Für den Patienten auf jeden Fall besser als die Ketamin-Kiste bei M1k3. Und rechtlich macht doch eh im Rettungsdienst jeder das, was er möchte.
Und schreit ganz furchtbar auf, wenn das dann in Ausnahmefällen einmal wirklich Konsequenzen nach sich zieht ...
Kann ich verstehen. Allerdings gibt es dass ja bereits in Deutschland in einigen Bereichen schon länger. Bisher ohne Konsequenzen. Also offensichtlich scheint es da für manche eine wie auch geartete Sicherheit zu geben.
Was soll auch passieren, soweit nicht im Einzelfall eine Strafverfolgungsbehörde aufmerksam wird?
In der Regel fehlt es an dieser Kenntnis, und selbst wenn jemand in einem Bezirk, wo so gearbeitet wird, darauf aus der Zeitung o.ä. aufmerksam wird, wird er vermutlich besseres zu tun haben, als sich dienstlich damit befassen zu wollen; ich könnte mir sogar vorstellen, dass auch unkonkret bleibende Strafanzeigen nicht zu Ermittlungen führen sondern eher zu einer Erledigung à la "mag strafbar sein, aber jedenfalls wurde kein Einzelfall konkretisiert, man weiß also gar nicht, ob der Algorithmus schonmal angewandt wurde". Abgesehen davon sind die Kenntnisse der Strafverfolgungsbehörden zum medizinisch-pharmazeutischen Umgang mit BtM in der Breite nicht sehr vertieft; die Spezialdezernate und -abteilungen für Betäubungsmitteldelikte bei Polizei und Staatsanwaltschaft beschäftigen sich im wesentlichen mit, flapsig gesprochen, Junkies und Dealern, und auch in arztstrafechtlich ausgerichteten Dezernaten (so es sie denn überhaupt gibt) liegt der Schwerpunkt sicherlich nicht dort.
Insofern spricht eine weitere Verbreitung nicht für die Legalität des Tuns. Das kennt man doch von der Substitutionstherapie für Drogenabhängige; da werden regelhaft Vorschriften des BtMG missachtet, und mancherorts sind da Sitten eingerissen, die nun auch nicht mehr ansatzweise mit dem Gesetz vereinbar sind, obwohl dort in der Regel ein misstrauischer Blick der Polizei (und auch nicht selten eine politische Ablehnung der Substitution als Therapieform an sich) im Raume stehen. Wenn dann aber einmal ermittelt wird und die Konsequenzen gerade für gravierende Verstöße dann massiv sind, ist der Aufschrei - auch und gerade in der Ärzteschaft - groß. Im "normalen" medizinischen Umgang mit BtM ist das nicht besser; es fällt nur noch sehr viel weniger auf, weil weder Todesermittlungsverfahren einen Ansatzpunkt bieten, bei dem eine sehr "flexible" Praxis mit Substituten auffällig werden kann, noch Gerüchte auf der Szene laut werden. Das macht eine illegale Vorgehensweise aber noch nicht legal, und man sollte nie aus den Augen verlieren, dad gerade das BtMG von strafbewehrten (!) Verboten nur so starrt, und die Konsequenzen von Verstößen zudem oft massiver sind als anderswo.
Ein ganz simples Beispiel ist die Verschreibung von BtM (bspw. Schmerzpflastern) auf Bitten von Angehörigen, ohne den Patienten je selbst gesehen zu haben. Ich bin mir sicher, das ist nicht ganz selten - aber es fällt eben nie auf. Wie auch? Wenn nun aber Abhängige sich dieser Flexibilität bedienen, um die erlangten BtM selbst zu konsumieren oder auf der Szene zu verkaufen, dann kann das irgendwann einmal auffallen, und sei es, wenn bei der Krankenkasse ein Schwellenwert durch die immensen Verschreibungen (die dann ja in der Regel bei vielen Dutzend Ärzten parallel erschlichen werden) getriggert wird. Und irgendwann fällt das dann auf die Ärzte zurück, die sich dann wegen der "lockeren" Verschreibungspraxis verantworten müssen, und ja, da geht es dann in der Regel um mehr als 90 Tagessätze, d.h. eine Vorstrafe, die im "Führungszeugnis" erscheint, um - aufgrund des Einkommens - hohe Beträge (mehr als drei Nettomonatseinkommen), und zudem ggf. um Probleme mit der Ärztekammer, der Approbationsbehörde und der Aufsichtsbehörde für den Betäubungsmittelverkehr. Das bleiben aber Zufallstreffer in einem ganz, ganz großen Dunkelfeld.
Ein anderer "Dauerbrenner" sind die einzelnen Btm (Morphintabletten, Schmerzpflaster), die dem Patienten beim Hausbesuch "dagelassen" (oder bei der Entlassung aus der Klinik "mitgegeben") werden, um bspw. bei einem Besuch im Ärztlichen Bereitschaftsdienst am Samstag die Zeit bis zum Montag zu überbrücken. Klar unzulässig, klar strafbar, aber fällt fast nie auf und - da bin ich auch nach persönlichen Gesprächen mit vielen Ärzten sicher - durchaus weit verbreitet.
Es ist eben nur blöd, wenn's einen dann mal erwischt.
Und ich finde dort keinen Passus, dass ein BTM ausschließlich durch einen Arzt verabreicht werden darf. Zumindest ist mir keiner erinnerlich. Oder ich habe ihn übersehen.
Btm dürfen nur durch Ärzte verordnet und nur im Rahmen einer ärztlichen Behandlung verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden; sie dürfen nur durch Apotheker und nur auf Verschreibung in der Apotheke abgegeben werden (§ 13 Abs. 1 und 2 BtMG). Zudem muss die Verordnung, Verabreichung, Verbrauchsüberlassung ärztlich begründet sein - das erfordert eine Behandlung nach dem Stand der ärztlichen Wissenschaft, also lege artis - und der ultima-ratio-Klausel gehorchen.
Eine "ärztliche Behandlung" erfordert schon vom Wortlaut her einen Behandlung durch einen Arzt, kann also eine Vergabe von BtM ohne unmittelbare Delegation nur rechtfertigen, wenn der Arzt die Behandlung des Patienten begonnen hat. Unabhängig davon ist es unumstritten, dass eine Behandlung mit BtM nur dann lege artis ist, wenn ihr eine Untersuchung und Befunderhebung durch den behandelnden Arzt zugrunde liegt. Eine Befunderhebung durch RettAss/NFS, die telefonisch an einen Arzt weitergegeben wird, der den Patient nie gesehen hat, der daraufhin Verordnungen trifft, ist - jedenfalls dann, wenn es um die Anwendung von Btm geht - keine ärztliche Behandlung, die dem Stand der ärztlichen Wissenschaft entspricht.
Als das BtmG. geschrieben wurde, gab es noch keine injektionswütigen Nicht-Ärzte. Deshalb kann man die Intention des BtmG. in meinen Augen dafür gar nicht heranziehen. Schon gar nicht unter medizinischen Aspekten.
Das BtMG regelt - auch wenn es der Ärzteschaft oft nicht passt - auch den therapeutischen Einsatz von Btm, und zwar - besonders, aber nicht nur im Bereich der Substitution - durchaus ungewohnt eng; zudem sind die Verbote auch umfassend strafbewehrt. Mögen die Regelungen des BtMG aus medizinischer Sicht auch wenig sinnvoll, ja teilweise kontraproduktiv sein, zu beachten sind sie deshalb nicht weniger.