Überschrift: Stellungnahme des Rettungsfachpersonals zur Umsetzung des Referentenentwurfs eines Gesetzes über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters (NotSanG)
Stellungnahme:
Das unterzeichnende Rettungsfachpersonal (Rettungssanitäter und Rettungsassistenten) möchte das Bundesministerium für Gesundheit, die Bundesregierung und die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland darauf aufmerksam machen, dass es die Abwertung der Arbeit des Rettungsfachpersonals, wie sie zur Zeit durch einige ärztliche Verbände oder Organisationen in Stellungnahmen bezüglich des geplanten Notfallsanitätergesetzes betrieben wird, für nicht statthaft und
einer sachlichen Diskussion für nicht zuträglich hält. Stellungnahmen der ärztlichen Verbände, die darauf abzielen, eine eigenständige Versorgung durch
Rettungsdienstpersonal als Gefährdung des Patienten darzustellen, verkennen sowohl die jetzige Situation, in der bereits heute die überwiegende Anzahl
aller Notfallpatienten ohne Notarzt versorgt wird, als auch die Intention des Notfallsanitätergesetzes. Bundesweit übernimmt qualifiziertes Rettungsfachpersonal
täglich die erste eigenständige notfallmedizinische Versorgung von Patienten mit Verletzungen oder Erkrankungen und versorgt diese Patienten auf einem sehr hohen Niveau. Rettungsassistenten sind durch die derzeitige Gesetzeslage jedoch oft in einer rechtlichen Zwickmühle, da sie bei Notfallpatienten erlernte - auch invasive - Maßnahmen durchführen müssen, um ihrer Garantenstellung gerecht zu werden und keine unterlassene Hilfeleistung zu begehen, hierbei aber ggf. gegen das Heilpraktikergesetz verstoßen. Durch die derzeit im Rahmen der Novellierung des Rettungsassistentengesetzes geplante Ausbildung zum Notfallsanitäter wird künftig die notfallmedizinische Versorgung durch das Rettungsfachpersonal weiter verbessert und damit nach langer Zeit der Rechtsunsicherheit ein besseres gesetzliches Fundament für deren Handeln geschaffen. Zusätzlich ist die längere Ausbildung nötig, um das zukünftige Personal besser auf das inzwischen deutlich breitere Arbeitsspektrum und die Anforderungen der Zukunft vorzubereiten und damit auch weiterhin eine Notfallversorgung auf hohem Niveau zu gewährleisten.
Begründung
In Stellungnahmen zum Referentenentwurf des Notfallsanitätergesetztes (NotSanG) sprechen sich ärztliche Organisationen und Verbände gegen Teile des
Ausbildungszieles der künftigen Notfallsanitäter aus. Sie begründen dies damit, dass durch die vorgesehenen zu vermittelnden Kompetenzen eine Abkehr vom
hierzulande praktizierten Notarztsystem zu befürchten sei und es dadurch (und durch die teils eigenständige Versorgung von Notfallpatienten
durch Notfallsanitäter) zu einer Gefährdung der Patienten und einer Verschlechterung des Systems insgesamt kommen werde. Dabei wird auch auf die, im
Vergleich zu einem Medizinstudium, nur dreijährige Ausbildungsdauer und die geringere Zugangsvoraussetzung "Realschulabschluss" verwiesen.
Diese Aussagen sind standespolitisch motiviert und nicht zu belegen.Sie beziehen die vorherrschenden und zukünftigen Herausforderungen der präklinischen
Notfallversorgung nicht mit ein und spiegeln nicht den aktuellen Stand der Wissenschaft wider.
Ein Blick in die Nachbarländer (Tschechische Republik, Dänemark und Schweiz) zeigt bereits, wie reibungslos ähnlich dem "Notfallsanitäter" ausgebildetes Personal zusammen mit Notärzten arbeitet und dabei auch invasive Maßnahmen durch Rettungsfachpersonal ergriffen werden, ohne dass die Patientensicherheit darunter leidet oder eine Abschaffung des Notarztsystems droht. Daher ist die Darstellung der künftigen notfallmedizinischen Versorgung durch Notfallsanitäter als Gefahr für die Patienten - und damit für die Allgemeinheit - nicht hinnehmbar. Sie schadet dem Bild des Rettungsfachpersonals in der Öffentlichkeit und dem deutschen Rettungsdienst insgesamt.
Weiteres zum NotSanG
Die Versorgungsstandards im Rettungsdienst dürfen sich nicht länger an örtlichen Begebenheiten oder gar der Stellungnahmen von Interessensgruppen orientieren, sondern sollten bundeseinheitlich in einer Fachkommision festgelegt und ständig fortgeschrieben werden.
Das unterzeichnende Rettungsfachpersonal unterstützt die Initiative des BMG zur Zulassung des künftigen Berufsbildes "Notfallsanitäter" als Heilberuf um dazu
beizutragen, die Versorgung der Bundesbürger auf dem aktuell hohen Niveau auch in Zukunft sicherzustellen.
Die neue Bezeichnung als "Notfallsanitäter" und die Erweiterung auf eine dreijährige Ausbildungsdauer unterstützen wir ausdrücklich.
In dünn besiedelten Gebieten ist es schon seit Jahren nicht mehr möglich, alle Notarztstandorte durchgehend zu besetzen. Teilweise kann dies nicht einmal durch die immer weiter steigenden Honorare sichergestellt werden. Auch in größeren Städten und Gemeinden im gesamten Bundesgebiet hält dieser Trend Einzug.
Um den Rettungsdienst auch künftig bezahlbar zu halten, die Qualität der Notfallversorgung bundesweit zu verbessern und die Zahl der Fehl- und Überalarmierungen (Notarzt wird alarmiert, obwohl nicht zwingend benötigt) zu senken, ist eine Festlegung von Kompetenzen durch den Gesetzgeber unbedingt erforderlich.
"Wenn wir es nicht schaffen, die notwendigen Veränderungen schon jetzt in die Wege zu leiten, werden wir die Qualität unserer Versorgung zukünftig nicht mehr aufrechterhalten können. Es gilt, heute die Weichen zu stellen, um nachhaltige Lösungen für morgen zu finden." (Fachkräftemangel - Stationärer und ambulanter Bereich bis zum Jahr 2030; PricewaterhouseCoopers AG)
Im Namen aller Unterzeichner