Beiträge von Hilope

    Genau deshalb hätte ich mir ja gewünscht, dass der NotSan von diesem unsäglichen "Notstands-Gedöns" befreit wird und er die Massnahmen regelhaft auch im Alltag durchführen darf (z.B. eben die regelmässige Analgesie bei der unkomplizierten Schenkelhalsfraktur, um sie dann beim Polytrauma auch zu beherrschen). Nur dadurch bekommt er Routine im Umgang mit den Massnahmen. Aber wenn natürlich z.B. 20-30 Minuten zusätzliche Schmerzen für den Patienten die Vorgabe in einem modernen Rettungsdienst sind, dann können wir uns das sparen.

    Die 20 bis 30 Minuten werden hier immer genannt, dass man so etwas Patienten nicht zumuten kann. Fakt ist, wenn dauerhaft der Notarzt solche Anfahrtszeiten hat, dann stimmt in der Tat der Vorhaltesoll nicht. Ausnahmen können vorkommen, davor ist niemand gefeit. Weiterhin sind gerade die von dir angesprochene Schenkelhalsfrakturen meist so weit schmerzmäßig tolerabel, wenn nicht an ihnen manipuliert wird. Dies gilt erfahrungsgemäß für eine Vielzahl von Frakturen. Bis Lagerungs- und Überwachungsmaterial besorgt und ein Zugang gelegt ist, ist der Notarzt in aller Regel auch vor Ort. Und wie gesagt, wenn das dann noch 10 Minuten länger dauert, ist das ohne Manipulation sicher vom Patienten auszuhalten.
    Weiterhin sollte man vielleicht auch mal nicht jedem "Trend" hinterherlaufen. Ähnlich dem Anspruch der Patientenkundschaft in den Notaufnahmen muss heutzutage alles am besten schon gestern passiert sein. Auch im bestorganisiertestem Krankenhaus kann es vorkommen, dass ein Patient bei Schmerzen 20 oder 30 Minuten auf einen Arzt warten muss. Und ich hoffe, es kommt jetzt hier niemand mit dem Schmerzgedächtnis...


    Kein Problem. Her damit! Aber eben in einer vernünftigen Zeit (und das sind für mich eben nicht 20-30 Minuten). Wenn wir uns das leisten können, gerne.

    Das ist für mich als Steuer- und Krankenkassenbeitragszahler auf jeden Fall mehr mein Anspruch als krankenkassenfinanzierte Yoga-Kurse.

    natürlich passt das beispiel. was sollte denn der unterschied sein zwischen 'der patient liegt eine stunde unbeaufsichtigt im bett' und 'der patient liegt eine stunde im KTW', wenn in beiden fällen nichts dokumentationswürdiges passiert? dann muss ich doch nicht aufschreiben, dass der mann GCS 15 war usw.. aber von mir aus: das kann gerne jeder aufschreiben. es ist ein freies land.

    Im einen Fall liegt der Patient auf der Liege im KTW und wird eine Stunde kontinuierlich beobachtet, dokumentiert wird aber nichts. Im anderen Fall findet keine kontinuierliche Überwachung statt. Die sporadischen Kontakte werden aber dokumentiert (Patient an die Bettkante mobilisiert, Patient zur Toilette begleitet, Patient beim Essen unterstützt etc.). Das sind doch zwei unterschiedliche Situationen. Wenn die Pflegekraft oder Arzt oder wer auch immer eine Stunde neben dem Patienten sitzen würde, ohne das "nichts Dokumentationswürdiges" passiert wäre, würde selbst das dokumentiert werden (Patient von ... bis ... kontinuierlich am Bett überwacht, hierbei keinerlei Vorkommnisse o.ä.).

    Formale Kompetenzen bedeuten, dass der RettAss / NotSan auf die Massnahme geschult und geprüft wurde.

    Genau, und das ist absolut unzureichend, um von Können zu sprechen. Ich bleibe genauso dabei, nur bei ständiger Anwendung gewisser Dinge, und die medikamentöse Therapie gehört für mich dazu, kann man die Kompetenz erwerben, um von Können zu sprechen. Listen von Medikamenten auswendig zu lernen reicht nicht aus. Ich kann 10-mal die Dosierung und Nebenwirkungen von XY aufsagen können, die richtige Anwendung ist einfach etwas anderes. Und selbst ich als Notarzt mit mehr als 10 Einsätzen im Schnitt pro Schicht komme regelmäßig nicht dazu, im Rettungsdienst permanent medikamentöse Therapien durchzuführen. Früher auf dem Rettungswagen war das nochmals deutlich weniger der Fall.


    Das mit dem "Können" ist doch im Moment das perverse an dieser ganzen Diskussion um (Not-)Kompetenzen, Notstand usw. Ich darf eine Massnahme nur anwenden, wenn ich sie gelernt und trainiert habe. Im Alltag darf ich sie aber nicht anwenden. Im "Notstandsfall" darf ich sie dann aber ja eigentlich auch nicht anwenden, weil ich sie ja nie regelmässig durchführen darf!? Wie soll das denn funktionieren?.

    Diesen Notstandsfall habe ich in knapp 8 Jahren als Rettungssanitäter erinnerungsweise niemals erlebt. Wie häufig kommt er denn tatsächlich bundesweit vor? Wie oft wird etwas als Notstand deklariert, obwohl selbst ein Warten von 20 oder 30 Minuten auf den Notarzt ohne wirklich ernsteren Schaden möglich wäre (diese Zeiten werden ja meist genannt, um ein Eingreifen durch RFP zu legitimieren)?


    Wenn man natürlich immer sagt, das RFP kann das gar nicht können, dann wäre es tatsächlich das Beste, die ganzen Medis vom Auto zu schmeissen und dann hoffentlich aber auch die Notarztdichte deutlich zu erhöhen.

    Richtig. Das wurde auch schon weiter oben angesprochen. Warum soll man einem Patienten in der eventuell schlimmsten medizinischen Situation den Bestqualifiziertesten vorenthalten?

    Okay, ich bin raus, da die Erde eine Scheibe ist.

    Es verwundert allerdings nicht, das z.B. ein Rettungsdienstkollege aus Mittelhessen hier erst gar nicht im Forum vertreten ist und wenn doch, das er nicht schreibt. Ich werde es auch nicht mehr tun.

    Formale Kompetenzen bedeutet nicht Können. Warum und wie genau sie die Notfallversorgung verbessern, geht aus dem kurzen Statement leider nicht hervor.

    doch, das ist es. 90% der zeit stand in der klinik niemand neben mir, weil ich (teils mit einem anderen patienten) allein in dem zimmer war. wenn über diese zeit dinge protokolliert wurden, dann wäre das sicherlich fragwürdig.

    Zweifellos steht im Krankenhaus nicht kontinuierlich jemand neben den Patienten, im Gegensatz zum Rettungsdienst. Deswegen passt dein Beispiel nicht ganz zur Dokumentationsdebatte im KTP. Ich bezog meine Aussage auch darauf, dass die medizinische Betreuung nicht protokolliert werden würde. Und das wird sie zweifellos. Ob einfaches Im-Bett-liegen als medizinische Maßnahme/ Betreuung gilt, darüber möchte ich ernsthaft keine Debatte führen.

    die meiste zeit stand kein protokollant neben mir. trotzdem wurde ich die ganze zeit über medizinisch betreut. will sagen: ein rettungssanitäter, der neben dem patienten sitzt, betreut diesen ja auch, wenn er nichts davon aufschreibt. und, wie gesagt - grundsätzlich aufzuschreiben, dass ein patient während der fahrt GCS 15 und vital stabil ist, finde ich bei einem KTP übertrieben. das ist doch langweilig.

    Das ist so nicht korrekt. Im Krankenhaus werden die Visiten, Krankheitsverläufe und selbstverständlich auch die pflegerischen Maßnahmen in der Krankenakte dokumentiert. Dies geschieht sicher nicht halbstündlich, aber mit einer gewissen Regelmäßigkeit. Woher kommen wohl die Klagen, dass mehr Zeit für "Schreibkram" als für den Patienten aufgewendet wird. Findet der MDK bei einer Aktenprüfung über mehrere Tage keinerlei Einträge, kann die Rechtfertigung für einen stationären Aufenthalt schnell in Zweifel gezogen werden.

    Ganz ehrlich, im Moment bin ich soweit zu sagen, wer sich nach 6 Stunden die gesetzlich zu stehende Pause nicht nimmt, ist selbst Schuld. Unsere Geschäftsleitung brüstet sich damit, das Arbeitszeitgesetz einzuhalten und erwartet sogar von der Belegschaft, dieses einzuhalten. Im Pausenbereich sieht es in der Realität natürlich mies aus. Deswegen würde ich nach 6 Stunden einfach die Station verlassen (sofern diese ohnehin nicht bezahlt wird). Die Klinik hat einen Versorgungs- und Sicherstellungsauftrag, nicht der Arbeitnehmer. Und schon gar nicht kann der Arbeitnehmer gezwungen werden, dauerhaft und geplant gegen Gesetze zu verstoßen.

    Insbesondere dann, wenn der "Sicherheitsabstand" vom Einsatzfahrer bewusst(!) unterschritten und dem anderen Verkehrsteilnehmer auf die Pelle gerückt wird, kommt eben aufgrund der Ausnahmesituation schneller Panik auf als du gucken kannst.

    Zählt so etwas nicht schon als Nötigung?


    Packt euch In-Ear-Hörer von Smartphone oder MP3-Player in die Ohren und darüber die aus der Industrie bekannte "Mickey-Maus" (Kapselgehörschutz) und geht damit auf die Straße. Dann wisst ihr ungefähr, was von den Verkehrsgeräuschen und dem Horn in einem normalen Fahrzeug noch ankommt ...

    Uns ist demletzt so einer 2 Meter vor uns über die Straße gelatscht, der hatte nicht mal ansatzweise von seinem Pad oder Handy hochgeschaut und uns wohl auch null wahrgenommen.

    Ähnlich der Debatte zum zu schnell fahrenden Notarzt gab es in diesem Fall einen Freispruch, allerdings nach einer Gerichtsverhandlung.


    Freispruch für zu schnellen Feuerwehrmann


    Kleiner Einspieler zu dem Fall:
    http://swrmediathek.de/player.…af-11e4-9a14-0026b975f2e6


    In einem etwas ausführlicheren Artikel in der hiesigen Lokalzeitung wird der Richter zitiert, dass Feuerwehrleute sich nicht an Geschwindigkeitsbeschränkungen halten müssten, sofern dies bei einem Einsatz dringend geboten sei, dies jedoch nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden dürfte. Weiterhin sehe er ein Problem dabei, dass den Wehrleuten keine konkreten Anweisungen an die Hand gegeben würden, wie viel zu schnell sie fahren dürften. Auch wäre um die Mittagszeit nicht viel Verkehr gewesen und der Angeklagte würde die Strecke gut kennen. Sein leeres Punktekonto in Flensburg würde auf ein verkehrsbewusstes Fahren hindeuten. Weiterhin hätten Feuerwehrleute einen Ermessungsspielraum in Einsatzsituationen, eine allgemeine zu schnelle Geschwindigkeit gäbe es nicht, eine konkrete Gefährdung hätte nicht vorgelegen.

    Wetten dass was anderes raus käme, wenn man die Betroffenen, also Patienten und ihre Angehörigen befragen würde?
    Ganz unabhängig vom zweifellos vorhandenen Luxusdenken registriere ich oft genug, dass der Hausbesuchsdienst völlig planlos rumfährt und nicht flexibel reagiert, wenn tatsächlich mal was akuteres anliegt.

    Viele, die da anrufen, könnten auch selbst in die Notdienstzentrale kommen, vermeiden dies jedoch oft aus unterschiedlichsten Gründen (kein Auto, keine Lust Geld für ein Taxi auszugeben, zu faul etc.). Im Regelfall kommt der Hausarzt unter Tage auch nicht sofort vorbei, wenn jemand anruft, sondern erledigt die Hausbesuche gesammelt z.B. am Nachmittag. Und für wirklich akute, dringliche Fälle ist eben der Rettungsdienst da. Ich verstehe das Problem nicht.


    Unabhängig davon sollte man seine Fahrten natürlich sinnvoll planen, wobei es aber dann wieder zu längeren Wartezeiten kommen kann, wenn man erst mal die Patienten einer Ecke abarbeitet bzw. dort immer wieder neue Anrufe auflaufen.

    Erschreckend für mich persönlich, wie leicht doch trotz (oder wegen) solch umfänglicher Informationsmöglichkeiten die Menschen manipulieren lassen. Die einen schütten sich Wasser über den Kopf und spenden für eine Organisation, von denen sie noch nie zuvor gehört haben, die "etwas" gegen eine Krankheit machen soll, von der zuvor ebenso die wenigsten jemals gehört haben dürften. Andere rennen seit neuestem wöchentlich auf die Straßen und folgen zwielichtigen Gestalten, von denen keiner weiß, was sie wollen. Und jetzt blöckt einer sein persönliches Begehr, natürlich moralisch schreiendes Unrecht, in die Welt, und wieder rennen die meisten hinterher.
    Von den Aufrufen zur Lynchjustiz wegen gepeinigter Tiere oder vermeidlichen Vergewaltigern ganz zu schweigen.


    Was ist denn eigentlich los?