Beiträge von Bodensee

    Hallo zusammen,


    gibt es irgendwo RS-Lehrgänge speziell für Krankenpfleger?

    Die Rettungsdienst-Akademie Franz Heinzmann GmbH aus Düsseldorf hatte solch ein Angebot. Die Schule ist jedoch insolvent, bietet generell keine Kurse mehr an und befindet sich aktuell in der Geschäftsauflösung.

    Nur um das alles mal etwas in Relation zu setzen: die theoretische Ausbildung zum RettAss konnte mit mit absolvierter Ausbildung in der Krankenpflege auf 300h verkürzen. Das ist eine Reduktion um knapp 60%. Projiziert man das auf die 160h + 40h Theorie beim RettSan kommt man auf ca. 80h. 40h ?Crash-Kurs? plus ?Prüfungswoche? klängen dann doch ganz sinnvoll.

    Dort gab es Verkürzungen sowohl im RettAss- als auch im RettSan-Lehrgang. Konkret konnten sich GuKs und KrankenpflegerInnen ihre Berufsausbildung für den RettSan insoweit anerkennen lassen, dass 8 der 16 Lehrgangstage vor den Praktika entfielen.


    Diese Möglichkeit gibt es zwar nun nicht mehr, ich hoffe das hilft dir trotzdem weiter!

    https://www.saarbruecker-zeitu…o-bevorzugen_aid-35166151

    Zitat

    Hilfsorganisationen [...] sollen künftig ohne Ausschreibung zum Zuge kommen. Dafür will die Koalition das Gesetz ändern.

    Zitat

    Während in der Regierungskoalition darüber beraten wird, das Gesetz noch
    vor dem Urteil des EuGH zu ändern, bremst das Innenministerium mit
    Verweis auf das laufende Verfahren. Das Ressort würde in seinem
    Gesetzentwurf am liebsten zunächst nur die Aufgaben des neuen Berufs
    Notfallsanitäter regeln (die SZ berichtete) und nach dem EuGH-Urteil,
    wann immer es kommt, den Passus zur Vergabe nachschieben.

    Über dieses Verfahren wird in diesem Thread bereits diskutiert.

    Inzwischen landete das Verfahren vor dem EUGH und der EU-Generalanwalt schlägt folgende Antwort an das OLG Düsseldorf vor:

    Zitat

    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) wie folgt zu antworten:
    Art. 10 Buchst. h der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist in folgender Weise auszulegen:
    – Der Transport von Notfallpatienten in einem Rettungswagen bei Betreuung und Versorgung durch einen Rettungsassistenten/Rettungssanitäter ist als „Einsatz von Krankenwagen“ (CPV-Code 85143000-3) anzusehen, so dass die öffentliche Auftragsvergabe nicht den Verfahren der Richtlinie 2014/24 unterliegt, sofern die Leistung von einer gemeinnützigen Organisation oder Vereinigung erbracht wird.
    – Wenn der Transport von Patienten keinen Notfall darstellt und in einem Krankentransportwagen durch einen Rettungssanitäter/Rettungshelfer erfolgt, ist er als „Transport eines Patienten in einem Krankenwagen“ anzusehen, der nicht unter die für den „Einsatz von Krankenwagen“ im Allgemeinen geltende Ausnahme fällt.
    – „Gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen“ sind Organisationen oder Vereinigungen, die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind und etwaige umständehalber erzielte Gewinne der Erfüllung ihrer sozialen Aufgabe widmen. Zur Erfüllung dieser Voraussetzung reicht es nicht aus, dass sie im innerstaatlichen Recht als Hilfsorganisation anerkannt sind.

    Quelle: http://curia.europa.eu/juris/celex.jsf?celex=62017CC0465 (letzter Zugriff: 09.12.2018)
    Der Text des Vorschlags ist noch deutlich länger und liegt komplett auf Deutsch vor.
    Das Urteil scheint auch für andere (zukünftige) Vergabeverfahren von Bedeutung zu sein.

    3) Können Privatunternehmen in BaWü tatsächlich einfach so Intensivtransporte anbieten?

    Da die ITW dem Rettungsdienst zugeordnet werden, unterliegen diese dem RDG BW:

    2) Wer koordiniert die ITW (die führende Leitstelle und die DRF AZ scheinbar nicht)?

    Hierfür wurde nach § 6 Abs. 5 RDG...

    Zitat

    Für überregionale Aufgaben kann das Innenministerium mit Leistungsträgern auf Grund von § 2 die Einrichtung von besonderen Leitstellen vereinbaren.

    ...die Zentrale Koordinierungsstelle für Intensivtransporte in Rheinmünster geschaffen. Die SQR BW schreibt dazu unter https://www.sqrbw.de/de/rettungsdienst/leitstellen folgendes:

    Zitat

    Für die Vermittlung aller Intensivtransporte in Baden-Württemberg wurde in gemeinsamer Trägerschaft der DRK Landesverbände Baden-Württemberg und Badisches Rotes Kreuz sowie der DRF Luftrettung die Zentrale Koordinierungsstelle für Intensivtransporte eingerichtet (§ 6 Abs. 5 RDG). Standort der ZKS ist in Rheinmünster. Die Aufgaben und Befugnisse der ZKS ergeben sich aus den vom Landesausschuss für den Rettungsdienst beschlossenen Grundsätzen zur Durchführung von Intensivtransporten in Baden-Württemberg in der jeweils gültigen Fassung.

    Die ZKS ist also (neben der Oberleitstelle) eine weitere "Leitstelle mit besonderen Aufgaben", die teilweise von der DRF betrieben wird und direkt an deren Operation-Center liegt.

    1) Gehören die ITW offiziell zum Rettungsdienst (gemäß Bedarfsplan)?

    Im Rettungsdienstgesetz BW 2015 wird lediglich auf den sogenannten Rettungsdienstplan BW 2014 verwiesen. Außer in folgendem Zitat steht im RDG nirgendwo etwas von "Intensivtransport" oder "ITW":

    Zitat

    § 8
    Rettungsfahrzeuge
    (1) Für die Notfallrettung und den Krankentransportsind Krankenkraftwagen und Notarzteinsatzfahrzeuge als Rettungsfahrzeuge einzusetzen. Krankenkraftwagen sind Fahrzeuge, die für Notfallrettung (Notarztwagen, Rettungswagen) oder Krankentransport (Krankentransportwagen) besonders eingerichtet und nach dem Fahrzeugschein als Krankenkraftwagen anerkannt sind. Notarzteinsatzfahrzeuge sind Fahrzeuge, die der schnellen Heranführung des Notarztes dienen, dafür besonders eingerichtet und im Fahrzeugschein als Notarzteinsatzfahrzeuge anerkannt sind. Sie müssen in ihrer Ausstattung, Ausrüstung und Wartung den allgemein anerkannten Regeln der Technik und dem Stand der Notfallmedizin entsprechen. Die Bestimmungen der §§ 29 und 30 bleiben unberührt.
    (2) Rettungstransporthubschrauber sind Hubschrauber, die ergänzend zum bodengebundenen Rettungsdienst insbesondere in der Notfallrettung nach § 1 Absatz 2 zum Einsatz kommen, sowie für Primär- oder Sekundärtransporte eingesetzt werden, bei denen die medizinische Versorgung des Patienten einen umgehenden Transport in ein geeignetes Krankenhaus erfordert. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend. Die luftfahrtrechtlichen Vorschriften sind zu erfüllen.
    (3) Im Rettungsdienstplan (§ 3) kann der Einsatz weiterer Fahrzeuge geregelt werden.

    Im Rettungsdienstplan, welcher kein Bedarfsplan im eigentlichen Sinne, sondern eine Verordnung des Landes ist, steht dazu folgendes:

    Zitat

    Die Besetzung der vom Landesausschuss für den Rettungsdienst beschlossenen ITW bestimmt sich nach den Grundsätzen zur Durchführung von Intensivtransporten in Baden-Württemberg in der jeweils geltenden Fassung.

    Auf der Website des Innenministeriums BW unter https://im.baden-wuerttemberg.…icherheit/rettungsdienst/ kann man sehen, welche ITW derzeit beschlossen sind. Der ITW von RescueMed in Kreuzlingen ist nicht darunter:

    Zitat

    In Baden-Württemberg besteht ein ITW-System mit ITWs an den Standorten Freiburg, Mannheim, Stuttgart und Ulm. Im Rahmen einer Erweiterung des ITW-Systems soll zusätzlich ein ITW am Standort Ludwigsburg stationiert werden

    Die ITW sind also zwar nur am Rande erwähnt, gehören aber dennoch zum Rettungsdienst. Der Verweis auf die Grundsätze zur Durchführung von Intensivtransporten in Baden-Württemberg läuft übrigens nach meinem Wissen aktuell in's Leere. Dies war in der Vergangenheit an anderen Stellen des Rettungsdienstplans ebenso der Fall. Beispielsweise existierte das dort erwähnte landeseinheitliche und mit der Landesärztekammer abgestimmte Ausbildungskonzept zur Qualifizierung zum Organisatorischen Leiter Rettungsdienst über lange Zeit gar nicht. Im 3. Quartal 2017 wurden hierfür von den Rettungsdienstschulen im Land, die bisher OrgL ausbilden, entsprechende Formulierungsvorschläge unterbreitet. Diese Entwürfe waren jedoch nicht aufeinander abgestimmt, sondern wurden einzeln und unabhängig voneinander ausgearbeitet. Einen aktuelleren Kenntnisstand hierzu habe ich bisher nicht. Die Grundsätze zur Durchführung von ITP sind im Eckpunktepapier der Lenkungsgruppe Leitstellenstruktur in Baden-Württemberg und in den Aufgabensteckbriefen im Rahmen des Projektes Leitstellenstruktur in Baden-Württemberg (beide aus 2017) interessanterweise mit dem Zusatz...

    Zitat

    gemäß § 4 Abs. 2 Rettungsdienstgesetz als Beschluss des Landesausschusses für den Rettungsdienst

    ...versehen. Dieser besagt:

    Zitat

    Dem Landesausschuss obliegt die Beratung der wesentlichen Angelegenheiten des Rettungsdienstes. Er legt allgemeine Grundsätze und Maßstäbe für eine fachgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Durchführung des Rettungsdienstes und für die Struktur der Benutzungsentgelte sowie für die einheitliche Dokumentation fest. Kommen allgemeine Grundsätze und Maßstäbe nach Satz 2 nicht in angemessener Zeit zustande, können sie durch Rechtsverordnung des Innenministeriums festgelegt werden.

    Wie weit dieser Vorgang mittlerweile fortgeschritten ist oder ob die Grundsätze zur Durchführung von Intensivtransporten in Baden-Württemberg vielleicht sogar schon fertig erarbeitet wurden, ist mir nicht bekannt.

    Was passiert denn, wenn der Disponent als Vorschlag den ÄBD bekommt und es doch eine RTW/NEF Indikation war. Kann der Disponent sich dann auch auf AMPDS oder heißt es dann wie so üblich, dass das System ja nur als "Stütze" vorhanden ist?

    Der Calltaker wird sich auf AMPDS berufen - es ist nicht nur eine Stütze, sondern sein Arbeitsmittel. Außerdem wird das Gespräch intern nachgehört werden, um zu eruieren, warum die scheinbar von Anfang an bestandene NEF-Indikation nicht erkannt wurde. Diesen Prozess können Calltaker auch selbst anstoßen, bei aus ihrer Sicht nachhörenswerten Einsätzen. Hierbei geht es um eine Verbesserung der Abfrage, nicht um arbeitsrechtliche Konsequenzen.
    Es könnte dann verschieden weiter gehen:
    Findet das Qualitätsmanagement heraus, dass die RTW/NEF-Indikation nicht zu erkennen war, dann fragt man sich gemeinsam, wieso. Vielleicht fehlt der alles entscheidende Schritt im Protokoll? Dann wird er in Zusammenarbeit mit der IAED eingepflegt.
    Eventuell können die Calltaker tatsächlich noch etwas besser machen? Dann wird dies zeitnah mit dem Team besprochen.
    Die Möglichkeit, die Abfrage langfristig nachzujustieren, betrachte ich als großen Benefit. Da alle Calltaker nach den gleichen Prinzipien arbeiten, geht es bei Verbesserungen mehr um Details geht als um's große Ganze. Die Fragestellungen sind nicht mehr "Wie bekommen wir Mitarbeiter dazu, dies und jenes nicht zu vergessen?" sondern eher "Wie können wir kleine, aber möglicherweise dispositionsrelevante Unterschiede in der Lage vor Ort noch erfolgreicher erfragen?".
    Aufgrund dessen, dass bereits ein Konzept zur Abfrage vorliegt, sind angestoßene Veränderungen nun viel einfacher umsetzbar, somit der Erfolg näher, dadurch die Mitarbeiter motivierter.

    AMPDS ist nicht als System pauschal problematisch, es kann aber bei dem falschen Setzen der Rahmenbedingungen eine blanke Katastrophe werden. Ich habe es oft gehört und an einem Standort selbst erleben "dürfen", wie sehr man damit, wenn man es ängstlich konfiguriert, wirklich jeden Einsatz überbeschicken kann. Aber selbst als die Einsatzabbruchgründe "auf Anfahrt aus medizinsichen Gründen abbestellt" und "Fehleinsatz, keine Indikation" durch die Decke gingen, hat es sehr lange gedauert, bis man umgestellt hat. Man sollte sehr vorsichtig sein, was man sich wünscht. Allerdings hat man es geschafft, dass quasi kein Einsatz unterbeschickt wurde - und darauf war man sehr stolz. Und das man bei einer angestrebten Fehlerquote (für Unterbeschickung) von 0% auch schlicht zu jedem (ansatzweise medizinischen) Anruf schlicht einmal RTW und NEF rausschickt, kann man sich ja an zwei Fingern abzählen.

    Die Reproduzierbarkeit der Dispositionsentscheidungen macht systematische Auswertungen überhaupt erst möglich. Wenn nun aus jeder Nachforderung für einen Frage-Antwort-Pfad gleich auf ein generelles Bedürfnis geschlossen wird, eskaliert das Ganze selbstverständlich. Jedoch glaube ich, dass man hier zwischen standardisiertem Notrufabfragesystem und Alarm- und Ausrückeordnung klar trennen muss: AMPDS hilft dem Calltaker lediglich bei der Diagnose- und Lagefeststellung und übernimmt somit das Auswählen des passendsten AAO-Eintrags. Unter diesem kann ein unpassender Alarmierungsvorschlag stehen, egal ob die Leitstelle nun AMPDS nutzt oder nicht.
    Dass dies in dem von dir genannten Rettungsdienstbereich schief gegangen ist, liegt wie von dir treffend festgestellt an der Zielsetzung, nicht am Notrufabfragesystem. Hätte man das Ziel "0% Nachforderungsquote für jeden AAO-Eintrag" in einer Leitstelle mit Freihandabfrage gesetzt, wäre genau das Gleiche herausgekommen.
    Motivation und Ziel der Einführung von AMPDS sollte sein, die Lage vor Ort unabhängig vom annehmenden Calltaker und der Tageszeit möglichst genau zu erkennen. Arbeitet man daran, folgt daraus eine treffsichere Beschickung - nicht umgekehrt.
    Sollten Alarmierung und Bedarf einmal nicht übereinstimmen, muss man dem in alle Richtungen nachgehen und nicht nur nach "mehr" rufen. Vielleicht hat sich der Patientenzustand nach dem Auflegen zunehmend verschlechtert und der Anrufer sich trotzdem nicht mehr gemeldet? Es kommt auch vor, dass ein Calltaker eine Antwort des Anrufers fehlinterpretiert hat oder ein Protokoll verbessert werden muss. Hier kommt es insbesondere auf die enge Zusammenarbeit zwischen Leitstellen- und Einsatzpersonal an: Kurze Dienstwege, unkomplizierte Feedbackmöglichkeiten, man kennt sich untereinander und man bildet sich gemeinsam fort.
    Es braucht nicht einmal besonders standhaftes oder gar waghalsiges Führungspersonal für eine zu AMPDS passende AAO. Ein guter Überblick in Notfallmedizin, Feuerwehr und Einsatztaktik, der ständige Dialog mit den Einsatzkräften sowie die korrekte Anwendung von Statistik und Logik reichen aus, um diese langfristig richtig zu optimieren.
    Die erfolgreiche Nutzung von Priority Dispatch im Bereich Bodensee-Oberschwaben zeigt, dass dieses System sehr gut funktioniert. Ich behaupte, das ist definitiv auch auf andere Bereiche übertragbar, wenn man die von dir genannten Punkte beachtet.

    Das ist doch allgemein das Problem. Keiner traut sich, die Abfrage so zu gestalten, dass es ?gesamtlogistisch? Sinn machen würde. Weil das würde heissen, dass zu deutlich mehr Einsätzen kein RTW / NEF fahren würde, sondern an den ärztl. Notdienst oder den Hausarzt verwiesen würde o.ä. Das würde aber auch bedeuten, dass einzelne Fälle durch?s Raster fallen und im schlimmsten Fall jemand stirbt. Und dann wiederum müssen sichdie Verantwortlichen hinstellen und sagen, dass das dennoch so sinnvoll ist. Lieber schickt man zu allem, was nur im entferntesten ein Notfallstichwort sein könnte die ganze Mannschaft.

    Wenn gewisse Vorgaben eingehalten werden (u.a. in fast allen Gesprächen muss AMPDS und FPDS zum Einsatz kommen, ein fester einstelliger Prozentsatz der Kontakte jedes Calltakers in jeder Schicht wird von speziell geschulten Mitarbeitern der Leitstelle nachgehört und [ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen] nach vorgegebenen Kriterien v.a. auf Protokolltreue bewertet), können sich der Calltaker und der Leitstellenbetreiber auf das Protokoll berufen, sollten sich Dispositionsentscheidungen im Nachhiniein als falsch herausstellen. Fehleinschätzungen von Hilfeersuchen sind jetzt nicht mehr die Schuld des Calltakers, da ProQA auf Grundlage der eingegebenen Antworten die Entscheidung übernimmt. Das sehe ich als großen Vorteil an.
    Besondere Fälle fallen in diesem Abfragesystem weniger oft durch's Raster, da auch für Situationen abseits der Routine Protokolle existieren. So kann der Calltaker jederzeit und in jedem Fall souverän abfragen und bekommt ohne nachdenken oder improvisieren zu müssen wenn nötig sofort "Direct Life Support (DLS)"-Anweisungen vorgegeben.
    Aus den oben genannten Anforderungen und der verlängerten Gesprächsdauer resultiert abgesehen von der besseren Rechtssicherheit logischerweise auch ein höherer Personalbedarf. Man reduziert zwar eventuell die notwendige Vorhaltung im Rettungsdienst, benötigt dafür aber auch 25% mehr Stellen als auf einer "konventionellen" ILS. Ich persönlich finde, dass es uns dies im Sinne der Patientensicherheit und der geringeren Verantwortbarkeit der Calltaker wert sein sollte.
    Braucht es trotz der Hilfestellung durch die Protokolle weiterhin medizinisches Fachpersonal in den Leitstellen? Nach meiner Erfahrung ja, denn nicht jede Antwort des Anrufers und nicht jede Situation vor Ort passt exakt in ein Protokoll. Hier ist vor allem Rettungsdiensterfahrung gefragt, um flexibel reagieren und erklären zu können. Ob der Calltaker nun RettSan oder RettAss bzw. NotSan ist, ist meiner Meinung nach weniger von Bedeutung.

    Da DaniRA und Securo nach Berichten gefragt haben, versuche ich hier mein mein persönliches Erleben und die Meinung, die ich mir daraus gebildet habe, darzustellen. Versteht meine Posts hierzu nicht als eine Stellungnahme; die geschilderten Sachverhalte sind Dinge, die jeder normale Bürger über die ILS BOS recherchieren könnte und ich kann mich in Detailangaben täuschen.


    Die Notrufbearbeitung mit diesem System funktioniert wie folgt: Nach zwei Eingangsfragen ("Notruf Feuerwehr und Rettungsdienst - wo genau ist der Notfallort?" und "Wie lautet Ihre Rückrufnummer?") sagt der Disponent "Sagen Sie mir genau was passiert ist!" und entscheidet anhand der Schilderungen, über welches Protokoll er weiter verfährt. Es gibt hier spezifische Protokolle z.B. für Atemstörungen, aber auch allgemein gehaltene, die lebensbedrohliche Leitsymptome abfragen und dann anhand der Ergebnisse weiter verfahren. Am Ende eines jeden Protokolls steht ein eindeutiger Dispositionsvorschlag nach AAO, an den sich der Calltaker halten oder bei Zweifeln auf höherwertige Rettungsmittel aufwerten kann.
    Dies funktioniert nach meinem Erleben sehr treffend: Wenn angebracht, verweist das System an den Ärztlichen Bereitschaftsdienst oder schlägt einen KTW-Transport vor. Am Einsatzort entsprach die vorgefundene Lage subjektiv viel häufiger der gemeldeten als in anderen Rettungsdienstbereichen. Dabei hat man als Rettungsteam detailliertere Informationen zur Verfügung als anderswo, nämlich alle Antworten auf die einzelnen Protokollfragen. So fallen beim Eintreffen schon die ersten Zustandsänderungen auf, was ich gerade beim Schlaganfall sehr sinnvoll finde.
    Sobald nach den ersten Protokollfragen nach Atmung und Bewusstsein eine Lebensbedrohung feststeht, wird durch einen zweiten Disponenten bereits ein Rettungsteam alarmiert und das Gespräch parallel weitergeführt. So kommt es, dass die Gesprächsdauer im landesweiten Vergleich äußerst lang ist, die Dispositionszeit hingegen vergleichsweise kurz gehalten wird.
    Es gab in der Vergangenheit immer wieder politische Ambitionen, die Gesprächszeit möglichst kurz zu halten, siehe z.B.: https://www.landtag-bw.de/file…sachen/2000/15_2858_D.pdf unter II.3. Nach meinem Dafürhalten ist es zu kurz gegriffen, die Gesprächszeit alleine als Qualitätsindikator heranzuziehen.
    Einen "Protokollmissbrauch", also bewusst falsche Angaben von Anrufern, um z.B. RTW/NEF-Einsätze zu erwirken, konnte ich nie feststellen.
    Möglicherweise liegt es am Notrufabfragesystem, dass die Anzahl der RTW-Einsätze im RDB BOS nun schon im zweiten Jahr in Folge leicht rückläufig ist? Siehe: https://www.drk-bos.de/2017-10…t-hohes-einsatzaufkommen/

    Die Leitstelle Bodensee-Oberschwaben (Disponiert die Landkreise Bodenseekreis, Ravensburg und Sigmaringen) nutzt dieses System. Ich kenne keinen Vergleich der Qualität der Abfrage von verschiedenen Leitstellen mit unterschiedlichem Systemen der Abfrage.

    Richtig, die ILS BOS setzt die "Advanced Medical Priority Dispatch System (AMPDS)"- und "Fire Priority Dispatch System (FPDS)"-Protokolle ein, welche von den "International Academies of Emergency Dispatch (IAED)" konzipiert und gepflegt werden. Meines Wissens nach sind sie nicht die einzigen Anwender im deutschsprachigen Raum.
    Die softwaretechnische Umsetzung der Protokolle nennt sich "ProQA Paramount" und wird von der "Priority Dispatch Corp. (PDC)" zur Verfügung gestellt. All diese Begriffe fallen oft im Zusammenhang mit standardisierter Notrufabfrage, genau wie "NOAS-ILS".
    NOAS jedoch ist keine auf den Konzepten der IAED basierende (Weiter-)Entwicklung. Nach meiner Wahrnehmung ist NOAS stellenweise erstaunlich ähnlich gehalten, allerdings merklich weniger umfangreich.
    Die "Priority Dispatch"-Systeme bieten bspw. zahlreiche Anleitungen zu Sofortmaßnahmen, etwa zur Telefonreanimation, zum Stoppen kritischer Blutungen, zur systematischen Fluchtwegsuche aus brennenden Gebäuden, bei klemmendem Gaspedal, für die Zustandsanamnese beim Schlaganfall, bei Personen in (Fließ-)Gewässern uvm. In "NOAS" sind mir weit weniger dieser Protokolle bekannt.
    Wenn ich mich nicht irre, wird NOAS von der ILS Rhein-Kreis Neuss genutzt.