Beiträge von Ara Hanu Baba

    Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber ich glaube schon lange nicht mehr an systemische Lösungen. Außerdem hat die Menschheitsgeschichte oft genug bewiesen, dass vollumfängliche systemische "Lösungen" eher nach hinten losgehen. Abgesehen davon gibt es relativ wenig bis gar keine Gerichtsurteile, in denen Notfallsanitäter tatsächlich wegen ihrer Praxis angeklagt und verurteilt wurden, mit Ausnahme von Gerichtsverfahren wegen z. B. grober Fahrlässigkeit, offensichtlichen Delikten oder dergleichen.


    Die Probleme heutzutage hat man auf individueller Ebene zu lösen, daraus ergeben sich automatisch Werte- und Moralvorstellungen, an denen sich das Individuum orientiert - Stichwort "Kompetenz". Was bringen uns die tollsten "Freigaben" und die besten Akronyme ÄLRD & Co., wenn es im Endeffekt an der adäquaten Versorgung der Patienten scheitert? Was ist so schwer daran den Gesundheitssektor patientenorientiert zu gestalten? Wir haben einen halbwegs funktionierenden Rechtsstaat, man mag es kaum glauben.


    Und wenn man sich den Auftrag der Notfallmedizin vor Augen führt, ist denke ich jedem klar, dass wir nicht heilen, sondern den Patient dahin bringen, wo ihm weiter geholfen werden kann. Die Frage sollte doch nicht sein, ob ich als Notfallsanitäter wirklich einen Notarzt benötige, sondern ob der Patient in genau dieser Einsatzsituation jetzt von weiterem Fachpersonal profitiert, mit all den einsatztaktischen und vor allem medizinischen Konsequenzen, die das nach sich zieht. Zwei unterschiedliche Blickwinkel mit ähnlicher Konsequenz: kann ich die Situation als NFS (noch) alleine stemmen oder eben nicht? Wenn ich es alleine nicht auf die Reihe kriege, dann bin ich über jede Hilfe an der Einsatzstelle oder auf dem Weg in die Zielklinik dankbar, egal ob es sich dabei um Maßnahmen in meinem Repertoire oder einen weiteren Menschen im Team handelt! Wir fahren hier in unserem Landkreis weitaus mehr Medikamente mit uns durch die Gegend als uns tatsächlich "freigeben" ist, d. h. ich sollte mich mit meiner Arbeitsumgebung auskennen und ggf. wissen, was ich im äußersten Notfall noch für Optionen habe. Das erfordert allerdings ein gewisses Maß an Verantwortungsbewusstsein. Ich habe zu wissen, was ich tue, was ich kann und was ich nicht kann.


    Wen interessiert es denn bitte bei der aktuellen Rechtslage (vor allem §2a NotSanG) wirklich noch wie viele Medikamente ich geben "darf"? Was ist das überhaupt für eine Frage? Eine viel spannendere Frage wäre, wie man die Handungskompetenzen der Notfallsanitäter auf lange Sicht stärken und aufrechterhalten will? Wie wäre es bspw. mit freien Plätzen bzw. einer Rotation in die Anästhesie/OP der Kliniken mit Anrechnung auf die Arbeitszeit? Oder einer engeren Zusammenarbeit/Rotation in den Notaufnahmen? Ich habe kein Verständnis für das ganze Ego-Gehabe innerhalb des Gesundheitssektors, das geht absolut an der Sache vorbei, um die es eigentlich gehen sollte, nämlich den Patienten!

    Ich gehe mal stark davon aus, dass das "Safety/Security Netz" von Einsatz zu Einsatz unterschiedlich aufgebaut ist und stark von den Vorbereitungen auf den jeweiligen Einsatz abhängt, ähnlich wie das z. B. bei der DRK Landesverstärkung der Fall ist (wobei ich nicht sagen würde, dass sich beide hier wirklich miteinander vergleichen lassen), und demnach trotz aller Vorkehrungen immer ein gewisses nicht unerhebliches Restrisiko bleibt. Wäre ich nicht noch in der Ausbildung, hätte ich auch schon längst mal Kontakt aufgenommen und etwas genauer nachgefragt ...


    Würde es auch begrüßen, falls hier jemand noch etwas mehr an Hintergrundinformationen preisgeben könnte.