Meiner Meinung nach geht hier der Schritt zu: "Wir machen jetzt alles ohne NA" bei vielen zu schnell.
Man kann das so machen, wie ihr schreibt, aber dann muss ich mir doch auch die Nachteile des damit geschaffenen Systems vor Augen führen.
Und da sehe ich das Problem.
Wie erhalte ich Skills, die ich einmal im Paramedic-Studium lerne und danach praktisch kaum noch anwende?
Wie viele Patienten fahre ich im Jahr, die wir vor Ort intubieren und beatmen? Vielleicht 10 über das gesamte Jahr verteilt. Kann ich mich da wirklich mit einem Notarzt der Anästhesie messen, der klinisch tätig ist und diese Zahl innerhalb von zwei Arbeitstagen im OP erreicht? Möchte ich das überhaupt?
Gerade in letzter Zeit hatte ich häufiger Patienten mit extrem komplexen Krankheitsbildern und damit verbundener exotischer Medikation, bei dem ich über die klinische Praxis der NÄ sehr froh war.
Wir haben uns in Deutschland bisher den Luxus geleistet, ein Team aus ärztlichem und nichtärztlichem Personal am Patienten zu haben, direkt nach Schadenseintritt, an der Einsatzstelle. Das war noch nie finanziell sonderlich lukrativ für das System in sich, aber es gab die Notwendigkeit.
Und daran hat sich m.M.n. bis heute nichts geändert. Warum also an diesem Stuhl sägen? Grundsätzlich steht einer Ausdünnung der Standorte und mehr eigenverantwortlichem Abarbeiten von Stichworten wie ACS, Apoplex etc. ja nichts im Wege, aber ich kann schlichtweg nicht nachvollziehen, warum viele das Ende des NA-Systems herbei zu sehnen scheinen. Über die Qualität der Ausbildung und Qualifizierung lässt sich sicher streiten, aber ich erlebe die meisten NÄ mit denen ich zu tun habe als Anästhesisten mit mehrjähriger intensivmedizinischer Erfahrung und entsprechendem Know-how.
Überspitzt gesagt:
Die Hebammen stehen ja auch jetzt mit akademischer Ausbildung nicht auf der Straße und demonstrieren für die Abschaffung aller Gynäkologen aus den Kreißsälen.
Zudem sehe ich auch nicht die extreme Steigerung der Bewerberzahlen, die notwendig wären, um dieses System sinnvoll zu betreiben. Was bringt uns der Master-NotSan, wenn er nachher aufgrund von Personalmangel trotzdem ganz basic RTW mit allen Bagatelleinsätzen fährt, die wir heute auch haben?
Zumal die mit der neuen Praxis der Abfrage, bei der in den meisten Fällen ein sehr auf Sicherheit ausgelegtes Programm entscheidet, was da jetzt hinfährt, anstelle des Disponenten, der vielleicht aufgrund des Gespräches schon ahnt, dass der wahre Einsatzgrund eher eine mindere Priorität hat. Der Frust wird dann nicht weniger, die Abwanderung wird nicht wesentlich geringer sein, fürchte ich.
Just my 2 cents.