Ich habe Zweifel ob das tatsächlich ein in den Gesetzgebungsmaterialien formuliertes Ziel war. Ich meine sogar, dass die Reduktion von Notarzt-Einsätzen aus ärztlich-berufspolitischen Gründen gerade nicht wähnt wurde.
Hast Du zufällig eine Fundstelle da?
Zitat
Drucksache 17/11689 sowie Drucksache 608/12
Diesen Mehrausgaben stehen erhebliche in der Summe nicht quantifizierbare Einspareffekte gegenüber, da durch die verbesserte Qualifizierung dieser Berufsgruppe Einsparpotentiale bei Krankenhausbehandlungen und weiter Einsparungen durch eine Vermeidung unnötiger Notarzteinsätze zu erwarten sind.
Die zu erwartenden Einsparpotenziale hinsichtlich der durch den erweiterten Einsatz von Notfallsanitätern reduzierten Notarzteinsätze war für die Kassen zudem ein maßgeblicher Grund, das Notfallsanitätergesetz zu unterstützen.
Das Konzept des Gesetzgebers ist doch klar: heilkundliche Maßnahmen sind primär ärztliche Aufgabe (2a-b); Ärzte können sie für bestimmte notfallmedizinische Situationen standardmäßig vorab an NotSan übertragen (2c); in lebensbedrohlichen Notfällen kann der NotSan auch überbrückend eigenständig heilkundlich tätig werden (1c). Das ist m.E. auch durchaus ein sinnvolles Konzept (wenn man mal von der Frage absieht, wie man 2c rechtlich tragfähig regelt).
Nach meinem Verständnis würde durch die vorliegende Formulierung im Referentenentwurf der Umfang der möglichen Maßnahmen durch Notfallsanitäter bei Patienten, die nicht unmittelbar vital bedroht sind, explizit und unmissverständlich eingeschränkt. Zudem sind "wesentliche Folgeschäden" meines Wissens nicht definiert, sodass diesbezüglich eine enge, aber auch eine weite Auslegung (und damit völlig unklar) möglich ist. Was sind "wesentliche Folgeschäden" im Sinne des Gesetzes?
Ein weiterer Punkt: was sind heilkundliche Maßnahmen? Da hierzu lediglich das Heilpraktikergesetz eine Aussage macht, ist ja bereits das Messen des Blutdrucks eine heilkundliche Maßnahme (siehe auch hier). Nach strenger Auslegung des Referentenentwurfes dürfte also auch diese Maßnahme nur nach vorheriger Rücksprache oder nach Delegation durch einen Arzt durchgeführt werden, so es sich denn nicht um eine akute Notsituation handelt. Absurd, ja, aber dennoch zutreffend. Oder?
Bereits in seiner Stellungnahme zum Entwurf des NotSanG hat der Bundesrat im November 2012 festgestellt, dass eine Befugnis zur Ausübung der Heilkunde für Notfallsanitäter erforderlich ist und nachfolgende Änderung des §4a eingebracht:
Zitat
Die Notfallsanitäterin und der Notfallsanitäter sind befugt, bei derDurchführung von Maßnahmen im Notfalleinsatz im Sinne des § 4 Absatz 2Nummer 1 Buchstabe c die Heilkunde bis zum Eintreffen der Notärztin oder desNotarztes oder bis zu dem Beginn einer weiteren ärztlichen Versorgung auszuüben. § 1 Absatz 1 des Heilpraktikergesetzes in der im BundesgesetzblattTeil III, Gliederungsnummer 2122-2 veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 23. Oktober 2001 (BGBl. IS. 2702), findet insoweit keine Anwendung."
Damit wären meines Erachtens alle Probleme gelöst.
Dass eine solche Formulierung weder damals, noch heute durch den Gesetzgeber (?) gewünscht ist, ist für mich nur vor dem Hintergrund einer durch ärztliche Standesvertretungen geprägten Einflussnahme erklärbar. Es bedarf keiner fragwürdigen Formulierung, wie sie nun vorliegt, weshalb ich diese ablehne.
Zu der sich (tatsächlich wiederholenden) Kritik an der Arbeit des DBRD, eine sich ebenso wiederholende Antwort meinerseits:
Wer von den hier anwesenden Kritikern hat sich in der Vergangenheit im DBRD aktiv eingebracht oder zumindest versucht, sich aktiv einzubringen? Ist/war jemand in einer der damaligen Arbeitsgruppen (die mangels aktiver Teilnehmer wieder aufgelöst wurden); ist jemand nun aktiv in einer der Landesgruppen? Hat jemand schon das direkte Gespräch mit Mitgliedern des Vorstands gesucht oder als Mitglied die hier immer wieder angebrachte Kritik während einer Mitgliederversammlung vorgetragen? Ich war seit Beginn bei fast jeder Mitgliederversammlung anwesend und kenne diese Kritik, wie sie hier immer wieder geäußert wird, von dort nicht.
Also was erwartet ihr?
Ihr habt zwei Möglichkeiten: die aktive Mitarbeit bzw. das Nutzen eurer Möglichkeit als Mitglied, im direkten Austausch sachliche Kritik oder Verbesserungsvorschläge zu äußern, oder aber, ihr nehmt es zwangsläufig hin, dass ihr eben keinen Einfluss auf die Arbeit unseres Berufsverbands habt. Dann müsst ihr aber zwangsläufig auch akzeptieren, dass es euch nicht immer gefällt, wie die berufspolitische Arbeit vonstatten geht. Das ist wie in der großen Politik eben auch.
Wenn ich manche Kommentare hier lese, wundere ich mich, weshalb ihr euren Sach- und Fachverstand sowie eure augenscheinlich guten Kontakte in die Politik nicht längst genutzt habt, um selbst gute Berufspolitik für uns zu machen. Von "Besserwissen" alleine hat sich bislang noch nichts geändert.
Der DBRD ist heute auch politisch gut vernetzt, hat auch dort Unterstützer und Befürworter - sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Eine andere Darstellung kann demnach nur von solchen Kolleginnen und Kollegen kommen, die keinerlei Einblick in die tatsächlich Arbeit hinter den Kulissen haben. Das ist kein Vorwurf, aber sollte etwas zum Denken anregen.
Der DBRD ist heute eine starker, breit aufgestellter Berufsverband, wie wir ihn bislang noch nie hatten. Die Mitgliederzahlen steigen kontinuierlich, er ist ein gern genommener Ansprechpartner für Medien, wenn es um Fragen rund um den Rettungsdienst geht, er ist (auch international) gut vernetzt und konnte in den vergangenen Jahren auch auf Landesebene Einfluss nehmen. Ich kann deshalb über manche Kritik nur den Kopf schütteln.
Ich als Beiratsmitglied bin auch nicht immer mit jeder Entscheidung oder jedem Vorgehen einverstanden. Entscheidungen werden aber auch im DBRD im Regelfall mehrheitlich getroffen und ich stehe im Zweifelsfall hinter "meinem" Berufsverband und schwäche ihn nicht durch öffentlich angebrachte Kritik. Wenn ich mit etwas überhaupt nicht einverstanden bin oder gar ablehne, äußere ich das intern und enthalte mich in der Öffentlichkeit.
Es gibt Zeiten, da läuft Berufspolitik still und leise hinter den Kulissen und es gibt es Zeiten, da muss diese laut und unkonventionell sein. Nämlich dann, wenn die leise berufspolitische Arbeit zuvor nichts gebracht hat und wir Gefahr laufen, überhört und übergangen zu werden.
Letztlich darf sich jeder noch die Frage stellen, wer wohl den größeren berufspolitischen Einfluss hat: 1 Berufsverband für Rettungsfachpersonal oder zahlreiche Verbände, welche völlig andere Interessen verfolgen?
Wünschenswert wäre ein Miteinander. Davon sind wir aber leider - wie sich immer wieder zeigt - noch weit entfernt.
Ach, und krumel - bei allem Verständnis: den DBRD hinsichtlich der berufspolitischen Arbeit mit dem Verhalten der AfD gleichzusetzen ist - um es ebenso politisch auszudrücken - "in höchstem Maße irritierend". Und das ist jetzt eigentlich sogar zu nett ausgedrückt.