allenfalls noch interessieren, wie es zum Zeitpunkt des tragischen Ereignisses um die Erste-Hilfe-Kenntnisse der beschwerdeführenden Mutter bestellt gewesen wäre, wenn neben ihr jemand plötzlich kollabiert wäre…

    Ich sehe, wir sind da weitgehend auf derselben Wellenlänge.

    Für eine strafrechtliche Verurteilung muss aber dennoch erst einmal der Nachweis geführt werden, dass der Schüler bei sofortiger Reanimation keine Fokgeschäden erlitten hätte, was mir ziemlich aussichtslos erscheint.

    Strafrechtlich kann man das in der Regel alles knicken. Zivilrechtlich sieht's ggf. anders aus.

    Das sollte auch auf andere Lehrkräfte übertragbar sein. Lehrer sind im Verhältnis zu ihren Schülern keine unbeteiligten Dritte.

    Freilich. Eltern ggü. ihren Kindern auch nicht. Trotzdem stehen beide nicht selten hilflos vor einem Notfall ihrer jeweiligen Schützlinge. Die Eltern werden halt in der Regel nicht verklagt ... (von wem auch?).

    Wenn man das BGH-Urteil von Sportlehrer auch auf andere Lehrer übertragen kann, dann müsste er die Situation besser einschätzen können, weil man in einem Erste-Hilfe-Kurs lernt, solche Situationen (keine Atmung, kein Puls) zu erkennen und entsprechend zu handeln.

    Deshalb verwies ich ja darauf, dass offensichtlich auch die Freundinnen der Patientin einen EH-Kurs absolviert hatten und nach eigenen Angaben die Situation - im Gegensatz zum sogar erkannt

    Im Bericht wird beschrieben wie eine 16 jährige in der Schule kollabierte und Reanimationspflichtig war. Es geht um den Vorwurf an den/die Lehrer nichts getan zu haben.

    Das Gutachten, das zu dem Ergebnis kommt, dass eine frühere Verständigung des Rettungsdienstes - dessen Eintreffzeit mit 20 Minuten auch erklärungsbedürfitg sein dürfte, so dass eine Alarmierungsverzögerung möglicherweise gar nicht ins Gewicht fält - oder eine Laien-Reanimation zerebrale Schäden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert hätte, möchte ich sehen.


    Schön auch die Freundinnen, die natürlich (in Angaben ggü. dem von der Mutter beauftragten Gutachter ...) die Situation sofort erfasst haben wollen, aber dann auch erstmal vier Minuten nichts tun (obschon ein Notruf über das Handy hätte abgesetzt werden können) und auch danach keine suffiziente Erste Hilfe leisten, obschon eine entsprechende Ausbildung (Seitenlage!) ja offensichtlich (ggf. im Rahmen des Schulsanitätsdienstes) vorhanden war. Aber klar, mit 16 ist man natürlich noch völlig hilflos und muss auf den Lehrer warten ...

    Ich denke, hier hat die gesamte Rettungskette versagt.

    Naja, normal halt.

    Nein, dass wird in Zukunft nicht mehr möglich sein, weil Krankenhäuser im Zuge der aktuellen Reform überhaupt keine Patienten, die nicht einer akuten Intervention bedürfen, mehr behandeln dürfen bzw. vergütet bekommen.

    Sie nicht zu behandeln wird unter dem Gesichtspunkt der unterlassenen Hilfeleistung oder anderer Unterlassungsdelikte schwierig. Eine Vergütung für die Behandlung ist aus Sicht des Patienten ja optional. :S

    Ob ein Patient bedarf an Hilfe hat bestimmt der Patient. Wie das System drauf reagiert, das bestimmt das System.

    Das sollte man annehmen, ja. Anderer Auffassung aber u.a. die DGINA:

    Bezüglich der Ersteinschätzung ist dies ein eindeutiger Paradigmenwechsel der Ersteinschätzung im Krankenhaus. Es geht nicht mehr allein um die Festlegung der Behandlungsdringlichkeit, sondern um die Beurteilung der Notwendigkeit einer Behandlung mit den Mitteln des Krankenhauses. Dies kann den berechtigten Interessen der Patientinnen und Patienten, die eine Klinik für Notfallmedizin aufsuchen, durchaus widersprechen. Damit schränkt die Richtlinie die freie Arztwahl, die laut §76 Absatz 1 SGB V im Notfall gilt, insofern ein, als dass nun nicht mehr Patientinnen und Patienten sich als Notfall definieren, sondern als Hilfesuchende bezeichnet werden und erst als Notfall gelten, wenn eine Ersteinschätzung dies festgestellt hat. Dies widerspricht der internationalen und nationalen Definition durch die notfallmedizinischen Fachgesellschaften. Laut dieser liegt ein medizinischer Notfall immer dann vor, wenn „der/die Patient*in körperliche oder psychische Veränderungen im Gesundheitszustand aufweist, für die der/die Patient*in selbst oder eine Drittperson unverzügliche medizinische und pflegerische Betreuung als notwendig erachtet“.

    Daraus ergibt sich m.E. die Auffassung der notfallmedizinische Fachgesellschaften, dass der Patient - oder ein beliebiger Dritter entscheidet -, ob ein medizinischer Notfall vorliegt, der eine Versorgung mit den Ressourcen eines Krankenhauses (im Gegensatz zur ambulanten haus- und fachärztlichen Versorgung) erfordert.

    Ich komme immer zu der Auffassung, dass es zukünftig so sein wird, dass der bisherige gewohnte Standard nicht aufrecht zu erhalten sein wird, und es für nicht wirklich lebensbedrohliche Zustände einfach längere Wartezeiten in Kauf genommen werden müssen oder es einfach überhaupt keine Hilfe mehr in unmittelbarer Nähe geben wird.

    In der Notaufnahme kommt man immer schneller als "24 h später" oder gar erst nach Wochen dran. Zumal ja nach Einschätzung der entsprechenden Fachgesellschaft der Patient entscheidet, ob es sich bei ihm um einen Notfall handelt.

    Ich hoffe nur, dass der Arbeitgeber nicht auf die Idee kommt, Feierabend im Dienstplan dann festzuhalten, wenn die Besatzung am Krankenhaus ausgelöst wurde und mit dem Dienst-KFZ zur Wache fährt, während die neue Besatzung schon zum nächsten Einsatz düst. Trotz der aktuellen Situation sind immer noch einige dumme Vorgesetzte und Geschäftsführer unterwegs, die die Zeichen der Zeit immer noch nicht erkannt haben. Arbeitszeit endet, wenn ich die Dienstkleidung abgelegt habe und meinen Arbeitsplatz verlassen kann.

    Dann muss das Schichtwechsel-Fahrzeug ja nur die Zivilkleidung in die Klinik mitbringen ... 8)

    Danke!
    Sorry dass ich nochmal frage, aber wer muss da jetzt was hinterlegen: der Beklagte, falls er doch verurteilt wird zu zahlen, die Klägerin wegen den Anwaltskosten des Beklagten, oder beide?

    Vollstrecken kann nur einer, nämlich der Beklagte die ihm entstandenen Kosten des Rechtsstreits bei der Klägerin.


    Will er das bereits jetzt tun, muss er die genannte Sicherheit hinterlegen.


    Wartet er, was am Ende herauskommt, kann er (falls er wieder gewinnt) den (dann mutmaßlich höheren) Betrag ohne Sicherheitsleistung vollstrecken.


    Eine Vollstreckung bereits jetzt macht eigentlich nur dann Sinn, wenn Grund zu der Befürchtung besteht, dass später nix mehr zu holen ist.

    Ah ok, jetzt versteh ich’s. Für den Fall, dass das Urteil revidiert wird und die Klägerin doch einen Anspruch hat, wird das Geld hinterlegt. Ist das üblich?

    Genau. Wer aus einem nur vorläufig vollstreckbaren - weil noch nicht rechtskräftigen - Urteil vollstrecken will, geht das Risiko ein, hinterher alles rückabwickeln zu müssen, einschließlich Ersatz für eventuelle Nachteile, die die Vollstreckung mit sich gebracht hat (fehlende finanzielle Mittel usw.). Daher muss er Geld hinterlegen, falls es dazu kommt.


    Das ist nicht nur üblich, sondern gesetzlich vorgeschrieben. §§ 708, 709 ZPO regeln, wann eine Sicherheitsleistung erforderlich ist bzw. wann nicht.

    Edit: wenn ich mir Punkt 3 durchlese hab ich trotzdem irgendwie nen Hänger. Da steht ja, das Urteil ist (…) vorläufig vollstreckbar. Das Urteil ist doch aber, dass die Klage abgewiesen wird, was soll denn dann vollstreckt werden?

    Ziffer 2 des Tenors, die Kostenentscheidung.


    Da stehen immerhin gut 600 EUR Gerichtskosten zzgl. eventueller Fahrtkosten, Zeugen- und Sachverständigenentschädigungen usw. und über 1.500 EUR Anwaltskosten für jede der beiden Seiten im Raum. Zumindest die eigenen Anwaltskosten kann der Beklagte vollstrecken, und da sie 1.500 EUR überschreiten (§ 708 Nr. 11 ZPO), geht das nur gegen Sicherheitsleistung.

    Das LG in München entschied wg. Kosten von 8.500 € für einen RTH-Einsatz im Karwendelgebirge.


    https://www.alpin.de/home/news…Io8s_6lac0v0wvenPmHPHNgE4

    Mittlerweile sind die Urteilgsgründe der nicht rechtskräftigen Entscheidung veröffentlicht worden: LG München I, Endurteil vom 31.07.2023 – 27 O 3674/23


    Das Verfahren ist jetzt beim OLG München unter 17 U 4445/23 anhängig.

    Vielleicht war er auch einfach entsprechend versichert. Oder hat seine Rechnung hingenommen.

    So ist es; er war offenbar Mitglied einer in der veröffentlichten Entscheidung nicht namentlich genannten Institution, die die Kosten seiner Rettung übernommen hat, aber nicht die seiner Begleiterin (einer Ärztin).

    in erster Linie: fehlende Dokumentation der diagnostischen Erhebungen. Wer nicht schreibt, der bleibt auch nicht. Und vor Gericht galt es dann anscheinend als nicht passiert.

    Naja, ob man jetzt im Freitext einen normofrequenten Puls dokumentiert oder woanders eine Zahl, ist m.E. Jacke wie Hose. Der Knackpunkt ist m.E. ja auch gar nicht der mögliche Behandlungsfehler, sondern die Frage der Kausalität.