Beiträge von Clara Vicula

    @ Harun


    Ich möchte, um diese Frage zu beantworten, mal den Kontrast zwischen Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg erläutern.


    Rheinland-Pfalz


    Viel Fläche, viel Landbevölkerung. Die rufen den Rettungdienst oft erst, wenn es tatsächlich indiziert ist. Der RTW steht vielleicht im übernächsten Kaff, das NEF ist wahrscheinlich erheblich weiter weg. In der Pfalz gibt es seit Jahren (also auch schon zu reinen RettAss-Zeiten) ein gut funktionierendes System mit Handlungsempfehlungen. Die KollegInnen dort führen seit Jahren zum Beispiel Analgesien selbständig durch. Für Buscopan und Novalgin beim Nierenstein braucht man dort kein NEF. Da es auch nicht so viele davon gibt und die RettAss/NotSan dort meistens ganz gut alleine klarkommen, werden NEF spezifischer dann entsandt, wenn tatsächlich eins erforderlich ist. Die Notärzte sehen also in der Pfalz tatsächlich anteilig wesentlich mehr Patienten, die kritisch krank oder schwer verletzt sind, insbesondere dann, wenn sie vom RTW nachgefordert werden.


    Baden-Württemberg


    Viel hilflose, lebensunfähige Stadtbevölkerung. KTWs fahren nur gesunde Patienten. Für irgendwie kranke oder ansatzweise verletzte Personen wird ein RTW entsandt. Das geht auch nicht anders, denn wir haben zu wenige KTWs, was unter anderem dem erbärmlichen Tarif geschuldet ist, der private Unternehmer vom Geschäft abschreckt (das wird sich allerdigs nächstes Jahr ändern). Teilweise müssen KTW-Fahrten am nächsten Tag stattfinden, weil wir nicht genug haben, insbesondere nachts. Ich fahre also mit dem RTW viele Patienten, die eigentlich mit dem KTW fahren könnten. Deshalb sind die Einsatzzahlen für die RTWs hoch, unter anderem ja auch deshalb, weil viele Menschen den Rettungsdienst als Taxi missbrauchen. Dann haben wir das Personalproblem. Es bleiben wie gesagt täglich mehrere RTW im Bereich stehen, die im Bedarfsplan vorgesehen sind, weil das Personal fehlt (RettAss/NotSan). Das geht so weit, dass man mit dem NEF schon First-Responder-Einsätze fährt, weil gerade kein RTW zur Verfügung steht nach dem Motto: Da ist eine ältere Person auf der Straße gestürzt, fahrt da mal hin, wir haben gerade keinen RTW. Desweiteren fahre ich, wie schon gesagt, mit dem NEF ständig hinter RTWs her, die das NEF nur deswegen nachalarmieren, weil sie nicht dürfen, was sie können. Das tue ich übrigens auch. Neulich habe ich zB wieder ein NEF zur Nierenkolik bestellt. Als das NEF eintraf, war der Patient allerdings schon schmerzfrei (aber danke für den Transportschein und die Klinikanmeldung). Darüber hinaus ist die Zahl der NEF in den letzten Jahren stark gestiegen. Sie hat sich, soviel ich weiß, annähernd verdoppelt. Wie die Erfahrung zeigt, werden Leitstellen desto großzügiger mit Notärzten, je mehr sie zur Verfügung haben - und die nächsten NEF-Standorte sind schon in der Planung (bald steht hinter jedem Baum eins). Zusammenfassend kann ich sagen, dass man hier mit dem NEF immer weniger kranke Menschen sieht. Erstaunlicherweise steigt sogar die Zahl der Fälle, in denen ein Notarzt parallel alarmiert wird, ein Transport aber unterbleibt, weil die Indikation zum Kliniktransport fehlt.


    Wenn man es jetzt hinbekommt, Handlungsempfehlungen einzusetzen und die Notärzte nurnoch dann zu alarmieren, wenn Patienten schwer verletzt oder kritisch krank sind (ICB, kardiogener Schock, Polytrauma...), dann bin ich sofort dabei, das NEF hochwertig zu besetzen. Dann hätten wir häufiger Situationen, in denen TRM eine Rolle spielt, ich müsste nicht nur schreiben, telefonieren und Auto fahren, und würde dann auch einen Sinn darin sehen, NEF zu fahren - müsste es aber auch viel seltener, denn dann würden ein Drittel der Notärzte ausreichen.


    In der aktuellen, regionalen Situation in Baden-Württemberg ist es aber so, dass wir von der Pareto-Optimalität der Personalverteilung weit entfernt sind. Auf dem RTW brauche ich viel dringender den NotSan als auf dem Bagatell-NEF. Deshalb wäre es derzeit sinnvoll, die NEF mit RettSan zu besetzen mit den oben genannten Zusatzqualifikationen (Einsatzerfahrung auf RTW, Ortskenntnis, evtl. ERD-Lehrgang) und die dadurch freiwerdenden NotSan auf die stillstehenden RTW zu setzen.


    Nachtrag


    Um auch die zweite Frage zu beantworten: Wir bilden RettSan nach 520-Stunden-Programm gemäß Bund-Länder-Ausschuss aus (in modernisierter Form).

    Nun - ich sehe die Realität. NEFs rücken derzeit in inflationärer Weise zu Bagatelleinsätzen aus, unter anderem auch deshalb, weil sie wie Pilze aus dem Boden schießen, und je mehr die ILS zur Verfügung haben, desto häufiger rollen sie. Wie ich weiter oben geschrieben habe, hat mein letzter, fordernder NEF-Einsatz letztes Jahr stattgefunden. In 99% meiner NEF-Einsätze langweile ich mich und bin mir sicher, dass ein RettSan mit einer 2wöchigen Weiterbildung, ein paar Jahren Erfahrung auf dem RTW und guter Ortskenntnis den Job genau so gut machen könnte.


    Wenn Du jetzt sagst, dass Du die NEF-Einsätze auf tatsächlich indizierte beschränken willst, weil Patienten wirklich einen Notarzt verdient haben, dann macht der NotSan auf dem NEF schon eher Sinn. Auch die Handlungsempfehlungen würden Sinn machen, denn dann entfielen die Einsätze, bei denen man einem NotSan nur deswegen mit dem NEF hinterherfähr, weil der dann - und zwar vor der Ankunft des NEF - seine Analgesie (oder was auch immer) macht und auf das NEF nurnoch das Abfassen der Transportscheine entfällt.


    Wie wäre folgendes: Bessere und sichere SOPs und dafür weniger NEFs, aber mit Ärzten und NFS die dafür deutlich mehr Einsätze fahren, die wirklich indiziert sind. Ärzte und NFS mit deutlich besserer Ausbildung (häufig wird das NEF von Ärzten besetzt, die gerade ihren Schein haben und fahren müssen, weil es sonst keinen anderen gibt).



    Im Gegensatz zu den unrealistischen Ideal-Besatzungen: D'accord. Genau meine Meinung.

    Zynismus beiseite.


    Worüber ich rede, wenn ich über NEF-Fahren rede


    Ich übernehme ein NEF und habe die verantwortungsvolle Aufgabe, das Gerät zu überprüfen, bevor ich zum ersten Einsatz fahre. Der erste Aspekt: Auto fahren. An der Einsatzstelle bin ich die Assistentin des Notarztes. Das Weisungsverhältnis ist sonnenklar trotz moderner Gedanken zum Thema Team: Der Notarzt ist der Teamleader. Bei über gefühlten 90% der Einsätze sind meine Tätigkeiten - auch dann, wenn wir das erste Fahrzeug sind - die üblichen Verdächtigen. Assistenz bei der Anlage von Venenzugängen, Vorbereitung von Medikamenten etc. Hin und wieder wird intubiert oder es wird ein Perfusor gewünscht. Meine Ausbildung und Routine sind eine schöne Scheibe Käse zwischen dem Patienten und dem Behandlungsfehler, und wahrscheinlich bin ich dem durchschnittlichen RettSan hierbei überlegen. Das ändert sich aber recht schnell, wenn wir RettSan auf das NEF setzen, denn dann kommen diese KollegInnen auch zu mehr Routine bei den kritischen Tätigkeiten und werden im Umgang mit dem entsprechenden Material sicherer.


    "Ein guter Notarzt hat einen guten Assistenten verdient, ein schlechter hat ihn bitter nötig."


    Höre ich da eine gewisse Doppelmoral trapsen? Die Ärzteschaft (also nicht alle Individuen, sondern die Standesgesellschaften) legt großen Wert darauf, dass unser Rettungsdienst in Deutschland ein hervorragender sei, unter anderem, weil notarztgestützt. Deshalb dürfen nach der Ansicht der Bundesärztekammer auch unter keinen Umständen Nicht-Ärzte eigenständige Heilmaßnahmen durchführen. So. Ein junger, unsicherer Assistenzarzt auf meinem NEF, der mich bitter nötig hat? Tja. Liebe Bundesärztekammer, das ist dein Problem: Wer große Töne spuckt, muss auch liefern. Dass man sich bei den 50 Fahrten rein passiv in die zweite Reihe stellen kann, habt ihr erfunden.


    Schwierige Einsatzlagen


    sind selten. Wie oft fordert mich ein NEF-Einsatz wirklich? Einmal im Jahr? Und dann zählt Routine mehr als Ausbildung, würde ich sagen. Normalerweise reiche ich mit Schreiben und Telefonieren ganz gut hin. Nichts, was ein RettSan nicht auch könnte. Wenn man die 13 Wochen Mindest-Ausbildung für zu wenig hält, muss man die RettSan halt vorher schulen. Man kann übrigens auch einen frisch gebackenen RettAss nicht einfach auf das NEF setzen, eine Einarbeitung ist auf jeden Fall von Nöten und am besten ein mehrjäjriger Einsatz auf einem RTW des Bereiches. Wie genau das aussehen sollte, kann jede Organisation für sich selbst festlegen. Wir sind erwachsene Menschen, übernehmen wir doch einfach diese Verantwortung. Wenn jemand einwendet, dass die Wachen frische RettSan aufs NEF setzen, wenn sie es denn dürften, weil es einfach und billig ist: Selbstgewähltes Schicksal, wenn ich das mitmache. Wenn wir für jede mögliche Dummheit eine Vorschrift brauchen, machen wir uns zu reinen Befehlsempfängern. Jeder, der zum ersten NEF-Dienst antritt, springt übrigens ins kalte Wasser.


    NotSan auf NEF


    sind die Kehrseite der Medaille. Wie in den Beiträgen weiter oben schon angeklungen ist, sind wir überqualifiziert als Fahrer des NEF. Mich persönlich zum Beispiel langweilen 95% der NEF-Einsätze, weil ich wirklich nur Auto fahre, schreibe und telefoniere. Mein geringes Aktivierungsniveau im Einsatz ist dann übrigens ähnlich riskant für den Patienten wie eine eventuelle anfängliche Überforderung des RettSan. Mein Gehirn macht nämlich gerne Ausflüge, während ich die Transportscheine ausfülle.


    RettSan auf NEF


    Die RTWs sind schwerer geworden. FSJler und anderer Freiwillige wird man deshalb auf der Fahrerposition seltener antreffen. Wir brauchen also hauptamtliche RettSan. Wie locken wir die an? In meinem Bereich werden KTWs nur zu Patienten entsandt, die definitiv gesünder sind als die KTW-Besatzung. Zu allen anderen fahren RTWs. Das geht auch garnicht anders, denn wir haben zu viele RTWs und zu wenige KTWs, aber das ist eine andere Baustelle. RTW ist manchmal spannender, aber da spielt der RettSan regelmäßig die zweite Geige. Ich wäre jetzt der Ansicht, dass die Aussicht, nach zwei Jahren oder so auf dem NEF eingesetzt zu werden, die Tätigkeit des RettSan enorm aufwertet und dadurch vielleicht bessere Leute anzieht.


    Mein Fazit: RettSan aufs NEF. Kein Problem!

    Für solche Zwecke nutze ich gerne meine Nikon P7700. Der Akku ist sehr leistungsfähig und übersteht einen halben Seminartag im Dauerbetrieb. Die Kamera hat einen klappbaren Bildschirm und lässt sich deswegen komfortabel ausrichten. Ist vielleicht nicht das, was du suchst, aber auch ansonsten eine sehr nette Kamera, die von der Vielseitigkeit und den Einstellungsmöglichkeiten her kaum Wünsche offen lässt (RAW, manuelle Fokussierung...). Die Videoauflösung ist Full HD, die Tonqualität ist so gut, dass man auch ein aufgezeichnetes Fallbeispiel gut verstehen kann. Die kostet ca. 350,--

    Tag.



    Auszubildende werden an Schulen in Kommunikationspsychologie unterrichtet. Meine Erfahrung ist aber leider, dass die Azubis zwar die Inhalte theoretisch wiedergeben können, jedoch in der Praxis scheitern, was die praktische Anwendung betrifft. Wie kann man das verbessern?



    Grüße
    C.V.