Das sind dann Häuser die problemlos 6-12 Schockräume in Reihe betreiben können. Warum auch nicht? Der Skaleneffekt wird auch hier massiv wirksam, von der hohen Spezialisierung und Routine der Mitarbeiter ganz zu schweigen.
Ich denke nicht, dass wir jemals solche Häuser hier haben werden, geschweige denn brauchen. Zum Glück leben wir in einem Land, in dem selbst in den schlechtestens Vierteln der größten Stadt eine Messerstecherei oder eine Schussverletzung eine absolute Ausnahme sind. Und der Verkehr ist auf dem sichersten Niveau jemals. Von daher sehe ich selbst bei einem gewissen Skaleneffekt auch in Zukunft keine derartigen Traumazentren in Deutschland. Mehr als aktuell wäre natürlich schon toll, aber mehr als 2-3 echte Schockräume wird wohl kein Haus hier jemals routiniert betreiben können.
Gleichzeitig müssen wir ambulante Versorgungskonzepte schaffen die eine ambulante Versorgung 24/7 zulassen. Sind wir ehrlich? Mind. 50% der Patienten die ich als RD in die Notaufnahme fahre wären in einer ständig erreichbaren, vernünftig ausgestatteten Notfallpraxis genauso gut aufgehoben.
Darin sehe ich auch einen Teil der Zukunft, vor allem in größeren Städten. Die strikte Trennung von ambulantem und stationären Sektor muss weg, es hilft nicht sich auf eine fiktive Trennlinie zu berufen und sich der Realität zu verweigern. Die Abklärung von semiakuten Beschwerden muss in der Zukunft im Krankenhaus angesiedelt werden, ebenso die fachärztliche Betreuung in Form von Ambulanzen. Niedergelassene Neurologen, Rheumatologen oder Gastroenterologen haben keinen Mehrwert fürs System
Weniger Kliniken mag einerseits schon ganz sinnvoll sein, aber es mangelt ja jetzt schon laufend an Intensivbetten....
Und leider hatte ich schon Patienten die mitten in einer Klage gegen Klinik xyz waren. Denen kann man ja schlecht zumuten in genau diese Klinik gebracht zu werden weil es die nächstgelegene und geeignete wäre...
Hier mangelt es zum einen an Intensivbetten, weil regelmäßig 3+ Betten wegen Personalmangel gesperrt sind, weil die Notaufnahmen keine Akutbehandlung oberhalb der Flüssigkeitstherapie leisten können und weil aus finanziellen und personellen Gründen z.B. Alkoholvergiftungen und Kopfverletzungen unter Antikoagulation 24+ Stunden auf IMC überwacht werden
Ich denke, dass größere Häuser eine bessere Staffelung der Versorgung hinbekommen und besser mit ihren Kapazitäten wirtschaften
Und entweder es handelt sich um einen Notfall, der zeitnah behandelt werden muss -> nächstgelegenes Krankenhaus oder um einen elektiven Krankentransport -> T-Schein mit Einweisung oder private Bezahlung eines KTW. Zum Glück haben wir da eine gute Rückendeckung von unserem ÄLRD, denn diese Diskussionen führen wir in jedem 2. Einsatz.
Fraglich finde ich übrigens die geforderten Fahrzeiten auch, denn hier stellt sich mir die Frage ob es da ggf. Schlupflöcher gibt bei denen dann 60 bzw. 90 Minuten ok sind oder ob es da um einen Durchschnittswert geht? Betrachtet man sich manche ländliche Region müsstes es bei einer entsprechenden Umsetzung der Pläne an einigen Standorten neue Regel oder gar Maximalversorger geben, über die folgen darf sich jeder selbst Gedanken machen.
Ich glaube nicht, dass das passieren wird. Aber aus 4 x 80 Betten in Kleinstkrankenhäusern könnte man 200 Betten in einem Zentralkrankenhaus machen, in Kombination mit einem fachärztlichen Konsiliardienst nach kanadischem oder amerikanischen Vorbild wäre so schon eine gute Versorgung in der Fläche möglich
Die Hirnblutung erst mal in das nächste Krankenhaus zu fahren finde ich übrigens weniger verwerflich, denn 1. kann man diese hier ggf. erst diagnostizieren und 2. ggf. hoffnungslose Fälle rausfiltern und somit die Fachabteilung auch etwas entlasten. Verwerflich wie die Fahrt ins nächste KH finde ich die Zeit die es bis zur Diagnose und dann für den Sekundärtransport braucht, genau diese Punkte sind es doch die tatsächlich dem Patienten schaden.
Einen Verdacht auf ICB ins nächstgelegene, ungeeignete Krankenhaus zu fahren empfinde ich als Kunstfehler und würde das auch entsprechend gerichtlich klären lassen, sollte das meinen Angehörigen jemals passieren
ob man die Brustschmerzen ohne Hebung Nicht auch in ein Krankenhaus ohne Katheter, den Verdacht auf Stroke in eine Stroke Unit ohne direkte Möglichkeit der Thrombektomie und Die unklare Bewusstlosigkeit in eine Versorgungseinrichtung mit intensiv und CT,
Dafür gibt es doch klare Leitlinien. Ein NSTEMI kann binnen 72 Stunden kathetert werden, fahre ich diesen in ein ungeeignetes Haus und verlege ihn anschließend entsteht ihm kein Nachteil. Für die Zuführung in ein Thrombektomie-Zentrum gibt es gute validierte Scores, z.B. die Los Angeles Motor Scale. Aber leider wird der Apoplex ja generell stiefmütterlich behandelt und die Diagnostik reicht bei vielen über FAST nicht hinaus. Sicherlich braucht es mehr klare Handlungsempfehlungen, welches Haus was kann und welche Symptome zwingend zu einer höheren Versorgungsstufe transportiert werden müssen. Aktuell ist da leider noch sehr viel persönliches Gusto dabei
Das ist eine Forderung die realistisch nicht zu erfüllen sein wird. Sowohl ärztliches als auch pflegerisches Personal kann sich derzeit frei aussuchen, wo es arbeiten und damit auch leben möchte. Wie attraktiv die Käffer sind, bekommen die dort gelegenen Krankenhäuser aktuell schon ganz gut mit. Ein weiterer Ausbau von Kapazitäten auf dem platten Land wird daher schlicht und ergreifend nicht funktionieren (können).
Nun, wenn man entsprechende Überkapazitäten abbaut und gleichzeitig die Ausbildung von medizinischem Fachpersonal und Ärzten erhöht, dann kann man sich das relativ bald nicht mehr ganz frei aussuchen. Natürlich sollten kleinere Krankenhäuser nicht nur die letzte Wiese sein, es muss auch aktiv etwas für die Attraktivität getan werden. Neben einer Verbesserung der Lebensqualität im ländlichen Raum stelle ich mir da vor allem finanzielle Anreize und Dienstpläne mit langen Frei-Blöcken vor. Klar, in der tiefsten sächsischen Provinz wird es weiterhin sehr düster aussehen. Aber im Großteil Deutschlands könnte das schon funktionieren
Die grüne Wiese wird auch deswegen nicht funktionieren, weil Lokalfürsten oder die Stadtbevölkerung nicht auf "ihr Haus" verzichten wollen, auch, wenn es nur 10 km entfernt aufgebaut würde und dadurch für die ganze Umgebung die Versorgung zentralisiert und optimiert werden könnte.
Das sehe ich auch als größtes Problem, dass die Politik zu viel Angst vor negativer Presse und Stimmverlusten hat. Stattdessen werden einfach die Anforderungen erhöht (G-BA-Notaufnahmenerlass) und die Vergütung verkürzt, so dass die Häuser zugrunde gehen. Das kann man dann wahlweise auf den unfähigen Vorstand oder, noch besser, auf einen privaten Konzern schieben