Freilich ist der Notfallsanitäter (Rettungsassistent, Rettungssanitäter) spätestens mit Übernahme der konkreten Behandlung eines Patienten Garant. Er kann sich daher auch einer Körperverletzung durch Unterlassen schuldig machen, wenn er körperlichen Schaden nicht von dem Patienten abwendet. Diese Pflicht trifft ihn aber nur innerhalb der Grenzen der Rechtsordnung; sie verpflichtet ihn keineswegs, sich zu ihrer Erfüllung strafbar zu machen. Daher ist die bestehende Garantenstellung grundsätzlich ungeeignet, den Verstoß gegen andere Rechtsnormen - insbesondere: die Begehung von Straftaten - zu rechtfertigen.
Entweder hat das Rettungsfachpersonal die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit, eine Maßnahme durchzuführen - dann muss es das auch tun (Handlungspflicht als Garant). Oder es hat diese Möglichkeit nicht - dann kann man das auch nicht von ihm verlangen.
Vielen Dank für die bisherigen Ausführungen!
Ich möchte noch einen Punkt aufgreifen, der mir im Kopf herumspukt und zu dem mich eine Einschätzung sehr interessieren würde.
Folgender Fall:
Ich habe jahrelang ein Medikament X unter Berufung auf den § 34 StGB eingesetzt. Es gab dazu weder vorgezogene Gutachten noch Dienstanweisungen durch den AG. Es wurde lediglich offen kommuniziert, dass die Anwendung - wie auch selbstständiges Handeln im Allgemeinen - begrüßt werde sofern die rechtlichen Voraussetzungen - hier also der § 34 StGB - gegeben wären. Nun führt der AG einen Algorithmus ein, welcher dem AN die Anwendung des Medikamentes X zugesteht, allerdings in einer deutlich geringeren Dosierung. Nun bin ich also zusätzlich durch eine Delegation legitimiert, gleichzeitig aber in meinen Mitteln reglementiert, was zu unzureichenden therapeutischen Effekten führen kann. Mein Bauch sagt mir, dass dieses Papier arbeitsrechtlich natürlich bindend sein dürfte. Wie sieht es aber mit der strafrechtlichen Schiene aus? Kann ich belangt werden weil ich mich wider besseres Wissens streng an eine Arbeitsanweisung halte?