Ich bin doch überrascht, wie viele sich hier über den PJ'ler stellen, ihn als dumm bezeichnen. Genau das ist es, was eine vernünftige Fehlerkultur NICHT ist. Aus meinem Hauptberuf als Fluglotse kenne ich eine richtige Fehlerkultur. Beinahe täglich reden wir mit Kollegen über Situationen, die sie entweder selber erlebt haben oder von einem anderen Kollegen erzählt bekommen haben. Ich habe es noch nie erlebt, selbst wenn es z.B. zu einer Annährung zwischen zwei Flugzeugen kam, dass wir über den Kollegen geurteilt hätten oder ihn und seine arbeit schlecht geredet haben. Wir reden darüber, weil wir uns dadurch einen Lernprozess erhoffen.
Ohne Frage kommt man hier und da auch zum dem Schluss, dass der Kollege einen Fehler begangen hat, eine Situation falsch eingeschätzt hat. Aber die Frage geht dann dahin: Wie kam es dazu? War der Sektor überlastet? Wenn ja, warum? War eine Tendenz der Sektorüberlast bereits zu erkennen und wenn ja, wie können wir uns in Zukunft davor schützen?
Wir haben anonyme Meldesysteme, in denen wir Dinge melden können, damit Verfahren sicher gemacht werden können. Regelmäßig gibt es Safety Letter, die auf eine neu aufgetretene Gefahr hinweisen.
Als es beim Frankfurt Tower zu einer echt knackigen Annäherung zwischen einem durchstartenden A380 und einem startenden A320 kam, kam von Außerhalb der Ruf nach der Suche nach dem Schuldigen. Intern wurde geguckt: Woran lag es, wie verhindern wir es. Und wieder hat sich gezeigt, dass nicht ein einzelner Fluglotse oder Pilot für so etwas verantwortlich gemacht werden kann, sondern viele viele Faktoren mitspielten. Der Mensch ist nur das letzte Glied in der Kette. Schade, dass wir diese Person in der heutigen eigentlich so entwickelten Gesellschaft trotzdem immer noch hängen sehen wollen.
Über die Sachlage zu urteilen und sie zu beurteilen, dafür ist dieses Forum. So wie Schumzel es geschrieben hat. Damit wir davon lernen. Über den Menschen zu urteilen und ihn zu bestrafen: Dafür gibt es Gerichte.
Leider ist es in unserer Gesellschaft ganz hoch angesehen, ständig und ununterbrochen über andere Menschen zu urteilen, ihnen ihre Fehler vorzuwerfen , vermutlich um sich selber besser zu fühlen oder so. Ich weiß es nicht. Wie selten hört man mal: Das kann ich nicht beurteilen, da müsste ich mir erst einlesen. Oder: Die Person kenne ich nicht. Kann ich daher nicht beurteilen, ob der dumm ist". Nein, man bedient sich lieber Halbwahrheiten, Hörensagen, der Gruppendynamik und natürlich dem eigenen Schubladendenken. Es ist ja auch so schön einfach.
Über den Fall, wie er passiert ist kann ich urteilen und vor allen Dingen: Kann ich etwas lernen. Über den Menschen jedoch nicht. Dafür haben wir die Justiz.