Beiträge von Monkeyface

    Das finden einige Leitstellenkollegen, die ich eben vor meiner Dienststelle getroffen haben, nicht lustig. Spannender finde ich jedoch, dass die neue Leitstelle zukünftig dann wohl schon zu klein sein wird. Wenn der ÄND da noch abgefragt und disponiert werden muss, was durchaus Sinn macht wie ich finde, wird man jedoch deutlich mehr Leitstellentische brauchen (wenn man nicht die Notabfrageplätze oder/und die Reserve-Leitstelle in Beschlag nehmen möchte, die eigentlich für andere Dinge gedacht ist).

    Das kommt aber ja stark auf die Ausgestaltung des Systems an. Wenn nach drei Fragen rauskommt dass der Anrufer eher was für den KV-Notdienst ist und du dann nur den Knopf für die Weiterleitung drückst ist es doch super. Wenn du ne Viertelstunde abfragen musst, seit wann der Husten besteht oder ob schon Ibu genommen wurde, dann ist das natürlich nicht sinnvoll.


    Viele der Ideen aus dem Positionspapier sind aber doch super. Wenn die gut umgesetzt werden, dann könnte das wirklich etwas zum Besseren ändern.

    Ich kann jetzt nur für den Bereich außerhalb des RD sprechen.

    Leihpersonal stellt niemand gerne ein. Es dient eigentlich nur dazu Belastungsspitzen abzufedern, zeitlich befristete Projekte zu unterstützen oder bestimmtes Fachwissen zu erhalten, bis das eigene Personal das Fachwissen hat (Stichwort: Übernahme von neuen Aufgaben).

    Eben, aber in anderen Branchen macht man ja auch aktiv was um Personal zu werben und zu halten. Aus irgendeinem Grund muss das im Gesundheitssystem ja egal sein und ich verstehe nicht warum.

    Dazu müsste man wissen, wie diese Prognosen zu dieser Einschätzung kommen. Eine Analyse des DWD kommt zu dem Ergebnis, dass pro Jahrzehnt mit einer Zunahme von 2,3 Hitzetagen (>30°C) zu rechnen ist (veröffentlicht beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft). Sieht man sich den Graphen an, dann sieht das eher so aus, als dass sich das deutlich beschleunigen wird.


    Entscheidend sind aber nicht heiße Hotspots an einzelnen Tagen, sondern wie lange sich Hitzewellen halten und wie häufig sich Abkühlungen ergeben. Wenn wir wochenlang Tagestemperaturen von 30° Celsius oder mehr haben, die in der Nacht nicht wirklich absinken, dann ist das körperlich sehr belastend mit all seinen negativen Folgen. Und diese Wellen nehmen deutlich zu. Die zusätzlichen Tage über 35° Celsisus sind da nicht wirklich aussagekräftig.

    Du hattest eben was von 50 Grad geschrieben. Ja, natürlich wird es wärmer, ja natürlich gibt es dadurch Risiken. Nein, wir bekommen keine 50 Grad und wir werden nicht alle verglühen.


    Zitat

    Was ist denn daran so bemerkenswert, dass in einem Land mit gemäßigtem und eher feuchtem Klima mehr Menschen an Kälte sterben als an Hitze?

    Daran ist bemerkenswert, dass Wärme nicht der wahnsinnige Killer ist und das Gesundheitssystem in Deutschland eben absehbar NICHT stärker belastet wird wenn es wärmer wird. Und genau darum ging es zu Beginn der Spirale um die wir uns drehen.

    Es geht nicht um Obdachlose. Sondern es geht um sehr viele statistische Tote:


    „Several known effects of cold on the body could account for cold-related deaths. Arterial thrombosis is promoted by the haemoconcentration3,4 induced by cold, and rapid coronary deaths could result from rupture of atheromatous plaques during hypertension and cold- induced coronary spasm.5–8,22 Suppression of immune responses by stress hormones during cold exposure is likely to reduce resistance to respiratory infection, as will direct effects of cold on the respiratory tract;23,24 these direct effects could also cause bronchoconstriction.25 Acute-phase reactions to such respiratory infection13,14 can then be expected to increase further the risk of arterial thrombosis. The results do not rule out other factors such as previous temperature experience, or low vitamin C intake in winter.26,27“ https://doi.org/10.1016/S0140-6736(96)12338-2


    Deswegen sind es so viele. Und deswegen ist es auch schwer was dagegen zu machen. Und deswegen nimmt die Mortalität bei steigenden Temperaturen erst einmal ab.

    So etwas kann man nur sagen, wenn man sich nicht mit den Folgen des eigenen Handelns auseinandersetzt.

    Die Folgen meines Handelns sind für das Klima sicherlich vollkommen irrelevant.


    Es muss aber jetzt gehandelt werden und nicht in 20 Jahren, wenn auch bei uns eine Durchschnittstemperatur von 25 Grad im Jahr herrscht und wir Spitzentemperaturen von 50 Grad haben.

    Genau diese Art von "the end is near" meine ich. Das ist völlig kontraproduktiv, wenn man an einer ernsthaften Lösung des Problems interessiert ist. Schau dir mal die regionalen Vorhersagen für Deutschland an. Die sind zwar überraschend schwer zu finden sind, hier oder hier bekommt aber man eine Vorstellung von der prognostizierten Veränderung. Zusammenfassend bekommen wir vielleicht eine Woche pro Jahr mehr Hitze (>35°C) und zehn Tage weniger Frost.



    Außerdem werden wir schon sehr bald eine Vielzahl von Klimaflüchtlingen zu versorgen haben, Preise für alle Produkte inklusive Lebensmittel werden nicht günstiger werden, ich sehe da keine Entlastung für das Gesundheitssystem.


    Dieser lapidare Satz kostet mindestens einen hohen dreistelligen Milliarden-, wenn nicht sogar Billionen-Betrag, der auch vom Gesundheitssystem aufgebracht werden muss. Wo ist da die Entlastung? Ich sehe aktuell nicht, dass diese durch einen Rückgang von Krankheiten im Winter ausgeglichen werden können.

    Meine Güte, ich hab doch ein paar Studien geliefert, es sterben selbst in England 100 (!!!!) mal so viele Menschen an Kälte wie an Hitze. Das Gesundheitssystem wird durch den Klimawandel eher entlastet, zumindest am Anfang. Und natürlich werden wir uns anpassen müssen. Vielleicht schaffen wir es ja z.B. unsere Städte hitzegerecht umzubauen, dann sterben viel weniger Leute durch Hitze als wir erwarten und es sterben auch weniger Leute durch Kälte. Das ist aber nicht zu prognostizieren.


    Ob Lebensmittel teurer werden oder nicht? Who knows? Vielleicht können wir demnächst zwei Ernten im Jahr einfahren oder es schaffen mehr Länder so effiziente Landwirtschaft zu betreiben wie die Israelis, dann kann das Angebot deutlich steigen. Vielleicht marschieren die Russen auch in das nächste Land ein, dann gibt es wieder Hungersnöte. Das ist aber auch nicht zu prognostizieren.

    Tatsächlich könnte man so langsam mal nicht mehr (nur) darüber diskutieren, wie der Klimawandel zu verhindern ist (denn das ist er ja offensichtlich selbst bei größter Anstrengung aller gutmeinenden Weltbürger nicht mehr), sondern wie mit einem voranschreitenden Klimawandel und dessen direkten und indirekten Folgen umgegangen werden kann und muss.

    Oder ist das jetzt zu fatalistisch?

    Absolut! Und es hilft nichts durch die Stadt zu laufen und zu rufen dass daue Apokalypse naht. Sondern was wir brauchen, ist eine ehrliche Analyse der Risiken und auch der Chancen, die der Klimawandel bietet. Und ein bisschen Optimismus würde auch nicht schaden.

    Ok, dann sagen wir einfach, scheiß auf die zukünftigen Kranken und Toten und einer übermäßigen Belastung unseres Gesundheitssystems vom Frühjahr bis Herbst, wir haben ja jetzt dafür im Winter etwas weniger zu tun.

    Nein, wir arbeiten natürlich weiterhin an der Verbesserung unseres Gesundheitssystems. Dazu benötige wir eine ehrliche Analyse der Probleme und Herausforderungen. Und der Klimawandel ist, auch wenn es nicht ins aktuelle Narrativ passt, aktuell eben nicht die große Herausforderung für unser Gesundheitssystem. Im Gegenteil, bei uns wird der Klimawandel das Gesundheitssystem zumindest anfangs eher entlasten. (Deswegen macht es in anderen Bereichen der Gesellschaft natürlich trotzdem Sinn sich z.B. baulich oder organisatorisch anzupassen.)


    Wir diskutieren hier in etlichen Threads, wie schlecht Deutschland auf Katastrophen vorbereitet ist, aber bzgl. absehbarer Probleme der gesicherten Gesundheitsversorgung der Bevölkerung wegen klimatischen Veränderungen können wir sehr gechillt sein, weil bei uns im Moment ja alles knorke ist?

    Eben, Deutschland ist schlecht vorbereitet. Aber es ist doch egal, ob ein Hochwasser wie im Ahrtal einmal in zehn oder einmal in hundert Jahren vorkommt. Ich erwarte einfach, dass es einen funktionierenden Katastrophenschutz gibt. Und wenn der nicht in der Lage ist auf den Knopf für Sirenen zu drücken, dann liegt das nicht in erster Linie am Klima. Es kann doch nicht sein, dass sich politisch Verantwortliche grundsätzlich einen Blanko-Scheck für ihr Versagen ausstellen können, weil Klima.

    „Wir können gerne noch die Toten durch Dürre oder Überschwemmungen gegenrechnen.


    gerne rechne ich das nicht gegen, aber es gibt ja Experten die das machen, auch mit epidemiologischer Expertise:


    https://www.who.int/news-room/…climate-change-and-health

    Wir haben bisher über die Situation in westlichen Ländern gesprochen. Aber auch in dem von dir geposteten Link ist doch das eigentliche Problem nicht der Klimawandel, sondern Ressourcenknappheit.


    Es sagt ja niemand, dass der Klimawandel ne tolle Entwicklung ist. Und natürlich sollte man etwas dagegen tun. Aber diese apokalyptischen Prophezeiungen, auf die jede Profession, ob berechtigt oder unberechtigt aufspringt, sind nicht hilfreich. Und für die Gesundheitssysteme in westlichen Ländern ist die Apokalypse scheinbar noch nicht da.

    Damit bestätigst du doch, dass erstens größere Hitze zu einer erhöhten Sterblichkeit führt und zweitens im Laufe der Zeit, wenn man schon eine Bilanz zu den Kältetoten zieht, keine absolute Reduktion durch erhöhte Temperaturen zu erwarten ist.

    Ich kann gar nichts bestätigen, ich glaube wir haben beide keine tiefere Ahnung von Epidemiologie in Abhängigkeit vom Klima. Aber in den Studien steht doch sehr eindeutig, dass es durchaus eine Mortalitäts-Reduktion durch höhere Temperaturen gibt, es ist nur die Frage ab wo es wieder kippt.


    Wie von VK Retter bereits erwähnt, bedeutet Klimawandel nicht eine gleichmäßige Erhöhung der Temperaturen auf einem "angenehmen" Niveau, sondern, dass sehr langen, heißen Sommern auch sehr kalte Winter folgen können, so dass wir neben steigenden Zahlen an "Hitzegeschädigten" gleichzeitig immer noch viele "Kältegeschädigten" haben werden, ähnlich dem gleichzeitigen Vorhandensein von Dürre und Überschwemmung in der selben Region.

    Wie gesagt, bis zu einem bestimmten Punkt sinkt die Mortalität durch höhere Temperaturen. Wir können gerne noch die Toten durch Dürre oder Überschwemmungen gegenrechnen. Wenn man ehrlich ist, zeigt die Anzahl von Toten durch Naturkatastrophen aber eher die (Un-)Fähigkeit einer Verwaltung. Mich regt es immer auf wenn nach Katastrophen wie im Ahrtal völlig abstrakt der Klimawandel schuld ist und nicht die Strukturen und Politiker, die zu schlecht waren Leute zu warnen, die 30 km den Fluss runter wohnen.

    Dieses Verhältnis wird sich aber zunehmend umkehren, wenn die Hitzeperioden länger und stärker ausfallen. Es dürfte klar sein, dass in einem eher gemäßigten Land mit nur kurzen Hitze-, dafür deutlich längeren Kältephasen im Jahr, sich die Kälte deutlich mehr auf die Sterblichkeit auswirken wird, als im umgekehrten Fall. Da der umgekehrte Fall, lange Hitzeperioden, nur wenige kalte Wochen/ Monate, sich aber zum weiter verbreiteten Modell entwickeln wird, wird auch der Anteil der hitzebedingten Erkrankungen und Sterbefälle zunehmen und der der kältebedingten abnehmen.

    Das sieht auch diese Studie so: Projections of temperature-attributable mortality in Europe: a time series analysis of 147 contiguous regions in 16 countries - The Lancet Planetary Health

    In der von dir genannten Studie steht doch, dass bis Mitte des Jahrhunderts in den untersuchten Szenarien netto weniger Leute sterben, wenn es eher wärmer ist. Ende des Jahrhunderts steigt die Zahl der Hitzetoten dann schneller als die Zahl der Kältetoten sinkt.

    Insgesamt scheint man sich bezüglich der Verteilung von Hitze zu Kältetoten aber uneins zu sein, diese Studie spricht von 1:10, die von mir verlinkte von 1:100.

    Zitat

    Ich würde für mich würde auch sagen, dass man Kälteeinflüssen besser begegnen und beeinflussen kann, als solche durch Hitze.


    Ich meine mich zu erinnern, dass es genau umgekehrt ist, allerdings habe ich die Begründung vergessen und finde sie auch gerade nicht. Der infektiologische Teil ist ja irgendwie selbsterklärend, viel drinnen sein macht (wie man aktuell sieht) einfach mehr Infekte. Bei wirklichen Hitzewellen ist die Anzahl der Toten negativ mit der Anzahl der Klimaanlagen korreliert.

    In der britischen Studie werden jährliche 60.000 (!) excess-deaths für Kälte und 800 für Hitze beschrieben. Für die Vermeidung dieser excess-deaths ist die Klimaerwärmung also eher positiv.


    Der Pathomechanismus dabei ist natürlich nicht, dass die 60.000 erfrieren, insbesondere weil die „gefährliche“ Temperatur bei unter 15 Grad liegt. Die zusätzlichen Todesfälle sind vermutlich zum Beispiel mit chronischen Prozessen wie Hypertonie bei Kälte und mit mehr Infektionen aufgrund von mehr Ansteckungen in Innenräumen zu erklären.

    nochmal Lancet Planetary Health, diesmal aus 2022 und für England und WalesHitzebedingte Erkrankungen (...) werden in den nächsten Jahren top Themen sein, die uns alle beschäftigen werden.

    Glaube ich nicht, es sterben hundertmal mehr Leute aufgrund von Kälte als aufgrund von Hitze.


    Globally, 5 083 173 deaths (95% empirical CI [eCI] 4087967–5965520) were associated with non-optimal temperatures per year, accounting for 9·43% (95% eCI 7·58–11·07) of all deaths (8·52% [6·19–10·47] were cold- related and 0·91% [0·56–1·36] were heat-related). (Lancet Planetary Health)


    The small-area assessment estimated that each year in England and Wales, there was on average 791 excess deaths (empirical 95% CI 611–957) attributable to heat and 60573 (55796–65145) attributable to cold, corresponding to standardised excess mortality rates of 1·57 deaths (empirical 95% CI 1·21–1·90) per 100 000 person-years for heat and 122·34 deaths (112·90–131·52) per 100 000 person- years for cold. (https://www.thelancet.com/acti…S2542-5196%2822%2900138-3)

    Anders scheit dieses (noch) in der Pflege zu sein. Ich erlebe es durch meine Kontakte in die Krankenhäuser immer wieder, dass Pflegefachpersonal und auch Hebammen immer wieder zusätzlich einspringen, weil diese ihre Kollegen nicht im Stich lassen wollen (was grundsätzlich auch sehr lobenswert ist und Anerkennung verdient). Gleichzeitg werden sie von ihrem Arbeitgeber gef... *pieps*, was Coronaprämien, Überstundenvergütungen, usw. betrifft. Und da die Pflege (und Geburtshilfe) schon deutlich länger gebeutelt ist wie der Rettungsdienst, wundert mich diese Einstellung. Ich hätte den Laden schon vor die Wand fahren lassen ...

    Ich glaube es gibt nichts frustrierendes als Streiks für Pflege oder Ärzte zu organisieren. Möglicherweise liegt das aber daran, dass die Patienten einfach physisch vor einem stehen (oder liegen) und nicht wie im Rettungsdienst sehr abstrakt auf Hilfe warten.

    Es gibt mit Sicherheit Fälle, in denen Patienten schlecht aufgeklärt und informiert werden. In den Fällen, in denen ich der Arzt bin, der schlecht informiert oder aufgeklärt hat, liegt das regelhaft an Zeitnot.


    In aller Regel werden Patienten aber halbwegs vernünftig informiert (gut oder hervorragend ist im deutschen Gesundheitssystem nicht der planerische Anspruch) und nach meiner Erfahrung sind es eher die Angehörigen oder Patienten die nach diesen Gesprächen auf Maximaltherapie pochen.


    Aber es ist halt sehr, sehr schwer zu prognostizieren in welche Richtung die Reise geht. Man kann sich ja die Kaplan-Meier-Kurven z.B. für verschiedene Tumorerkrankungen und -stadien ansehen, in aller Regel ist das 5-Jahres-Überleben nicht 100 oder 0. Wie soll ich also vorhersagen was mit diesem Patienten geschieht? Und wenn du Menschen sagst, dass statistisch in fünf Jahren noch 10% der Menschen mit dieser Erkrankung leben, dann gibt es welche die sich Morphin einpacken und ans Meer fahren, es gibt welche die sich selber belesen wo es Studien gibt und welcher Antikörper möglicherweise helfen könnte und es gibt alles dazwischen. Ganz ehrlich, wenn ich oder einer meiner Angehörigen der Patient wäre, dann wüsste ich auch nicht was ich machen würde.


    Ach ja, recherchier doch beispielhaft mal die Prognose für einen out-of-Hospital cardiac arrest in verschiedenen Altersgruppen oder für verschiedene Patientensubgruppen. Spoiler: Die ist lange nicht so eindeutig wie man zunächst denkt und die Datenlage ist Müll. Dabei ist ein OHCA verhältnismäßig leicht zu erforschen.

    Es braucht aber eben auch gut ausgebildete Ärzte die das frühzeitig erkennen und einleiten, vor allem aber auch Ärzte die in aussichtslosen Fällen das genauso Kommunizieren und nicht unnötig eine entsprechende Therapie einleiten.

    Genau um diese Fälle geht es mir in meiner Aussage. Ärzte müssen dringend dahingehend geschult werden dies ggf. auch so benennen zu können und es braucht klinisch und präklinisch ein Team, dass das gemeinsam mit Ärzten den Angehörigen auch mit Zeit beibringt und diese dann "auffängt". Wir therapieren halt immer noch viel zu viele Fälle, wo man es quasi nur macht um dem Gespräch mit den Angehörigen aus dem Weg zu gehen bzw. weil man sich teilweise selbst nicht eingestehen kann und will wie aussichtslos die Situation ist. Sicher sind das in der Masse nicht viele Fälle, aber es sind zu viele und abgesehen von der Belastung für das System ist es eine enorme Belastung für die Angehörigen und auch das medizinische Personal. Aus meiner Sicht braucht es hier dringend auch in der Fläche eine echte interdisziplinäre Zusammenarbeit und vor allem mehr Schulung für nicht-ärztliches und ärztliches Personal.

    Nichts ist so schwer vorherzusagen wie die Zukunft. In den Fällen, in denen die Prognose infaust ist, wird das Therapieziel doch regelhaft geändert. Infaust sind aber die wenigsten Prognosen. Und wenn man Patienten kommuniziert, dass die Chancen zwar schlecht stehen, sie aber natürlich nicht null sind, dann wollen viele diese Chance ergreifen. Natürlich wäre es möglich, dass wir als Gesellschaft entscheiden, dass erwartete Lebensjahre ein Preisschild bekommen. Bisher wurde das aber nicht diskutiert.


    Übrigens wundere ich mich sehr darüber, wo du die Erfahrung gemacht hast, das schlechte Prognosen nicht kommuniziert werden. Ich habe bisher fast ausschließlich andere Erfahrungen gemacht.

    Ich sehe Medizin eben nicht als Bereich, bei dem man den Markt regeln lassen sollte.

    Man kann doch nicht ernsthaft die Tatsache bestreiten, dass es immer einen Qualitätsunterschied zwischen verschiedenen Ärzten, Krankenhäusern oder auch Eisdielen geben wird. Diskutieren kann man, wie man die Allokation dieser verschiedenen Anbieter zu Patienten gestalten will. Aktuell ist es fast immer einfach Glück. Eine echte Qualitätsverbesserung wäre meiner Meinung nach vor allem ein System, in dem nicht Glück darüber entscheidet, ob ich an eine Klinik gerate, die sich mit meiner Erkrankung sehr gut auskennt oder eben nicht.