Beiträge von Andreas Pitz

    Da stellt sich dann aber schon die Frage, warum man in Mannheim eine Leitstelle baut, die in Heidelberg geplant ist. In der Nachbetrachtung könnte sich das als Schildbürger-Aktion herausstellen...


    Mannheim hat sich dazu entschlossen die Leitstellenräume so zu konzipieren, dass dort auch eine wie auch immer geartete Leitstellenlösung untergebracht werden kann. Der Schildbürgerstreich könnte vielmehr darin bestehen, eine Leitstelle an einem anderen Ort zu realisieren und dafür ein Vielfaches der Kosten einer Leitstellenlösung in Mannheim zu generieren. Die Kosten bei der Leitstellendiskussion weitgehend außen vor zu lassen, lässt sich wohl nur dadurch erklären, dass der größte Teil der Kosten durch die gesetzliche Krankenversicherung zu tragen wäre und nicht von der/den Kommune(n). Und bekanntermaßen gilt in der GKV ja der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz...

    Vor allem würden dann die sogenannten Bereichsausschüsse in denen es ja nur darum geht, die Leistung so billig wie möglich anzubieten, und die Kassen versuchen diese Angebote noch zu drücken, ihre Bedeutung für die Kassen verlieren. In dem Moment, in dem eine Gemeinde den Rettungsdienst selber organisiert und betreibt, wird eine Preisliste auf den Tisch gelegt. So lange diese nachvollziehbar ist, gibt es da nix mehr zu verhandeln, sondern dann müssen die Kostenträger einfach bezahlen.

    Es ist tatsächlich nicht vermittelbar, dass man als kommunaler Vertreter (also letztlich als Vertreter der Bürgerschaft) im Bereichsausschuss nur Argumente vortragen kann, an der eigentlichen Entscheidung aber in keiner Weise beteiligt ist.

    Ähm, die Kommunen, wie du sie nennst, haben auch bei nix anderes irgendwas zu sagen. Nur eine beratende Funktion.

    Das ist so nicht ganz richtig. Zunächst einmal geht es mir darum, dass die Thematik Krankentransport eigentlich im Bereichsausschuss überhaupt nicht thematisiert werden müsste, da der BA nur für die Notfallrettung zuständig ist. Das bedeutet aber für die Kommunen (die heißen wirklich so), oder genauer die kommunalen Vertreter im Bereichsausschuss, das sie nur die Möglichkeit haben das Thema Krankentransport über das Vehikel "Einfluss auf die Notfallrettung" überhaupt im BA zu thematisieren. Bei der Notfallrettung habe ich wenigstens den Zugriff auf das Datenmaterial o.ä. Dies ist beim KTP nicht der Fall.

    Der Bereichsausschuss ist bei den Kostenverhandlungen für den Krankentransport außen vor. Der BA hat für den Krankentransport keine Zuständigkeit. D.h. die Kommunen haben diesbezüglich keinerlei Einflussmöglichkeiten. Dies ist um so mehr verwunderlicher, als dass fehlende KTW unmittelbar auf die Hilfsfrist in der Notfallrettung durchschlagen, da vermehrt RTW zum Krankentransport eingesetzt werden. Bei der letzten Novelle des Rettungsdienstgesetzes wurde eine maximale Wartezeit von einer Stunde in die Gesetzesbegründung (!) geschrieben. Leider hat man vergessen eine Regelung im Gesetz aufzunehmen, die es irgendjemand (z.B. der Kommune) ermöglicht, diese maximale Wartezeit durchzusetzen.

    Liegt der Einwand bzgl. einer "grundsätzlichen Bedeutung" anhand der unterschiedlichen LSG-Rechtsprechung nicht vor?

    Nein, denn bei der Frage, ob es sich um eine selbständige Tätigkeit oder eine Beschäftigung (nicht-selbständig) handelt, geht es zuvorderst um tatsächliche und nicht um rechtliche Fragen. Die rechtlichen Fragen hat das BSG aber schon lange geklärt. Mit anderen Worten: Es kommt immer auf den Einzelfall an. Das BSG hat viele verschiedene Kriterien herausgearbeitet die für bzw. gegen eine selbständige Tätigkeit sprechen. Das von Michael genannte Kriterium des unternehmerischen Risikos ist eben nur eines von vielen Kriterien. In der gerichtlichen Praxis prüft man diese alle anhand des Einzelfalls durch und führt dann eine so genannte "Gesamtschau" durch. Je nach dem welche Kriterien überwiegen, führt dies zur Selbständigkeit oder Beschäftigung. Es bleibt also auch nach dem Urteil des LSG Meck-Pomm weiterhin möglich als Notarzt selbständig zu sein. Es ist "nur" eine Frage der Ausgestaltung. Am einfachsten wäre jedoch der Weg über § 75 Abs. 1b SGB V (s. meinen Post oben).

    Das dürfte auch viele Ärzte im Bereich KV-Bereitschaftsdienst betreffen. Hier gibt es ja auch etliche Ärzte, die sich so ihren Lebensunterhalt verdienen, ohne eine eigene Praxis zu betreiben.

    Nein, betrifft es nicht. Der kassenärztliche Notfalldienst ist eine kassenärztliche und damit selbständige Tätigkeit. Genau aus diesem Grund ist auch der Notarztdienst in Bayern - soweit ich das erkennen kann - von der Problematik "Scheinselbständigkeit" ausgenommen, da dort von der Regelungsmöglichkeit in § 75 Abs. 1b SGB V Gebrauch gemacht wurde, sodass auch der Notarztdienst unter den kassenärztlichen Sicherstellungsauftrag fällt.


    Im Übrigen hat das BSG - wenn es sich um eine Nichtzulassungsbeschwerde handelte - das Urteil des LSG Mecklenburg-Vorpommern nicht inhaltlich geprüft oder bestätigt. Es hat in diesem Fall nur das Vorliegen von Revisionszulassungsgründen (Abweichung von BSG-Rechtsprechung, grundsätzliche Bedeutung oder Verfahrensfehler) verneint.

    Ich stelle nicht in Abrede, dass die SQR eine wichtige Rolle bei der Qualitätssicherung spielen kann, obgleich ich mir eine größere Unabhängigkeit wünschen würde. Die Aufgabe der SQR ist aber eine landesweite Betrachtung bestimmter Qualitätsmerkmale. Um die Frage zu beantworten, ob z.B. Patient X im Rettungsdienstbereich Y lege artis behandelt wurde, ist die SQR nicht gegründet worden. Eine Entscheidungsbefugnis im Sinne eines Weisungsrechts hat sie im Übrigen auch nicht. Es fehlt nach wie vor an einer Planungsebene, welche die durch die SQR gelieferten Daten mit den konkreten Verhältnissen im Rettungsdienstbereich abgleicht und ggf. an den erforderlichen Stellschrauben dreht.

    Es bleibt dabei, dass die Grundproblematik im baden-württembergischen Rettungsdienst das Konstrukt der Selbstverwaltung ist. Diese führt dazu, dass bei der gesamten Planung des Rettungsdienstes (nicht nur der Vorhaltung!) eine verengte Sicht auf das Thema Hilfsfrist stattfindet. Denn die Arbeit mit dieser Größe ist am "einfachsten". Es gibt jedoch neben der Hilfsfrist viele kleine Stellschrauben, die einen Rettungsdienst "besser" machen. Sich jedoch mit diesen vielen kleinen Stellschrauben zu beschäftigen, vermag ein Selbstverwaltungsgremium wie der Bereichsausschuss aufgrund seiner Struktur (viele Teilnehmer, 2 Sitzungen pro Jahr) überhaupt nicht zu leisten. Vielmehr bedarf es einer übergeordneten Planungsebene, die Zugriff sowohl auf die Leistungserbringer im Rettungsdienst als auch auf die Krankenhäuser und alle anderen an der Rettungskette Beteiligten hat. Zudem muss diese Planungsebene muss vor Ort zu sein, sich (werk)täglich mit dem Thema Rettungsdienst befassen und Entscheidungsbefugnisse haben. So wird vielleicht nicht unbedingt die Hilfsfrist besser, aber wir bekommen einen besseren Rettungsdienst.

    Das RDGBW hat schon in der alten Fassung (§ 3 Abs. 4 Satz 2) für die Berechnung der Hilfsfrist den Notrufeingang zugrunde gelegt, allerdings hat das Selbstverwaltungsgremium auf Landesebene (Landesausschuss für den Rettungsdienst) sich von dieser gesetzlichen Vorgabe gelöst und als maßgeblichen Zeitpunkt die Dispositionsentscheidung des Leitstellendisponenten der Hilfsfristberechnung zugrunde gelegt. Das mir bekannte Argument lautet sinngemäß, man wisse ja bei der Annahme des Notrufs noch gar nicht, ob es sich um einen Notfalleinsatz handle und deswegen sei der Dispositionszeitpunkt "sinnvoller". Hier hätte m.E. die zuständige Aufsichtsbehörde eingreifen müssen, da es nicht darauf ankommen kann, was ein Selbstverwaltungsgremium für sinnvoller hält, sondern maßgeblich ist, was der Gesetzgeber geregelt hat. An diesem Beispiel sieht man m.E. sehr gut, warum im Rettungsdienst ein Selbstverwaltungssystem nicht sachgerecht ist. Denn der Bürger kann sich gegen solche Entscheidungen nicht zu Wehr setzen. Wenn er einen RTW benötigt, ist es zu spät für eine Klage oder ein gerichtliches Eilverfahren. Anders ist die Situation demhingegen im Selbstverwaltungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung. Wenn hier das zuständige Selbstverwaltungsgremium entscheidet, dass eine bestimmte Leistung nicht zu erbringen ist, steht dem Bürger der Weg zu den Gerichten offen; ggf. im Rahmen eines Eilverfahrens.

    Ja, auch ich halte die Gabe von Btm durch Notfallsanitäter oder Rettungsassistenten für unzulässig. thh hat ja dezidiert die Gründe hierfür dargelegt. Was mich allerdings bei der Lektüre einiger Posts sehr nachdenklich stimmt, ist die Tatsache, dass bei selbst angenommener Verbotenheit eines Handelns trotzdem versucht wird genau dieses Handeln argumentativ zu rechtfertigen. Natürlich ist es einfacher ein gesetzliches Verbot zu ignorieren und das zu tun was man selbst für "das Richtige" hält, allerdings ist dies nicht nur ein sehr gefährlicher Weg, sondern er zeugt auch von einer gewissen Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze. Der bei weitem anstrengendere Weg eine gesetzliche Änderung herbeizuführen ist es natürlich die politisch Verantwortlichen von einem Änderungsbedarf zu überzeugen. Diese Mühe sollte sich aber jeder machen, der vorgibt nur im Sinne des Patienten zu handeln.

    Aus meiner Sicht ist es ein fundamentales Missverständnis, dass mit dem NotSanG ein ÄLRD irgendeine medizinische Maßnahmen "freigeben" könnte. Hierzu bedürfte es einer gesetzlichen Grundlage, die in keinem Bundesland existiert. Aus diesem Grund stellt sich auch die Frage wie man eine zulässige eigenständige Handlungsmöglichkeit für die Notfallsanitäter "konstruieren" kann. Hier erscheint mit in der Tat der Weg über eine sektorale Heilpraktikererlaubnis die Beste Option zu sein.

    Richtig. Daher haftet angeblich in BaWü ja auch voll der Arbeitgeber für Fehler des RD Personals. Also auch des zukünftigen Notfallsanitäter.

    Nicht nur angeblich... OLG Stuttgart v. 2.2.2014 - Az. 1 W 47/03:
    "Die rettungsdienstliche Tätigkeit in Baden-Württemberg nach den Bestimmungen des BadWürttRDG ist privatrechtlich zu beurteilen. Im Hinblick auf die vorrangige Trägerschaft privater Organisationen und die nur subsidiäre Zuständigkeit des Staates (Landkreise und Stadtkreise) ist im Regelfall des § 3 Abs. 1 BadWürttRDG von der privatrechtlichen Organisation des Rettungsdienstes auszugehen. Eine Amtshaftung des Staates besteht grundsätzlich nicht."

    Ich gehe perspektivisch von einem Fachkräftemangel im RTD aus und fürchte, dass die Struktur des RTD in BW, die sich unmittelbar in den Arbeitsbedingungen widerspiegelt, ein großes Hindernis im Werben um qualifiziertes Personal darstellen wird. Wie von Harris dargestellt, werde ich mir als Notfallsanitäter - wenn ich die Wahl habe - lieber einen sicheren und gut bezahlten Arbeitsplatz heraussuchen, bei dem (hoffentlich) auch die Weiterqualifizierungsangebote stimmen. Und einen solchen Arbeitsplatz werde ich wohl eher nicht in BW finden.

    Die aktuelle Debatte des Landtags von Baden-Württemberg zum Thema "Falsche Weichenstellung in Sachen Rettungsdienst?! Verlängert die Regierung die Hilfsfristen für Rettungskräfte, statt den Rettungsdienst strukturell zu stärken?!" findet sich hier http://www.landtag-bw.de/cms/h…63-44f2-b2c8-8c319038aa0e


    3:51/1:01:15 Min. Goll (FDP)
    13:13/1:04:17 Min. Hillebrand (CDU)
    22:10 Min. Filius (Grüne)
    31:54 Min. Funk (SPD)
    41:50 Min. Innnenminister Gall (SPD)