Als Beispiel würden mir aus meinem Arbeitsbereich die "Pain Nurses" einfallen oder speziell ausgebildete Arthelferinnen, die gerade im ländlichen Bereich den Hausarzt entlasten sollen. Ich komme gerade nicht auf den Namen. Allerdings muß ich dazu sagen, daß die Gesamtverantwortung auch im Bereich des Arztes liegt und sich die meisten Dinge auf der Delegationsebene abspielen.
Im kleineren Bereich finden wir z.B. die Zustimmung der anästhesiologischen Fachgesellschaften, den PDK durch entsprechend eingewiesene Personen (z.B. Hebammen) selbstständig bestücken zu lassen.
Optiker dürfen selber eine Brille verschreiben, nichtärztliche Psychotherapeuten eine Psychotherapie. Das war vor einigen Jahren auch anders. Ähnliche Veränderungen gab es auch im Bereich der ambulanten Physiotherapie.
Zu den Hebammen: Meines Wissens nach sind Hebammen oder Geburtshelfer die einzigen, die per Gesetz eine (geplante) Geburt durchführen und begleiten dürfen. Ihr Wirkungsbereich und die Verantwortung endet lediglich dort, wo entsprechende Pathologika hinzukommen. Erfahrungsgemäß beklagt man sich dann auch nicht über die Anwesenheit es Gynäkologen.
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Darf ich mir einen Punkt, den der Hebammen raussuchen und den Rets kurz abhandeln?
1) Soweit ich das mitbekommen habe, arbeiten diese rein auf Delegationsbasis. Der Lehrgang, zumindest der den ich aus Hamburg kenne ist aber auch minimal (4-5 Tage)
und bei AGNES will ich lieber kein Fass aufmachen. Das ist ja alles eher der Bereich Heimpflege, den Ärzte vorher auch noch nicht betrieben hatten, und die wird ja auch von Ärzteverbänden nicht unbedingt einhellig begrüßt...
2) Da sind wir witzigerweise liberaler als z.B. in Großbritannien
So jetzt zu den Hebammen, also wenn Hebammen die Verantwortung für unkomplizierte Schwangerschaftsverläufe alleine hätten, gäbe es solche Projekte wie die Hebammengeleiteten Kreissäle vermutlich nicht. Das was ich von in Unikliniken und anderen Klinken arbeitenden Hebamen höre geht auf jeden Fall in eine ganz andere Richtung.
Natürlich wird auch diese Diskussion sehr emotional geführt. Aussagen wie, dass die Leitung der Geburten durch Ärzte im Kreissaal zu absurd hohen Sektioraten führt sind natürlich etwas zu platt.
Meiner Meinung nach spielen da auch soziologische Veränderungen in unserer Gesellschaft, die die Gesamtwahrnehmung des Geburtsverlaufs betreffen eine Rolle) Dennoch kann man Untersuchungen, die zu dem Ergebnis kommen, das Hebammengeleitete Einrichtungen niedrigere Komplikationsraten haben als die Gesamtzahl der unkomplizierten Geburten in Krankenhäusern nicht einfach von der Hand weisen (https://www.gkv-spitzenverband…Geburten_GKV-SV_18221.pdf)
// Abwägen muss man aber, dass sich unterschiedliche "Klientele" in Krankenhäuser und in Geburtshäuser begeben, Studie wurde von Hebammenvertretungen in Auftrag gegeben etc. pp.
Was läuft also anders?
Und ich stimme dir natürlich zu, dass sich kaum eine Hebamme bei pathologischen Geburtsverläufen über die Anwesenheit eines Arzts wehren wird. Aber die Deutungshoheit, was pathologisch ist und was nicht unterliegt im Krankenhaus eben dem Arzt. Definitv in der Praxis. Oder jede Hebamme, mit der ich mich über dieses Thema unterhalten hat, hat mich angelügt
Kritisiert wird dabei dann, dass Dezelerationen und andere CTG Befunde, deren empirische Aussagekraft über Minderversorgung mit Sauerstoff inzwischen maximal angezweifelt werden, sofort ins Raster einer komplizierten Geburt fallen und damit zu unnötigen Sektios mit negativen Folgen für Mutter und Kind (Quelle hierzu [align=-webkit-auto]Patricia Gruber, Katrin Oehler, Christiane Schwarz und Stahl Katja; Schwarz Christiane; CTG - verstehen, bewerten, dokumentieren)
Um das ganze abzurunden, die Hebammenverbände kämpfen seit Jahren für eine Akademisierung Ihrer Zunft. Was zum Verstehen von oben angesprochenen Zusammenhängen bestimmt auch notwendig ist. Dies geht z.B. im Gesundheitscampus in Bochum. Die Reaktion vom Ärztepräsidenten von Westfalen-Lippe auf diesen Gesundheitscampus war übrigens, dass man solches "akademisierte Proletariat" nicht braucht.
Kurzum: Auch in diesem Bereich gibt es viele Äußerungen von Ärzteverbänden, die vornehmlich der berufspolitischen Besitzstandswahrung dienen und dem Interesse des Patienten nicht unbedingt dienlich sind. Hab ich das einigermaßen schlüssig vorgetragen?
Ciao,
Madde