Beiträge von max skinner

    Frage zu Privatpatienten: Wie ist das gemeint?


    Sind das Leute ohne Versicherung oder Menschen mit privater Versicherung die Behandlungskosten selbst bezahlen, sie dann bei einreichen und erstattet bekommen?


    (OT: In Deutschland herrscht doch auch Versicherungspflicht, es gibt nur viel mehr private Versicherungen und man muss nicht bei der gesetzlichen Krankenkasse sein!? In Ö ist es nämlich genau anders rum, als Arbeitnehmer muss man (in der Regel) bei den gesetzlichen Kassen sein, man kann aber für verschiedenste Dinge (freie Arztwahl, Einzelzimmer) eine Zusatzversicherung abschließen, solche Patienten heißen dann "Sonderklasse-Patienten". Alle anderen sind die "Allgemeine Gebührenklasse".)

    Ich schnalle mich eigentlich immer an wenn ich in Fahrtrichtung sitze, wenn ich allerdings am Betreuersitz gegen die Fahrtrichtung sitze (wenn wir 2 Kollegen beim Patienten sind) schnalle ich mich seltener an. Mir fällt das selbst auf aber irgendwie vermittelt der Sitz gegen die Fahrrichtung ein Gefühl von Sicherheit ;)

    Das stimmt nicht:


    Bei der Berufsrettung gibt es keine Ehrenamtlichen. Sie haben ein paar Zivildiener, aber von denen wird nur ein geringer Anteil als Sanitäter eingesetzt.


    Du erinnerst dich an eine Doku über den ASB Wien - dort war der Fahrer Ehrenamtlich. Der ASB ist aber nicht die Berufsrettung.


    Bei den Hilfsorganisationen sieht es so aus, dass 2 hauptamtliche NFS zusammen mit einem RS einen RTW besetzten. Um den Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten ist der RS in der Regel ein Zivildiener. Ehrenamtliche können sich aufs Auto melden und dabei jede Position einnehmen (sofern sie Organisationsintern dafür qualifiziert sind (Der Transportführer muss immer NFS sein)).


    Bei all dieser Aufregung geht es ausschließlich um die Berufsrettung - Ehrenamtlichkeit spielt in der Diskussion überhaupt keine Rolle.

    Das sind die Grenzfälle.


    Bei uns kommt der Rucksack immer mit zum Patienten. Daher sollte der CO Melder auch immer in Stiegenhäusern, Wohnungen etc mit dabei sein. Wenn man sich mal vom Rucksack entfernt sieht es anders aus, kommt aber praktisch nie vor.


    Aber du hast natürlich recht, am Mann wäre es besser.


    Man könnte unsere Melder auch am Mann tragen (es ist uns freigestellt, verlieren sollten wir sie halt nicht) aber das tut praktisch niemand. Das Gerät nervt einfach - ich weiß das ist kein sinnvolles Argument, aber ich habe sowieso schon genug in meinen Taschen ;)

    Über 4 Quellen:


    1. Die Gemeinden müssen für den Rettungsdienst sorgen. Wien leistet sich eine Berufsrettung (Gemeindebeamte, im wesentlichen mit der Feuerwehr gleichgestellt). Andere Gemeinden schließen Verträge mit einem anerkannten Rettungsdienst (>80% der Gemeinden das RK) ab. In Wien arbeiten die HiOrgs als "Subunternehmer" der Berufsrettung und müssen sich entsprechend an die (hohen) Vorgaben halten. Notarztmittel werden von den Ländern relativ fürstlich entlohnt, die haben wenig Geldsorgen und sind meist ziemlich modern unterwegs. Flugrettung analog vom Bund. Die Entlohnung erfolgt nach einem Betrag pro Einwohner, dieser Betrag wird vom land festgelegt. Gemeinden müssen pro Einwohner also Hausnummer 3€ für den Rettungsdienst bezahlen - das ist nicht viel (kommt aufs Bundesland an, aber so 7-10€ sind das höchste der Gefühle). Aber es herrscht Vertragsfreiheit - wenn sich niemand findet muss die Gemeinde Geld drauf legen - daher gibts auch Kritik an den "Rosinenpickern" (Private). In Ballungsgebieten gibt es großes Angebot, das RK braucht die Ballungszentren aber auch um die schwachen Gebiete quer zu finanzieren...


    2. Pro Einsatz gibt es Geld von den Krankenkassen, die Tarife sind sehr unterschiedlich und reichen von 30€ pro Einsatz (bis 20km Fahrtstrecke, dann gestallelt mehr) bis zu ca 110€ Pauschale in Wien. Für Notarzteinsätze gibt es mehr.


    3. Querfinanzierung durch Krankentransporte - erst diese halten das System am laufen. In Wien bringen sie richtig Geld, der Rettungsdienst ist das "Hobby" um die Ehrenamtlichen bei Laune zu halten (nur KTW fahren wäre ja wirklich faad). Am Land lässt es sich durch MZF nicht klar trennen, aber es sorgt für die Auslastung und deckt die Fixkosten.


    4. Spenden - nicht zu unterschätzen! Manche Firmen (und gelegentlich Privatpersonen) spenden ganze RTW! Es gibt Bausteinaktionen, etc...


    Es geht weiter:


    Die Wahl des Systems hängt in Wirklichkeit Fond er einzelnen Gemeinde ab. Mehrheitlich wird ein MZF-System gefahren, wobei die Autos näher an KTW als an RTW sind. Von der Qualität muss man von Organisation zu Organisation und von Bezirk zu Bezirk unterscheiden. Beim Roten Kreuz wird ja relativ demokratisch gewählt, es gibt motivierte Kommandos die in die Qualität von Material und Personal investieren, andere kümmert nichts. Und in manchen Bundesländern wurde (Rotes Kreuz Oberösterreich) im Jahr 2013 Blutzuckermessung und Pulsoxymetrie als große Innovation eingeführt (Der ASB dort hat es schon Jahre gemacht, aber die stellen maximal 5-10% des Rettungsdienstes). Ich bin in der JUH verwurzelt, wir haben überall gescheite Autos und Sanis die "was dürfen"- aber wir sind auch wirklich ein unwesentlich kleiner Player in Österreich.


    Man muss allerdings auch die rechtliche Seite betfachen: Wir gehen mal vom NFS aus: Der darf Notfallpatienten betreuen und alle gängigen Geräte bedienen - über EKGs und co gibts eigentlich keine Diskussion. Die Interpretation lernen Sanis nicht überall, in Wien ist es obligatorisch, aber nicht überall. Diskutiert wird Masken-CPAP - nach herrschender Meinung dürften Sanis sie anwenden. Der NFS darf die Medikamente der Arzneimittelliste 1 eigenverantwortlich ohne Verständigung eines Notarztes verabreichen. In Wien beinhaltet diese Liste Aspirin beim Brustschmerz, ein Beta-2 Sympathomimetikum beim Bronchospasmus (bei der JUH haben wir Berodualin das wir über Verneblermaske geben, aber andere Organisationen haben auch Sprays) und das klassische Nitrospray bei der Hypertensiven Krise und beim kardinalen Lugenödem.


    Darüber hinaus gibt es die Zusatzkompetenz NKA, da kommen weitere Medikamente dazu: Bei uns etwa der Epi-Pen, Naloxon, Benzos beim Krampfanfall (5mg bei Kindern oder 10mg bei Erwachsenen, Rektiole oder MAD - aber nicht i.v.), Adrenalin und Sedacoron nach dem ERC Algorithmus. Die Arzneimittelgabe ist in SOPs geregelt (wer die haben möchte - PM). Dann gibt es noch die NKV, mit der darf man Zugänge legen und kristalline Infusionslösungen verabreichen (Mancherorts waren kolloidale erlaubt). Die NKI gibt in Wien flächendeckend, sie erlaubt endotracheale Intubation in einer Reanimationssituation.Für alles in diesem Absatz muss ein Notarzt verständigt werden, in Wien bedeutet das den Journalarzt anzurufen. Am Land ist es mit alarmieren gleichzusetzen.


    Mehrheitlich werden RS in der Notfallrettung eingesetzt, die rechtliche Konstruktion ist interessant: Es wird die Meinung vertreten, dass die RS lediglich die Zeit bis zum Eintreffen des NA überbrücken - das dürfen sie auch. Die eigentliche Betreuung erfolgt dann durch den NA, die Assistenz darf auch der RS (daher kann der NFS mit dem NEF hinterherfahren).


    Wirklich ausjudiziert wurde das noch nie - but who cares...


    Eine "Notkompetenz" wie in Deutschland gibt es bei uns übrigens nicht. Man darf was man darf, alles andere ist schwierig. Es gibt natürlich auch im Verwaltungsstrafrecht Dinge wie den rechtfertigenden Notstand - aber das wäre sehr schwierig, vor allem da kaum jemand die nicht erlaubten Maßnahmen auch wirklich lernt. Ausnahmen maximal bei Pflegern, Medizinstudenten - oder aber bei Sanis die bei mehreren Organisationen fahren. Wenn es bei der einen erlaubt ist und bei der anderen nicht könnte man bei harter Indikation mit Notstand argumentieren.


    Was auf diesen Listen stehen soll/muss ist nicht klar. Die Chefärzte machen das mehr oder weniger nach Lust und Laune. Inwieweit eine Haftung für unzureichende Freigaben besteht ist unklar (ich beschäftige mich grade damit, geht aber zu weit). Letztendlich würde ich vertreten, dass sich die Listen nach dem Stand der Wissenschaft und Technik richten müssen (unter Beachtung des Ausbildungsstandes). Das grenzt das Ganze relativ ein, es gibt allerdings auch Verrückte in Österreich die nichts freigeben und das legen von Zugängen per Dienstanweisung verbieten. Gegen diese Chefärzte muss es eine Handhabe geben... Mal sehen ;)


    Habt ihr noch Fragen? Ich könnte Romane über das Rettungswesen schreiben - was interessiert euch?

    Ich schreibe später gerne mehr dazu:


    Der Beruf ist im Sanitätergesetz bundeseinheitlich geregelt. 9 Landesgesetze regeln die Vorhaltung der Rettungmittel, deren Ausstattung etc. Die Länder sind für den Notarztdienst zuständig, die Gemeinden für den Rettungsdienst (Vollzug der Landesgesetze). Der Bund beauftragt die Flugrettung (diese wurde vor kurzem Europaweit ausgeschrieben).


    Das Gesetz definiert 2 1/2 Ausbildungsstufen: Rettungssanitäter, Notfallsanitäter und 3 Notfallkompetenzen die der NFS nach abgeschlossener Ausbildung erwerben kann.


    Das Gesetz definiert weiters die Tätigkeitsbereiche, im wesentlichem ist dem NFS die Betreuung von Notfallpatienten vorbehalten. Dies sind solche Patienten, die sich in Lebensgefahr befinden oder bei denen eine drohende Lebensgefahr nicht auszuschließen ist ("kritisch erkranke oder verletzte Personen"). Der RS ist auf Maßnahmen der Sanitätshilfe und der lebensrettenden Sofortmaßnahmen beschränkt. Notfallpatienten darf er nicht betreuen, lediglich die Zeit bis zum Eintreffen des Notarztes überbrücken.


    Das System wird tagsüber unter der Woche im wesentlichen von Hauptamtlichen aufrechterhalten, in der Nacht und am Wochenende von Ehrenamtlichen. In Ballungszentren und in Wien sieht es anders aus. Wien hat als einzige Stadt eine Berufsrettung. Dazu später mehr, muss los....

    Nur so nebenbei: wie dosiert man L-Adrenalin? Bei allen Indikationen doppelt so hoch wie das normale Adrenalin (weiß gerade die Konfiguration nicht)?



    Bei uns werden einfach 10ml (=1mg) als Bolus gegeben, danach wird gespült (Infusion stärker aufgedreht).


    Falls uns mal das L-Adrenalin ausgeht haben wir noch 1mg/1ml Ampullen im Kühlschrank des RTW - diese würden wir mit Nacl auf 10ml verdünnen und so wie das L-Adrenalin geben.