Todesfall in Wacken: 22-Jähriger stirbt bei Metal-Festival

  • Vielleicht bei der Gelegenheit eine kleine Geschichte am Rande: noch bis in die Siebziger Jahre hat man bei der Ausleitung von Allgemeinanästhesien den Patienten CO2 zugeführt, um den Atemantrieb zu steigern. Aufgrund der Nebenwirkungen und Risiken hat man letztendlich darauf verzichtet. Heute weiß man, daß diese Methode zudem effektlos war und auch die kleine Schwester dieser Methode, das "Hängenlassen" des Patienten am Narkosegerät (apnoeische Oxygenierung, um einen Anstieg des CO2 zu erreichen) auch keine frühere Spontanatmung zur Folge hat.



    Zoidberg


    Würde ja nix an der Giftigkeit ändern. Sofern das stimmt.

  • Hatte mich auch gewundert. Wenn es lediglich um die Verdrängung von O2 ginge, dann bräuchte man auch kein solchen Schischi mit der Kapno als Überwachungsparameter machen. Solange die Sauerstoffsättigung gut ist wäre ja alles in Butter.


    Übrigens, CO2 ist ein Gas das beim Schutzgasschweißen Verwendung findet. Schweißverfahren mit CO2 im Schutgas zählen zum MetallAKTIVGas Schweißen (MAG). Im Gegensatz zu zum Beispiel reinem Argon oder Helium, hier spricht man vom MetallINERTGas Schweißen (MIG). Beim ersten beeinflusst das Schutgas die Schmelze aktiv, beim zweiten schirmt es diese lediglich gegen den Luftsauerstoff ab.


    @Ani
    Das Hängenlassen am Respirator sehe ich aber auch noch relativ häufig. Woran liegt's? Auch alte Verhaltensweisen die einfach keiner kritisch hinterfragt?


    @Victorvandort
    CO2 lässt sich, solange von außen nicht weiteres zugeführt wird, relativ einfach aus dem Körper entfernen. Ein entsprechend gesteigertes Atemminutenvolumen ist erstmal ausreichend, theoretisch braucht man noch nichtmal eine höhere Sauerstoffkonzentration. Die Vergiftungserscheinungen sind dann, außer sie sind bereits zu weit fortgeschritten und es liegen schon Organschäden vor, schnell rückläufig.
    Beim CO ist das etwas anders, das hängt erstmal am Häm, findet es dort total toll und blockiert dieses für den Sauerstofftransport. Weil es dem CO dort so gefällt ist es ungleich schwerer wieder dort wegzubekommen.
    Oder anders ausgedrückt:
    Ich nehme zwei Probanden, beide bekommen ein bestimmtes Atemgasgemisch zugeführt. P1 Sauerstoff und CO2, P2 Sauerstoff und CO. Bei beiden liegt der Sauerstoffanteil im unkritischen Bereich und beide atmen das Gemisch solange bis das Blut zwar aufgesättigt ist, aber noch keine Organschäden eingetreten sind.
    Dann brauche ich bei P1 nur ein paarmal "den Beutel drücken" und die Hyperkapnie ist Geschichte, der pH-Wert normalisiert sich wieder etc.
    Bei P2 ist das anders, da muss ich deutlich mehr Aufwand (Beatmung mit FiO2 von 1,0, hyperbare Oxygenierung) betreiben und es dauert wesentlich länger bis das CO wieder entfernt ist. Damit sind die Schäden, die das CO anrichtet, natürlich alleine aufgrund der längeren Verweildauer größer.


    So zumindest meine Erklärung, über Korrekturen freie ich mich.

  • Vielleicht hab ich´s ein wenig zu sehr simplifiziert...
    Ich will Dir auch nicht direkt widersprechen, Ani, aber vielleicht finden wir so zusammen:
    Ich stell Dir meinen Gedankengang nochmal kurz dar:


    Gift ist definiert als: "Unter einem Gift versteht man einen organischen oder anorganischen Stoff, der einem Lebewesen Schaden zufügen kann, indem er seine Stoffwechselvorgänge negativ beflusst.
    Die Teilmenge der Gifte, die selbst von Lebewesen (z.B. Bakterien) produziert wird, nennt man Toxine. " (Doccheck Flexikon, Wikipedia, Klinisches Wörterbuch)


    CO geht im Organismus eine Verbindung ein, die direkt eine Auswirkung auf den Stoffwechsel des Lebewesens hat (Bindung an Hb, Blockade des Sauerstofftransportes)
    Inert ist ein Begriff aus der Chemie und bezeichnet Substanzen bzw. Chemiechemische Elemente, wenn sie unter normalen physikalischen Bedingungen keine chemische Bindung mit anderen Substanzen eingehen.
    CO2 ist tatsächlich chemisch inert, weil es unter normalen physikalischen Bedingungen mit Stoffen wie z.B. Wasser keine Reaktion eingeht (chemisch!).
    Dass sich CO2 in Wasser leicht physikalisch löst, hat mit dem Unvermögen chemische Bindungen einzugehen nichts zu tun.
    Normale physikalische Bdingngen sind: 1 bar Luftdruck und 20°C Temperatur.


    Unter diesen Gesichtspunkten ist CO giftig und CO2 nicht.
    Unter diesen Gesichtspunkten ist CO2 inert.


    Das Angeführte Beispiel von einer Zumischung von CO2 in die Atemluft ist schwer zu verstehen.
    Deswegen zwei Möglichkeiten: Ich leite CO2 in einen geschlossenen Raum. CO2 (schwerer als Luft) sammelt sich am Boden und verdrängt die atembare Luft (Beispiel Silo, Gärkeller). Setze ich nun ein Lebewesen dieser Athmosphäre aus, wird es ersticken (mangels Sauerstoff)


    Gebe ich einem intubierten Patienten ein Gemisch aus Sauerstoff und CO2 zu atmen, muss ich die physikalischen Bedingungen ändern um tatsächlich eine "Vergiftung" im medizinischen Sinne zu erreichen (also z.B. die Druckverhältnisse).
    Dann nämlich - also wenn ich von außen in die Umgebungsbedingungen eingreife - wird vermehrt CO2 physikalisch im Blut gelöst.
    JETZT kommt es nämlich tatsächlich zu einer Beeinflussung des Organsimus durch Verschiebung des pH Wertes, Änderung der Partialdrücke und damit zur eigentlichen Schädigung.


    Wird mein Gedankengang jetzt verständlicher?

  • Das Hängenlassen am Respirator sehe ich aber auch noch relativ häufig. Woran liegt's? Auch alte Verhaltensweisen die einfach keiner kritisch hinterfragt?


    Zum Einen liegt es daran, zum anderen bietet es bei der klassischen Allgemeinanästhesie die Möglichkeit, die wiederkehrende Spontanatmung für eine angestrebte Extubation qualitativ und quantitativ einschätzen zu können. Das betraf vor allem die Zeit, als Narkosen noch mit Halothan, Isofluran oder Enfluran in Kombination mit Fentanyl und Lachgas durchgeführt wurden. Heute sind Desfluran, Sevofluran, Remifentanil, Sufentil und Alfentanil so schnell weg, daß die Atmung meistens zeitgleich mit dem Erwachen einsetzt, so daß man aus der laufenden Beatmung heraus extubieren kann.

  • Gebe ich einem intubierten Patienten ein Gemisch aus Sauerstoff und CO2 zu atmen, muss ich die physikalischen Bedingungen ändern um tatsächlich eine "Vergiftung" im medizinischen Sinne zu erreichen (also z.B. die Druckverhältnisse).
    Dann nämlich - also wenn ich von außen in die Umgebungsbedingungen eingreife - wird vermehrt CO2 physikalisch im Blut gelöst.
    JETZT kommt es nämlich tatsächlich zu einer Beeinflussung des Organsimus durch Verschiebung des pH Wertes, Änderung der Partialdrücke und damit zur eigentlichen Schädigung.


    Das liest sich überzeugend.


    Meine Schnellrecherche im Internet ergab, daß Kohlendioxid je nach Quelle als "wenig inert", "relativ inert" und "inert" gilt. Die Definition scheint also nicht ganz einfach zu sein. Deshalb magst Du mit den "normalen physikalischen Bedingungen" recht haben, um eine der möglichen Definitionen für "inert" zu verwenden.

  • @Ani
    Nur damit wir vom Selben reden, ich meine ausdrücklich ein bewusstes ansteigenlassen des PCO2 mit der Absicht durch den höheren Atemanreiz die Aufwachphase zu verkürzen. Die Zahl derer, die aus der laufenden Beatmung heraus extubiert werden empfinde ich subjektiv äußerst gering. Meist bleibt der Tubus selbst bei scheinbar wachen Patienten solange drin, bis diese "ausreichend ziehen".
    Ausgenommen sind hier natürlich Patienten die unerwartet plötzlich aufwachen und schlagartig würgend auf dem OP Tisch sitzen.


    Vossi
    Ja und weil CO2 eben beispielsweise den pH beeinflusst und unser Stoffwechsel auf einen bestimmten Bereich angewiesen ist, beeinflusst zu viel CO2 den Stoffwechsel. Damit müsste die Definition für Gift doch erfüllt sein!?


    Das Beispiel war gedacht um Victorvandort zu verdeutlichen warum ich denke das CO gefährlicher eingestuft wird als CO2.

  • Betrachtet man die gängigen Definitionen von Vergiftungen, ist jede erhöhte Zufuhr eines Stoffes mit schädigender Einwirkung auf den Organismus eine Vergiftung.



    Blinky


    Es kommt auf die verwendeten Narkotika an. Bei einer TIVA mit Propofol/Remifentanil ohne größere Mengen zusätzliche Opiate (z.B. Dipidolor) wird es nur ein plötzlich Erwachen mit plötzlich einsetzender Spontanatmung geben. Ich habe meine ersten Schritte in der Anästhesie mit Isofluran und Fentanyl gemacht. Da war das Ausleiten wesentlich langsamer und so wie zuvor beschrieben. Seit ich überwiegend mit Desfluran, Remifentanil und Dipidolr/Sufentanil zur Einleitung arbeite, wachen die Patienten schlagartig on point auf. In Abteilungen, wo Fentanyl verwendet wird, ist es tatsächlich so, wie Du es beschreibst. Aber das verschwindet auch zunehmend aus den Anäathesieabteilungen.


    Arbeitest Du in der Anästhesie und wenn ja, welche Narkosemedikamente werden dort angewendet?

  • Vossi
    Ja und weil CO2 eben beispielsweise den pH beeinflusst und unser Stoffwechsel auf einen bestimmten Bereich angewiesen ist, beeinflusst zu viel CO2 den Stoffwechsel. Damit müsste die Definition für Gift doch erfüllt sein!?


    Aber ist es denn das CO2, dass in den Stoffwechsel eingreift?
    Ich denke das tut es indirekt (eben über die Verschiebung des pH wertes z.B.) und damit weiss ich eben nicht genau, ob die Definition von Gift noch zutrifft.
    Vielleicht einigen wir uns auf folgendes (um es nicht tot zu theoretisieren)
    Unter normalen Umgebungsbedingungen (Druck und Temperatur) ist CO2 ungiftig.
    Wenn ich an den physikalischen Stellschrauben drehe, kommt es zu einer Schädigung des Organismus über einen physikalischen Effekt, der biochemische Vorgänge beeinflusst.
    Ob das dann noch unter die Definigion "giftig fällt" ist momentan der "Streitpunkt".


    Würde ja im weitesten Sinne z.B. auch auf Stickstoff zutreffen.
    Der ist auch nicht giftig - spielt aber physikalisch z.B. beim Tauchunfall eine Rolle, weil er den Stoffechsel beeinflusst.
    Auch Sauerstoff würde in diese Kategorie fallen.
    Wenn ich an der Physikschraube drehe, tritt eine zelltoxische Wirkung ein...


    Dager auch die fehlende Kennzeichnung auf den Behältnissen.
    CO2 ist nach allen Gesetzen der Chemie nicht giftig.

  • Vossi
    Ob es sich nun um eine direkte oder indirekte Einflußnahme handelt steht ja so nicht in der Definition.
    Ansonsten bin ich für´s Einigen. Ist ja bei vielen anderen Stoffen auch so, erst wenn eine bestimmte Menge, Konzentration oder Ähnliches oder bestimmte andere Faktoren hinzu kommen, setzt die schädigende Wirkung ein.
    :beer:


    @Ani
    Merkt man das?
    Spontan würde ich sagen "Alle gängigen".
    Eingeleitet wird meißt mit Propofol, seltener mit Etomidat, Ketamin oder Thiopental. Jeweils in Verbindung mit einem Opioid, gängig ist sowohl Fentanyl als auch Remifentanil oder Sufentanil. Bei Bedarf gibt es zusätzlich ein Relaxans.


    Aufrechterhalten wird die Anästhesie entweder als TIVA, mit Propofol und einem der genannten Opioide -Remifentanil über Perfusor, die restlichen als Bolus oder als balancierte Anästhesie. Selten bei Kindern auch rein inhalativ.


    Neben den medizinischen Bedürfnissen und den Vorlieben des Arztes hängt es häufig auch von den Vorgaben des zuständigen Oberarztes ab.


    Edit sagt: Dipi gibt es wenn meißt erst zur Ausleitung. Häufig wird auf eine intraoperative Gabe aber auch verzichtet und stattdessen nach Bedarf verabreicht.

  • Könnte sein.
    Mit "on point" meinst du die Patienten wo die Zufuhr der Narkotika abgestellt wird und die kurze Zeit später bereits wach sind, oder? Die sieht man in der Tat nach Propofol/Remifentanil TIVA häufig.


    Ich dachte eher an die, die relativ lange noch weiter pennen und beatmet werden müssen, dann allerdings schlagartig und ohne große Vorwarnung wach werden.
    Häufig handelt es sich hier um eher jüngere Patienten, die schon zur Einleitung abartig viel brauchen.

  • Die Erstgenannten meinte ich. Wobei die Schnelligkeit des Erwachens auch bei der TIVA durchaus variieren kann. Gab mal eine Untersuchung, die gezeigt haben, daß sich der Extubationzeitpunkt nach Propofol/Ultiva im Vergleich Sevofluran/Sufenta nicht wesentlich unterscheidet. Der einzige wesentliche Unterschied war die Vigilanz der Patienten. Die ist nach dem Aufwachen in der TIVA-Gruppe höher. Deckt sich sich auch mit meinen persönlichen Beobachtungen. Wobei ich noch zusätzlich zur Einleitung bei der Propofol/Ultiva-TIVA ein länger wirksames Opioid verwende (Dipidolor/Sufenta).

  • Interessant.
    Klar, wenn der Faktor Patient bei den unterschiedlichen einschlaf, durchschlaf und aufwach Verhalten keine Rolle spielen würde, sondern diese einzig von dem angewandten Verfahren abhängen würden, dann wäre ja die ganze Spannung weg und Anästhesie würde nur halb soviel Spass machen.


    Nutzt du das zusätzliche Opiat als Vorbereitung auf die postoperative Schnerztherapie oder um Remi einzusparen? Und wie sieht es bei dir unter Remi mit dem Auftreten von Muskelrigidität aus?
    Gefühlt sehe ich die nämlich nicht unbedingt selten.

  • Ich verwende das zusätzliche Opiat aus beiden von Dir genannten Gründen. So kann ich mit Remifentanil eine schöne On top-Analgesie im Dosierungsbereich von 0,1 - 0,25 micg/kg/min machen. Wenn ich Sufenta nehme (meistens initial 10 - 20 micg), gebe ich nach längerer OP (ohne PDA o.ä.) dem wachen Patienten nach der Extubation 5 micg bis zum AWR nach. Vor allem bei Knocheneingriffen scheint mir die vorherige Gabe von Sufenta der von Dipidolor überlegen zu sein. Diese Beobachtungen hat mir mal die Pflege im AWR mitgeteilt. Dipidolor verwende ich bei Kindern und kleineren Weichteil-Eingriffen (z.B. TUR, Wundrevisionen etc.) zur Einleitung. Bei postoperativ schmerzlosen Eingriffen (z.B. Wundverschluß) verwende ich nur Propofol/Ultiva. Dann stelle ich aber zur Einleitiung die Laufleistung des Remifentanil entsprechend höher (z.B. 0,35 micg/kg/min).


    Praktisch lasse ich den Ultiva-Perfusor in der o.g. Dosierung mitlaufen, sobald der Venenzugang etabliert ist. Deshalb habe ich bisher kaum Thoraxregidität erlebt. Die kenne ich nur aus meiner Zeit als AiP, da wurde es immer als Bolus gegeben. Gelegentlich reagieren Kleinkinder empfindlich auf eine höhere Laufleistung (0,4 micg/kg/min). Das gibt sich aber spätestens, wenn relaxiert ist und das Propofol durchschlägt. Ist selten problematisch. Ich arbeite bei Kleinkindern fast ausschließlich in TIVA-Technik.

  • Interessantes off-topic. :)


    Wir geben Remi eigentlich ausschließlich über Perfusor. Wenn mit Remi eigeleitet wird, dann läuft es meistens mit 0,05micg/kgKG/min an und wird wird in den von dir genannten Dosierungsbreich gesteigert. Die Rigidität kommt zwar nicht häufig vor, ist hin und wieder aber trotzdem zu beobachten.


    Den Sinn hinter einer inhalativen Einleitung von Kleinkindern oder Säuglingen habe ich bisher nicht verstanden. Spätestens wenn die Maske aufgesetzt wird fangen die genauso an zu schreien und sich zu wehren wie wenn es piekt.
    Dafür ist es ohne Zugang deutlich schwieriger auf Komplikationen zu reagieren. Gerade wenn solche im Exzitationsstadium auftreten und beispielsweise eine Vertiefung der Narkose oder eine Relaxierung notwendig ist.

  • Ich bevorzuge auch die intravenöse Einleitung. Lediglich bei unkooperativen Kindern oder schwierigem Venenstatus weiche ich auf die Inhalation aus. Bei nicht nüchternen Kindern habe ich statt der Maskeneinleitung auch schon mal Ketamin i.m. gegeben.

  • Das Beispiel war gedacht um Victorvandort zu verdeutlichen warum ich denke das CO gefährlicher eingestuft wird als CO2.


    Blinky: Ich denke, da wird Dir auch keiner widersprechen. Ich wollte eigentlich nur darauf abzielen, zu erfragen unter welchen Umständen (Menge/Dauer der Exposition) es zu einer CO2-Vergiftung, also ausdrücklich keiner Erstickung sondern im Zusammenhang mit der Aufnahme auftretende Erscheinungen, kommt. ;)